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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GewO 1994 §78 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache 1. des Dr. H, 2. der Dr. M,
3. des Dr. L, 4. der G, 5. des Dipl. Vw. H und 6. der O, alle in F und vertreten durch Dr. Gerhard Götschhofer, Rechtsanwalt in 4655 Vorchdorf, Schloßplatz 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 1. März 2005, VwSen-530293/2/Bm/Sta, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: S GmbH in F, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 12), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz für das Provisorialverfahren wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) vom 21. Dezember 2004 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Sägewerks-Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb einer Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungsanlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 78 Abs. 1 GewO 1994 iVm den §§ 66 Abs. 4, 67h Abs. 1 AVG den gegen den Bescheid der BH vom 21. Dezember 2004 gerichteten Berufungen der Beschwerdeführer die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführer hätten gleichzeitig mit ihrer Berufung gegen den Bescheid der BH beantragt, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Diesem Antrag sei nicht stattzugeben gewesen, da auf Grund der eingeholten Gutachten eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit nicht zu erwarten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
2. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2005 teilte die mitbeteiligte Partei mit, die belangte Behörde habe zwischenzeitlich mit Bescheid vom 2. Juni 2005, VwSen-530279/21/BM/STA ff, gemäß § 66 Abs. 1 AVG iVm § 67a Abs. 1 AVG sowie § 2 Abs. 1 Z 20 GewO 1994 den Berufungen der Beschwerdeführer Folge gegeben, den Bescheid der BH vom 21. Dezember 2004 behoben sowie den Antrag der mitbeteiligten Partei auf gewerbebehördliche Genehmigung als unzulässig zurückgewiesen. Damit seien die Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof klaglos gestellt, sodass die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof brachte den Beschwerdeführern diesen Schriftsatz zur Kenntnis und forderte sie auf, sich hiezu binnen zwei Wochen zu äußern.
Mit Schriftsatz vom 18. August 2005 äußerten sich die Beschwerdeführer dahingehend, dass es richtig sei, dass die belangte Behörde mit Bescheid vom 2. Juni 2005 den Bescheid der BH vom 21. Dezember 2004 behoben sowie den Antrag der mitbeteiligten Partei auf gewerbebehördliche Genehmigung als unzulässig zurückgewiesen habe, und beantragten Kostenzuspruch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
4. Gemäß § 78 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Anlagen oder Teile von Anlagen vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden, wenn dessen Auflagen bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten werden. Dieses Recht endet mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid, spätestens jedoch drei Jahre nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an den Genehmigungswerber. Die zur Entscheidung berufene Behörde hat die Inanspruchnahme dieses Rechtes auszuschließen, wenn der Begründung der Berufung zu entnehmen ist, dass auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit zu erwarten ist.
Das (vorläufige) Recht zur Errichtung zum Betrieb der Betriebsanlage nach § 78 Abs. 1 GewO 1994 beginnt mit der Erlassung des Genehmigungsbescheides erster Instanz und endet im Regelfall mit der Erlassung des Berufungsbescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2 (2003), 608f, Rz. 3 und 4 zu § 78 GewO 1994). Die Inanspruchnahme dieses Rechtes ist gemäß dem letzten Satz dieser Bestimmung unter den dort näher ausgeführten Voraussetzungen von der Behörde auszuschließen. Nach Erlassung des Berufungsbescheides kommt ein Ausschluss gemäß § 78 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 nicht mehr in Betracht.
5. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter Klaglosstellung nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist. § 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat. Ob in letzterem Sinne das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden. (vgl. zu allem den hg. Beschluss vom 6. November 2003, Zl. 2003/07/0064, mwN).
Im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen der Berufungsbescheid bereits erlassen worden ist und eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. idS das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2002, VfSlg. 16.460) bzw. ein Ausschluss des (vorläufigen) Rechtes zur Errichtung zum Betrieb der Betriebsanlage nach § 78 Abs. 1 GewO 1994 nicht mehr in Betracht kommt, ist nicht ersichtlich (und wurde im Übrigen von den Beschwerdeführern auch nicht vorgebracht), welche praktische Bedeutung der Erledigung der Beschwerde noch zukommen und welches rechtliche Interesse die Beschwerdeführer an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache haben sollten.
6. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
7. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 58 Abs. 2 VwGG. Weil die Entscheidung über die Kosten nach Maßgabe des hypothetischen Verfahrensausganges einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert hätte, war nach freier Überzeugung mit Kostenaufhebung vorzugehen.
Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz für das Provisorialverfahren ist unzulässig, hat doch gemäß § 47 Abs. 1 VwGG nur eine obsiegende Partei Anspruch auf Aufwandersatz durch die unterlegene Partei. Im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gibt es weder eine obsiegende Partei, noch ist für dieses Verfahren in den §§ 47 bis 56 VwGG Aufwandersatz vorgesehen, sodass gemäß § 58 VwGG jede Partei den ihr im Provisorialverfahren erwachsenden Aufwandersatz selbst zu tragen hat (vgl. den hg. Beschluss vom 26. August 2003, Zl. AW 2003/04/0024).
Wien, am 14. September 2005
Schlagworte
Aufschiebende Wirkung einer Beschwerde Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005040081.X00Im RIS seit
12.12.2005