Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut K***, Kaufmann, Friesach, Judendorf 1, vertreten durch Dr. Walter Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Werner W***, Kaufmann, Klagenfurt, Schillerweg 62, vertreten durch Dr. Günther Moshammer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12. März 1987, GZ 5 R 36,37/87-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28. November 1986, GZ 24 Cg 229/86-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 15.874,65, bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.443,15 Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte übertrug dem Kläger mit Vereinbarung vom 11. Feburar 1985 ein Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von Pommes-frites befaßte, bestehend aus einem Exklusivvertriebsvertrag für Kärnten und Osttirol mit dem Verband ländlicher Genossenschaften in Niederösterreich (VLG), einem Fuhrpark und einem Kundenstock, und verpflichtete sich, sich für alle Zukunft im Rahmen seines Unternehmens nicht mehr mit dem Pommes-frites-Handel oder/und Vertrieb zu befassen und sich auch nicht an einem derartigen Unternehmen zu beteiligen.
Der Kläger behauptete einen Verstoß gegen dieses Konkurrenzverbot. Schon am 1. April 1985 habe der Beklagte angedroht, er werde sich nicht an das Konkurrenzverbot halten. Seit Frühjahr 1986 vertreibe er Pommes-frites über einen Mittelsmann. Der klagenden Partei sei dadurch ein der Höhe nach noch nicht präzisierbarer Schade entstanden.
Die klagende Partei stellte ursprünglich das Begehren,
1. die beklagte Partei sei schuldig, in Zukunft jede wie immer geartete Geschäftstätigkeit, die sich mit dem Pommes-frites-Handel und -Vertrieb befaßt, und jede wie immer geartete Beteiligungsform an einem derartigen Unternehmen zu unterlassen;
2. es werde festgestellt, daß die beklagte Partei der klagenden Partei für alle Schäden im Zusammenhang mit der widerrechtlich und unerlaubt ausgeübten Konkurrenztätigkeit zum Unternehmen des Klägers im Sinne des Punktes 1. des Urteilsbegehrens zu haften habe. In der Tagsatzung vom 27. Oktober 1986 "präzisierte" die klagende Partei ihr Begehren dahin, daß in dessen Punkt 1. statt "Geschäftstätigkeit" nur "Tätigkeit" zu stehen habe und nach dem Wort "unterlassen" hinzuzufügen sei, "insbesondere die Weitergabe von Auflistungen von Kunden, das Abwerben von Kunden zugunsten Dritter, die Veranlassung der Abwerbung von Fahrverkäufern". Weiters stützte die klagende Partei ihr Begehren auch auf Sittenwidrigkeit. Der Beklagte beantragte die Abweisung des ursprünglichen Klagebegehrens und sprach sich gegen die Klagsänderung aus. Er bestritt den behaupteten Verstoß gegen das Konkurrenzverbot; für die Tätigkeit eines Mieters habe er nicht einzustehen. Es fehle aber auch an der Wiederholungsgefahr, weil das Mietverhältnis inzwischen beendet worden sei.
Das Erstgericht ließ die Klagsänderung zu und gab dem (geänderten) Klagebegehren statt, wobei es dem Feststellungsbegehren die Fassung gab, es werde festgestellt, daß die beklagte Partei der klagenden Partei für alle Schäden im Zusammenhang mit der widerrechtlichen und unerlaubt ausgeübten Konkurrenz- und sonstigen Tätigkeit zum Unternehmen des Klägers im Sinne des Unterlassungsbegehrens zu haften habe.
Das Berufungsgericht gab dem Rekurs gegen den Beschluß auf Zulassung der Klagsänderung nicht Folge und bestätigte auch das Urteil des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Unterlassungsbegehrens und des Feststellungsbegehrens jeweils S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision zulässig sei.
Die Vorinstanzen gingen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Nach Übertragung seines Unternehmens an den Kläger legte der Beklagte seine Gewerbeberechtigung für den Großhandel mit Lebens- und Genußmitteln aller Art zurück. In der Folge vermietete er seine Kühlräume an Ernest D*** für dessen Blumengroßhandel. Als dieser nicht den Erwartungen des Mieters entsprach, erklärte ihm der Beklagte, daß auch mit Pommes-frites ein gutes Geschäft zu machen wäre. Er erzählte ihm von seinem früheren Unternehmen und bot ihm alle mögliche Unterstützung an, damit er in diesen Kundenkreis hineinkommen könne. Auf Grund dieser Äußerungen beschloß Ernest D***, das Blumengeschäft aufzugeben und sich hauptsächlich mit dem Pommes-frites-Handel zu beschäftigen.
Der Beklagte stellte Ernest D*** zehn Tourenlisten zur Verfügung, auf denen die Namen von je 15 bis 20 Kunden aufschienen. Mit einigen Kunden sprach der Beklagte selbst, bei anderen Kunden ermächtigte er Ernest D***, sich auf ihn zu berufen. Der Beklagte gab ihm auch die Firma S*** als Bezugsquelle bekannt. Weiters legte er Ernest D*** nahe, er solle einen Fahrverkäufer der klagenden Partei abwerben, da dieser 80 % der Einkünfte hereinbringen werde, und teilte ihm dessen Anschrift mit. Ernest D*** trat zwar in Kontakt mit diesem Fahrverkäufer, vermochte ihn aber nicht abzuwerben. Etwa zwei bis zweieinhalb Monate lang betrieb Ernest D*** dann den Handel mit Pommes-frites, wobei er von der Firma S*** einen sehr niedrigen Einführungspreis erhielt, der weit unter dem Einkaufspreis lag, den die klagende Partei zu zahlen hat. Dann gab er wegen des zu großen Konkurrenzdruckes des Klägers und eines allenfalls drohenden Streites mit dem Kläger den Pommes-frites-Handel wieder auf.
Der Beklagte erhielt von Ernest D*** außer dem Mietzins für das Lagerhaus kein Entgelt.
Durch die Konkurrenztätigkeit des Ernest D*** sind dem Kläger teilweise wenigstens zwischenzeitig Kunden verloren gegangen. Schon vor der geschilderten Tätigkeit hatte der Beklagte angedroht, er werde sich nicht vertragskonform verhalten. Beide Vorinstanzen waren auf Grund dieser Feststellungen der Ansicht, daß der Beklagte gegen die Wettbewerbsklausel verstoßen habe und daher das Unterlassungsbegehren berechtigt sei, zumal die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen sei. Weil die Höhe des Schadens der klagenden Partei derzeit nicht bekannt sei, sei auch dem Feststellungsbegehren stattzugeben. Die Änderung der Fassung des Feststellungsbegehrens sei erfolgt, um dieses dem geänderten Unterlassungsbegehren anzupassen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
1. Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO:
Soweit die beklagte Partei in ihrer Revision geltend macht, die Klagsänderung wäre nicht zu bewilligen gewesen, ist auf die Rechtskraft der Beschlüsse der Vorinstanzen zu verweisen. Auszugehen ist somit vom geänderten Begehren.
Die unterlassene Vernehmung des Klägers hat die beklagte Partei schon im Berufungsverfahren vergeblich als Verfahrensmangel gerügt, so daß die neuerliche Geltendmachung dieses Mangels unzulässig ist (MietSlg 37.771 ua).
Ein Verstoß gegen § 405 ZPO liegt nicht vor. Die Umformulierung des Feststellungsbegehrens verdeutlichte nur, was die klagende Partei durch die Bezugnahme auf das Unterlassungsbegehren ("im Sinne des Punkt 1 des Urteilsbegehrens ...") ohnedies ausdrücklich begehrt hat. Als nämlich das Unterlassungsbegehren etwas erweitert wurde, erweiterte sich dadurch ohne Neuformulierung des Feststellungsbegehrens zwangsläufig auch der Inhalt der "Konkurrenztätigkeit ... im Sinne des ...". Auch ohne Umformulierung hätte das Feststellungsbegehren jetzt nicht nur jede Geschäftstätigkeit, sondern jede Tätigkeit erfaßt und sich auch auf die beispielsweise angeführten Tätigkeiten (Weitergabe von Listen, Abwerben von Kunden zu Gunsten Dritter, Veranlassung der Abwerbung von Fahrverkäufern) erstreckt.
2. Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO:
Die Auffassung des Beklagten, er habe nach den getroffenen Feststellungen nicht gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen, ist nicht zutreffend. Mögen auch Konkurrenzverbote im allgemeinen einschränkend auszulegen sein, so zählt doch beim Verkauf eines Unternehmens eine solche Vereinbarung so sehr zum typischen Vertragsinhalt, daß selbst beim Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung der Verkäufer dem Käufer ermöglichen muß, das Unternehmen mit der bisherigen Kundschaft fortzuführen (SZ 15/155), und somit eine Konkurrenztätigkeit zu unterlassen hat (JBl 1968, 477; vgl. auch SZ 36/58, sowie Bydlinski in Klang2 IV/2, 323; ähnlich Aicher in Rummel, ABGB, Rz 30 zu § 1061). Wenn der Verkäufer eines Unternehmens sich ausdrücklich verpflichtet, sich "im Rahmen seines Unternehmens" nicht mehr mit dem Geschäftszweig des verkauften Unternehmens zu "befassen" und sich auch nicht an einem derartigen Unternehmen zu "beteiligen", darf gemäß § 914 ABGB nicht am buchstäblichen Sinn dieser Ausdrücke gehaftet werden, sondern es ist die Absicht der Parteien, das ist der objektiv erkennbare Zweck des Vertrages (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 404 f), maßgebend, der sich aus der Übung des redlichen Verkehrs ergibt.
Bei einer solchen Vertragsauslegung ist der Beklagte nicht nur gehalten, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung kein Unternehmen des Pommes-frites-Handels zu betreiben oder sich gesellschaftsrechtlich an einem Unternehmen dieser Art zu beteiligen, sondern er hat es auch zu unterlassen, sich in entfernterer Weise damit zu "befassen" oder daran zu "beteiligen", wenn damit für den Käufer des Unternehmens der gleiche schädliche Erfolg herbeigeführt wird. Es verstieß daher gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot, wenn der Beklagte im Rahmen seines (nicht verkauften) Restunternehmens einem Dritten Lagerräume vermietete und diesem Dritten, von dem er wegen des fehlenden Umsatzes im Blumenhandel befürchten mußte, er würde den Mietvertrag beenden, nahelegte und auch ganz direkt und konkret half, einen Konkurrenzbetrieb zu beginnen. Immerhin nahm der Kläger an den Erträgen des verbotenen Unternehmens dadurch teil, daß er über diesen Dritten Mietzinseinnahmen erzielte. Auch das ursprüngliche Klagebegehren war wegen eines Verstoßes des Beklagten somit berechtigt.
Das ausgedehnte Klagebegehren, das die Unterlassung nicht nur einer Geschäftstätigkeit einer bestimmten Art, sondern jeder solchen Tätigkeit beinhaltet, ist durch den Verstoß aber ebenso gedeckt. Zu untersuchen bleibt dabei nur, ob auch eine nicht "im Rahmen seines Unternehmens" vom vereinbarten Wettbewerbsverbot erfaßt wäre. Nach Ansicht des erkennenden Senates fiele auch eine solche außergeschäftliche Tätigkeit noch unter das vertragliche Konkurrenzverbot. Ähnlich wie ein Dienstnehmer, der zwar selbst keine Konkurrenzgeschäfte betreibt, aber dazu einen Dritten verleitet, einen Entlassungsgrund setzt (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 124 zu § 1162), muß auch der Verkäufer, der vielleicht nur aus "Rache" (wie es in diesem Verfahren verschiedentlich angedeutet wird) und - im Gegensatz zum erwiesenen Sachverhalt - ohne jedes eigene wirtschaftliche Interesse einen Dritten zu einer Konkurrenztätigkeit verleitet oder ihm dazu Beihilfe leistet, ebenso behandelt werden, wie ein Verkäufer, der selbst das Konkurrenzunternehmen betreibt. Auch das erweiterte Klagebegehren ist daher berechtigt.
Zutreffend haben die Vorinstanzen die Wiederholungsgefahr angenommen. Der Beklagte konnte keine Umstände beweisen, die eine neuerliche Vertragsverletzung als ausgeschlossen oder zumindest als äußerst unwahrscheinlich erscheinen ließen (SZ 53/147 und dort angeführte weitere Rechtsprechung). Er hat bis zuletzt den Standpunkt aufrechterhalten, daß er für eine Konkurrenztätigkeit seiner Mieter nicht einzustehen habe. Die Beendigung des Mietverhältnisses mit einem bestimmten Mieter rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme, der Beklagte werde sich in Zukunft vertragstreu verhalten.
Berechtigt ist auch das Feststellungsbegehren. Die Feststellung der Haftung ist sowohl für in Zukunft erst entstehende Schäden als auch für schon entstandene Schäden möglich, es darf sich nur nicht um bei Klagseinbringung schon fällige Ersatzansprüche handeln, die schon mit Leistungsklage geltend gemacht werden könnten (ZVR 1980/289, ZVR 1985/51). Auf schon entstandene, aber bis zur Erstellung von Bilanzen, bis zur Gewinnung der Möglichkeit eines Umsatzvergleiches ua, noch nicht genau bezifferbare Schäden trifft dies aber nicht zu.
Weder das Unterlassungsbegehren noch das Feststellungsbegehren sind unbestimmt. Wie schon oben gesagt wurde, enthält gerade auch das Feststellungsbegehren eine Verweisung auf das Unterlassungsbegehren, so daß die dort genauer beschriebenen unerlaubten Handlungen auch beim Feststellungsbegehren mitzulesen sind.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E12287European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00541.87.1007.000Dokumentnummer
JJT_19871007_OGH0002_0030OB00541_8700000_000