TE Vwgh Beschluss 2005/9/14 2005/04/0129

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Veröffentlicht am 14.09.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §53 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/04/0130

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über den Antrag des 1. A und 2. der I, beide in W und vertreten durch Mag. Michaela Hämmerle und Mag. Andreas Hämmerle Rechtsanwälte GesbR in 8786 Rottenmann, Hauptplatz 111, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 22. April 2005, BMWA- 67.100/5084-IV/10/2004, betreffend Bewilligung einer Bergbaustrasse, den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist wird keine Folge gegeben.

2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

1. Die Beschwerdeführer bringen in ihrem am 14. Juni 2005 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag vor, die Vertreter der Beschwerdeführer seien von 38 Personen sowie der Gemeinde W zur Verfassung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde (gemeint wohl: gegen den angefochtenen Bescheid) beauftragt worden. Für die Beschwerdeführer sei die Beschwerde jedoch nicht fristgerecht mit 7. Juli 2005 eingereicht worden, da die bisher fehlerfrei arbeitende Kanzleikraft der Vertreter der Beschwerdeführer fälschlicherweise auf dem Verzeichnis der zu vertretenden Parteien die Beschwerdeführer ebenfalls "abgehackt" habe und die Vertreter der Beschwerdeführer daher darauf vertrauen hätten können, dass auch für diese die Beschwerde überreicht worden sei. Dieser Fehler der Kanzleiangestellten sei aus einem minderen Grad des Versehens entstanden, da für die Ehegatten der Beschwerdeführer eine Beschwerde eingebracht worden sei und daher der Name der Beschwerdeführer auf der Liste "abgehackt" worden sei. Darüber hinaus seien die Vertreter der Beschwerdeführer betreffend den angefochtenen Bescheid von sieben Personen mit dem Nachnamen des Erstbeschwerdeführers und fünf Personen mit dem Namen der Zweitbeschwerdeführerin mit der Einbringung einer Beschwerde beauftragt worden.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde eine eidesstattliche Erklärung der Kanzleiangestellten angeschlossen; darin bestätigte diese das dargestellte Geschehen.

2. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden einer Partei selbst gleichzuhalten, während jenes eines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzurechnen ist, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht diesem Bediensteten gegenüber unterlassen hat. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes so einzurichten ist, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt wird, wobei durch ein entsprechendes Kontrollsystem dafür vorzusorgen ist, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl. zum Ganzen z.B. den hg. Beschluss vom 20. Mai 2003, Zlen. 2003/02/0028, 0056, mwN).

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptung des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl. den hg. Beschluss vom 21. November 2001, Zl. 2001/08/0148, mwN).

3. Im vorliegenden Fall bestand das zur Fristversäumung führende Hindernis nach dem Vorbringen in den Wiedereinsetzungsanträgen darin, dass die Namen der Beschwerdeführer auf dem Verzeichnis (Liste) der im Hinblick auf den angefochtenen Bescheid zu vertretenden 38 Personen sowie der Gemeinde W "fälschlicher Weise ebenfalls abgehackt" waren und die Vertreter der Beschwerdeführer schon aus diesem Grund darauf vertrauten, dass "auch für diese Beschwerdeführer die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bei Gericht überreicht worden ist".

Der Antrag enthält aber - etwa im Gegensatz zu der dem hg. Beschluss vom 19. März 2003, Zl. 2003/08/0029, zu Grunde liegenden, vergleichbaren Fallkonstellation - keinerlei nähere Angaben über die Kanzleiorganisation der Vertreter der Beschwerdeführer, insbesondere die Vorgangsweise bei der Erstellung und Abfertigung der Beschwerden gegen den angefochtenen Bescheid für die zu vertretenden 38 Personen. Aus diesem Grund ist dem Antrag auch nicht konkret zu entnehmen, ob es sich um eine Fehlleistung der Kanzleiangestellten bei der Kuvertierung oder Postaufgabe der bereits erstellten Beschwerde handelt oder ob eine solche deshalb nicht "eingereicht" bzw. "überreicht" worden ist, da sie noch nicht erstellt war.

Wie aus der beim Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 2005/04/0115 anhängigen Beschwerde ersichtlich ist, wurde die Beschwerde gegen den (auch vorliegend) angefochtenen Bescheid von den Vertretern der Beschwerdeführer für 34 Personen in derselben Eigenschaft wie die Beschwerdeführer ("Mieter/Eigentümer/Familienangehörige und damit Nachbarn im Sinne der Bestimmung des § 119 Abs. 6 MinroG") gemeinsam eingebracht. Bei dieser Vorgangsweise (einer gemeinsamen Einbringung einer Beschwerde gegen einen Verwaltungsakt iS des § 53 Abs. 1 VwGG) wäre es für die Vertreter der Beschwerdeführer ein Leichtes gewesen, schon bei der Unterfertigung des Beschwerdeschriftsatzes die Vollständigkeit der zu vertretenden Personen zu kontrollieren. Inwieweit unter diesen Umständen das im Antrag angeführte Hindernis des "Abhackens" eines Verzeichnisses (Liste) der zu vertretenden 38 Personen durch die Kanzleiangestellte zur Fristversäumnis geführt hat, ist dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zu entnehmen.

Somit war dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattzugeben.

4. Daher erweist sich aber die mit dem Wiedereinsetzungsantrag unter einem nachgeholte Beschwerde als verspätet; die Beschwerde war daher schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 14. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005040129.X00

Im RIS seit

12.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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