TE OGH 1987/10/8 6Ob678/87

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Veröffentlicht am 08.10.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Elisabeth Julia B***, geboren am 10. April 1980 und Christine Aloisia B***, geboren am 9.April 1981, infolge Revisionsrekurses des Vaters Alois B***, Gastwirt, Rosental 96, 5741 Neukirchen am Großvenediger, vertreten durch Dr.Erwin Hölzl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 13.August 1987, GZ. 33 a R 79/87-51, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mittersill vom 15.Juli 1987, GZ. P 8/86-46, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Eltern der beiden Minderjährigen und deren Schwester Simone Anja (geboren am 12.12.1976), Alois und Ingeborg B*** leben voneinander getrennt. Mit Beschluß vom 2.9.1986 übertrug das Erstgericht die elterlichen Rechte in bezug auf Simone Anja dem Vater, in Ansehung der beiden jüngeren Geschwister hingegen der Mutter. Dieser Beschluß ist erst nach Ausschöpfung des Instanzenzuges in Rechtskraft erwachsen.

Am 2.4.1987 beantragte der Vater die Übertragung der elterlichen Rechte auch in Ansehung der beiden jüngeren Töchter an ihn. Er brachte vor, daß das Wohl der beiden Kinder seit der am 10.März 1987 erfolgten Übergabe an die Mutter bedroht sei. Die Mutter vernachlässige Pflege und Erziehung, sei nicht in der Lage, Elisabeth Julia in schulischen Belangen zu fördern, habe die beiden Kinder wiederholt allein gelassen und am 23.3.1987 Elisabeth Julia gewaltsam von der Schule nach Hause gebracht und sie dabei sogar verletzt. Die beiden Kinder hielten sich ohnehin überwiegend beim Vater auf. Auch sei die finanzielle Lage der Mutter prekär. Dieses Vorbringen ergänzte der Vater noch dahin, die Mutter hetze die Kinder gegen ihn auf und nötige sie, mit dem Pächter der Wageralm, der häufig bei ihr nächtige, gemeinsam zu frühstücken, was sie jedoch ablehnten. Elisabeth Julia habe in der Schule einen rapiden Leistungsabfall gezeigt. Erst seit der Vater sich um das Kind annehme, hole es wieder sichtlich auf. Im übrigen habe die Mutter dem Jugendamt Zell am See gegenüber auf die Ausübung der elterlichen Rechte verzichtet, womit ihr mangelndes Interesse bekundet sei. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte fest, aus kinderpsychologischer Sicht sei seit der vorangegangenen Beschlußfassung keine wesentliche Änderung eingetreten. Die Mutter bewohne nun eine etwa 100 m2 große Wohnung in Neukirchen, die den Kindern genügend Platz biete und auch mit den erforderlichen sanitären Einrichtungen ausgestattet sei. Da nun beide Elternteile in Neukirchen wohnten, bestünden auch keine räumlichen Hindernisse für die Besuche der Kinder beim Vater. Die Mutter habe zwar Schulden in der Höhe von S 450.000,--, doch fänden sich keine Anhaltspunkte, daß sie für die Kinder nicht angemessen sorgen könne, zumal der Vater ohnehin zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sei. Die Mutter vernachlässige die Pflege und Erziehung der beiden Kinder keineswegs und sorge bei Abwesenheit stets für geeignete Beaufsichtigung. Die beiden Kinder hätten beide Elternteile gern. Die Mutter habe die Kinder auch nicht mißhandelt und es fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Mutter die beiden Kinder gegen den Vater aufhetze. Sie könne halbtags in der Pension Krausenhof arbeiten; dabei könnten die Kinder schon deshalb entsprechend beaufsichtigt werden, weil sich entweder die Mutter selbst oder die Dienstgeberin stets in erreichbarer Nähe befände.

Aus diesem Sachverhalt schloß das Erstgericht, daß kein Umstand vorliege, der es rechtfertige, der Mutter die elterlichen Rechte zu entziehen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es billigte die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Mutter gefährde durch ihr Verhalten das Kindeswohl keineswegs. Der vom Erstgericht vernommene Sachverständige habe dargelegt, daß die Kinder durch die Trennung von ihrem Vater keinen Schaden nähmen; dagegen sei mit seelischer Beeinträchtigung zu rechnen, wenn die intensiven Kontakte der Kinder zu ihrer Mutter stark reduziert würden. Im übrigen bedürften Kleinkinder in besonderem Maße der mütterlichen Liebe und Pflege, so daß sie - sofern keine besonderen Umstände vorlägen - vorzüglich der Mutter zuzuweisen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist nicht zulässig.

Da das Gericht zweiter Instanz die erstgerichtliche Entscheidung bestätigt hat, ist das gegen den rekursgerichtlichen Beschluß gerichtete Rechtsmittel nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilen, somit nur zulässig, wenn es sich auf die dort genannten Anfechtungsgründe stützen kann, und zurückzuweisen, wenn aus dem Schriftsatz nicht erkennbar ist, worin eine offenbare Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nullität gelegen sein soll. Zur Dartuung der offenbaren Gesetzwidrigkeit beruft sich der Vater auf den Wunsch der beiden Kinder und vor allem auf die Äußerung des Jugendamtes Zell am See, daß sich in der Tat für eine Übertragung der elterlichen Rechte auch in Ansehung der beiden jüngeren Kinder an den Vater ausgesprochen hat. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 51/136 uva) dürfen die einem Elternteil zugewiesenen Elternrechte nur dann auf den anderen übertragen werden, wenn die Voraussetzungen des § 176 Abs 1 ABGB vorliegen, also das Wohl des Kindes gefährdet ist. Das Verfahren hat keine Vernachlässigung der elterlichen Pflichten seitens der Mutter ergeben, dagegen haben sich die Wohn- und Pflegeverhältnisse bei der Mutter deutlich verbessert. Eine Entscheidung nach § 176 Abs 1 ABGB beruht weitgehend auf Ermessensübung und könnte deshalb mit einem auf § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilenden Rechtsmittel nur dann mit Erfolg bekämpft werden, wenn die Vorinstanzen das Wohl des Kindes außer acht gelassen hätten und deshalb willkürlich vorgegangen wären (EFSlg 44.660 ua). Nach den Verfahrensergebnissen kann von einer solchen Vorgangsweise aber keine Rede sein. Die Behauptung im Revisionsrekurs, die Mutter habe durch ihre Erklärung beim Jugendamt Zell am See deutlich ihr Desinteresse an der Pflege und Erziehung bekundet, wird durch das engagierte Verhalten der Mutter im vorliegenden Verfahren widerlegt. Die behauptete Aktenwidrigkeit trifft weder zu noch könnte sie für die Entscheidung erheblich sein.

Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E12089

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00678.87.1008.000

Dokumentnummer

JJT_19871008_OGH0002_0060OB00678_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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