TE OGH 1987/10/6 15Os81/87

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Veröffentlicht am 06.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Oktober 1987 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Thoma als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf D*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 8.April 1987, GZ 11 a Vr 445/86-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Schuldspruch laut den Punkten A. I. 3. und A. II. unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen; ansonsten wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf D*** (A.) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB sowie der Vergehen (B.) der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und (C.) der Unterschlagung nach § 134 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er im Jahr 1986 (zu A.) insgesamt vier Personenkraftwagen aufgebrochen und daraus Sachen gestohlen oder zu stehlen versucht, und zwar (zu I. 3.) am 5.April auf einem Parkplatz in der Lobau in Wien XXII. den PKW des Georg M***, aus dem er eine Filmkamera samt Batterien im Wert von rund 5.000 S stahl, (zu I. 1. und 2.) am 26.April auf einem Parkplatz im Gemeindegebiet von Deutsch-Wagram die PKW des Werner S*** und des Ernst L***, aus denen er sich mehrere Handtaschen samt Inhalt im Wert von insgesamt rund 25.000 S zueignete, sowie (zu II.) am 1.Mai in der Nähe des zuletzt bezeichneten Parkplatzes den PKW des Andreas L***, aus dem er Gegenstände im Gesamtwert von rund 2.000 S zu stehlen versuchte, wobei er betreten wurde; die in den Handtaschen verwahrt gewesenen Urkunden (zu B.) unterdrückte er, indem er sie behielt; außerdem eignete er sich (zu C.) am 27.April in Wien XXII. eine von Erna W*** verlorene und von ihm gefundene Geldbörse mit 150 S Bargeld an.

Die Täterschaft des Angeklagten, der sich nur zum Faktum A. II. (letztlich) des versuchten Diebstahls von Geld aus dem angeblich unversperrt gewesenen Kofferraum des Fahrzeugs schuldig bekannte, hielt das Schöffengericht in Ansehung der übrigen Anklagevorwürfe auf Grund von Indizien für erwiesen.

Zu den Fakten A. I. 1. und 2. sowie B. maß es dem Umstand, daß er bei seiner Verhaftung einen Schlüsselbund mit einem (in der Folge allerdings verschwundenen) auffälligen Anhänger bei sich gehabt habe, der aus dem PKW des Werner S*** gestohlen worden sei, entscheidende Bedeutung bei; daraus, daß er vorerst über die Herkunft dieses Anhängers falsche Angaben gemacht und in der Folge dessen Besitz zu Unrecht geleugnet habe, in Verbindung mit seinem Aufenthalt am Tatort zur Tatzeit und mit der Unglaubwürdigkeit seiner darauf bezogenen Verantwortung, mit seinem erwiesenen gleichartigen Diebstahlsversuch kurze Zeit später in unmittelbarer Nähe desselben Tatorts, mit der Sicherstellung von drei in einer Sitzlehne des von ihm benützten PKWs versteckt gewesenen Banknoten, deren Anzahl und Wert mit den aus dem Fahrzeug des S*** gestohlenen übereinstimmte, und mit der späteren Auffindung des größten Teiles der Diebsbeute aus den in Rede stehenden beiden Fakten in einem gemeinsamen Versteck auf einem Hundeabrichteplatz in Wien XXII. leitete es ab, daß er es gewesen sei, der diese beiden Diebstähle und auch die damit zusammenhängende Urkundenunterdrückung begangen habe.

Zum Faktum A. I. 3. schloß es daraus auf seine Täterschaft, daß die Kamera in seiner Wohnung gefunden wurde, daß seine Behauptung, er habe sie von einem ehemaligen Mithäftling gekauft, sowohl durch dessen Aussage in der Hauptverhandlung als auch durch die sicherheitsbehördlichen Angaben seiner Gattin Brigitte D*** widerlegt worden sei, und daß er diese Verantwortung auch durch eine wissentlich falsche Beweisführung habe untermauern wollen. Zum Faktum C. schließlich nahm es deshalb als erwiesen an, daß er die Geldbörse samt Inhalt gefunden und unterschlagen habe, weil sie von der Eigentümerin in Wien X***. verloren worden sei, wo er sich am selben Tag aufgehalten habe, und weil die Börse im selben Versteck aufgefunden wurde wie die Diebsbeute aus den Fakten A. I. 1. und 2.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt teilweise Berechtigung zu.

Zu den Fakten A. I. 1. und 2. sowie B. bemängelt der Beschwerdeführer mit Recht (Z 5), daß sich das Erstgericht mit seiner Verantwortung nicht ausreichend auseinandergesetzt hat. In Ansehung der als entscheidend beurteilten Feststellung, daß es der gestohlene Schlüsselbundanhänger gewesen sei, den der Angeklagte bei seiner Verhaftung bei sich gehabt habe, argumentierte es nämlich dahin, daß für den Fall der Richtigkeit seiner den Besitz eines solchen Anhängers überhaupt leugnenden späteren Verantwortung seine ursprüngliche Version "völlig unverständlich" wäre, wonach jener gleichartige Anhänger, der zur Zeit seiner (ersten) darauf bezogenen Vernehmung im PKW seines Bruders gelegen sei, in seinem Eigentum stehe, nachdem er ihn seinerzeit von einem Mithäftling namens B*** erhalten habe (S 31, 69): offenbar sei er seinerzeit noch nicht dementsprechend "rechtlich" beraten gewesen (US 10/11). Bei diesem Argument läßt das Schöffengericht in der Tat jene Darstellung des Beschwerdeführers, mit der er zur Erklärung seiner ursprünglichen Verantwortung behauptete, der Gendarmeriebeamte D*** habe ihm ein Duplikat des gestohlenen Anhängers vorgewiesen und vorgetäuscht, letzteres sei in seiner Wohnung sichergestellt worden, er habe sich dadurch verwirren lassen und im Hinblick auf seine vorausgegangene jahrelange Abwesenheit von daheim den Besitz als möglich eingeräumt sowie für diesen Fall an einen seinerzeitigen Erhalt von B*** gedacht (S 264, 266), ebenso unerwähnt wie die dagegen sprechenden Beweisergebnisse, wonach der Angeklagte den Anhänger bei seiner Verhaftung tatsächlich auf seinem Schlüsselbund hatte, der aber später von den mit der Durchsuchung des zuvor erwähnten PKWs befaßt gewesenen Beamten versehentlich im Kofferraum eingeschlossen wurde, sodaß ihm dieser Anhänger bei seiner folgenden Vernehmung nur beschrieben werden konnte, und wonach ihm das (inzwischen von Erika S*** beigeschaffte) Gleichstück erst nach der betreffenden Vernehmung (zur Verifizierung) gezeigt wurde (S 337/339, 347, 351).

Die mit der Mängelrüge relevierte, der bekämpften Konstatierung zuwiderlaufende Verantwortung des Beschwerdeführers hätte jedenfalls einer (dem Obersten Gerichtshof verwehrten) beweiswürdigenden Erörterung im Urteil bedurft (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), zumal im hier aktuellen Zusammenhang immerhin der Gattin des Angeklagten tatsächlich einmal ein den Anhänger betreffender mißverständlicher Vorhalt gemacht worden zu sein scheint (S 63) und auch der Ablauf des Geschehens in bezug auf den Verbleib dieses Anhängers, auf die Vernehmung des Beschwerdeführers sowie auf das Beischaffen und Vorzeigen des Anhänger-Duplikats keineswegs von vornherein klar auf der Hand lag (vgl S 277 bis 282, 329 f., 1 h vso f.). Dazu kommt noch, daß das Erstgericht jene - zu den Bekundungen der Gendarmeriebeamten D*** und S***, wonach der vom Angeklagten bei seiner Verhaftung auf einem Schlüsselbund mitgeführte Anhänger nach der folgenden Durchsuchung des PKWs seines Bruders in dessen Kofferraum zurückblieb (S 57, 115, 127/129, 277 bis 279, 281 f., 347, 351), im Widerspruch stehenden - Angaben der Zeugin Brigitte D*** bei der Gendarmerie (S 357), die in der Verhandlung (ohne einen dagegen erhobenen Widerspruch des Verteidigers) verlesen wurden (S 377), sowie des Zeugen L*** in der Hauptverhandlung (S 283), denen zufolge sich der Anhänger nicht auf dem Schlüsselbund befunden habe, als dieser später aus dem PKW des Gerhard D*** abgeholt wurde, im Urteil gleichfalls mit Stillschweigen übergangen hat; auch insoweit ist der Oberste Gerichtshof nicht befugt, die in erster Instanz unterbliebene Würdigung der in Rede stehenden Verfahrensergebnisse, von denen nicht ausgeschlossen werden kann, daß ihre Berücksichtigung zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis geführt hätte, durch eigene Überlegungen zu ersetzen.

Im Hinblick auf die von ihm zutreffend aufgezeigten Begründungsmängel des Urteils ist im gesamten davon betroffenen Umfang eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich; schon darum, weil die Feststellung der Täterschaft des Angeklagten im Faktum C. entscheidend darauf beruht, daß die unterschlagene Geldbörse imselben Versteck aufgefunden wurde wie ein Großteil der Diebsbeute aus den Fakten A. I. 1. und 2., erstrecken sie sich auch auf jenen Schuldspruch. Zudem hat sich das Schöffengericht bei der Konstatierung, daß das Tatobjekt von der Eigentümerin im XXII. Wiener Gemeindebezirk verloren wurde, abermals über ein dagegen sprechendes Beweisergebnis stillschweigend hinweggesetzt, indem es die Aussage der Zeugin W***, sie glaube eher, daß sie die Geldbörse zu Hause in der Langfeldgasse, also in Wien XXI. (vgl S 165), ausgestreut habe (S 308), überging.

In Ansehung der bisher erörterten Schuldsprüche war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung der darauf bezogenen weiteren Bescherdeeinwände bedarf. Im zweiten Rechtsgang wird zum Faktum B. gegebenenfalls die Urkunden-Qualität der Tatobjekte im einzelnen zu überprüfen sein (vgl etwa ÖJZ-LSK 1984/59 zu § 74 Z 7 StGB).

Im übrigen dagegen läßt die Nichtigkeitsbeschwerde eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen.

Denn zum Faktum A. I. 3. stellt der Angeklagte mit seinem im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobenen Vorwurf, das Erstgericht habe mit den dazu getroffenen Feststellungen seine Täterschaft nicht ausreichend begründet (sachlich Z 5), lediglich auf die Auffindung der Kamera in seiner Wohnung ab; indem er solcherart die übrigen (eingangs wiedergegebenen) Argumente des Gerichts mit Stillschweigen übergeht, ficht er der Sache nach nur nach Art einer Schuldberufung im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an; ein formeller Begründungsmangel des Urteils (Z 5) oder ein der Entscheidung anhaftender Rechtsirrtum (Z 9 lit a) kann damit nicht dargetan werden.

Zum Faktum A. II. schließlich werden Umstände, die einen gesetzlichen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, überhaupt nicht geltend gemacht.

In diesem Umfang war folglich die Nichtigkeitsbeschwerde gleichfalls nach Anhörung der Generalprokuratur bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte darauf zu verweisen.

Anmerkung

E11988

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0150OS00081.87.1006.000

Dokumentnummer

JJT_19871006_OGH0002_0150OS00081_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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