Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als Richter in der Exekutionssache der gefährdeten Partei OMR Dr. Max H***, prakt. Arzt, Wien 9, Nußdorferstraße 14/12a, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Rechtsanwalt in Wien, wider den Gegner der gefährdeten Partei Dr. Franz M***-M***-S***, Industrieller, Frohnleiten, Schloß Pfannberg, vertreten durch Dr. Heimo Hochstätter und Dr. Alexander Isola, Rechtsanwälte in Graz, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 13. Juli 1987, GZ 48 R 237/87-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. April 1987, GZ 46 C 201/87-5, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt.
Die gefährdete Partei hat ihre Kosten einstweilen, der Gegner der gefährdeten Partei hat seine Kosten endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die gefährdete Partei ist Mieter der Wohnung top Nr. 12a im Hause Wien 9, Nußdorferstraße 14, dessen Eigentümer der Gegner der gefährdeten Partei ist.
Mit dem beim Erstgericht am 27. März 1987 überreichten Schriftsatz begehrte der Mieter, den Vermieter mittels einstweiliger Verfügung zu verpflichten, den Einbau einer zweiflügeligen außen glatten Sicherheitseingangstüre mit 2 Zusatzschlössern und einem herkömmlichen Türschloß durch die Firma S*** KG, Schlosserei, 1080 Wien, Auerspergstraße 13, anstelle der ursprünglichen Eingangstüre der Wohnung zu dulden. Er brachte vor, am 17. Februar 1987 hätten bisher unbekannte Täter in seine Wohnung eingebrochen. Dieser Einbruch sei um 10 Uhr vormittags geschehen und habe deshalb unbemerkt erfolgen können, weil das Überwinden seiner Eingangstüre keinerlei Schwierigkeiten bereite. Es handle sich dabei um eine nachträglich eingebaute Holztüre, die durch einmaliges Einsetzen eines Brecheisens so aus ihrer ursprünglichen Lage habe verkantet werden können, daß sie ohne Beschädigung der zweifach versperrten Türschlösser habe geöffnet werden können. Beim Ausheben der Türe sei diese in ihrer Halterung allerdings so beschädigt worden, daß sie nun praktisch nicht mehr verschlossen werden könne bzw. das Türschloß keinerlei Sperrwert mehr besitze. Bereits im 10 Uhr 30 sei der Vorfall von seiner Gattin entdeckt und der Polizei mitgeteilt worden. Bei diesem Einbruch hätten die Täter Golddukaten im Wert von S 100.000,-- erbeutet. Seit diesem Vorfall habe er bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wiederholt Anrufe von niemals beauftragten Reinigungsfirmen, Scherenschleifern usw., ja sogar Hausbesuche von angeblichen Handwerkern, die er niemals bestellt gehabt habe, erhalten. Es bestehe begründeter Anlaß zu der Annahme, daß - offenbar wegen des erfolgreichen ersten Einbruchs - neuerlich in seine Wohnung eingedrungen werden solle. Bei einem derartigen Unterfangen stünden den potentiellen Tätern keinerlei Hindernisse im Weg, weil sich im Hause Nußdorferstraße 14 kein Hausbesorger aufhalte, das Haustor stets unverschlossen sei und auf Grund seines schlechten Zustandes auch jederzeit leicht geöffnet werden könne und überdies auf der Stiege zu seinem Mietobjekt nur insgesamt vier Parteien wohnten. Da seine Eingangstüre nunmehr in keiner Weise geeignet sei, etwaigen Einbruchsversuchen standzuhalten, habe er bei der Firma S*** KG die Anfertigung einer Eingangstüre laut der in Ablichtung beiliegenden Planskizze in seinem Namen in Auftrag gegeben. Diese Tür entspreche dem heutigen technischen Sicherheitsstandard, passe auch optisch ohne weiteres zu den übrigen am Gang befindlichen Türen und werde von Professionisten auf seine alleinigen Kosten eingebaut. Bisher habe sich der Vermieter jedoch geweigert, dem Einbau dieser Türe zuzustimmen oder ihn auch nur zu dulden. Er habe daher zur Geltendmachung seiner Rechte bereits einen Antrag bei der Schlichtungsstelle für den 9. Wiener Gemeindebezirk gemäß § 37 Abs 1 Z 6 MRG eingebracht, doch würde im Falle eines neuerlichen Einbruches die Entscheidung in einem sicherlich länger dauernden Verfahren jedenfalls zu spät kommen. Es bestehe demnach die eminente Gefahr, daß durch den bestehenden Zustand sowohl sein Eigentumsrecht wie unter Umständen die körperliche Sicherheit seiner Person sowie die seiner Mitbewohner gefährdet würde. Seinem Antrag legte der Mieter unter anderem die Ablichtung einer Skizze der Sicherheitstür, eine eidesstättige Erklärung seines Sohnes Dr. Harald H***, eine Ablichtung des Schreibens der Hausverwaltung des Vermieters vom 9. März 1987 und eine Rubrik des Antrages an die Schlichtungsstelle bei.
Der Vermieter beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Begehrens des Mieters. Er wendete ein, daß eine einstweilige Verfügung "durch Anordnung der Duldung von Veränderungen am Bestand" im Gesetz nicht vorgesehen sei. Die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung würde überdies die Entscheidung der Schlichtungsstelle oder des Gerichtes im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 6 MRG vorwegnehmen. Es liege weder eine konkrete Gefährdung des Mieters noch ein drohender unwiederbringlicher Schaden vor. Im übrigen könnte der Gefahr eines neuerlichen Einbruches bis zur Klärung der Duldungspflicht nach § 9 MRG durch Anbringen eines Vorhangschlosses begegnet werden. Mit Schreiben vom 5. März 1987 habe der Mieter ihm mitgeteilt, daß er wegen des erfolgten Einbruches bei der Firma S*** KG eine neue Eingangstür bestellt habe, und ihn um Kenntnisnahme ersucht. Daraufhin habe er (Vermieter) mit Schreiben vom 9. März 1987 um die Übermittlung einer planlichen Darstellung der vom Mieter beabsichtigten Veränderungen ersucht, weil er sich angesichts der äußerst knappen und unzulänglichen Angaben des Mieters aus Gründen der Vorsicht und Besorgnis um das einheitliche Bild des Stiegenhauses vergewissern habe wollen, ob sich die neue Eingangstür in das architektonische Gesamtbild des Hauses einfügen würde. Er habe dem Mieter vorgeschlagen, die neue Eingangstür hinter der alten, sehr schönen und vollkommen in das Gesamtbild des Hauses passenden Eingangstür einbauen zu lassen. Auch für den Fall der Annahme dieses Vorschlages sei um Übersendung einer planlichen Darstellung ersucht worden. Der Mieter habe auf den Vorschlag nicht reagiert und das Schreiben vom 9. März 1987 unbeantwortet gelassen.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des vom Mieter gemäß § 37 Abs 1 Z 6 MRG bei der Schlichtungsstelle eingeleiteten Verfahrens. Es nahm (auf Grund der Aussage des Mieters und der vom Mieter vorgelegten Urkunden) folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Am 17. Februar 1987 haben bisher unbekannte Täter in der Wohnung des Mieters eingebrochen. Der Einbruch erfolgte um 10 Uhr Vormittag unbemerkt, weil das Überwinden der bisherigen Eingangstür des Mieters keinerlei Schwierigkeiten bot. Durch das Einsetzen eines Brecheisens wurde die Tür so aus ihrer ursprünglichen Lage verkantet, daß diese ohne Beschädigung der zweifach versperrten Türschlösser geöffnet werden konnte. Die Beschädigung der Tür erfolgte in der Art, daß diese praktisch nicht mehr verschlossen werden kann. Der Mieter zeigte diesen Sachverhalt beim Bezirkspolizeikommissariat Wien-Alsergrund an. Bei dem Einbruch erbeuteten die Täter Golddukaten im Wert von S 100.000,--. Seit diesem Vorfall erhielt der Mieter wiederholt Anrufe von niemals beauftragten Reinigungsfirmen, Scherenschleifern usw., auch Hausbesuche von angeblichen Handwerkern, die der Mieter nie bestellt hatte. Es scheint der Verdacht nahe zu liegen, daß die diversen Besuche lediglich Vorwände sind, und angenommen werden muß, daß wegen des erfolgreichen Einbruches offenbar neuerlich in die Wohnung eingedrungen werden soll. Da die vorhandene Eingangstür in keiner Weise geeignet ist, etwaigen neuerlichen Einbruchsversuchen standzuhalten, ließ der Mieter bei der Firma S*** KG die Anfertigung einer Eingangstür in Auftrag geben. Der Vermieter hat sich bisher geweigert, dem Einbau dieser Tür zuzustimmen oder ihn zu dulden.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:
Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei es, daß der zu sichernde Anspruch zur Geltendmachung im Verfahren in oder außer Streitsachen geeignet sei, wobei es schon genüge, wenn die ordentlichen Gerichte zur Exekution wegen des Anspruches berufen seien. Dies treffe zu, wenn der Anspruch des Mieters auf die (Duldung der) Vornahme bestimmter Arbeiten durch den Vermieter zu sichern sei, der sich im Stadium des Verfahrens nach § 9 Abs 1 MRG befinde. Entgegen der Ansicht des Vermieters, eine Anordnung der Duldung von Veränderungen könne nicht zum Gegenstand einer einstweiligen Verfügung gemacht werden, sei dies durchaus möglich. Aus dem durchgeführten Bescheinigungsverfahren gehe hervor, daß sehr wohl die Gefahr bestehe, daß es zu erneuten Einbrüchen in die Wohnung des Mieters kommen könnte. Bei den diversen Anrufen bzw. Hausbesuchen scheine es sich um Vorwände zu handeln, um die Lage auszukundschaften. Durch den gegenwärtigen Zustand sei sowohl das Eigentum als auch die körperliche Sicherheit des Mieters gefährdet, weshalb die Anordnung der beantragten einstweiligen Verfügung gerechtfertigt sei. Der drohende Schaden sei insoweit unwiederbringlich, als die Leistung von Geldersatz dem angerichteten Schaden (eine Verletzung der körperlichen Sicherheit sei nicht auszuschließen) nicht völlig adäquat sei.
Das Rekursgericht wies den Antrag des Mieters mit dem Ausspruch, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, im wesentlichen aus nachstehenden Erwägungen ab:
Da es der Mieter offenlasse, ob sein Antrag im Sinne des § 381 Z 1 EO zur Sicherung der späteren Durchsetzung seines Anspruches auf Veränderung des Mietobjektes (§ 9 MRG) oder im Sinne des § 381 Z 2 EO zur Abwendung drohender Gefahr für sein Eigentum und seine körperliche Sicherheit gestellt wurde, seien beide, in ihren Konsequenzen unterschiedlichen Varianten zu prüfen. Die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des strittigen Anspruches auf Veränderung der Wohnungseingangstür sei nicht gefährdet. Liege eine objektive Gefährdung, die nicht in einem Verhalten des Antragsgegners bestehen müsse (Heller-Berger-Stix 2721), nicht vor, so fehle es an einer Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 1 EO. Die bloße Weigerung des Vermieters, die Veränderung der Wohnungseingangstür zu dulden, sei noch keine Gefährdung des Anspruches (Heller-Berger-Stix 2723). Auf die Bestimmung des § 381 Z 1 EO könne daher die begehrte einstweilige Verfügung nicht mit Erfolg gestützt werden. Es sei demnach nur noch zu prüfen, ob die beantragte einstweilige Verfügung zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheine (§ 381 Z 2 EO). Die Gefahr, die es abzuwenden gelte, drohe absolut geschützten Rechtsgütern des Mieters. Auf Grund des Vertragsverhältnisses habe der Mieter jedoch darüberhinaus ein vertragliches Recht gegenüber dem Vermieter auf Schutz seiner Güter. Als anzuwendendes Sicherungsmittel strebe der Mieter die Duldung der Veränderung am Bestandgegenstand durch Vornahme einer - seiner Ansicht nach in der Stahlkonstruktion gelegenen - Verbesserung an. Die Sicherungsmittel, die das Gericht anordnen könne, seien im § 382 EO nur demonstrativ aufgezählt. Es komme nicht darauf an, ob es sich um ein Leisten, Dulden oder Unterlassen handle (Heller-Berger-Stix 2723). Die einstweilige Verfügung müsse nur geeignet sein, den geltend gemachten Anspruch zu sichern, jedoch nur mit den unumgänglich nötigen Mitteln (Heller-Berger-Stix 2729). Auch der bei der Schlichtungsstelle gleichzeitig mit dem vorliegenden Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebrachte Antrag gemäß § 9 MRG sei auf die Duldung der Veränderung des Mietgegenstandes gerichtet (Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 9 MRG). Insoweit decke sich die zum Schutz der Rechtsgüter des Mieters begehrte einstweilige Verfügung mit dem angestrebten Ergebnis im außerstreitigen Verfahren nach dem Mietrechtsgesetz. Auch im Außerstreitverfahren angestrebte Ziele könnten grundsätzlich durch einstweilige Verfügung gesichert (MietSlg 30.856) und in den Fällen des § 381 Z 2 EO durch einstweilige Verfügung vorweggenommen werden. Das angestrebte Sicherungsmittel (nämlich Duldung) der ganz wesentlichen Veränderung des Mietgegenstandes (im Bereich seiner "Außenhaut") stehe im Gegensatz zu den in § 382 Z 1 bis 7 EO angeführten Sicherungsmitteln. Die in § 382 Z 8 EO angeführten Sicherungsmittel müßten hiebei außer Betracht bleiben, weil diese ursprünglich nicht vorgesehenen familienrechtlichen Sicherungsmittel eine Verwirrung im System, einen Fremdkörper im § 382 EO darstellten (Heller-Berger-Stix 2754). Den Sicherungsmitteln des § 382 Z 1 bis 7 EO sei gemeinsam, daß sie auf Konservierung eines bestehenden Zustandes oder Abwehr nachteiliger Veränderungen durch den Antragsgegner gerichtet seien. Im konkreten Fall solle aber der vor dem Einbruch bestandene Zustand nicht erhalten, sondern verändert werden. Die geforderte Maßnahme diene damit nicht der Sicherung, sondern der Veränderung der Position des Mieters. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, daß die von ihm angestrebte "Verbesserung" das unumgänglich nötige Mittel (MietSlg 34.864) zur Abwendung der Gefahr darstelle. Der Mieter habe die unbedingte Notwendigkeit des angestrebten Sicherungsmittels im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht behauptet. Er sei nur der Ansicht, daß die von ihm gewünschte Tür dem heutigen technischen Sicherheitsstandard entspreche. Der Antrag auf Erlassung der gewünschten einstweiligen Verfügung sei daher abzuweisen gewesen.
Die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO seien gegeben, weil zur Frage, ob Veränderungen (Verbesserungen) des Mietgegenstandes (§ 9 MRG) als Sicherungsmittel im Sinne des § 382 EO geeignet seien, eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes - soweit
überblickbar - nicht vorliege. Im Fall der Entscheidung SZ 23/284 sei zwar die Duldung der Einleitung eines Fernsprechanschlusses aufgetragen, doch die beabsichtigte Veränderung als der zu bescheinigende Anspruch geprüft worden. Im Fall der Entscheidung MietSlg 25.618 sei der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Anbringung einer Werbetafel bereits auf Grund der mangelnden Gefahrenbescheinigung abgewiesen worden. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Mieters mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Der Vermieter beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Zunächst ist den Vorinstanzen darin beizupflichten, daß es sich bei dem in § 9 MRG normierten und gemäß § 37 Abs 1 Z 6 MRG im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG durchzusetzenden Duldungsanspruch des Hauptmieters um einen Anspruch handelt, zu dessen Sicherung die Erlassung gerichtlicher einstweiliger Verfügungen grundsätzlich zulässig ist. Voraussetzung für die Erlassung (gerichtlicher) einstweiliger Verfügungen ist es, daß der zu sichernde - bestehende, wenn auch betagte oder bedingte, konkrete - Anspruch zur Geltendmachung im (gerichtlichen) Verfahren in oder außer Streitsachen geeignet ist, wobei es genügt, daß die Gerichte zur Exekution wegen dieses Anspruches berufen sind (Heller-Berger-Stix 2696 f; Feil, Einstweilige Verfügung 23; MietSlg 30.856 ua). Diese Voraussetzung ist hier ungeachtet dessen gegeben, daß der Mieter zufolge §§ 39, 40 MRG ein Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG bei Gericht erst dann einleiten kann, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde anhängig gemacht worden ist. Eine stattgebende Entscheidung der Gemeinde, gegen die das Gericht nicht angerufen worden ist, bildet ebenso einen Exekutionstitel nach der Exekutionsordnung wie eine rechtskräftige Entscheidung des Gerichtes im Verfahren nach § 37 MRG (§ 37 Abs 3 Z 21, § 39 Abs 4 MRG). Der in § 9 MRG normierte Duldungsanspruch des Hauptmieters ist ein Leistungsanspruch und kein Rechtsgestaltungsanspruch (Würth-Zingher, MRG2, Anmerkung 5 zu § 9; Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 9 MRG; MietSlg 37.266), sodaß der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung auch nicht der Umstand entgegensteht, daß Rechtsgestaltungsansprüche in der Regel nicht durch einstweilige Verfügung gesichert werden können (Heller-Berger-Stix 2698; SZ 19/227 ua). Daran ändert auch nichts der dritte Absatz des § 9 MRG, wonach der Vermieter bei wesentlichen Veränderungen (Verbesserungen), die nicht in § 9 Abs 2 MRG angeführt sind, seine Zustimmung von der Verpflichtung des Hauptmieters zur Wiederherstellung des früheren Zustandes bei der Zurückstellung des Mietgegenstandes abhängig machen kann. Es hat lediglich die Ablehnung des Hauptmieters, die Wiederherstellungspflicht zu übernehmen, in diesen Fällen zur Folge, daß der Vermieter nicht zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet ist. Im übrigen hat der Vermieter hier nach der Aktenlage bisher eine Erklärung im Sinne des § 9 Abs 3 MRG gar nicht abgegeben. Bei Bescheinigung einer Gefahr im Sinne des § 381 Z 2 EO können auch einstweilige Verfügungen bewilligt werden, die sich mit dem im Prozeß oder Außerstreitverfahren angestrebten Ziel ganz oder teilweise decken (Heller-Berger-Stix 2693, 2723; SZ 23/203, SZ 49/69 ua), soferne sie nicht eine Sachlage schaffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (SZ 27/317 ua). Die Beurteilung, ob die technisch jedenfalls mögliche Rückgängigmachung der einstweilen bewilligten Maßnahme durch den Mieter im Falle der rechtskräftigen Aberkennung des von ihm geltend gemachten Anspruches auch wirtschaftlich vertretbar erscheint, bleibt dem Mieter überlassen. Unter den Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO kann dem Gegner der gefährdeten Partei - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - auch die einstweilige Duldung der Veränderung eines bestehenden Zustandes durch die gefährdete Partei aufgetragen werden, wenn diese neben den genannten Gefährdungsvoraussetzungen einen materiellrechtlichen Anspruch auf diese Duldung behauptet und bescheinigt. Da die Sicherungsmittel im § 382 EO nur beispielsweise aufgezählt sind, können zur Sicherung anderer Ansprüche auch andere als die in dieser Gesetzesbestimmung aufgezählten Anordnungen getroffen werden; die Sicherungsmittel müssen sich nach der Beschaffenheit des im Einzelfall zu erreichenden Zweckes richten (SZ 51/50 ua). So hatte der Oberste Gerichtshof in SZ 23/284 keine Bedenken gegen die Sicherung des Anspruches eines Arztes, der als Hauptmieter die Hauseigentümerin auf Zustimmung zur Einleitung eines Fernsprechanschlusses geklagt hatte, durch eine einstweilige Verfügung gleichen Wortlautes mit der Klage
(vgl. Heller-Berger-Stix 2733 FN 22). Die Beurteilung der Vorinstanzen, daß dem Mieter bei Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes ein unwiederbringlicher Schaden im Sinne des § 381 Z 2 EO droht, hält sich nach den Bescheinigungsergebnissen im Rahmen der einschlägigen Lehre und Rechtsprechung. Dagegen spricht auch nicht der vom Vermieter geltend gemachte Umstand, daß der Mieter nicht noch rascher nach dem Einbruch vom 17. Februar 1987 tätig geworden ist. Nicht beizutreten ist jedoch der Ansicht des Rekursgerichtes, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die vom Mieter angestrebte "Verbesserung" das unumgänglich nötige Mittel zur Abwendung der drohenden Gefahr darstelle, solches habe der Mieter im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht behauptet. Der Mieter hat vorgebracht und das Erstgericht hat als bescheinigt angenommen, daß die Tür derart beschädigt worden ist, daß sie praktisch nicht mehr verschlossen werden kann und in keiner Weise geeignet ist, etwaigen neuerlichen Einbruchsversuchen standzuhalten. Die Anbringung eines Vorhangschlosses allein kann angesichts der bescheinigten Sachlage nicht Abhilfe schaffen.
Schließlich ist festzuhalten, daß die im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens erfolgte Bejahung der Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 1 bis 7 MRG, die alle zusammen vorliegen müssen, um die Duldungspflicht des Vermieters auszulösen (Krejci in Korinek-Krejci, HBzMRG 260; 5 Ob 7/86) - wobei die Behauptungs- und Beweis(Bescheinigungs)last hinsichtlich der positiven Voraussetzungen der Z 1 bis 4 den Mieter, jene hinsichtlich der negativen Voraussetzungen der Z 5 bis 7 den Vermieter trifft (Würth in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 9 MRG; 5 Ob 20/87) - , mit keinem im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erheblichen Rechtsirrtum behaftet ist. Der Einbau einer Sicherheitstür kann - zumindest unter den hier gegebenen Umständen (Wohnung in der Großstadt in einem Haus ohne Hausbesorger und mit offenem Haustor) - als der Übung des Verkehrs entsprechend angesehen werden. Daß der Einbau der vom Mieter in Aussicht genommenen Sicherheitstür eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des (Stiegen)Hauses herbeiführen würde, ist nicht bescheinigt. Während der Vermieter zu diesem Einwand kein Bescheinigungsmittel angeboten hat, hat der Mieter ausgesagt, daß zwar die bisherige Eingangstür seiner Wohnung braun gewesen sei und die neue Eingangstür weiß sein werde, daß aber schon mehrer Mieter im Haus ihre Türen von braun auf weiß umstreichen hätten lassen; im übrigen liege seine Wohnung nicht am Ende eines größeren Ganges, sondern sei vor seiner Tür lediglich ein etwa zwei Quadratmeter großer Stiegenabsatz vorhanden (AS 9 f). Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 393, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E12088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00085.87.1006.000Dokumentnummer
JJT_19871006_OGH0002_0050OB00085_8700000_000