TE OGH 1987/10/29 6Ob682/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann K***, Geschäftsmann, Steingasse 157, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Georg Pertl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Werinher P***, Kaufmann, Hoffmanngasse 5, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Günther Nowak, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 98.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 2. Juni 1987, GZ 1 R 101/87-34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20. Februar 1987, GZ 17 Cg 134/86-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes bekämpft zurückgewiesen.

2.) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.843,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 600,-- Barauslagen und S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17. August 1982 wurde zu 6 S 40/82 des Erstgerichtes der Konkurs über das Vermögen des Beklagten Werinher P*** eröffnet. Der Kläger mußte auf Grund einer Bürgschaft, die er für ein vom Beklagten aufgenommenes Darlehen übernommen hatte, am 26. Oktober 1982 einen Betrag von S 198.000,-- an die Darlehensgeberin bezahlen. Da die darauf beruhende Forderung des Klägers im Konkurs bestritten wurde, brachte der Kläger am 6. Dezember 1982 die Klage gegen den Masseverwalter auf Feststellung des Zurechtbestehens der Forderung von S 198.000,-- ein. Der Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des Beklagten, der auch in den über das Vermögen der Firma W. P***, Armaturen- und Rohregroßhandelsgesellschaft mbH und der Firma W. P*** Armaturen Vertriebsgesellschaft mbH eröffneten Konkursen zum Masseverwalter bestellt worden war, leistete im Dezember 1984 eine Zahlung von insgesamt S 100.000,-- an den Kläger zur Ablöse für geltend gemachte Ab- und Aussonderungsrechte. Am 13. Dezember 1984 wurde im Konkurs über das Vermögen des Beklagten ein Zwangsausgleich angenommen, dem zufolge eine Quote von 20 % in vier Raten a 5 % binnen drei, sechs, neun und zwölf Monaten nach Annahme des Zwangsausgleiches bei Terminsverlust und relativem Wiederaufleben binnen 14 Tagen nach Absendung einer eingeschriebenen Mahnung zu zahlen war. Am 7. Jänner 1985 (in den Urteilen der Vorinstanzen irrig 5. Jänner 1984 bzw. 1985) wurde der Zwangsausgleich bestätigt und am 28. Februar 1985 der Konkurs gemäß § 157 KO aufgehoben.

In der zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung vom 16. April 1985 änderte der Kläger die Bezeichnung der beklagten Partei in Werinher P*** und wandelte das auf S 98.000,-- eingeschränkte Feststellungsbegehren in ein Leistungsbegehren um. Nach neuerlicher Änderung des Klagebegehrens begehrte der Kläger zuletzt S 98.000,-- samt 10 % Zinsen seit 27. Oktober 1982 (AS 103). Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß der Beklagte schuldig ist, dem Kläger S 19.600,-- samt 10 % Zinsen aus S 4.900,-- vom 13. März 1985 bis 12. Juni 1985, aus S 9.800,-- vom 13. Juni 1985 bis 12. September 1985, aus S 14.700,-- vom 13. September 1985 bis 12. Dezember 1985 und aus S 19.600,-- seit 13. Dezember 1985 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 78.400,-- samt Zinsen wurde abgewiesen und die Revision für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, der Beklagte sei nur zur Zahlung der Ausgleichsquote verpflichtet, so lange er nicht in Verzug geraten sei, wobei gemäß § 156 Abs 4 KO in der Fassung vor dem Insolvenzänderungsgesetz 1982 Verzug erst anzunehmen sei, wenn der Gemeinschuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens achttägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht beglichen habe. Die Klage könne die qualifizierte Mahnung nicht ersetzen. Einer Einwendung des Beklagten, er sei nur zur Zahlung der Quote verpflichtet, bedürfe es nicht. Durch den Zwangsausgleich sei die Restforderung des Gläubigers ihrer Klagbarkeit beraubt, der Gläubiger könne den ihn treffenden Ausfall nicht einklagen. Der Zwangsausgleich bewirke ein Erlöschen der Zinsenforderung. Verzugszinsen von der Quote seien ab dem Eintritt der Fälligkeit zu bezahlen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber führt aus, im Fall der Anerkennung einer Forderung bei der Prüfungstagsatzung entstehe ein Exekutionstitel über die gesamte Forderung, es wäre unbillig, wenn der Gläubiger in Fällen, in denen die Forderung bestritten werde und das Urteil erst nach Abschluß und Bestätigung des Zwangsausgleiches ergehe, nur einen Titel über die Quote erhielte. Ein solcher Gläubiger müßte bei Verzug erst einen Titel über den Restbetrag erkämpfen, während Gläubiger, deren Forderungen anerkannt worden seien, die Möglichkeit hätten, bei Wiederaufleben Exekution zu führen. Könne nur die Ausgleichsquote eingeklagt werden, bestehe auch die Gefahr, daß der Restbetrag verjähre. Der Kläger habe Anspruch auf einen Exekutionstitel über das Gesamtausmaß seiner zu Recht bestehenden Forderung. Sollte er ohne Vorliegen von Wiederauflebensgründen über die gesamte Forderung Exekution führen, stünde dem Schuldner eine Klage nach der Exekutionsordnung offen. Der Zwangsausgleich enthalte nur eine Stundung, die zu einer Befreiung führen könne.

Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 156 Abs 1 KO wird der Gemeinschuldner von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den erlittenen Ausfall zu ersetzen. Solange die Voraussetzungen für ein Wiederaufleben nicht gegeben sind, ist die Schuld nachgelassen (vgl. § 156 Abs 4 KO). Daraus folgt, daß ein Leistungsurteil über den die Ausgleichsquote übersteigenden Betrag erst bei Verzug des Schuldners möglich ist. Mangels einer qualifizierten Mahnung im Sinne des § 156 Abs 4 KO befand sich der Beklagte nicht im Verzug. Die Klagsführung bzw. die Umwandlung des gegen den Masseverwalter gerichteten Feststellungsbegehrens in ein Leistungsbegehren gegenüber dem Beklagten vermag die qualifizierte Mahnung nicht zu ersetzen, zumal ein Wiederaufleben vom Kläger in diesem Verfahren gar nicht behauptet wurde und dem Beklagten die drohenden Folgen seines Verzuges daher nicht vor Augen geführt wurden

(Bartsch-Pollak II 443; SZ 14/169; in diesem Sinne auch 5 Ob 302/82). Zu billigen ist auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, einer Einwendung der Beschränkung auf die Quote bedürfe es nicht. Ebenso wie nach ständiger Rechtsprechung das Exekutionsbewilligungsgericht bei einem vor Zustandekommen des Ausgleiches geschaffenen Exekutionstitel auf den Ausgleich Bedacht zu nehmen hat (SZ 45/5, SZ 49/55), hat auch im Prozeß das Gericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung von Amts wegen darauf Bedacht zu nehmen, daß ohne Wiederaufleben der gesamten Forderung nur die Ausgleichsquote zuerkannt werden kann (Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 659 - auch in dem der Entscheidung 5 Ob 302/82 zugrundegelegenen Fall war die Einwendung der Beschränkung auf die Quote offenbar nicht erhoben worden). Der Meinung des Klägers, es sei unzweckmäßig und widerspreche auch dem Rechtsgefühl, wenn er bei Wiederaufleben eine neuerliche Klage einbringen müsse, ist zu erwidern, daß es ihm freigestanden wäre, den Beklagten nach Eintritt der Fälligkeit gemäß § 156 Abs 4 KO zu mahnen. Fälligkeit der Forderung trat entsprechend den im Zwangsausgleich angeführten Zahlungsfristen ein, denn auch die Ausgleichsraten bestrittener Forderungen sind zur Gänze fristgerecht zu bezahlen (5 Ob 319/81). Hätte der Kläger den Beklagten gemahnt, wäre der Beklagte im Verzug und könnte zur Leistung der gesamten Forderung verurteilt werden.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Da eine selbständige Anfechtung der Kostenentscheidung nicht zulässig ist, war die Revision in diesem Umfang zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12339

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00682.87.1029.000

Dokumentnummer

JJT_19871029_OGH0002_0060OB00682_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten