TE OGH 1987/9/24 7Ob659/87

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Veröffentlicht am 24.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Petrag und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*** F*** H.M. H*** Aktiengesellschaft, Weitenegg a.d.Donau, vertreten durch Dr. Herbert Jahn u.a., Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wolfgang S***, Geschäftsführer, Salzburg, Gaisbergstraße 45, vertreten durch Dr. Reinhard Ratschiller, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 101.876,61 S s.A. (Revisionsinteresse 77.989,02 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. Mai 1987, GZ. 1 R 64/87-6, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Versäumungsurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Jänner 1987, GZ. 8 Cg 5/87-2, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung der nicht in Beschwerde gezogenen Teile des erstgerichtlichen Versäumungsurteiles in seiner Gesamtheit zu lauten hat:

"Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 101.876,61 S samt 4 % Zinsen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen aus 1.086,14 S vom 19.6.1986 bis 4.12.1986, aus 27.082,39 S vom 5.12. bis 10.12.1986 und aus 101.876,61 S seit 11.12.1986 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Zinsenmehrbegehren wird abgewiesen."

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 10.861,15 S bestimmten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens (darin 5.200,-- S Barauslagen und 514,65 S Umsatzsteuer), die mit 3.535,95 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 321,45 S Umsatzsteuer) und die mit 9.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 385,80 S Umsatzsteuer und 5.000,-- S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin brachte vor, der Beklagte sei Geschäftsführer der Firma F*** Malerei und Anstrich Gesellschaft m.b.H. gewesen. Über das Vermögen dieser Gesellschaft sei zu Sa 28/85 des Landesgerichtes Salzburg das Ausgleichsverfahren eröffnet worden. Die wesentlichen Bestimmungen des angenommenen und bestätigten Ausgleiches seien gemäß dem Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 5.3.1986 gewesen, daß alle Gläubiger eine 40 %ige Quote erhalten, zahlbar zur Hälfte binnen 6 Monaten ab Annahme des Ausgleiches (4.12.1985), wobei diese Zahlung tauglich besichert werde, und zahlbar zur weiteren Hälfte binnen einem Jahr ab Annahme des Ausgleichs. Der Beklagte habe die Haftung als Bürge und Zahler für die Erfüllung des gesamten Erfordernisses des angenommenen Ausgleiches über die Bankgarantie von 1 Mill.S und ausdrücklich gemäß § 54 AO bei Vermeidung unmittelbarer Vollstreckbarkeit übernommen. Die Klägerin habe im Ausgleich eine Forderung von 129.981,53 S angemeldet. Die Ausgleichsschuldnerin habe keine Zahlung geleistet, sodaß sowohl sie als auch der Beklagte mit Schreiben vom 13.8.1986 unter Setzung einer Nachfrist gemahnt worden seien. Da keine Zahlung geleistet worden sei, sei Wiederaufleben der gesamten Forderung samt Anhang eingetreten. Erst am 10.12.1986 seien vom Ausgleichsverwalter 24.910,12 S und 3.194,80 S auf die Ausgleichsrate bezahlt worden. Nach Abzug dieses Betrages von der angemeldeten Forderung begehre die Klägerin sohin 101.876,61 S samt Nebengebühren. Für diesen Betrag hafte der Beklagte als Bürge und Zahler.

Da der Beklagte zur ersten Tagsatzung nicht erschien, fällte das Erstgericht auf Antrag der Klägerin ein dem Klagebegehren voll stattgebendes Versäumungsurteil dahin, daß der Klägerin auch 12 % Zinsen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen von verschiedenen Beträgen für voneinander abweichende Zeiträume zugesprochen wurden. Der Beklagte hat das Versäumungsurteil insoweit bekämpft, als ein 23.887,59 S übersteigender Betrag zuzüglich 4 % Zinsen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen aus 1.086,14 S vom 19.6.1986 bis 4.12.1986, aus 27.082,39 S vom 5.12. bis 10.12.1986 und aus 23.887,59 S seit 11.12.1986 zugesprochen wurde.

Das Berufungsgericht hat in Abänderung des angefochtenen Versäumungsurteils der Klägerin lediglich 23.887,59 S samt 4 % Zinsen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen für verschiedene Beträge und Zeiträume zugesprochen. Das Mehrbegehren von 77.989,02 S sowie weitere Nebengebühren wurden abgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nur bezüglich der Hauptforderung, nicht aber bezüglich der Nebengebühren gerechtfertigt.

Richtig hat das Berufungsgericht erkannt, daß die Frage, ob die Übernahme einr Ausgleichsbürgschaft im Zweifelsfall nur für die Ausgleichsquote oder auch für die im Falle des Verzuges wiederaufgelebte Forderung gilt, in der Lehre verschieden beantwortet wurde. Einheitlich wird allerdings der Standpunkt vertreten, daß für den Umfang der Bürgschaft deren Inhalt maßgebend ist. Nur wenn dieser Inhalt nicht eindeutig zu erkennen gibt, ob sich die Bürgschaft auch auf die wiederaufgelebte Forderung erstrecken soll, kommt es zu der vorerwähnten Zweifelsfrage. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung SZ 26/290 unmißverständlich den Standpunkt vertreten, daß die Ausgleichsbürgschaft im Zweifel auch für die wiederaufgelebte Forderung gilt, demnach, falls der Bürge die Haftung nur für die Ausgleichsquote übernehmen will, dies anläßlich der Übernahme seiner Haftung als Bürge und Zahler in seiner Erklärung unmißverständlich zum Ausdruck bringen müsse. Dem hat sich die neuere Lehre (Gamerith in Rummel Rdz 7 zu § 1346, Wegan, Insolvenzrecht, 175, Holzhammer Insolvenzrecht2, 170, Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 659 FN 16) angeschlossen. Begründet wird diese Rechtsansicht damit, daß es sich bei der wiederaufgelebten Forderung ebenfalls um eine aus den Bestimmungen des Ausgleiches abgeleitete Forderung handelt. Wenn sich daher der Bürge für die Erfüllung des Ausgleichs verbürgt, so muß im Zweifel darin auch eine Verbürgung für die auf Grund der Bestimmungen der Ausgleichsordnung wiederaufgelebte Forderung erblickt werden. An dieser Rechtsansicht hält der erkennende Senat fest, weil die für sie gebrachten Argumente unwiderlegbar scheinen. Das Berufungsgericht hat nun in dem Wortlaut der in der Klage wiedergegebenen Bürgschaftserklärung eine deutliche Einschränkung auf die Ausgleichsquote erblickt. Dem kann der erkennende Senat nicht folgen. Nach dem Klagsvorbringen hat nämlich der Beklagte "die Haftung als Bürge und Zahler für die Erfüllung des gesamten Erfordernisses des angenommenen Ausgleiches...." übernommen. Zutreffend verweist die Revision darauf, daß eine derartige Bürgschaftserklärung praktisch identisch mit der in SZ 26/290 erwähnten Bürgschaftserklärung ist. Dort hat der Bürge "für die Erfüllung des Zwangsausgleiches" gebürgt. Ebensowenig wie dort kann in der vorgenannten Erklärung eine Einschränkung auf die Ausgleichsquote erblickt werden, und zwar anders als in der Entscheidung SZ 33/89, wo der Bürge sich ausdrücklich nur für die Quote verbürgt hat. Da, wie bereits erwähnt, im Zweifel eine Verbürgung auch für die wiederaufgelebte Forderung anzunehmen ist, würden verschiedene Auslegungsmöglichkeiten der Bürgschaftserklärung zuungunsten des Beklagten sprechen. Nur wenn der Beklagte seine Bürgschaft eindeutig auf die Ausgleichsquote beschränkt hätte, wäre er bezüglich der darüber hinausgehenden Forderung von einer Haftung frei. Die in der Klage behauptete Bürgschaftserklärung, von der ausgegangen werden muß, enthält keine derartige eindeutige Einschränkung:

Der auf § 13 KSchG gestützte Einwand des Beklagten ist schon deshalb nicht zielführend, weil nicht der Beklagte eine Forderung unter Terminsverlust zu bezahlen hat. Vielmehr traf der Terminsverlust den Ausgleichsschuldner, was zum Wiederaufleben der Forderung im Sinne des § 53 AO führte. Nach den Klagsbehauptungen wurde auch die für das Wiederaufleben erforderliche Vorgangsweise gewählt. Einer gesonderten Mahnung des Beklagten, die in der Klage im übrigen ebenfalls behauptet worden ist, bedurfte es nicht, weil der Beklagte, wie bereits dargelegt wurde, für die wiederaufgelebte Forderung als Bürge und Zahler sofort einzustehen hat. Das Wiederaufleben dieser Forderung hat aber lediglich das im § 53 Abs.4 AO geschilderte Vorgehen zur Voraussetzung.

Demnach erweist sich die Revision, soweit sie die Hauptforderung betrifft, als gerechtfertigt.

Was das Zinsenbegehren anlangt, so ist vorerst davon auszugehen, daß der erstgerichtliche Zinsenzuspruch in der Berufung nur zum Teil bekämpft wurde, so daß eine Berechtigung dieses Teiles vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden konnte. Bezüglich des weiteren Zinsenbegehrens ist davon auszugehen, daß die Klage diesbezüglich unschlüssig ist. Nach dem Klagsvorbringen wurde der Ausgleich am 4.12.1985 angenommen. Nach § 28 Z 1 AO können im Ausgleichsverfahren die seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen von persönlichen Forderungen nicht geltend gemacht werden. Sohin können derartige Zinsen nicht Gegenstand des Ausgleichsverfahrens sein. Die nach § 28 AO ausgeschlossenen Forderungen werden zu Naturalobligationen (Bartsch-Heil4 Rdz 71, 162). Da sich der Beklagte nur für die Erfüllungen des gesamten Erfordernisses des angenommenen Ausgleichs verbürgt hat, kommt eine Erstreckung der Bürgschaft auf Zinsen, die nicht Gegenstand des Ausgleiches sein konnten, nicht in Frage.

Daß der Klägerin 4 % Zinsen samt 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen für ihre allfällige berechtigte Forderung gegen den Beklagten zustehen, hat der Beklagte in der Berufung zugestanden. Demnach bedurfte es keiner Untersuchung der Berechtigung einer Zinsenforderung in diesem Ausmaß. Woraus jedoch ein Zinsenbegehren von 12 % abgeleitet wird, kann der Klage nicht entnommen werden, weshalb sie auch in diesem Umfang unschlüssig ist. Möglicherweise handelt es sich bei den genannten 12 % um Verzugszinsen. Eine Behauptung dahin, daß die im Anmeldeverzeichnis aufscheinende Forderung mit 12 % (an vertraglichen Zinsen) zu verzinsen war, hat die Klägerin nicht aufgestellt. Handelt es sich hiebei aber lediglich um Verzugszinsen, so ist der Beklagte schon deshalb zu deren Bezahlung nicht verpflichtet, weil der Bürge für Verzugsfolgen grundsätzlich nicht haftet, soweit ihm nicht selbst ein Verzug zur Last zu legen ist (Gamerith in Rummel, Rdz 5 zu § 1353, SZ 15/209, JBl. 1957, 160). Derartiges wurde gar nicht behauptet. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, wobei im Rechtsmittelverfahren nur von einem Streitwert von 77.989,02 S auszugehen war.

Anmerkung

E11825

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00659.87.0924.000

Dokumentnummer

JJT_19870924_OGH0002_0070OB00659_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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