TE OGH 1987/10/27 15Os119/87

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Veröffentlicht am 27.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Oktober 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heidelinde L*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 3 iVm Abs. 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 8.April 1987, GZ 19 Vr 1778/86-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Hyrohs, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde die Angeklagte Heidelinde L*** - in einem auf Grund der Konnexitätsbestimmung des § 53 Abs. 4 FinStrG (idF vor der FinStrGNov 1985) gegen sie eingeleiteten gerichtlichen Finanzstrafverfahren - des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil sie in Leoben fahrlässig Sachen, hinsichtlich welcher von Hüseyin I*** ein Schmuggel begangen worden war, gekauft hat, und zwar

1. im November 1984 einen Anatol-Hereke-Seide-Teppich im Ausmaß von 95 x 63 cm im Zollwert von 15.000 S, sowie

2. am 18.November 1985

a) eine Kelim-Tasche im Ausmaß von 106 x 68 cm im Zollwert von 900 S und

b) einen Teppich im Ausmaß von 192 x 120 cm im Zollwert von

5.800 S,

wobei der strafbestimmende Wertbetrag insgesamt 7.633 S beträgt.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 5 sowie 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin (Punkt I 1 der Rechtsmittelschrift), das Schöffengericht habe den Schuldspruch prozeßordnungswidrig auf ihre Angaben vor dem Zollamt Graz gestützt, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen seien, ist unrichtig.

Denn nach dem Inhalt des von ihr nicht gerügten Protokolls (ON 23) wurde in der Verhandlung unter anderem die ON 3 des Aktes verlesen (S 303), worin die Niederschriften über ihre Vernehmungen vor dem Zollamt Graz (S 115 ff und S 125 f) enthalten sind. Mit ihrem Vorwurf aber (Punkt I 2), das Erstgericht habe mit seiner Feststellung, sie sei als Friseurmeisterin naturgemäß mit den Vorschriften und Usancen im Handel vertraut, "offenbar" zum Ausdruck bringen wollen, daß ihr auch Kenntnisse auf dem Gebiete der Zollvorschriften zusinnbar seien, entfernt sie sich rein spekulativ vom tatsächlichen Urteilsinhalt, der allein Gegenstand der Anfechtung sein kann.

Entgegen einer weiteren Rüge (Punkt I 3), kann auch keine Rede davon sein, daß das Schöffengericht bei jenem Argument, wonach die Angeklagte zufolge ihrer eigenen Angaben vor der Zollbehörde (im Faktum 1) Bedenken dahin, daß das Geschäft nicht reell sei, und auch hinsichtlich der Echtheit des Teppichs gehabt habe (US 4), ihre Aussage (S 105) "entstellend und aktenwidrig" wiedergegeben hätte; mit ihrer Auffassung, aus deren Gesamtinhalt gehe hervor, daß sie darnach keineswegs hinsichtlich einer von I*** behaupteten, aber nicht belegten Verzollung Bedenken gehabt habe, ficht sie bloß unzulässigerweise die durchaus denkfolgerichtige Würdigung ihrer Darstellung im Urteil (US 5, 6) an.

Gleiches gilt für die Bemängelung (Punkt I 4) der Ausdeutung ihrer zollamtlichen Angaben (zum Faktum 2 b), sie habe vor dem Zoll in Österreich Angst gehabt und deshalb I*** in der Türkei beauftragt, den Teppich hierher zu bringen (S 117), in dem Sinn, daß sie aus Angst, bei der Einreise nach Österreich von Organen der österreichischen Zollverwaltung beim Schmuggel ertappt zu werden, den Transport des Teppichs dem Verkäufer überließ.

Abermals unzutreffend ist die Rüge (Punkt I 5), dem Urteilsspruch sei nicht zu entnehmen, worin die der Beschwerdeführerin jeweils angelastete Begehungshandlung gelegen sei: wird doch letztere im Tenor ausdrücklich mit dem Verbum "gekauft" umschrieben (US 2). Abgesehen davon wurde diese Begehungsart auch in den Entscheidungsgründen mit unmißverständlicher Deutlichkeit konstatiert (US 8). Das Vorbringen schließlich (Punkt I 6), im Urteil werde mit der Feststellung, die Angeklagte habe es "zumindest für möglich gehalten", geschmuggelte Ware erworben zu haben (US 7), "offenbar" zum Ausdruck gebracht, daß ihr das Schöffengericht bedingten Vorsatz zur Last gelegt habe, was im Widerspruch zur Annahme einer fahrlässigen Tatbegehung (US 2, 8) stehe, geht deswegen fehl, weil diese Konstatierung nicht mehr als ein Element bewußter Fahrlässigkeit betrifft; dazu genügt es, die Beschwerdeführerin auf den Wortlaut des (dem § 6 Abs. 2 StGB entsprechenden) zweiten Satzes des § 8 Abs. 2 FinStrG zu verweisen.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO (Punkt II) vermißt die Angeklagte Konstatierungen darüber, daß I*** jährlich mit einer großen Anzahl von Teppichen nach Österreich gekommen sei: da "auf dem Gebiet des organisierten Warenimportes" Schmuggel nahezu ausgeschlossen sei, habe der schwunghafte, keineswegs im Verborgenen betriebene Teppichhandel des Verkäufers auf "offiziellen" Betriebsstätten beim Käuferpublikum den Eindruck erzeugen müssen, jener betreibe den Handel in völliger Übereinstimmung mit den österreichischen Vorschriften aller Art. Damit wird jedoch entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin kein auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhender Feststellungsmangel geltend gemacht, sondern nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehenen und daher unzulässiger Schuldberufung jene Argumentation des Erstgerichtes, die zur Annahme bewußter Fahrlässigkeit führte, zu bekämpfen versucht. Ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund wird damit nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt.

Den weiteren, mangelnde Strafwürdigkeit der Tat reklamierenden Ausführungen aber (Punkt III) kommt keine Berechtigung zu. Angesichts der Begleitumstände des wiederholten - jeweils in einem Hotelzimmer abgewickelten, zum Teil schon im Ausland eingeleiteten - fahrlässigen Ankaufes von geschmuggelten Teppichen von einem ausländischen Händler kann von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens der Angeklagten hinter dem durch die hier maßgebliche Strafdrohung wegen eines Fahrlässigkeitsdeliktes typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt (vgl Leukauf-Steininger, StGB2, RN 9 zu § 42) nicht gesprochen werden.

Außerdem sind im Hinblick auf den strafbestimmenden Wertbetrag die Folgen der Tat in jedem der beiden Fälle nicht mehr als unbedeutend anzusehen. Wenngleich es sich vorliegend nicht um ein Vermögensdelikt, sondern um Angriffe gegen die Finanzhoheit des Staates handelt (SSt 45/22), kann sich angesichts der Verwendung derselben verba legalia in dem im gerichtlichen Finanzstrafverfahren in Betracht kommenden § 42 Abs. 1 Z 2 StGB und im § 25 Abs. 1 FinStrG die Beurteilung, was unter unbedeutenden Folgen zu verstehen ist, auch im Finanzstrafrecht nicht wesentlich von den für Vermögensdelikten entwickelten Kriterien entfernen (vgl hiezu Leukauf-Steininger, aaO, RN 12 zu § 42; Pallin im WK, Rz 13 zu § 42 StGB). Die hier maßgeblichen strafbestimmenden Wertbeträge liegen somit deutlich über dieser Schwelle.

Die über die Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde hinausgehenden Ausführungen im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung, wonach im Urteilsfaktum 2 die Tatgegenstände bereits in der Türkei, somit vor dem Schmuggel, gekauft worden seien, bieten keinen Anlaß zu einem Vorgehen nach § 290 Abs. 1 StPO, denn diesfalls läge ein sonstiges Ansichbringen geschmuggelter Sachen (§ 37 Abs. 1 lit a dritter Fall FinStrG) vor.

Aus den angeführten Gründen war somit der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg zu versagen.

Die Angeklagte meldete nach Urteilsverkündung auch Berufung an, bezeichnete aber hiebei keine Berufungspunkte; eine Ausführung dieses Rechtsmittels unterließ sie.

Die Berufung war somit zurückzuweisen (§ 296 Abs. 3 StPO iVm § 294 Abs. 2 StPO).

Anmerkung

E12237

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0150OS00119.87.1027.000

Dokumentnummer

JJT_19871027_OGH0002_0150OS00119_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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