TE OGH 1987/9/29 15Os130/87

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Veröffentlicht am 29.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.September 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard L*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 2 und Abs 3 letzter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 30.Juli 1987, GZ 12 Vr 643/87-34, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Keber, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard L*** (zu 1.) des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 2 und Abs 3 letzter Fall StGB sowie (zu 2.) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er

1. im August oder September 1986 eine von unbekannten Tätern (am 2. Juli 1986 dem Josef K***) durch Einbruch gestohlene Bockbüchsflinte samt Zielfernrohr im Wert von ca. 46.000 S, mithin eine Sache, die ein anderer durch ein Verbrechen erlangt hat, das mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre erreicht, auf eine nicht mehr feststellbare Weise an sich gebracht, wobei ihm die Umstände bekannt waren, die diese Strafdrohung begründen;

2. am 19.Juni 1987 das (ursprüngliche) Blatt mit der Seitenbezeichnung 97 i (richtig: 97 l) der gegenständlichen Strafakten, welches einen Teil seiner Beschuldigtenverantwortung (vom 10.Juni 1987) enthielt, mithin eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, durch Zerreißen (und Beseitigen eines Großteils der einzelnen Fragmente, sodaß eine Rekonstruktion unmöglich war,) vernichtet, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, daß die Urkunde zum Beweis der sich daraus ergebenden Tatsachen (gemeint: des darin protokollierten Inhalts seiner Verantwortung) im Rechtsverkehr gebraucht werde.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unberechtigt ist.

Zum Urteilsfaktum 1:

Mit der Mängelrüge (Z 5) wendet er sich gegen die Feststellung seiner Kenntnis von der Herkunft des Gewehrs aus einem Einbruchsdiebstahl.

Diese hatte das Schöffengericht ua auch daraus erschlossen, daß der Angeklagte dem Zeugen Karl A*** gegenüber nach dessen Darstellung (siehe S 216) eindeutig zum Ausdruck gebracht hatte, daß das Gewehr aus einem Einbruch stamme, weshalb es die mehrfachen anderweitigen Versionen des Angeklagten hiezu, die er in verschiedenen Verfahrensstadien vorgebracht hatte, als unglaubwürdige Schutzbehauptungen wertete (US 2 verso). Mit Bezug auf diese ihn belastenden Angaben des Zeugen A*** reklamiert nun der Beschwerdeführer eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe insofern, als das Schöffengericht einen gravierenden Widerspruch in dessen Aussagen übergangen habe: denn jener habe erst in der Hauptverhandlung bekundet, von ihm erfahren zu haben, daß das Gewehr aus einem Einbruch gestammt habe (S 216); im Vorverfahren hingegen habe der Zeuge diese Mitteilung des Angeklagten dahin wiedergegeben, daß letzterem das Gewehr von Helmut P*** vorsichtshalber zur Aufbewahrung übergeben worden wäre, weil der Genannte vorher Opfer eines Einbruchs gewesen sei (S 160 f), woraus sich aber ergebe, daß ihm die Herkunft der Waffe aus einem Einbruch nicht bekannt gewesen sein könne, weil sie ja zwangsläufig nicht aus jenem Einbruch gestammt haben konnte, von dem er gesprochen habe.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider bestand jedoch zwischen den Angaben des Zeugen A*** vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung keineswegs ein erörterungsbedürftiger Widerspruch; denn dessen Aussage im Vorverfahren, die Erklärungen des Angeklagten über die Herkunft des Gewehrs so verstanden zu haben, daß er es vom Zeugen P*** zur Aufbewahrung übernommen gehabt habe, weil dieser nach einem bei ihm erfolgten Einbruch einen weiteren Diebstahl befürchtet habe, bezogen sich lediglich auf die unmittelbare Gewahrsamserlangung durch den Beschwerdeführer und besagten demnach über dessen Wissen darüber, wie P*** in den Besitz der Waffe gelangt war, nichts; sie stehen daher durchaus nicht in einem Gegensatz zur weiteren Bekundung des Zeugen A*** in der Hauptverhandlung, überdies vom Angeklagten erfahren zu haben, das Gewehr habe aus einem Einbruch gestammt.

Entgegen dem - formal verfehlt im Rahmen der Rechtsrüge (Z 10) vorgetragenen - weiteren Beschwerdeeinwand (Z 5) mußte sich das Erstgericht aber auch nicht mit der Aussage des Zeugen Josef K*** (S 186 iVm S 214) befassen, wonach das Gewehr nach seiner Sicherstellung in verwahrlostem Zustand war. Da einerseits der Zeuge angegeben hat, daß die an der Waffe festzustellenden Veränderungen auch durch Behandlung mit normalem Öl entstanden sein können, andererseits der Angeklagte selbst erklärt hat, die Waffe "mit Fett eingeschmiert" zu haben (S 215), ist nicht ersichtlich, inwiefern die relevierte Bemerkung des Zeugen die letzte Tatversion des Angeklagten, daß er das Gewehr auf einem Schrottplatz in einen alten Mantel eingewickelt gefunden habe, unterstützen sollte. Die Rechtsrüge (Z 10) hinwieder, mit der die Beurteilung der Tat als Unterschlagung nach § 134 Abs 1 erster Fall und Abs 3 StGB reklamiert wird, ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie eben jene vom Erstgericht abgelehnte Verantwortung zur Sachverhaltsgrundlage nimmt. Ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund kann aber stets nur unter strikter Bindung an das im Urteil als erwiesen angenommene Tatsachensubstrat dargetan werden.

Zum Urteilsfaktum 2:

Auch die gegen diesen Schuldspruch erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) erweist sich als zum Teil nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt und im übrigen als nicht zielführend.

Auf die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Urkunden kommt es, wie der Beschwerdeführer richtig erkannt hat, beim Tatbestand nach § 229 Abs 1 StGB nicht an (Leukauf-Steininger, Kommentar2, § 229 RN 1). Der Qualität des Beschuldigtenprotokolls als Urkunde jedoch stand der Umstand, daß der Angeklagte dieses noch nicht unterfertigt hatte, nicht entgegen; denn bereits mit der Unterschrift des Richters und des Schriftführers (US 5) lag eine von diesen Personen garantierte, schriftliche und rechtserhebliche, mithin dem dreigliedrigen Urkundenbegriff (Kienapfel im WK § 223 Rz. 9) entsprechende Erklärung vor, daß der Beschuldigte vor ihnen die protokollierte Aussage abgelegt hat.

Davon, daß die Unterschrift des Vernommenen gesetzliche Voraussetzung für den hier allein maßgebenden Urkundencharakter eines gerichtlichen Protokolls wäre, kann demnach jedenfalls keine Rede sein; davon abgesehen ist sie im übrigen, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, nach dem letzten Satz der vom Beschwerdeführer zitierten Bestimmung des § 105 StPO - seiner Auffassung zuwider - nicht einmal ein Formerfordernis für die Qualifikation des Protokolls als öffentliche Urkunde. Die weitere Beschwerdebehauptung, das Urteil enthalte keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Vergehens nach § 229 Abs 1 StGB, widerspricht dem tatsächlichen Inhalt der Entscheidungsgründe, in denen der - schon im Spruch nicht bloß mit den Worten des Gesetzes umschriebene - Gebrauchsverhinderungsvorsatz in unmißverständlicher Weise verdeutlicht wird (US 5 und verso). Insoweit geht daher die Rechtsrüge ins Leere.

Ob der Inhalt des Protokolls unrichtig war - wie der Beschwerdeführer behauptet - oder nicht, ist rechtlich bedeutungslos. Schutzobjekt der in Rede stehenden Strafbestimmung sind echte und unverfälschte Urkunden; auf die inhaltliche Richtigkeit kommt es insoweit, aber auch für die Erkennbarkeit des Protokolls als Urkunde nicht an. Es genügt, daß der Täter die tatsächlichen Umstände, welche die Urkundeneigenschaft begründen, kennt (Kienapfel, aaO Rz. 243). Daß dies vorliegend nicht der Fall gewesen wäre, kann den Einlassungen des Angeklagten nicht entnommen werden, weshalb der Einwand von darauf bezogenen Feststellungsmängeln - der sich überdies bloß auf einen vorwerfbaren Verbotsirrtum (§ 9 Abs 3 StGB) bezieht (Kienapfel aaO Rz. 245) - fehlschlägt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 164 Abs 3 StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe, wobei es die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen das Geständnis hinsichtlich der Urkundenunterdrückung wertete.

Mit seiner dagegen erhobenen Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.

Ihr kommt keine Berechtigung zu.

Für den "Eindruck", den der Berufungswerber "nicht los wird", daß das Schöffengericht bei der Strafbemessung unausgesprochen die - selbstredend völlig unzulässige - Überlegung hätte einfließen lassen, daß den Angeklagten am unaufgeklärt gebliebenen Einbruchsdiebstahl zum Nachteil des Josef K*** (bei dem drei Jagdgewehre im Gesamtwert von 210.000 S erbeutet worden sind) doch irgendeine Schuld treffen könnte und er "eigentlich dafür bestraft worden ist", bietet das Strafausmaß von 18 Monaten überhaupt keinen Anhaltspunkt, zumal das Gesetz für einen nach § 128 Abs 2 StGB zu qualifizierenden Einbruchsdiebstahl eine Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren vorsieht. Im übrigen übersieht der Berufungswerber, daß für die nach dem letzten Fall des § 164 Abs 3 StGB beschwerte Hehlerei der gleiche Strafsatz (von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe) angedroht ist, wie er bei einem Diebstahl durch Einbruch nach § 129 StGB zum Tragen käme, weshalb der Einwand, daß "die Hehlerei in der Form, wie sie dem Angeklagten angelastet wurde, zweifellos einen geringeren Unrechtsgehalt aufweist, als ein Einbruchsdiebstahl" mit gleichem Deliktsobjekt, im Gesetz jedenfalls keine Stütze findet. Bei der erwähnten Strafdrohung, die mit Rücksicht auf das einschlägig schwer belastete Vorleben des Angeklagten formell sogar einer Verschärfung (§ 39 StGB) zugänglich wäre, erweist sich die im unteren Bereich des gesetzlichen Strafsatzes ausgemessene Freiheitsstrafe keineswegs als überhöht, zumal dem vom Erstgericht (trotz Bestreitung der subjektiven Tatseite) zugebilligten Milderungsgrund des Geständnisses in Ansehung des Vergehens der Urkundenunterdrückung kein besonderes Gewicht beigemessen werden kann.

Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E11986

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0150OS00130.87.0929.000

Dokumentnummer

JJT_19870929_OGH0002_0150OS00130_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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