Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz H***, Hilfstischler, Wals Nr. 296, vertreten durch Dr. Gerwin Brandauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Brunhilde H***, Reinigungsfrau, Wals Nr. 296, vertreten durch Dr. Alexander Diemand, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums (Streitwert S 484.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 7. Juli 1987, GZ 2 R 33/87-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Dezember 1986, GZ 6 Cg 415/86-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.874,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.443,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 23. September 1965 vor dem Standesamt Salzburg die Ehe geschlossen. Sie erwarben mit Vertrag vom 23. Jänner 1970 je zur Hälfte die Liegenschaft EZ 1022 KG Wals. Im Jahre 1974 begannen sie mit der Errichtung eines Wohnhauses auf dieser Liegenschaft. Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14. November 1979, 6 Cg 188/79, wurde die Ehe der Streitteile aus dem Verschulden des Ehemannes geschieden. Am 1. Juli 1981 schlossen die Streitteile zu 1 Nc 58/81 des Bezirksgerichtes Salzburg einen Vergleich über die Benützung des Hauses, wonach die Wohnung im ersten Stock der Beklagten und die Wohnung im Erdgeschoß dem Kläger zur Benützung zusteht. Derzeit bewohnt die Beklagte mit ihrem Sohn Matthäus, geboren 22. Mai 1962, den ersten Stock des Hauses, der Kläger bewohnt das Erdgeschoß. Das Haus ist noch nicht zur Gänze fertiggestellt. Es fehlen die Terrassenplatten, die in den ersten Stock führende Stiege ist noch nicht verkleidet und der Sockel des Hauses noch nicht verputzt; auch die Gartenmauer ist noch nicht zur Gänze fertiggestellt. Der Fertigstellung scheiterte daran, daß die Streitteile verfeindet sind und miteinander nur schriftlich verkehren.
Der Kläger begehrt die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung der Liegenschaft. Eine Realteilung des Hauses sei nicht möglich.
Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens wegen Unzeit des Teilungsbegehrens. Das Haus sei noch nicht zur Gänze fertiggestellt; nach Ausführung der noch fehlenden Arbeiten sei mit einem höheren Verkaufserlös zu rechnen. Bei Versteigerung des Hauses wären sie und ihr Sohn der Obdachlosigkeit ausgesetzt. Die derzeitige inflatorische und krisenhafte wirtschaftliche Lage lasse eine Versteigerung der Liegenschaft nicht angezeigt erscheinen. Die getroffene Benützungsregelung stehe dem Teilungsbegehren entgegen, zumal sie bis zum Ableben der Streitteile Wirksamkeit haben sollte. Die Liegenschaft könne durch Begründung von Wohnungseigentum real geteilt werden.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt, weil ein gesetzliches Teilungshindernis nicht vorliege. Auch die vertragliche Benützungsregelung stehe dem Teilungsbegehren nicht entgegen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).
Auch den Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung kommt Berechtigung nicht zu. Nach ständiger Rechtsprechung räumt § 830 ABGB jedem Teilhaber einer gemeinschaftlichen Sache einen unbedingten Anspruch auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft ein (MietSlg. 36.055, 34.068; SZ 47/119 ua.). Die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft hat primär durch Realteilung zu geschehen. Aus dem Zusammenhalt der §§ 841 und 843 ABGB ergibt sich, daß die Zivilteilung nur dann verlangt werden kann, wenn die Naturalteilung unmöglich oder nicht tunlich ist. Die Realteilung ist somit die Regel, die Zivilteilung die Ausnahme (MietSlg. 36.056, 32.057, 31.063; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 843 ABGB). Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits wiederholt ausgesprochen, daß die Teilung einer Liegenschaft durch Begründung von Wohnungseigentum nicht erfolgen kann, weil dadurch die Miteigentumsgemeinschaft nicht aufgehoben, sondern nur in anderer Form fortgesetzt würde (MietSlg. 35.068, 33.063, 32.057, 31.063, 30.077; Gamerith a.a.O. Rz 6 zu § 842 ABGB). Auch die vertraglich getroffene Benützungsregelung steht der Berechtigung des Klagebegehrens nicht entgegen. Vereinbarungen über die Fortsetzung der Gemeinschaft sind gemäß § 831 ABGB grundsätzlich zulässig (JBl. 1965, 207; Gamerith a.a.O. Rz 1 zu § 831 ABGB). Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich oder stillschweigend getroffen werden (MietSlg. 36.048, EvBl. 1979/126 ua.). Einer zwischen geschiedenen Ehegatten getroffenen Benützungsregelung kann aber, jedenfalls im Zweifel, nicht die Bedeutung beigemessen werden, daß dadurch eine Verbindlichkeit zur Fortsetzung der Gemeinschaft begründet würde. Sie ist vielmehr in der Regel nur dahin zu verstehen, daß für die Dauer des Bestandes der Gemeinschaft eine Regelung getroffen werden soll. Die Behauptung der Beklagten, die Benützungsregelung sei auf Lebenszeit vereinbart worden, ist nicht erwiesen.
Gemäß § 830 ABGB kann jeder Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, doch nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen. Unzeit ist ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender Umstand, der die Teilung zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht (MietSlg. 36.043, 35.059; SZ 47/119; JBl. 1973, 465). Der Nachteil der übrigen bildet ein selbständiges Teilungshindernis, kraft dessen auch subjektiv einen Teilhaber betreffende Umstände berücksichtigt werden können (MietSlg. 35.059, 33.056, 30.067; EvBl. 1976/138; SZ 45/140). In beiden Fällen ist Voraussetzung des Teilungshindernisses, daß es sich um bloß vorübergehende Umstände handelt, die in Bälde wegfallen und beseitigt werden können (MietSlg. 35.059, 34.069, 33.055; SZ 48/41; SZ 47/1 und 119). Drohende Obdachlosigkeit eines Miteigentümers, außer sie ließe sich durch angemessenen Aufschub vermeiden, bildet nach ständiger Rechtsprechung (MietSlg. 35.060, 33.060, 32.053 f ua.) ebensowenig ein Teilungshindernis wie die derzeitige Entwicklung der Inflation (MietSlg. 35.060, 33.058, 32.050; SZ 47/1 und 117), da weder mit einer Beendigung des Preisauftriebs noch mit einem Wertverfall etwa wie in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg zu rechnen ist. Die Inflation ist nach wie vor eine nur schleichende und ihrem Ausmaß mehr oder weniger gleichbleibende Erscheinung (MietSlg. 36.044). Ob dem Teilungskläger ein Zuwarten durch zehn Jahre zugemutet werden könnte, wie dies die Revisionswerberin für möglich hält, kann dahingestellt bleiben, weil nicht dargetan wurde, daß nach Ablauf dieses Zeitraums mit einer grundlegenden Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere auf dem Realitätenmarkt, zu rechnen ist. Die bisher unterbliebene Fertigstellung des Hauses bildet kein Teilungshindernis, weil die Vornahme der noch fehlenden Arbeiten am Zerwürfnis der Streitteile scheitert und daher ein bloß vorübergehender Zustand, dessen Beseitigung in absehbarer Zeit gewärtigt werden kann, nicht gegeben ist.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E12001European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00668.87.1021.000Dokumentnummer
JJT_19871021_OGH0002_0010OB00668_8700000_000