TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/12 2002/10/0173

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Veröffentlicht am 12.09.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des H G in H, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/VII, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 27. August 2002, Zl. 11-FOB-79/6-2002, betreffend Bewilligung zur Errichtung einer Forststraße, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. Juli 2001 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Hermagor (BH) der Bringungsgenossenschaft "Forststraße K-N" die Bewilligung zur Errichtung der Forststraße "K-M" entsprechend dem Projekt des Dipl. Ing. Stefan P. unter Vorschreibung entsprechender Auflagen und Bedingungen. Nach der Begründung habe die genannte Bringungsgenossenschaft um die Bewilligung zur Errichtung einer Forststraße angesucht. Bei der Verhandlung am 27. Juni 2001 sei von allen betroffenen Grundeigentümern (darunter unter anderem auch der Beschwerdeführer) das Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Einwendungen seien nicht vorgebracht worden. Der Beschwerdeführer habe darauf hingewiesen, dass er einen Streifweg besitze, welcher entsprechend eingebunden werden müsste, sodass die bisherige Benutzbarkeit auch in Zukunft aufrechterhalten bleibe. Diesem Vorbringen sei durch eine entsprechende Auflage Rechnung getragen worden. Nach der Verhandlung habe der Beschwerdeführer noch beim Verhandlungsleiter vorgesprochen und darauf hingewiesen, dass seiner Meinung nach durch die Forststraße eine eventuelle Beeinträchtigung von Unterliegergrundstücken eintreten würde. Nach Auskunft des Projektanten sei eine solche Befürchtung allerdings nicht gerechtfertigt, da sich an den bisherigen Verhältnissen im Wesentlichen nichts ändern würde. Sollte ein verstärkter Oberflächenwasserabfluss durch die Forststraße auftreten, würden durch entsprechende Retentionsmaßnahmen die negativen Auswirkungen hintangehalten. Ferner habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Juli 2001 angekündigt, seine Zustimmung zum Wegebau zurückzuziehen. Dazu sei zu bemerken, dass der Beschwerdeführer persönlich zur Verhandlung am 27. Juni 2001 geladen worden sei. In der Kundmachung sei angeführt, dass Einwendungen gegen den Verhandlungsgegenstand spätestens bei der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden müssten und spätere Einwendungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Der Beschwerdeführer habe in der genannten Eingabe auch keine fachliche Begründung für seine Meinungsänderung angegeben. Aus forstfachlicher Sicht entspreche die Forststraße den Regeln des Forstgesetzes, sodass sie seitens der Behörde genehmigt worden sei. Was die vom Beschwerdeführer angesprochenen Probleme bei der Benützung der Forststraße betreffe, so seien diese in der Zwischenzeit ausgeräumt. Der Beschwerdeführer sei als Mitglied in die Genossenschaft aufgenommen worden und habe deshalb das Recht der Wegebenützung wie auch alle anderen Mitglieder.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers - soweit für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung - gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung auf Niederschlags- und Hangwässer hingewiesen. Ferner habe er eine Gefahr bezüglich der Bauparzellen 209/1 und 209/2 sowie 203/1 behauptet. Seiner Ansicht nach sei die Trasse mit 10 m bzw. die Forststraße mit 3,5 m viel zu breit. Die darunter liegenden Grundstücke dürften dadurch nicht beeinträchtigt werden. Seiner Ansicht nach solle niemand durch die Forststraße zu Schaden kommen bzw. beeinträchtigt werden.

Die belangte Behörde habe in Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens eine zusätzliche forstfachliche Stellungnahme eingeholt. Am 6. Dezember 2001 habe auch ein Ortsaugenschein stattgefunden, bei dem zu den einzelnen Punkten der Berufung des Beschwerdeführers Stellung genommen worden sei. Nach Auffassung der belangten Behörde gehe aus den vorliegenden Aktenunterlagen eindeutig hervor, dass die BH als Forstbehörde erster Instanz im Gegenstand gemäß Kundmachung vom 12. Juni 2001 eine mündliche Verhandlung betreffend Errichtung der genannten Forststraße anberaumt habe. In dieser Kundmachung sei unter Zugrundelegung der §§ 40 bis 42 AVG darauf hingewiesen worden, dass Einwendungen gegen den Gegenstand der Verhandlung, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde bekannt gegeben oder während der Verhandlung vorgebracht würden, den Verlust der Parteistellung nach sich ziehen würden. Der Beschwerdeführer sei nachweislich zu dieser mündlichen Verhandlung geladen worden. Aus der diesbezüglich aufgenommenen Niederschrift vom 27. Juni 2001 gehe eindeutig und schlüssig hervor, dass der Beschwerdeführer zur mündlichen Verhandlung erschienen, jedoch dort zum Gegenstand keine Stellungnahme bzw. Äußerung abgegeben habe. Der Beschwerdeführer habe sich daher im Gegenstand verschwiegen, sodass zufolge § 42 Abs. 1 AVG die dort vorgesehenen Präklusionsfolgen eingetreten seien. Die Versäumung der Frist zur Einbringung von Einwendungen habe den Verlust der Parteistellung zur Folge. Daher entfielen mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Rechte, die an die Parteistellung anknüpften, insbesondere das Recht zur Erhebung einer Berufung oder zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage sei die Berufung daher abzuweisen gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer nach Abschluss der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2001 der Forstbehörde schriftlich mitgeteilt habe, seine Zustimmung zurückzuziehen. Den durchgeführten Ermittlungen und fachlichen Stellungnahmen sei schlüssig zu entnehmen, dass den rechtlichen Vorgaben des § 60 Abs. 1 und 2 des Forstgesetzes 1975 im Gegenstand entsprochen und alle Auflagen in den Bewilligungsbescheid aufgenommen worden seien, die den allgemeinen Vorschriften für die Errichtung von Bringungsanlagen entsprechen würden. Der Beschwerdeführer habe im Übrigen in seiner Berufung überwiegend Einwendungen vorgebracht, die nicht in seinem Eigentum stehende Grundstücke betreffen würden.

Gegen diesen Bescheid richte sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Mit Schreiben vom 24. November 2004 teilte der Landeshauptmann von Kärnten dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass die Bringungsgenossenschaft den Antrag, der der Bewilligung zu Grunde liege, zurückgezogen habe.

Der Beschwerdeführer gab über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes bekannt, dass seiner Ansicht nach der angefochtene Bescheid weiterhin dem Rechtsbestand angehöre. Die "Gefahr" der Errichtung der Forststraße in der von ihm bekämpften Variante bestehe daher nach wie vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass sich der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung vor der BH am 27. Juni 2001 im Hinblick auf die angeführten Säumnisfolgen der §§ 40 bis 42 AVG verschwiegen habe und damit der Verlust seiner Parteistellung eingetreten sei.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hält der Beschwerdeführer dieser Auffassung Folgendes entgegen:

"Nach § 41 Abs. 2 AVG hat die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gem. § 42 AVG eintretenden Folgen zu enthalten.

In der dem Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung der 'Anberaumung einer mündlichen Verhandlung' vom 12. Juni 2001 ist entgegen dem § 41 Abs. 2 AVG kein Hinweis auf Präklusionsfolgen enthalten. Daraus ergibt sich, das die nachträglichen Einwendungen des Beschwerdeführers zulässig und beachtlich (gewesen) sind. Die Behörden sind diesbezüglich nicht von der tatsächlichen Aktenlage ausgegangen und haben sämtliche Einwendungen des Beschwerdeführers somit zu Unrecht ignoriert."

Gemäß § 41 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn auch andere Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies gemäß § 42 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

Die Verwaltungsakten enthalten die Urschrift der Anberaumung der Verhandlung vom 12. Juni 2001. Diese enthält auf Seite 2 den ausdrücklichen Hinweis auf die Säumnisfolge im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG. In den Verwaltungsakten ist ferner der Rückschein über die Zustellung der Ladung am 19. Juni 2001 enthalten. Es ist daher davon auszugehen, dass die Verwaltungsakten Beweis darüber erzeugen, dass dem Beschwerdeführer eine Ausfertigung dieser Ladung zugestellt wurde. Mit dem oben dargestellten Vorbringen hat der Beschwerdeführer zwar unbestimmt behauptet, dass in der ihm zugegangenen Ladung kein Hinweis auf Präklusionsfolgen enthalten gewesen seien; er hat aber nicht konkret dargelegt, dass ihm diese Ladung unvollständig zugekommen wäre. Er hat somit den ihm offenstehenden Gegenbeweis gegen den durch die Verwaltungsakten hergestellten Beweis über die Belehrung über die Säumnisfolgen nicht angetreten.

Im Beschwerdefall ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer wegen der Versäumung der Frist zur Einbringung von Einwendungen nach § 42 Abs. 1 AVG seine Parteistellung verloren hat. Seine Berufung war daher zurückzuweisen.

Da aus dem Inhalt des angefochtenen Bescheides, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers "abgewiesen" worden ist, zweifelsfrei hervorgeht, dass die belangte Behörde die Parteistellung des Beschwerdeführers verneint hat, liegt in der an Stelle einer Zurückweisung des Antrages erfolgten Abweisung lediglich ein Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis, dass mit dem angefochtenen Bescheid keine meritorische Entscheidung in Form einer Abweisung der Berufung vorgenommen worden ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 4. September 2003, Zl. 2003/09/0068, mwH).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.

Wien, am 12. September 2005

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002100173.X00

Im RIS seit

12.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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