TE OGH 1987/10/28 11Os138/87

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Veröffentlicht am 28.10.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Oktober 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Levnaic-Iwanski als Schriftführer in der Strafsache gegen Elfriede W*** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 143, erster Fall, StGB in der form der Beteiligung nach dem § 12, dritter Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Jugendschöffengericht vom 23.April 1987, GZ 11 c Vr 809/86-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 2.Oktober 1968 geborene Hilfsarbeiterin Elfriede W*** des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143, erster Fall, StGB als Beteiligte nach dem dritten Fall des § 12 StGB (Punkt 1 des Schuldspruches) und des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB (Punkt 2 des Schuldspruches) schuldig erkannt. Zum Verbrechenstatbestand liegt ihr zur Last, am 14. Mai 1986 in Stockerau ihren Bruder Josef W*** in seinem Vorsatz, dem Helmut S*** mit Gewalt gegen dessen Person (indem er ihn durch Faustschläge und Fußtritte zu Boden schlug) eine Geldbörse mit 400 S bis 500 S Bargeld und eine Digital-Quarz-Uhr wegzunehmen, durch Anwesenheit am Tatort und Bereitwilligkeit zur Mitwirkung an der Tat sowie durch die Aufforderung, Helmut S*** außer Börse und Bargeld auch noch die Quarz-Armbanduhr wegzunehmen, bestärkt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung. Als Verfahrensmangel macht sie die Ablehnung eines in der Hauptverhandlung vom 29.Jänner 1987 (in der Beschwerde wurde offenbar unrichtig das Datum der Anklageerhebung: 11.September 1986 angeführt) gestellten Beweisantrages geltend. Dabei wird übersehen, daß die Hauptverhandlung nach Vertagung am 23.April 1987 (wegen Zeitablaufes und geänderter Zusammensetzung des Schöffensenates) neu durchgeführt, der Beweisantrag jedoch zu diesem Termin nicht wiederholt wurde. Schon deshalb fehlt es der Beschwerdeführerin an der Legitimation, aus diesem Sachverhalt eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO abzuleiten (vgl. Mayerhofer-Rieder2 ENr. 31 zu § 281 Z 4 StPO).

Ein Begründungsmangel soll darin gelegen sein, daß sich das Erstgericht im Urteil mit der Aussage des Zeugen S*** nicht auseinandergesetzt habe, er sei von drei Burschen überfallen worden, die auch alle an ihn Hand angelegt hätten. Diese Aussage sei nämlich mit den Urteilsfeststellungen, wonach die Angeklagte sich unmittelbar vor und nach der Tat in Gesellschaft zweier Burschen befunden habe, von denen nur einer (ihr Bruder) die Tat ausführte, nicht vereinbar.

Bei diesem Vorwurf stützt sich die Beschwerdeführerin offensichtlich auf die Darstellung des Zeugen S*** in der Hauptverhandlung am 29.Jänner 1987, ihm sei "vorgekommen, als ob alle drei auf ihn eingeschlagen hätten". Der Zeuge fügte allerdings hinzu, er "habe die Schläge nicht gesehen, sondern nur gespürt" (S 454 dA). Die Beschwerdeführerin läßt dabei außer acht, daß der genannte Zeuge im Vorverfahren (welche Angaben er in der Hauptverhandlung ausdrücklich aufrecht erhielt - S 451 dA) erklärt hatte, nicht sagen zu können, ob er von einer oder von mehreren Personen tätlich angegriffen wurde, und ob eine der drei Personen eine Frau war, weil er während des Überfalles gar nicht dazugekommen sei, auf die Personen zu schauen (S 45, 193 dA), sowie daß das Schöffengericht die Widersprüchlichkeit in diesen Angaben in den Kreis seiner Überlegungen einbezog und auf die hohe Alkoholisierung sowie die Verletzungsfolgen des Tatopfers zurückführte (S 484 dA). Das Beschwerdevorbringen entbehrt daher insoweit der für eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des behaupteten formellen Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Aktentreue.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich im Rahmen der Berufung einen rechtlichen Einwand in Richtung des § 10 JGG erhebt, setzt sie sich über die ausdrückliche Urteilsfeststellung hinweg, wonach sie zwar "etwas geistig reduziert", aber doch "körperlich und geistig soweit entwickelt" gewesen sei, "daß sie das Unrechtmäßige ihres Tuns zum Tatzeitpunkt einzusehen vermochte und auch in der Lage war, dieser Einsicht gemäß zu handeln" (S 479 dA). Eine Rechtsrüge muß aber, um einer sachlichen Erwiderung zugänglich zu sein, an allen tatsächlichen Urteilsfeststellungen festhalten (siehe Mayerhofer-Rieder2 ENr. 30 zu § 281 StPO).

Aus alledem geht hervor, daß die Angeklagte in Wahrheit keinen der in den Z 1 bis 11 des § 281 Abs. 1 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnete, weswegen die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Mangels Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde fehlt es aber an der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Erledigung der Berufung (EvBl. 1981/46 uva).

Über sie wird das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E12201

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00138.87.1028.000

Dokumentnummer

JJT_19871028_OGH0002_0110OS00138_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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