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60/02 Arbeitnehmerschutz;Norm
ASVG §8 Abs1 Z1 litf;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/08/0054 E 14. September 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der L in R, vertreten durch Dr. Alfred Jaeger, Mag. Alexander Loidl und Mag. Johannes Welzl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hauptplatz 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 28. Jänner 2003, Zl. 223.083/1-6/03, betreffend Teilversicherung in der Krankenversicherung für Bezieherinnen von Kinderbetreuungsgeld gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 6. Mai 2002 bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse die bescheidmäßige Feststellung der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung für die Dauer des Kinderbetreuungsgeldbezuges gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 19. Juni 2002 mit der Begründung "abgelehnt", dass von einer Teilversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung all jene Kinderbetreuungsgeldbezieherinnen ausgenommen seien, die einer nach einem Landesgesetz eingerichteten Krankenfürsorgeanstalt leistungszugehörig seien. Dies seien im vorliegenden Fall das Mitglied selbst (der Vater der Beschwerdeführerin) und die Beschwerdeführerin. Da es sich bei diesem Personenkreis ausschließlich um Beamte und deren Angehörige handle, sei bei Ausscheiden (mit Geburt des Kindes) aus der bisher durch Landesgesetz gegebenen Versorgung durch eine Krankenfürsorgeanstalt jedenfalls kein Krankenversicherungsträger nach dem ASVG für die Durchführung der Krankenversicherung während des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld zuständig, sondern die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA). Mit Hilfe des § 28 Abs. 1 erster Satz KBGG solle sichergestellt werden, dass für die genannten Personen während des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld keine Änderung in der Leistungszugehörigkeit zu ihrem durch die Berufsgruppe bestimmten Versicherungsträger herbeigeführt werde. Als versichert im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 KBGG würden auch Angehörige gelten, für die Anspruch auf Leistungen bestehe oder bestanden habe oder die selbst anspruchsberechtigt seien oder selbst anspruchsberechtigt gewesen seien. Diese Festlegung sei hier "analog anzuwenden". Nach § 7 Abs. 2 Z. 2 OÖ KFLG seien nur pflichtversicherte Angehörige von der Anspruchsberechtigung ausgenommen. Eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung könne jedoch nur unabhängig von einer Antragstellung entstehen und nicht wie hier, ausgelöst in Verbindung mit einem Antrag auf Kinderbetreuungsgeld. Auf Grund der genannten Fakten und weil die gesetzlichen Bestimmungen für die Durchführung der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse nicht gegeben seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch. Nach Einholung einer Stellungnahme der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, in der diese im Wesentlichen ihre Rechtsauffassung aufrecht erhielt, gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 dem Einspruch der Beschwerdeführerin Folge und stellte fest, dass sie "für die Zeit des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld bei der OÖ Gebietskrankenkasse in der Krankenversicherung pflichtversichert" sei. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der angewendeten Rechtsvorschriften führte die Einspruchsbehörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass von der in § 28 Abs. 1 KBGG angeordneten Teilversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nur jene Kinderbetreuungsgeldbezieherinnen ausgenommen seien, die einer nach Landesgesetz eingerichteten Krankenfürsorgeanstalt leistungszugehörig seien; im konkreten Fall könnten das Mitglieder der KFL (Krankenfürsorgeanstalt für Landesbeamte) und deren Angehörige sein. Die Leistungszugehörigkeit der Beschwerdeführerin (und deren am 25. Februar 2002 geborenen Tochter) sei mit Schreiben dieser Krankenfürsorgeeinrichtung vom 18. November 2002 abgelehnt worden. Die Regelung der Kranken- und Unfallfürsorge für Landesbeamte sei eine Angelegenheit des Dienstrechts der Länder (Art. 21 B-VG), wobei der Landesgesetzgeber nicht in den Kompetenztatbestand "Sozialversicherungswesen" (Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG) eingreifen dürfe. Der Landesgesetzgeber habe eine Fürsorgeeinrichtung geschaffen, "die keine Versicherungszugehörigkeit" bewirke. Die KFL sei demnach kein "Krankenversicherungsträger" im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 KBGG, sondern nur eine Krankenfürsorgeeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 B-KUVG bzw. § 28 Abs. 1 erster Satz KBGG. Die KFL als Krankenfürsorgeeinrichtung sehe die Leistungszugehörigkeit nach den §§ 7 und 8 OÖ KFLG vor, wonach ein Anspruch nicht bestehe, wenn der Angehörige "unter den Begriff des Pflichtversicherten bei einer gesetzlichen Kranken- bzw. Unfallversicherung fällt". Im Sinne des Wortlautes des § 28 Abs. 1 erster Satz KBGG sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin als Bezieherin von Kinderbetreuungsgeld in der gesetzlichen Krankenversicherung teilversichert sei. In der Reihenfolge der Durchführung der Krankenversicherung sei § 28 Abs. 1 Z. 1 KBGG auszuschließen, weil die Beschwerdeführerin als Angehörige von keinem Krankenversicherungsträger Wochengeld oder Betriebshilfe bezogen habe, und auch Z. 2, weil sie durch keinen Krankenversicherungsträger, sondern durch eine Krankenfürsorgeeinrichtung versorgt gewesen sei. Somit greife § 28 Abs. 1 Z. 3 KBGG, wonach jene Gebietskrankenkasse zur Durchführung der Krankenversicherung zuständig sei, bei welcher der Antrag auf Kinderbetreuungsgeld gestellt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse Berufung.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung Folge und stellte in Abänderung des Einspruchsbescheides fest, dass die Beschwerdeführerin ab 25. Februar 2002 "bis laufend" gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG in Verbindung mit § 28 KBGG nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterliege.
Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens erklärte die belangte Behörde, sich "den Berufungsausführungen der ... Gebietskrankenkasse" anzuschließen. Nach dem Wortlaut der Bestimmungen des § 28 Abs. 1 erster Satz KBGG und des § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG seien von der Teilversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung jene Kinderbetreuungsgeldbezieherinnen ausgenommen, die einer nach Landesgesetz eingerichteten Krankenfürsorgeanstalt leistungszugehörig seien, das seien im vorliegenden Fall das Mitglied (der Vater der Beschwerdeführerin) und dessen Angehörige (also die Beschwerdeführerin). Mit den "eingangs zitierten Bestimmungen" (gemeint ist offensichtlich § 28 Abs. 1 erster Satz KBGG) solle sichergestellt werden, dass für die betreffenden Personen während des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld keine Änderung der Leistungszugehörigkeit eintrete. Aus § 7 Abs. 2 Z. 2 letzter Satz OÖ KFLG ergebe sich keine andere Lösung, zumal bei einer verfassungskonformen Interpretation der genannten Norm nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein Landesgesetz "rechtswirksam eine Ausnahme aus der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG aufheben kann". Abschließend wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Klärung der Streitfrage, ob eine Krankenfürsorgeanstalt oder ein Sozialversicherungsträger leistungszuständig sei, nicht in einem Verfahren nach § 413 Abs. 1 Z. 1 Z. 2 ASVG herbeigeführt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Verfahren ist strittig, ob die nach den Vorschriften des Landesgesetzes über die Kranken- und Unfallfürsorge für oö. Landesbedienstete, LGBl. Nr. 57/2000, in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 81/2002, als Angehörige (Kind) in der Krankenversicherung leistungsberechtigt gewesene Beschwerdeführerin nunmehr als Bezieherin von Kinderbetreuungsgeld in der Krankenversicherung nach dem ASVG krankenversichert oder von dieser Teilversicherung nach dem ASVG ausgenommen ist.
Der Vater der Beschwerdeführerin ist als OÖ Landesbeamter Mitglied der "Kranken- und Unfallfürsorge für oö. Landesbedienstete (KFL)" im Sinne des § 1 iVm § 2 des erwähnten Landesgesetzes.
§ 7 Abs. 1 bis 3 dieses Gesetzes lautet (die für diesen Fall maßgebende Rechtsvorschrift ist hervorgehoben):
"§ 7
Anspruchsberechtigung
(1) Auf die Leistungen haben die Mitglieder Anspruch:
1.
für sich selbst;
2.
für ihre Angehörigen (§ 8).
(2) Der Anspruch gemäß Abs. 1 Z. 2 besteht jedoch nicht, wenn
1. der Angehörige unter den Begriff des Mitglieds oder Angehörigen oder Anspruchsberechtigten bei einer anderen Kranken- bzw. Unfallfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers fällt, wobei Bestimmungen über den Ausschluss der Mitgliedschaft oder Angehörigeneigenschaft oder Anspruchsberechtigung zu Lasten einer gleichartigen Einrichtung unberücksichtigt bleiben;
2. der Angehörige unter den Begriff des Pflichtversicherten bei einer gesetzlichen Kranken- bzw. Unfallversicherung fällt, wobei allfällige Bestimmungen über den Ausschluss von der Pflichtversicherung zu Lasten dienstrechtlicher Kranken- bzw. Unfallfürsorgeeinrichtungen unberücksichtigt bleiben."
Gemäß dem in § 7 Abs. 1 Z. 2 verwiesenen § 8 Abs. 1 Z. 1 und 2 leg. cit. gehören u.a. die Ehegatten und die ehelichen Kinder zu den nach § 7 leistungsberechtigten Angehörigen.
§ 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG lautet:
"Sonstige Teilversicherung
§ 8. (1) Nur in den nachstehend angeführten Versicherungen sind überdies auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (teilversichert):
1. in der Krankenversicherung
(a) - d))
f) BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl. I Nr. 103/2001, wenn nach § 28 KBGG ein Krankenversicherungsträger nach diesem Bundesgesetz zuständig ist,
... "
Schließlich normiert der in § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG verwiesene § 28 KBGG, BGBl. I Nr. 103/2001, Folgendes:
" Krankenversicherung der Leistungsbezieher
§ 28. (1) Die Bezieher von Kinderbetreuungsgeld sind in der gesetzlichen Krankenversicherung teilversichert, sofern nicht eine Leistungszugehörigkeit zu einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 B-KUVG besteht. Zur Durchführung der Krankenversicherung sind in folgender Reihenfolge zuständig:
1. jener Krankenversicherungsträger, der dem Kinderbetreuungsgeldbezieher Wochengeld oder Betriebshilfe leistet oder geleistet hat;
2. jener Krankenversicherungsträger, bei dem der Kinderbetreuungsgeldbezieher versichert ist oder zuletzt versichert war;
3. sonst jene Gebietskrankenkasse, bei der der Antrag auf Kinderbetreuungsgeld gestellt wird.
Als versichert im Sinne der Z. 2 gelten auch Angehörige, für die Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung besteht oder bestanden hat oder die selbst anspruchsberechtigt sind oder selbst anspruchsberechtigt waren.
(2) Unterliegt ein Kinderbetreuungsgeldbezieher der Krankenversicherung nach zwei oder mehreren Bundesgesetzen, so ist jener Krankenversicherungsträger zuständig, bei dem der Antrag auf Kinderbetreuungsgeld gestellt wird.
(3) Ist die Zuständigkeit eines Krankenversicherungsträgers begründet, dann besteht sie so lange, als Kinderbetreuungsgeld bezogen wird."
Nach dem insoweit klaren Wortlaut der wiedergegebenen Rechtsvorschriften unterliegt die Beschwerdeführerin als Bezieherin von Kinderbetreuungsgeld der Pflicht(Teil-)versicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG, weil sie wegen dieser Pflichtversicherung gemäß § 7 Abs. 2 Z. 2 des Landesgesetzes über die Kranken- und Unfallfürsorge für oö. Landesbedienstete nicht als Angehörige leistungsberechtigt ist und daher der Ausnahmetatbestand des § 28 KBGG für sie nicht zutrifft. Die Subsidiarität der bloßen Leistungsberechtigung als Angehörige gegenüber einer (insbesondere auch Pflicht-)Versicherung entspricht im Übrigen auch der geltenden Rechtslage innerhalb der gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. § 123 Abs. 1 Z. 2 ASVG, § 83 Abs. 1 Z. 2 GSVG, § 78 Abs. 1 Z. 2 BSVG, § 56 Abs. 1 B-KUVG), an der § 28 KBGG auch beim Bezug von Kinderbetreuungsgeld nichts geändert hat: die Bestimmung nimmt nicht etwa mitversicherte Angehörige im Sinne der §§ 123 ASVG, 83 GSVG, 78 BSVG, und 56 B-KUVG von der Teilversicherung nach § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG aus, sondern sie beschränkt sich vielmehr darauf, den bisher für Mitversicherte zuständigen Krankenversicherungsträger zur Leistungserbringung auch im Rahmen der Pflichtversicherung zu berufen.
Die belangte Behörde, wie auch schon die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, verneint das Bestehen einer Pflichtversicherung nach dem ASVG im Wesentlichen mit der Begründung, es solle mit den §§ 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG und 28 KBGG "sicher gestellt werden, dass für die betreffenden Personen während des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld keine Änderung der Leistungszugehörigkeit eintritt". Aus § 7 Abs. 2 Z. 2 letzter Satz des OÖ KFLG ergebe sich
"keine andere Lösung, zumal bei einer verfassungskonformen Interpretation der genannten Norm nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Landesgesetz rechtswirksam eine Ausnahme aus der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG aufheben kann."
Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesem Gedankengang nicht zu folgen: § 28 KBGG nimmt selbst nur jene Personen von der Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG aus, für die eine Leistungszugehörigkeit zu einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 B-KUVG besteht, wozu auch die hier in Rede stehende "Kranken- und Unfallfürsorge für oö. Landesbedienstete" zählt. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Leistungszugehörigkeit zu einer Krankenfürsorgeanstalt besteht, wird - unter Kompetenzgesichtspunkten zulässigerweise - durch das jeweilige Landesgesetz geregelt. Eine Anknüpfung nach der Art des § 28 Abs. 1 KBGG führt daher zwangsläufig dazu, dass eine Maßnahme des Landesgesetzgebers, mit welcher ein Personenkreis von der Leistungsberechtigung gegenüber einer Krankenfürsorgeeinrichtung ausgenommen wird, die Unanwendbarkeit der im § 28 Abs. 1 KBGG normierten Ausnahme von der Pflichtversicherung zur Folge hat. Die Ursache für diesen im ASVG eintretenden Effekt liegt allerdings nicht bloß - wie die belangte Behörde meint - beim Landesgesetzgeber, sondern in erster Linie beim Bundesgesetzgeber, der auf die beschriebene Weise auf die Rechtslage nach dem jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften verweist. Aus kompetenzrechtlicher Sicht lässt sich daher kein Argument gegen die durch den Gesetzeswortlaut begründete Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin gewinnen.
Darüber hinaus übersieht die belangte Behörde, dass der Bundesgesetzgeber, gestützt auf den Kompetenztatbestand "Sozialversicherungswesen", nur beschränkte rechtliche Möglichkeiten hat, in Bezug auf im Rahmen der Dienstrechtskompetenz geschaffene Krankenfürsorgeeinrichtungen der Länder und Gemeinden etwas "sicherzustellen", insbesondere dass sich die Leistungszugehörigkeit zu einer Krankenfürsorgeeinrichtung, die vor einem Kinderbetreuungsgeldbezug bestanden hat, während des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld nicht ändern soll (ein Argument, das auch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in ihrer Gegenschrift gebraucht). Es wurde hier weder von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, in Gliedstaatsverträgen nach Art. 15a B-VG aufeinander abgestimmte Gesetzgebungsakte zu vereinbaren, noch sieht das Bundesrecht einen Ausschluss solcher Bezieherinnen von Kinderbetreuungsgeld von der Teilversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG vor, die vor diesem Leistungsbezug gegenüber einer Krankenfürsorgeeinrichtung leistungsberechtigt gewesen sind.
Der in der Gegenschrift der belangten Behörde nachgetragene Hinweis auf § 39j Abs. 5 FLAG kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Die belangte Behörde führt dazu aus, dass nach dieser Gesetzesbestimmung an die in § 2 Abs. 1 Z. 2 B-KUVG angeführten Krankenanstalten in den Jahren 2002 bis 2004 ein entsprechender Anteil am Krankenversicherungsbeitrag gemäß Abs. 3 sowie ab dem Jahr 2005 gemäß Abs. 6 zu überweisen sei, dass also die KFL für die zu erbringenden "Leistungen" einen Ersatz aus dem Familienlastenausgleichsfonds erhalte. Dem ist zum einen zu entgegnen, dass ein solcher Umstand (dem weder eine Verpflichtung des Landesgesetzgebers zur korrespondierenden Gesetzgebung noch eine Norm des Bundesrechtes Rechnung trägt) allein nicht dazu führen könnte, die oben wiedergegebenen Bestimmungen entgegen ihrem Wortlaut auszulegen. Zum anderen ist die belangte Behörde aber darauf hinzuweisen, dass § 39j Abs. 5 FLAG lediglich die Verteilung der Mittel nach "Abs. 3" durch die (dafür zuständige) Niederösterreichische Gebietskrankenkasse regelt und ein "Beitrag zur Krankenversicherung der Kinderbetreuungsgeldbezieher" an jene Krankenfürsorgeträger nicht zu leisten ist, die eine solche Krankenversicherung nicht bereitstellen. Gleiches gilt für die Bestimmung des § 39j Abs. 6 FLAG, wonach ab 1. Jänner 2005 ein Beitrag zur Krankenversicherung in der Höhe von 6,8 % des "Aufwandes des Kinderbetreuungsgeldes nach KBGG" zu entrichten ist. Auch dieser Beitrag ist nicht an jene Krankenfürsorgeträger zu leisten, hinsichtlich derer die gesetzlichen Bestimmungen eine Krankenversicherung für Bezieherinnen von Kinderbetreuungsgeld gar nicht vorsehen. Eine solche (nach dem Wortlaut allenfalls mögliche) Auslegung gebietet schon der Grundsatz der verfassungskonformen Interpretation, welcher ein Auslegungsergebnis ausschließt, nach welchem Krankenfürsorgeträger der Länder und Gemeinden, die Leistungen für Bezieherinnen von Kinderbetreuungsgeld nicht bereitstellen, mit jenen finanziell gleichbehandelt werden, die solche Leistungen erbringen.
Es ist auch aus dem Argument nichts zu gewinnen, dass § 28 Abs. 1 KBGG im Hinblick auf die Kostenerstattungsregeln des § 39j Abs. 5 und 6 FLAG keine Ausnahme "zu Lasten dienstrechtlicher Kranken- bzw. Unfallfürsorgeeinrichtungen" enthalte, weil sich das hier gewonnene Ergebnis daraus ergibt, dass § 28 Abs. 1 KBGG in der beschriebenen Weise an der Rechtslage nach dem OÖ Landesrecht in einer Weise anknüpft, die dem Landesgesetzgeber insoweit einen letztlich bestimmenden Einfluss auf die Verteilung der Lasten einräumt.
Auch wird - entgegen dem Vorwurf der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in ihrer Gegenschrift - durch das von der Beschwerdeführerin vertretene und auch vom Verwaltungsgerichtshof aus dem Wortlaut der Normen in ihrem Zusammenhang erzielte Ergebnis keineswegs das "Pferd von hinten aufgezäumt": Der Gesetzgeber selbst macht in § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG die Versicherungspflicht von Leistungsbezieherinnen nach dem KBGG zunächst nur von der Zuständigkeit eines Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG abhängig; andererseits hängt die Pflichtversicherung nach § 28 Abs. 1 KBGG, aber auch die Zuständigkeit eines Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG - jetzt beide gleichsam parallel geschaltet - nur davon ab, dass eine Ausnahme im Sinne des zweiten Teiles des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle nicht vorliegt. Die beiden Normen führen also - gemeinsam gelesen - dazu, dass im Ergebnis die Pflichtversicherung nur vom Nichtvorliegen der Ausnahme des § 28 Abs. 1 KBGG abhängt, woraus sich dann bejahendenfalls gleichzeitig eine Zuständigkeit eines der in § 28 Abs. 1 Z. 1 bis 3 KBGG genannten Krankenversicherungsträger ergibt. Ob diese Gesetzestechnik, insbesondere der das Verständnis der Norm erschwerende Paradigmenwechsel zwischen § 8 Abs. 1 Z. 1 lit. f ASVG und § 28 Abs. 1 KBGG (wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in ihrer Gegenschrift meint) Schlüsse darauf zulässt, "wie sorgfältig der Gesetzgeber die Bestimmungen des § 28 Abs. 1 überlegt hat" kann dahinstehen.
Der Vollständigkeit sei noch darauf hingewiesen, dass auch die Einbeziehung des letzten Satzes des § 28 Abs. 1 KBGG in die Überlegungen, wonach Angehörige, für die u.a. ein Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung bestanden hat oder die selbst anspruchsberechtigt waren, als "versichert im Sinne der Z. 2 gelten" zu keinem anderen Ergebnis führt: abgesehen davon, dass Personen, die gegenüber einem Dienstgeber bzw. einer von diesem bereitgestellten Krankenfürsorgeeinrichtung anspruchsberechtigt sind, nicht einen Anspruch aus der (stets gemeint: sozialen) "Krankenversicherung" im technischen Sinne haben, bezieht sich diese gesetzliche Fiktion ausdrücklich nur auf die Zuständigkeitsregel des § 28 Abs. 1 Z. 2 KBGG.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Das auf den Ersatz der Beschwerdegebühr gerichtete Mehrbegehren war unter Hinweis auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende sachliche Gebührenbefreiung gemäß § 110 ASVG abzuweisen.
Wien, am 14. September 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080055.X00Im RIS seit
20.10.2005Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008