Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Josef L***, geboren am 30. April 1950, Müllermeister, 5202 Neumarkt, Mühlgasse 12, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einverleibung eines Pfandrechtes ob der Alfons K***, geboren am 24. Mai 1940, und Katharina K***, geboren am 7. August 1948, je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft EZ 55 KG Tannberg, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 16. Juni 1987, GZ R 168/87 (TZ 1426/87)-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 10. März 1987, TZ 295/87-1, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Antragsteller begehrte auf Grund der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 11. Februar 1987, der beglaubigten Vollmacht vom 19. Mai 1986 und des erstgerichtlichen Beschlusses vom 21. Mai 1986, TZ 1267/86, ob der Alfons K*** und Katharina K*** allein gehörenden Liegenschaft EZ 55 KG Tannberg 1. im Range der in COZ 21 angemerkten Rangordnung die Einverleibung des Pfandrechtes für den Kredithöchstbetrag von 600.000 S zu seinen Gunsten und 2. im laufenden Rang die Einverleibung des Pfandrechtes für 9,25 % Zinsen, 12 % Verzugs- und Zinseszinsen zu bewilligen. Das Erstgericht gab dem Antrag ungeachtet des Umstandes, daß ob der Liegenschaft die (am 18. Februar 1987 zu Sa 2/87 und Sa 3/87 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis erfolgte) Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Liegenschaftseigentümer angemerkt worden war, zur Gänze statt.
Das von den Liegenschaftseigentümern und dem Ausgleichsverwalter angerufene Rekursgericht wies den Antrag aus nachstehenden Erwägungen ab:
Im gegenständlichen Fall habe der Antragsteller die Einverleibung eines Pfandrechtes auf Grund einer lediglich durch ihn selbst am 11. Februar 1987 unterfertigten Schuld- und Pfandbestellungsurkunde begehrt, dabei jedoch gleichzeitig eine von den Liegenschaftseigentümern am 19. Mai 1986 unterschriebene, auf ihn lautende Vollmacht vorgelegt. Darin werde dem Antragsteller die Vertretungsbefugnis für die dort näher angeführten Angelegenheiten und Arten von Geschäften sowie für alle Vorkehrungen erteilt, die für nützlich und notwendig erachtet werden. Diese Vollmacht entspreche den Erfordernissen des § 31 Abs 6 GBG. Es liege somit ein Fall des Selbstkontrahierens vor, das grundsätzlich rechtlich möglich und zulässig sei (Stanzl in Klang2 IV/1, 817 ff; SZ 27/38 u.a.). Ungeachtet der von den Rekurswerbern aufgeworfenen Frage, ob für die Unterfertigung einer Schuld- und Pfandbestellungsurkunde eine Spezial- oder zumindest eine Gattungsvollmacht erforderlich sei, berechtige die vorgelegte Vollmacht schon deswegen nicht zum Abschluß des vorgenommenen Insichgeschäftes in Form der Unterfertigung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde, weil sich diese Befugnis des Machthabers im Einzelfall ausdrücklich aus der Vollmacht ergeben müsse (RPflSlgG 1986/988, 1973/1381). Mangels Vorliegens dieses Erfordernisses sei die Gültigkeit des Selbstkontrahierens nur unter zwei Voraussetzungen gegeben: Der Abschlußwille des Selbstkontrahierens müsse sich in einer Form äußern, die nicht nur die Erklärung außer Zweifel setze, sondern auch eine geheime unkontrollierbare Zurücknahme der einmal abgegebenen Erklärungen ausschließe. Dieser Umstand möge im vorliegenden Fall als gegeben angenommen werden, weil das abgeschlossene Rechtsgeschäft durch Vorlage der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde nach außen in Erscheinung getreten sei. Es dürfe aber auch keine Gefahr einer Interessenkollision vorhanden sein, deren Vorliegen jedoch im gegenständlichen Fall wohl keiner näheren Erörterung bedürfe. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der Antragsteller macht zusammengefaßt geltend, die Voraussetzungen der Zulässigkeit (Rechtswirksamkeit) des Selbstkontrahierens (im engeren Sinn) seien hier deshalb gegeben, weil die Liegenschaftseigentümer am 19. Mai 1986 nicht nur die Vollmacht an ihn, sondern auch den Antrag an das Grundbuchsgericht, ob ihrer Liegenschaft die Rangordnung für die beabsichtigte Einverleibung eines Pfandrechtes für den Kredithöchstbetrag von 600.000 S anzumerken, beglaubigt unterfertigt hätten. Daraus sei zu folgern, daß ihm die Liegenschaftseigentümer die Vollmacht zur Unterfertigung einer entsprechenden Schuld- und Pfandbestellungsurkunde samt Aufsandungserklärung zwecks Sicherung seiner ihnen gegenüber aushaftenden Forderung erteilen wollten. Dem kann nicht beigepflichtet werden.
Wie der erkennende Senat bereits in JBl 1984, 315 dargelegt hat, hat das Grundbuchsgericht gemäß § 94 Abs 1 GBG das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn kein begründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist (Z 2) und das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (Z 3). Dem § 94 Abs 1 Z 2 GBG sind auch gegründete Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht dessen zu unterstellen, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen eines Vertragspartners
unterfertigte (vgl. SZ 4/114; 5 Ob 56/66 = RPflSlgG 923;
5 Ob 132/67 = RPflSlgG 1036; 5 Ob 15/76, 5 Ob 26/79). Das Ansuchen
kann nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt ein derartiger ist, daß er nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch bezüglich der materiellrechtlichen Fragen keinerlei Zweifel aufkommen läßt (EvBl 1976/13; NZ 1980, 56; 5 Ob 8/80). Die Klärung gegründeter Bedenken und Zweifel im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 oder 3 GBG ist dem Rechtsweg überlassen. Das (grundsätzlich rechtlich mögliche) Selbstkontrahieren ist nach österreichischem Recht - das zum Unterschied vom deutschen Recht (§ 181 BGB) keine allgemeine gesetzliche Regelung dieses Problems kennt - in der Regel unzulässig (GesRZ 1981, 174 = SZ 54/57 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Gschnitzer, Allgemeiner Teil 228). Die (ausnahmsweise) Zulässigkeit des Selbstkontrahierens kann sich aus dem Gesetz, aus einem Vertrag, aus einer einseitigen Willensäußerung des Vollmachtgebers oder daraus ergeben, daß jede Gefährdung des Machtgebers ausgeschlossen ist (Stanzl in Klang2 IV/1, 818; Ehrenzweig2 I/1, 279; Gschnitzer, Allgemeiner Teil 228; Koziol-Welser5 I 150 nunmehr Koziol-Welser7 I 162; GesRZ 1981, 174 = SZ 54/57). Die Gestattung des Selbstkontrahierens stellt eine Erweiterung der Vollmacht dar, die nach den Vorschriften über die Vollmachtserteilung zu beurteilen ist (Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts4, 519). Ist das Selbstkontrahieren unzulässig, so fehlt dem Vertreter die Vertretungsmacht (Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts II Das Rechtsgeschäft2, 811).
Ist das Selbstkontrahieren vertraglich oder durch einseitige Willensäußerung des Vollmachtgebers gestattet, so trifft den Vollmachtgeber die Beweislast dafür, daß durch das Selbstkontrahieren seine Interessen verletzt wurden (Stanzl aaO 819). Das Selbstkontrahieren ist auch im Falle der Gestattung unzulässig, wenn der Vertreter dabei unredlich vorgeht (vgl. SZ 27/38; siehe auch Palandt, BGB40, 158, Anm. 4 lit a zu § 181, wonach ein Rechtsgeschäft trotz Gestattung des Selbstkontrahierens wegen unsittlicher Schädigung des Vollmachtgebers nichtig sein kann). Auch seither wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes daran festgehalten, daß das Selbstkontrahieren (im engeren Sinn als Unterfall des Insichgeschäftes) vom gefährdeten Machtgeber entweder durch vorher erteilte Einwilligung oder durch nachträgliche Genehmigung gedeckt sein muß und ohne eine solche Zustimmung des Vertretenen nur dann zulässig sein kann, wenn dadurch die Gefahr einer Interessenkollision nicht einmal zu befürchten ist (EvBl 1983/39, EvBl 1986/86).
Geht man von den diesen Grundsätzen aus, dann ergibt sich folgendes:
Entgegen der Ansicht des Antragstellers läßt sich auch aus dem Zusammenhalt der beiden von den Liegenschaftseigentümern am 19. Mai 1986 beglaubigt unterfertigten Urkunden (Vollmacht und Antrag auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung) nicht mit der im Grundbuchsverfahren erforderlichen Eindeutigkeit ableiten, daß die Liegenschaftseigentümer dem Antragsteller die Vollmacht zur Unterfertigung einer Schuld- und Pfandbestellungsurkunde samt Aufsandungserklärung zwecks Sicherung seiner ihnen gegenüber aushaftenden Forderung erteilen, also das Selbstkontrahieren gestatten wollten. Selbst wenn man dies aber annehmen wollte, könnte sich die (in der Unterfertigung des Antrages auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Einverleibung eines Pfandrechtes für den Kredithöchstbetrag von 600.000 S gelegene) Einwilligung der Liegenschaftseigentümer in das Selbstkontrahieren des Antragstellers nur darauf erstreckt haben, daß sich der Antragsteller in ihrem Namen eine Höchstbetragshypothek von 600.000 S einräumt. Der Inhalt der vom Antragsteller am 11. Februar 1987 unterfertigten Schuld- und Pfandbestellungsurkunde, wonach die Liegenschaftseigentümer bekennen, "auf Grund der heute gepflogenen Abrechnung aus gewährter Geschäftsbeziehung" dem Antragsteller "den Betrag von 600.000 S zu schulden und ihm diesen Betrag binnen drei Jahren, gerechnet vom Tag der Unterfertigung dieser Urkunde, zurückzubezahlen" (Punkt I) und zur Sicherstellung dieses Betrages samt Zinsen, Verzugs- und Zinseszinsen die ihnen je zur Hälfte gehörende Liegenschaft.....verpfänden und ihre unwiderrufliche Einwilligung erteilen, daß dieses Pfandrecht für die Darlehensforderung des Antragstellers im Betrag von 600.000 S samt........ ob dieser Liegenschaft einverleibt werde (Punkt III), wäre dadurch nicht gedeckt. Im Falle einer Höchstbetragshypothek kann sich der Gläubiger zur Dartuung seiner Forderung nicht auf die Grundbuchseintragung oder auf gutgläubigen Erwerb berufen, sondern muß ihr Entstehen nachweisen (Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 451; SZ 44/121). Deshalb kann auch entgegen der Auffassung des Antragstellers keine Rede davon sein, daß bei der Unterfertigung der gegenständlichen Schuld- und Pfandbestellungsurkunde jegliche Gefahr einer Interessenkollision und einer Schädigung der Liegenschaftseigentümer ausgeschlossen gewesen wäre. Im Falle der Rechtswirksamkeit des gegenständlichen Schuld- und Pfandbestellungsvertrages wäre der Antragsteller der Notwendigkeit des Nachweises der Höhe seiner Forderung enthoben; gerade der Umstand, daß die Liegenschaftseigentümer das wollten, kann ihrer Antragstellung auf Anmerkung der Ranganordnung für die beabsichtigte Einverleibung einer Höchstbetragshypothek aber nicht entnommen werden.
Es bestehen demnach gegründete, auch dadurch, daß nicht die Einverleibung einer Verkehrshypothek, sondern lediglich die Einverleibung einer Höchstbetragshypothek beantragt wird, nicht zu beseitigende Bedenken und Zweifel im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG, die zur Antragsabweisung führen mußten, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war. Die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe konnte unterbleiben, weil dann, wenn - wie hier - die Verbücherung eines ungültigen Vertrages begehrt wird, die Wiederholung des Grundbuchsgesuches nicht in Betracht kommt (vgl. JBl 1953, 297).
Anmerkung
E12081European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00083.87.1006.000Dokumentnummer
JJT_19871006_OGH0002_0050OB00083_8700000_000