TE OGH 1987/10/20 4Ob552/87

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Veröffentlicht am 20.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann A***, Kaufmann, Dornbirn, Haselstauderstraße 55 a, vertreten durch Dr. Ingobert Schuler, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Bruno H***, Angestellter, Altstätten (Schweiz), Gerbergasse 3, vertreten durch Dr. Paul F. Renn, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 1,115.000,-- samt Anhang (Revisionsstreitwert S 865.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19. März 1987, GZ 2 R 337/86-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. September 1986, GZ 3 Cg 173/86-24, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.778,02 (darin enthalten S 1.525,27 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von S 1,115.000,-- samt 10,5 % Zinsen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit 24. Jänner 1985. Der Beklagte habe in einem Büroraum des Klägers grob fahrlässig eine Feuersbrunst verursacht, indem er einen Elektroofen zu nahe an einen Papierkorb herangestellt und vergessen habe, den Ofen nach dem Verlassen des Raumes wieder auszuschalten. Durch das Feuer seien 34.000 Bodybuilding-Poster, die in dem Raum gelagert waren, zerstört worden. Der Kläger hätte davon 20.000 Stück um S 1,100.000,-- vor Weihnachten 1984 an Dirk E*** und weitere 5.000 Stück an Walter P*** um S 390.000,-- verkaufen können; er hätte dadurch einen Verkaufserlös von insgesamt S 1,490.000,-- erzielt. Von der Feuerversicherung habe er die Herstellungskosten der Poster in der Höhe von S 375.000,-- ersetzt erhalten. Der Kläger habe daher einen Schaden von S 1,115.000,-- erlitten, für den der Beklagte hafte.

Der Beklagte beantragt die Abweisung dieses Begehrens. Er habe den Glimmbrand im Keller des Wohnhauses des Klägers nicht verschuldet; der Brand sei lediglich wegen Versagens der Sicherheitseinrichtungen des Heizgerätes entstanden. Der Schaden sei überdies von der Versicherung gedeckt worden.

Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht den Beklagten schuldig, dem Kläger S 250.000,-- samt 4 % Zinsen seit 8. Oktober 1985 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu zahlen; das auf Zahlung weitere S 865.000,-- samt Anhang gerichtete Mehrbegehren und das die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigende Zinsenbegehren wurden abgewiesen. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Kläger vertrieb Bodybuilding-Poster. Im Haus seiner Mutter hatte er in einem Kellerraum ein Büro eingerichtet, in dem er diese Poster teilweise in Wandregalen, teilweise auf dem Boden in Schachteln aufbewahrte. Am 20. November 1984 kam der Beklagte zum Kläger, um sich die ihm vom Kläger zur Verfügung gestellten Kundenadressen abzuschreiben. Er schloß, ohne den Kläger zu fragen, einen Elektroofen, der vor dem Kellerraum abgestellt gewesen war, an die elektrische Leitung an; dabei stellte er ihn so auf, daß er teilweise unter einem im Büro stehenden Schreibtisch hineinragte. In unmittelbarer Nähe dieses Ofens waren auf dem Boden die Poster gelagert. Nachdem der Beklagte die Adressen abgeschrieben hatte, verließ er das Büro und begab sich nach Hause. Da zu diesem Zeitpunkt der Ventilator des Elektroofens durch einen Thermostat abgeschaltet war, vergaß er, den Ofen wieder auszuschalten. Während der Nachtstunden kam es wegen des anhaltenden Betriebes des Ofens zu einem Wärmestau und zu einer Entzündung des in der Nähe befindlichen Papiers. Wegen des Sauerstoffmangels entstand aber nur ein Glimmbrand, durch den - ebenso wie durch die nachfolgenden Löschversuche - die in diesem Raum gelagerten Poster weitgehend zerstört wurden.

Walter P*** hatte am 31. Oktober 1984 beim Kläger 5.000 Poster um S 65,-- pro Stück zuzüglich 20 % Umsatzsteuer bestellt. Der Kläger konnte diese Bestellung wegen der Zerstörung der Poster nicht ausführen. Walter P*** trat deshalb vom Vertrag zurück. Zwischen dem Kläger und Dirk E*** bestanden geschäftliche Kontakte; das Erstgericht konnte jedoch nicht feststellen, daß diese zum Abschluß eines Kaufvertrages über eine bestimmte Anzahl von Postern zu einem bestimmten Preis geführt hätten.

Den abweisenden Teil seiner Entscheidung begründete das Erstgericht damit, daß dem Kläger der Nachweis, mit Dirk E*** bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen zu haben, mißlungen sei. Die Vereitelung einer bloßen Chance zum Verkauf sei kein wirklicher Schaden, sondern entgangener Gewinn, den der Beklagte nicht ersetzen müsse, weil ihm kein grobes Verschulden zur Last gelegt werden könne. Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil den abweisenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, trat der erstgerichtlichen Beweiswürdigung bei und übernahm auch die wesentliche Feststellung, daß zwischen dem Kläger und Dirk E*** noch kein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Eine Rechtsrüge sei vom Kläger nicht erhoben worden. Gegen dieses Teilurteil richtet sich die Revision des Klägers, mit dem Antrag, es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs- oder an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger macht allein einen Mangel des Berufungsverfahrens geltend. Bereits im ersten Verfahrensgang habe er seine Einvernahme zum Beweis des Zustandekommens eines Kaufvertrages zwischen ihm und Dirk E*** angeboten. Er sei zwar im ersten Rechtsgang als Partei vernommen, zu diesem Thema jedoch nicht befragt worden. Im zweiten Rechtsgang habe das Erstgericht beschlossen, lediglich den Zeugen Dirk E*** einzuvernehmen, sonst jedoch keine Beweise, somit auch nicht die ergänzende Vernehmung des Klägers als Partei, durchzuführen. Da das Erstgericht der Aussage des Zeugen Dirk E*** keinen Glauben geschenkt habe, hätte es den Kläger über diese streitige, für die Entscheidung erhebliche Tatsache vernehmen müssen. Mit der diesen Verfahrensfehler betreffenden Mängelrüge der Berufung habe sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt; es habe nur einen weiteren Verfahrensmangel verneint, der in der Unterlassung der Wiedereröffnung der nach § 193 Abs 3 ZPO geschlossenen Verhandlung nach dem Einlangen des Protokolls über die Vernehmung des Zeugen Dirk E*** im Rechtshilfeweg erblickt worden sei. Die Unterlassung der Behandlung einer das Verfahren erster Instanz betreffenden Mängelrüge begründe einen wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens.

Dem Kläger ist zwar zuzugeben, daß das gänzliche Übergehen einer Mängelrüge durch das Berufungsgericht einen Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens begründen kann (SZ 25/219; JBl 1959, 238); der Vorwurf des Klägers, das Berufungsgericht habe sich mit seiner Mängelrüge betreffend die Unterlassung seiner Vernehmung als Partei überhaupt nicht befaßt, ist aber nicht stichhaltig: Das Berufungsgericht hat nämlich ausgeführt, der Kläger habe vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht auf seine Anhörung zu dem fraglichen Beweisthema unbeschadet des Inhaltes der angeordneten Anhörung des Zeugen Dirk E*** bestanden oder einen diesbezüglichen Antrag gestellt; damit hat es den Mangel, den der Kläger in seiner Berufung lediglich darin erblickt hatte, daß das Erstgericht trotz offenbarer Zweifel am Zustandekommen des Geschäftes mit Dirk E*** keine Parteienvernehmung durchgeführt habe, als nicht gegeben erachtet. Verneint aber das Berufungsgericht - zu Recht oder zu Unrecht - einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, dann kann dies nicht den Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO bilden (SZ 25/219; SZ 41/8; JBl 1972, 312 uva). Einen Mangel des Verfahrens erster Instanz, der darin liegen soll, daß das Erstgericht den Kläger unter Mißachtung eines darauf gerichteten Antrages (zu einem bestimmten Beweisthema) nicht vernommen habe, hat der Kläger in seiner Berufung nicht gerügt. Eine im Berufungsverfahren unterlassene Mängelrüge kann aber im Revisionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden, weil sie nicht das Berufungsverfahren, sondern das Verfahren erster Instanz betrifft.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12051

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00552.87.1020.000

Dokumentnummer

JJT_19871020_OGH0002_0040OB00552_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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