TE OGH 1987/9/29 15Os136/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.09.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.September 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Adolf S*** und Dieter M*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.Mai 1987, GZ 4 a Vr 13.505/86-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Nichtigkeitsbeschwerden sowie die Berufung des Angeklagten Adolf S*** werden zurückgewiesen.

Über die Berufung des Angeklagten Dieter M*** wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten jeweils auch die Kosten des sie betreffenden bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Adolf S*** und Dieter M*** (zu I.) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB sowie der Vergehen (zu II.) der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und (zu III.) nach § 36 Abs 1 lit a WaffG schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben sie am 20.November 1986 in Wien

I. in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem nicht mehr feststellbaren, jedoch 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich drei Ringe, zwei Armbanduhren, eine Taschenuhr, Geschenkmünzen, vier Fünfhundert-Schilling-Münzen und 100 DM sowie eine Pistole "Steyr Kipplauf" der Helene E*** bzw. der Verlassenschaft nach Johann E*** durch Einbruch in ein Einfamilienhaus mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

II. Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, nämlich (jeweils vinkulierte) sieben Sparbücher und zwei Wertpapierbücher, die sie bei dem zu I. geschilderten Einbruch erbeutet hatten, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechten, Rechtsverhältnissen oder Tatsachen gebraucht werden;

III. eine Faustfeuerwaffe, nämlich die Pistole "Steyr Kipplauf", die sie bei dem zu I. geschilderten Einbruch erbeutet hatten, unbefugt besessen und geführt.

Gegen dieses Urteil richten sich (getrennt ausgeführte) Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der beiden Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Adolf S*** wurden allerdings verspätet ausgeführt: nachdem der Angeklagte in der Hauptverhandlung "Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung" (S 257) angemeldet hatte, wurde seinem Verteidiger am 8. Juli 1987 eine Urteilsausfertigung zur Rechtsmittelausführung zugestellt (S 301). Die Rechtsmittelschrift - in der unrichtigerweise davon ausgegangen wird, es sei die Urteilszustellung erst am 9.Juli 1987 erfolgt (S 324 oben) - wurde jedoch erst am Donnerstag, dem 23.Juli 1987, also außerhalb der 14-tägigen, in ihrem Ablauf nicht gemäß § 6 Abs 2 StPO gehemmten (der Mittwoch davor war ein Werktag) Rechtsmittelfrist zur Post gegeben (S 323). Beide Rechtsmittel des Angeklagten Adolf S*** waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Sitzung zurückzuweisen, weil er auch bei deren Anmeldung weder einen der im § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe, noch die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert findet, deutlich und bestimmt bezeichnet und die Rechtsmittelausführung zu spät überreicht hat, sodaß auf deren Inhalt keine Rücksicht zu nehmen war (§§ 285 a Z 2, 285 d Abs 1 Z 1, 294 Abs 4 StPO). Aber auch die auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dieter M*** ist nicht berechtigt.

Daß im Urteil die Begehung des Einbruchsdiebstahls zunächst in der Weise geschildert wird, als hätten beide Angeklagten sämtliche Ausführungshandlungen unmittelbar begangen, steht - entgegen den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen (Z 5) - nicht im Widerspruch zu der folgenden Einschränkung, daß nicht festgestellt werden konnte, ob beide in das Haus eingedrungen waren oder nur einer, während der andere Aufpasserdienste leistete. Denn durch den Hinweis auf die rechtliche Unerheblichkeit (US 7) einer genauen Zuordnung der einzelnen Tatbeiträge der Diebsgenossen im Rahmen ihres arbeitsteiligen Zusammenwirkens am Tatort bzw. in dessen näherer Umgebung zur Erreichung des gemeinsamen tatplangemäßen Zieles stellt das Schöffengericht klar, daß es mit dem Gebrauch des Plurals bei der eingangs gegebenen Tatschilderung nur die rechtliche Haftung beider Angeklagten für das gesamte Tatgeschehen zum Ausdruck bringen wollte.

Demgemäß war auch die im Urteil ohnedies zitierte (US 14/15) Aussage des Zeugen Peter K***, er könne sich nicht erinnern, ob "einmal beide (Angeklagten) gleichzeitig weg waren" (S 253), in diesem Zusammenhang nicht weiter zu erörtern, weil dies der Annahme nicht widerstreitet, daß der Beschwerdeführer als Aufpasser fungiert hat.

Der Einwand, aus der Aussage der Zeugin Erika S*** ergebe sich, daß der Standort des Angeklagten M*** vom eigentlichen Einbruchsobjekt 800 Meter entfernt gewesen sei, was ein wirksames Aufpassen geradezu ausschlösse, findet in deren Angaben keine Deckung. Die Zeugin hat nämlich nur bekundet (S 252), daß "die Strandbäder" (an der Alten Donau) von ihrem Haus "bestimmt 800 Meter entfernt" sind, nicht aber behauptet, daß auch der Parkplatz (auf welchem der Beschwerdeführer vom Zeugen K*** beobachtet wurde) ebensoweit weg vom Haus liegt. Wenn dies in der Beschwerde mit der Begründung unterstellt wird, daß mit den Strandbädern "offensichtlich" der Parkplatz gemeint sei, so widerspricht dies den Verfahrensergebnissen, denn nach der Verantwortung des Angeklagten S*** lag der Parkplatz erheblich näher zum Tatort, weil die Angeklagten von den Strandbädern bis dorthin "noch fahren" mußten (S 249). Da somit die erwähnte Entfernungsangabe für die Frage der Täterschaft des Beschwerdeführers ohne jede Bedeutung ist, mußte sich das Erstgericht damit nicht auseinandersetzen. Mit seinen weiteren Argumenten im Rahmen der Mängelrüge, die seiner Ansicht nach für den inneren Wahrheitsgehalt seiner Verantwortung sprechen, nämlich daß er immer gleichbleibend jede Beteiligung an dem Einbruchsdiebstahls bestritten hat, sogar die Anschrift der Freundin des Mitangeklagten S*** preisgab, in deren Wohnung ein Teil der Beute sichergestellt werden konnte, daß ferner S*** keinen Grund gehabt hätte, ihn wahrheitswidrig zu decken, weil der Wegfall der Gesellschaftsqualifikation (§ 127 Abs 2 Z 1 StGB) bei der Straffrage nicht ins Gewicht fällt, und daß schließlich die ihm zum Vorwurf gemachte wechselhafte Verantwortung damit zu erklären sei, daß er sich an Nebensächlichkeiten eben nicht mehr erinnern konnte, begibt sich der Beschwerdeführer auf das ihm im Rahmen der Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten verwehrte Gebiet der Bekämpfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, ohne einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darzutun.

Daß der Wert der Diebsbeute 5.000 S jedenfalls überstiegen hat, mußte das Erstgericht angesichts der oben wiedergegebenen Art der gestohlenen Gegenstände (darunter 2.000 S und 100 DM Bargeld) nicht besonders begründen, vielmehr genügte die Bezugnahme (US 5) auf die Aussage der Geschädigten Helene E***, die ihren Schaden sogar mit ca. 16.000 S beziffert hat (S 196), ohne daß sich aus den gepflogenen Erhebungen Gründe ergeben hätten, die vermuten ließen, daß dieser Betrag wesentlich überhöht sei (§ 369 Abs 2 StPO; vgl. auch § 99 StPO).

Aus der Feststellung, daß die Wegnahme der Sachen und Urkunden vom uneingeschränkten Vorsatz der beiden Angeklagten umfaßt war (US 7, 15), folgt auch der gleichfalls ausdrücklich konstatierte (US 15) - zumindest mit Begleitwissen (vgl. ÖJZ-LSK 1981/1 zu § 5 Abs 1 StGB sowie ÖJZ-LSK 1982/112,177 zu § 229 Abs 1 StGB) gefaßte - Gebrauchsverhinderungsvorsatz des Beschwerdeführers, ohne daß es diesbezüglich einer näheren Begründung bedurft hätte, zumal es übrigens nicht darauf ankommt, ob dem Diebsgenossen die von seinem Komplizen weggenommenen Gegenstände im Detail bekannt sind, soferne der Beuteumfang nur im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses liegt (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2, § 127 RN 78).

Soweit der Beschwerdeführer aber (allgemein) das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet, übergeht er die diesbezüglichen Konstatierungen des Schöffengerichtes (US 15), insbesondere auch in Ansehung des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffG (zu dessen Verwirklichung im übrigen Fahrlässigkeit genügt) und bringt solcherart die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dieter M*** war daher - nach Anhörung der Generalprokuratur - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zum Teil offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), im übrigen aber als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) sofort - kostenpflichtig (§ 390 a StPO) - zurückzuweisen. Über die Berufung des Angeklagten M*** hingegen wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E11999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0150OS00136.87.0929.000

Dokumentnummer

JJT_19870929_OGH0002_0150OS00136_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten