TE OGH 1987/10/15 6Ob605/86

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Veröffentlicht am 15.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1) Hans C*****, ehemaliger Kaufmann, ***** und 2) Verlassenschaft nach der am 19. März 1983 gestorbenen Paula C*****, zuletzt wohnhaft in *****, beide vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Othmar K*****, zuletzt Kaufmann in *****, vertreten durch Dr. Helmut Renner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufkündigung einer Geschäftsraummiete, welchem Rechtsstreit Reinhold S*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, als Nebenintervenient der beklagten Partei beigetreten ist, infolge der Revisionen der beklagten Partei und ihres Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 10. April 1986, GZ 32 R 332/85-88, womit infolge der Berufungen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 8. März 1985, GZ 12 C 744/82-77, bestätigt wurde in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen der beklagten Partei und ihres Nebenintervenienten wird stattgegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zu lauten hat:

„Die Aufkündigung im Sinne des Beschlusses vom 16. März 1978, 12 K 6/78, des Bezirksgerichtes Salzburg, wird als rechtsunwirksam aufgehoben.

Die beklagte Partei ist nicht schuldig, auf Grund der genannten Aufkündigung den im Haus ***** rechts vom Hauseingang ebenerdig gelegenen Geschäftsraum und den im hinteren Gebäudetrakt im 1. Stock am Ende des Ganges gelegenen Magazinraum zu räumen."

Die klagenden Parteien sind schuldig, an Prozesskosten folgende Beträge binnen 14 Tagen zu ersetzen:

a) der beklagten Partei den Betrag von 23.673,60 S (darin enthalten an Barauslagen 1.282,00 S und an Umsatzsteuer 2.035,60 S) und

b) dem Nebenintervenienten den Betrag von 48.711,28 S (darin enthalten an Barauslagen 23.004,00 S und an Umsatzsteuer 2.337,03 S).

Text

Entscheidungsgründe:

Der erste Kläger und seine während des Rechtsstreites gestorbene Ehegattin (in der Folge kurz: die Kläger) sind seit dem Jahre 1952 zu je einem Hälfteanteil Eigentümer eines ***** Altstadthauses. Eine Geschäftsfrau (sie ist im Zuge des Rechtsstreites gestorben, ihr Nachlass wurde ihrem Ehemann eingeantwortet; auch dieser ist inzwischen gestorben, die Geschäftsfrau wird in der Folge kurz als Mieterin bezeichnet) hatte bereits viele Jahre vor dem Eigentumserwerb der Kläger ein ebenerdig gelegenes Gassenlokal samt einem im 1. Stock des Hintertraktes gelegenen Magazinraum gemietet und in diesem Mietgegenstand ein Trachtenmodengeschäft geführt. Mit Zustimmung des Voreigentümers hatte die Mieterin das Portal des Geschäftslokales umbauen lassen.

Die Mieterin verkaufte im Rahmen ihres Handelsbetriebes Waren eines „in festen Bahnen eingefahrenen Warensortiments". Sie bezog ihr Warenangebot überwiegend stets von denselben Lieferanten. Im geringen Umfange fertigte sie auch selbst Dirndlkleider an. Die Mieterin beschäftigte durch mehr als eineinhalb Jahrzehnte eine Angestellte. Diese hatte nicht nur den Ladenverkauf und die Kassaführung, sondern auch den Einkauf in den erwähnten „festen Bahnen", die Auslagendekoration und die mengenmäßige Warenerfassung im Rahmen der Inventur zu besorgen; auch handwerklich war sie bei der Fertigung von Dirndlkleidung tätig. Die Mieterin selbst war in ihren letzten Betriebsjahren nur noch halbtägig im Verkaufslokal anwesend und beschränkte sich dabei auf eine gewisse Kontrolle und auf Gespräche mit Kunden und Lieferanten; sie besorgte die Geschäftskorrespondenz und veranlasste die Buchhaltung durch einen hiezu beigezogenen Steuerberater. Die Mieterin vollendete anfangs November 1977 ihr 80. Lebensjahr.

Anfang Dezember 1977 schloss sie mit einem Interessenten (er ist dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beigetreten und wird in der Folge kurz als Nebenintervenient bezeichnet) über ihr im Mietgegenstand geführtes gewerbliches Unternehmen einen Übergangsvertrag. Nach dem Wortlaut der Vertragsurkunde sollte die Mieterin dem Nebenintervenienten ihr Unternehmen samt Zubehör übertragen; als solches wurden ausdrücklich neben dem Warenlager und den Einrichtungsgegenständen des Geschäftslokales sowie den Geschäftsforderungen das Nutzungsrecht am Mietgegenstand sowie „der gute Ruf, der in der Treue und Anhänglichkeit der Stammkundschaft zum Ausdruck kommt" angeführt. Die vertraglich festgelegten Gegenleistungen des Nebenintervenienten bestanden in einer binnen acht Tagen nach der Übernahme fälligen Barzahlung von 200.000 S zuzüglich Umsatzsteuer und einer wertgesicherten lebenslänglichen Versorgungsrente von 4.000 S monatlich an die - 80 Jahre alte - Übergeberin, anstelle welcher Rente im Falle eines Ablebens der Übergeberin innerhalb von zwei Jahren ab Vertragserrichtung eine wertgesicherte lebenslängliche, höchstens jedoch zehn Jahre zu zahlende Rente von 2.000 S monatlich an den - bei Vertragsabschluss 76 Jahre alten - Ehegatten der Übergeberin treten sollte. Die vertraglich vorgesehene Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Nebenintervenienten wurde nicht aktuell, weil die Übergeberin ihre Verbindlichkeiten selbst tilgte, andererseits unterblieb auch die vereinbarte Übernahme von Forderungen an Gewerbesteuermehrzahlungen und Bankguthaben der Übergeberin sowie des Kassenbestandes durch den Nebenintervenienten.

Das Erstgericht ermittelte zu dem vereinbarten Übergabstermin vom 31. Dezember 1977 einen sogenannten Substanzwert des Unternehmens von rund 166.300 S und nach den Geschäftsergebnissen der Jahre 1973 bis 1977 einen negativen Ertragswert (von rund minus 80.000 S). Den versicherungsmathematisch berechneten Rentenwert bestimmte das Erstgericht für den Übergabstag mit rund 236.000 S. Der Nebenintervenient übernahm mit Beginn des Jahres 1978 das gewerbliche Unternehmen der Mieterin. Er führte es unter Aufstockung des Warenlagers fort. Seit seinem ersten Betriebsjahr erzielt er Gewinne (von mehr als 200.000 S jährlich). Daran änderte sich bis zu dem sieben Jahre nach Abschluss des Übergabsvertrages erfolgten Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im zweiten Rechtsgang nichts.

Die Kläger hofften, dass die Mieterin ihnen den Bestandgegenstand zurückstellen würde, der dann vom Sohn der Kläger betrieblich genutzt worden wäre. Die Kläger stimmten deshalb dem so bezeichneten „Mieterwechsel" nicht zu.

Die Kläger kündigten vielmehr der Mieterin das Mietverhältnis unter Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 19 Abs 1 und § 19 Abs 2 Z 10 MG zum 30. Juni 1978 gerichtlich auf. Der über die Aufkündigung ergangene Gerichtsbeschluss wurde der Mieterin am 23. März 1978 zugestellt.

Den zweitgenannten Kündigungsgrund erachteten die Kläger dadurch erfüllt, dass der Schwerpunkt der sogenannten Übergabe einzig und allein in einer durch die Vereinbarung eines Unternehmensverkaufes getarnten Übertragung der Mietrechte gelegen gewesen sei; nach der Höhe des vereinbarten Entgeltes könne in diesem nur eine Gegenleistung für die Überlassung der Mietrechte erblickt werden. Die Mieterin und ihr Nebenintervenient vertraten dagegen den Prozessstandpunkt, dass mit dem Übergabsvertrag tatsächlich ein lebendes Unternehmen zu einer seinem Wert angemessenen Gegenleistung veräußert worden sei und kein Scheingeschäft zur Verschleierung einer Mietrechtsübertragung vorläge.

Das Prozessgericht erster Instanz, das im ersten Rechtsgang die Aufkündigung als rechtsunwirksam aufgehoben und im zweiten Rechtsgang sein Verfahren im Sinne eines berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses insbesondere in Ansehung der strittigen Bewertungsfragen ergänzt hatte, erklärte mit seinem im zweiten Rechtsgang gefällten Urteil die Aufkündigung für rechtswirksam. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Dazu sprach es aus, dass der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Das Erstgericht hatte in rechtlicher Beurteilung gefolgert, dass nach herrschender Rechtsprechung die Überlassung von Mietrechten als Bestandteil eines lebenden Unternehmens den Kündigungsgrund nach § 19 Abs 2 Z 10 MG nicht erfülle, solange die Verwertung der Mietrechte nicht den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Transaktion bilde. Dabei sei bei der Veräußerung eines lebenden Unternehmens, das der Übernehmer unter Beibehaltung des Standortes und Übernahme des Kundenstockes ohne Unterbrechung mit Waren gleicher Art fortführe, im Zweifel nicht anzunehmen, dass die Verwertung von Mietrechten gegenüber den übrigen Unternehmensbestandteilen, insbesondere auch der immateriellen, an Bedeutung im Vordergrund stünde. In dem hier zu beurteilenden Falle habe der Nebenintervenient das im Mietgegenstand geführte Unternehmen der Mieterin mit dem gleichen Warenangebot und Ausnützung des vorhandenen Kundenstockes fortgeführt. Der „objektive" Wert des Unternehmens habe aber nicht einmal 40 % der im Rechtsstreit ermittelten Gegenleistung des Nebenintervenienten betragen. Daraus sei abzuleiten, dass als Hauptzweck der Vermögensübertragung eine Ausnutzung der Mietrechte anzusehen sei, weshalb der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt und die Aufkündigung für rechtswirksam zu erklären gewesen sei.

Das Berufungsgericht billigte die erstinstanzlichen Wertermittlungen und damit das vom Erstgericht angenommene Verhältnis vom (objektiven) Unternehmenswert zum Übernahmspreis, aus welchem Verhältnis allein sich schon als Hauptzweck der Vermögensübertragung eine Ausnützung der Mietrechte ergäbe. Das Berufungsgericht sah daher im Sinne seiner bereits im vorangegangenen Aufhebungsbeschluss dargelegten Rechtsansicht die Beurteilung, dass der Kündigungsgrund nach § 19 Abs 2 Z 10 MG erfüllt sei, als zutreffend an.

Die beklagte Partei und ihr Nebenintervenient fechten in getrennten Schriftsätzen das Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO mit einem auf Unwirksamerklärung der Aufkündigung zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die klagenden Parteien streben eine Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind berechtigt.

Die von der beklagten Partei selbst gerügte Aktenwidrigkeit erfüllt den Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 3 ZPO deshalb nicht, weil der vom Erstgericht festgestellte Tatumstand, der Nebenintervenient habe „seit 1979 Gewinne (von über 200.000 S)" erzielen können, vom Berufungsgericht zwar bei seiner Erledigung der Beweis- und Tatsachenrüge offenbar insoweit außer Acht gelassen wurde, als es die Behauptung des Nebenintervenienten, er habe bereits „nach kurzer Zeit" Gewinne erzielen können, als einen vom Erstgericht nicht festgestellten Umstand erklärte, die vom Nebenintervenient ab seinem ersten Geschäftsjahr tatsächlich erziehlten Gewinne aber, wie das Berufungsgericht zutreffen dargelegt hat, über die Ertragslage des Unternehmens nach der von der früheren Unternehmerin aufrecht erhaltenen betrieblichen Organisation und ihren betriebswirtschaftlichen Dispositionen nichts auszusagen vermögen. Die als aktenwidrig gerügte Wiedergabe der erstinstanzlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht insgesamt als mängelfrei und unbedenklich wertete, war im gegebenen Zusammenhang für die berufungsgerichtliche Erledigung der Beweis- und Tatsachenrüge nicht erheblich.

Die geltend gemachten Mängel des Berufungsverfahrens vermögen den Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO deshalb nicht zu erfüllen, weil durchwegs gerügt wird, dass das Berufungsgericht die von den Revisionswerbern in ihren Berufungen ausgeführten Bemängelungen des erstinstanzlichen Verfahrens als nicht stichhältig erkannt habe. Die Verneinung des Vorliegens einer gerügten Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz durch das Gericht zweiter Instanz ist, wenn nicht im zweitinstanzlichen Verfahren ein Verfahrensverstoss unterlaufen ist, nach dem Größenschluss nicht weiter anfechtbar, dass selbst die Verneinung eines mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensverstosses durch das Berufungsgericht einer weiteren Nachprüfung unterzogen bleibt, da die Verwerfung einer auf Nichtigkeit gestützten Berufung beschlussmäßig zu erfolgen hätte und gegen eine solche Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel offen stünde.

Die Frage nach der Notwendigkeit oder Entbehrlichkeit einer Beweisergänzung oder Beweiswiederholung ist (ungeachtet der missverständlichen Formulierung im angefochtenen Urteil, die als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung ausgelegt werden könnte) in erster Linie eine Frage der im Revisionsverfahren nicht nachprüfbaren Beweiswürdigung. Wenn das Berufungsgericht die erstatteten Gutachten trotz ihrer unterschiedlichen Bewertungen und Ergebnisse als eine ausreichende Grundlage zur verlässlichen Tatsachenfeststellung erachtete, ist dies ein Akt der unanfechtbaren berufungsgerichtlichen Beweiswürdigung. davon abgesehen wird zur rechtlichen Beurteilung darzulegen sein, dass die auf Grund der Sachverständigengutachten festgestellten Tatumstände für die Entscheidung nicht wesentlich sind.

Die Rechtsrüge ist im Ergebnis berechtigt:

Der Kündigungsgrund nach dem ersten Fall des § 19 Abs 2 Z 10 MG (dem im Übrigen jener nach dem ersten Fall des § 30 Abs 2 Z 4 MRG entspricht) ist nach ständiger Rechtsprechung nicht erfüllt, wenn im Falle einer Veräußerung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens die Überlassung der mietvertraglichen Nutzungsrechte nicht im Vordergrund gestanden ist. Dies ist aber bei einer Veräußerung und Fortführung eines lebenden Unternehmens im Zweifel nicht anzunehmen. Der Versuch, durch nachträgliche Ausmittlung objektiver Teilwerte des einen einheitlichen Vertragsgegenstand bildenden Unternehmens einen Anhaltspunkt dafür zu gewinnen, dass bei dem als Unternehmensveräußerung in äußere Erscheinung getretenen Rechtsgeschäft zwischen dem Mieter und seinem Vertragspartner in Wahrheit nicht die Übertragung des Unternehmens zur Weiterführung sondern die Ausnützung der mietvertraglichen Nutzungsrechte im Vordergrund gestanden sei, ist überhaupt erst anzustellen, wenn objektive Zweifel an der wahren Absicht des Mieters und seines Vertragspartners gerechtfertigt erscheinen. Dies war aber bei der Veräußerung des von der Mieterin bis zum vereinbarten Übergabstermin (sei es auch im letzten Jahr mit einem bilanzmäßig ausgewiesenen negativen Geschäftserfolg) geführten Handelsunternehmen, dass der Erwerber ohne Unterbrechung unter Weiterbeschäftigung der einzelnen Angestellten und unter Beibehaltung des Warenangebotes in seiner spezifischen Art mit einem positiven Geschäftserfolge jahrelang weiterführte, nicht der Fall.

Die dennoch eingeholten Sachverständigengutachten vermögen derartige Zweifel auch im Nachhinein nicht zu erwecken, weil den in einem bestimmten vergangenen Zeitraum (hier wurde ein Zeitraum von fünf Jahren gewählt) von der Veräußerin tatsächlich erzielten Gewinnen nur ein überaus beschränkter Aussagewert für die bei betriebswirtschaftlich richtiger Disposition in der Zukunft erzielbaren Gewinne zukommen könnte, insbesondere wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um ein Unternehmen handelt, das praktisch von einer einzigen Arbeitskraft allein geführt werden könnte. Die erstatteten Gutachten vermögen auch deshalb keine berechtigten Bedenken im aufgezeigten Sinne zu erwecken, weil sie bei der Ermittlung des jährlichen Geschäftserfolges neben den Aufwendungen für die angestellte Arbeitskraft auch den vollen Unternehmerlohn der Mieterin berücksichtigten, nach der konkreten Unternehmensorganisation zwar sicherlich nicht die Unternehmerleistung, wohl aber die Leistung der angestellten Arbeitskraft ganz oder zum Teil als entbehrlich angesehen werden mochte, sodass für eine objektive Wertermittlung zwar ein Unternehmerlohn, nicht aber Aufwendungen für die Angestellte anzusetzen gewesen wären. Schließlich wäre der Abzug der für die Geschäftsveräußerung geleisteten Anzahlung vom sogenannten Substanzwert des Unternehmens nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn im Umfang dieses Betrages vom Erwerber zu übernehmende Unternehmensverbindlichkeiten abgedeckt worden wären, nicht aber wenn der Erwerber in Abänderung des schriftlichen Vertrages keine Geschäftsverbindlichkeiten übernehmen musste.

Zusammenfassend stellt sich die Einholung von Sachverständigengutachten zur objektiven Bewertung der einzelnen Bestandteile des als Einheit veräußerten Unternehmens als entbehrlich dar, wobei den im Verfahren erhobenen Befunden der dennoch erstatteten Gutachten nicht die Bedeutung beigelegt werden kann, objektiv gerechtfertigte Zweifel an der Veräußerung eines lebenden Unternehmens und dessen Fortführung durch den Erwerber zu begründen. Damit erweist sich die Rechtssache aber im Sinne einer Aufhebung der Kündigung als rechtsunwirksam als spruchreif, zumal zu dem in der Kündigung genannten Kündigungsgrund nach § 19 Abs 1 MG kein selbständiger Sachverhalt geltend macht wurde.

Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Zu den von der Beklagten verzeichneten Kosten ist zu bemerken, dass nach der Aktenlage die Kostenvorschüsse für die Sachverständigengebühren von den Vertretern des Nebenintervenienten erlegt worden sind. Dass die Beklagte Vorschüsse erlegt oder Sachverständigengebühren bezahlt hätte, ist dem Akt nicht zu entnehmen. Die Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren beträgt S 4.000. Zur Kostenverzeichnung de Nebenintervenienten: Für die Beitrittserklärung gebührt nur Tarifpost 1 (siehe TP 1/II b), ebenso für die Namhaftmachung eines Sachverständigen (siehe TP 1/I a). Der Schriftsatz ON 25a wurde erst am Tage der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29. Januar 1980 überreicht und ist daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeignet anzusehen. Der Vertagungsantrag, überreicht am 22. Juni 1981, betraf die Verhinderung des Vertreters des Nebenintervenienten. Er war daher nicht zu honorieren. Die am 1. März 1983 überreichte Stellungnahme zum Sachverständigengutachten war nach Tarifpost 2 zu entlohnen. Soweit auch der Nebenintervenient Auslagen für Gerichtskostenmarken, die die Protokollgebühr betreffen, verzeichnet hat, konnten ihm die diesbezüglichen Beträge nicht zuerkannt werden.

Anmerkung

E76122 6Ob605.86

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00605.86.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19871015_OGH0002_0060OB00605_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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