TE OGH 1987/9/17 13Os117/87

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Veröffentlicht am 17.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.September 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Brustbauer (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christiane K*** wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengerichts vom 17.März 1987, GZ. 23 Vr 3616/86-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Sigmund, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Strafe auf 6 (sechs) Monate erhöht.

Die Angeklagte wird mit ihrer Berufung hierauf verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die am 7.September 1969 geborene Hilfsarbeiterin Christiane K*** wurde des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Die Angeklagte hatte am 7. Juli 1986 bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck gegen Andreas B*** eine Anzeige wegen Zuhälterei erstattet, auf Grund welcher gegen den Genannten beim Landesgericht Innsbruck (32 Vr 2932/86) ein Strafverfahren wegen § 216 StGB eingeleitet wurde. Am 24. September 1986 widerrief K*** vor dem Untersuchungsrichter ihre den B*** belastenden Angaben und bezeichnete sie als unrichtig und in den meisten Punkten frei erfunden. Diese Zeugenaussage war (bezüglich der im Urteilsspruch wörtlich zitierten Passagen) falsch. Die Angeklagte erhebt eine auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Beschwerdeführerin Feststellungen zur inneren Tatseite vermißt, läßt sie die Urteilsannahme unberücksichtigt, wonach sie bewußt eine falsche Zeugenaussage abgelegt, also mit dem für die Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Vorsatz gehandelt hat (S. 86, 88). Insoweit entbehrt die Rechtsrüge (Z. 9 lit a) einer gesetzmäßigen Darstellung. Im übrigen beruft sich die Beschwerdeführerin auf Aussagenotstand nach § 290 Abs 1 StGB mit der Behauptung, sie hätte von der Ablegung eines Zeugnisses befreit werden können, weil dem Andreas B*** als Vater ihres - wenngleich damals noch nicht geborenen - außerehelichen Kindes Angehörigeneigenschaft zukomme. Die damit geltend gemachte Urteilsnichtigkeit (Z. 9 lit b) liegt jedoch nicht vor:

Das Erstgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, daß die Angeklagte von B*** ein Kind erwartete, hat es aber für unglaubwürdig erachtet, daß sie im Zeitpunkt der falschen Zeugenaussage bereits von ihrer Schwangerschaft gewußt hat. Richtig ist, daß Angehöriger einer Person auch der Vater ihres außerehelichen Kindes ist (§ 72 StGB); ferner, daß eine falsche Beweisaussage, die jemand ablegt, um von jenem die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung abzuwenden, entschuldigt sein kann, wenn der Zeuge entweder mangels Belehrung gemäß § 153 StPO von seinem Entschlagungsrecht nicht gewußt hat oder den Befreiungsgrund nicht geoffenbart hat, um schon aus der Offenbarung drohende Folgen (etwa: Gefahr der Strafverfolgung eines Angehörigen) abzuwenden, oder zu Unrecht zur Ablegung der Aussage verhalten worden ist (§ 290 Abs 1 und 3 StGB). Die Angehörigeneigenschaft einer Person infolge der Vaterschaft zu ihrem außerehelichen Kind wird aber frühestens durch die Geburt des Kindes begründet. Da es in diesem Zusammenhang überdies nicht auf die natürliche Abstammung, sondern nur auf die Verwandtschaft im bürgerlich-rechtlichen Sinn ankommt (Leukauf-Steininger2 RN. 2 zu § 72 StGB), kann von Vaterschaft zu einem unehelichen Kind erst dann die Rede sein, sobald diese - nach der Geburt des Kindes - durch Urteil oder durch Anerkenntnis festgestellt ist (§ 163 b ABGB). Ungeborene Kinder werden nur insoweit als geboren angesehen, als es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten zu tun ist (§ 22 ABGB). Eine Ausdehnung des soeben umrissenen Angehörigenbegriffs des § 290 StGB auf den Vater oder die Mutter eines noch nicht geborenen Kindes per analogiam ist ausgeschlossen, weil es sich bei dieser Gesetzesstelle um eine strikt auszulegende Ausnahmsvorschrift handelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war zu verwerfen. Das Jugendschöffengericht verurteilte Christiane K*** unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 11 JGG nach § 164 Abs 3 StGB zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe, wobei es zugleich gemäß §§ 13 Abs 2, 46 Abs 4 JGG die Strafe zum Schuldspruch des Landesgerichts Innsbruck vom 1.August 1984, GZ. 23 Vr 1727/84-32, wegen Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1 und 2 Z. 1 StGB sowie des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2 und Abs 3 StGB, festsetzte. Überdies nahm das Erstgericht gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 5. August 1986, 27 Vr 1351/86 (§§ 164 Abs 1 Z. 1, Abs 2 und Abs 3; 105 Abs 1; 83 Abs 1; 127 Abs 1 und 15 StGB: 4 Monate Freiheitsstrafe) Bedacht, das allerdings vor der prozeßgegenständlichen falschen Beweisaussage ergangen (wenngleich es später erst rechtskräftig geworden) ist. Die Rücksichtnahme gemäß § 31 StGB war verfehlt, weil eine Einbeziehung des Verfahrens wegen der gegenständlichen falschen Aussage vom 24.September 1986 in das schon am 5.August 1986 mit Urteil erster Instanz erledigte Verfahren 27 Vr 1351/86 gemäß § 56 StPO nicht möglich gewesen wäre. Bei der Ausmessung der - sonach irrigen - Zusatzstrafe wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Straftaten und die Vorstrafen der Angeklagten, als mildernd hingegen deren Geständnis und den Umstand, daß sie unter dem Einfluß des Andreas B*** stand.

Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Berufung eine Straferhöhung, die Angeklagte beantragt mit gleichem Rechtsmittel das Gegenteil.

Nur die Staatsanwaltschaft ist im Recht, weil die Anwendung des § 31 StGB und damit die Bedachtnahme auf vier Monate Freiheitsstrafe rechtsirrtümlich zustandekamen (siehe oben und LSK. 1979/205), woraus sich die Anhebung des Strafausmaßes ergibt. Der Einfluß B*** hingegen, wie ihn die Angeklagte in ihrer Berufung nochmals herausstreicht, ist im Urteil ohnedies ausreichend berücksichtigt worden. Die Heranziehung des § 37 Abs 1 StGB, wie von der Angeklagten in ihrer Gegenausführung angestrebt, scheidet auf Grund des raschen Rückfalls nach Verhängung einer Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Gründen aus.

Anmerkung

E11668

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00117.87.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19870917_OGH0002_0130OS00117_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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