TE OGH 1987/11/10 2Ob725/86

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Veröffentlicht am 10.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Christian K***, Rechtanswalt in Bludenz als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma AKB Hoch- und Tiefbaugesellschaft m.b.H., Tränkeweg, 6700 Bludenz, wider die beklagten Parteien 1. Firma G.H***, Mariahilfer Straße 6, 6800 Bregenz, 2. Firma Walter R***, Bauunternehmung, Belrupstraße 59, 6900 Bregenz, 3. U*** Hoch- und Tiefbau AG, Renngasse 6, 1010 Wien, sämtliche vertreten durch Dr.Othmar Simma, Dr.Alfons Simma und Dr.Ekkehard Bechtold, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegenAnfechtung (Streitinteresse S 373.599,96), infolge Rekurse der klagenden und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. August 1986, GZ. 1 R 132,262/86-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 27. Dezember 1985, GZ. 11 a Cg 5107/85-9, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Soweit der Rekurs der beklagten Parteien die zweitinstanzliche Entscheidung betreffend den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß bekämpft, wird er zurückgewiesen.

Im übrigen wird keinem der Rekurse Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten

Text

Begründung:

Über das Vermögen der Firma AKB Hoch- und Tiefbau Ges.m.b.H. wurde am 4.11.1983 das Ausgleichsverfahren und am 2.4.1984 das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt. Die vorgenannte Firma und nunmehrige Gemeinschuldnerin hatte sich im Jahre 1978 mit den beklagten Parteien dieses Rechtsstreites und einer weiteren, sodann ausgeschiedenen Firma zur Arbeitsgemeinschaft "Autobahn Bregenz-Süd" zusammengeschlossen, wobei ihr Anteil zuletzt 19 % betrug. Sie führte als Subunternehmer der Arbeitsgemeinschaft Arbeiten durch, welche laufend abgegolten wurden. Am 26.6.1981 legte sie eine Schlußrechnung über netto S 5,493.387,43. Diese Abrechnungssumme wurde von der Arbeitsgemeinschaft nicht anerkannt und im Dezember 1981 hinsichtlich einer Überzahlung die Aufrechnung mit künftigen Forderungen vereinbart. Vergleichsweise legte man in der Folge am 26.9.1983 eine Abrechnungssumme fest, aus welcher sich eine Überzahlung von S 526.197,13 ergab. Eine Rückzahlung dieses Betrages an die Arbeitsgemeinschaft erfolgte trotz Aufforderung nicht. In der Firmenratssitzung vom 14.10.1983 wurde vereinbart, aus einem Steuerguthaben von 5,2 Mill. S verschiedene Verbindlichkeiten abzudecken und den verbleibenden Restbetrag an die Partner der Arbeitsgemeinschaft auszuzahlen, wobei der vorgenannte Überzahlungsbetrag berücksichtigt, also abgezogen werden sollte. Nach der am 17.10.1983 erfolgten Geltendmachung des Steuerguthabens wurde die Ausschüttung vorgenommen und dabei der an die nunmehrige Gemeinschuldnerin zu zahlende Betrag um die seinerzeitige Überzahlung von S 526.197,13 gekürzt. Die nunmehrige Gemeinschuldnerin nahm diese Verrechnung zur Kenntnis und verbuchte einen Gesamtbetrag von S 580.000,-- als an sie erfolgte Gewinnausschüttung, obwohl sie tatsächlich nur S 53.862,67 bekommen hatte.

Mit der vorliegenden, auf "alle Tatbestände der Konkursordnung" gestützten Anfechtungsklage begehrt der Masseverwalter die Feststellung, daß die Vereinbarung vom 14.10.1983 über die Aufrechnung mit der aus dem Gesellschaftsverhältnis resultierenden anteiligen Gewinnausschüttungsforderung der Gemeinschuldnerin und alle aus dieser Vereinbarung folgenden weiteren Rechtshandlungen gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam seien. Die beklagten Parteien hätten durch diese innerhalb der Frist von 60 Tagen vor Konkurseröffnung vereinbarte Berücksichtigung der seinerzeitigen Überzahlung eine ihnen nicht zustehende Sicherstellung und Befriedigung erlangt. Diese Aufrechnung sei nur mit Zustimmung aller Gesellschafter, also auch der Gemeinschuldnerin, zulässig gewesen. Die gegenständliche Anfechtung erscheine auch befriedigungstauglich. Unter Bedachtnahme auf den eigenen Anteil der Gemeinschuldnerin von 29 % ergebe sich für sie im Hinblick auf die Anteile der beklagten Parteien von 71 % ein - der Masse zu leistendes - restliches Auseinandersetzungsguthaben von S 373.599,96. Die Benachteiligung im Sinne des § 28 Abs 2 KO ergebe sich aus dem objektiven Sachverhalt und indiziere die Benachteiligungsabsicht und deren Kenntnis. Auch die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung seien den beklagten Parteien bekannt gewesen. Die Rückgabe der Überzahlung stelle eine unentgeltliche Verfügung der Gemeinschuldnerin dar. Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung. Die gegenseitigen Forderungen seien einander aufrechenbar gegenübergestanden, die beklagten Parteien hätten keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gehabt. Für Rechtsstreitigkeiten der Partnerfirmen der Arbeitsgemeinschaft sei die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes vereinbart worden, weshalb der Rechtsweg ausgeschlossen erscheine. Der Kläger habe die gegenständliche Forderung gegen die erst- und zweitbeklagte Partei bereits mit demselben Vorbringen unter Stellung eines Leistungsbegehrens zu 3 Cg 532/84 des Bezirksgerichtes Feldkirch eingeklagt, nach Schluß der Verhandlung die Aussichtslosigkeit seines Standpunktes erkannt und die Wiedereröffnung beantragt, worauf es zum Ruhen des Verfahrens gekommen sei, weil die Gemeinschuldnerin ausdrücklich Verzicht auf die Forderung geleistet habe. Somit liege auch das Verfahrenshindernis der Streitanhängigkeit vor. Im übrigen sei die Aufrechnungsvereinbarung bereits im Dezember 1981 geschlossen worden, nur die tatsächliche Verrechnung der erhöhten Auszahlung habe erst nach Prüfung erfolgen können. Da die nunmehrige Gemeinschuldnerin die kaufmännische Leitung der Arbeitsgemeinschaft innegehabt habe, hafte sie auch aus dem Titel des Schadenersatzes, zumal sie eine ungeprüfte Rechnung ausgezahlt und solcherart den übrigen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Schaden zugefügt habe, welcher aufrechnungsweise eingewendet werde.

Das Erstgericht wies die Einreden der Unzulässigkeit des Rechtsweges sowie der Streitanhängigkeit zurück und das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 300.000,-- übersteige. In seiner Entscheidungsbegründung hielt das Berufungsgericht auch die Verwerfung der von den beklagten Parteien erhobenen Prozeßeinreden für gerechtfertigt.

Gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß wenden sich die Rekurse aller Streitteile. Der Kläger beantragt die Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung, die beklagten Parteien die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles. In ihren Rekursbeantwortungen beantragen die Streitteile jeweils, dem gegnerischen Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Parteien ist teilweise unzulässig, im übrigen sind die Rekurse nicht gerechtfertigt.

Nach den weiteren erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen führte bei der Arbeitsgemeinschaft Autobahn Bregenz-Süd die nunmehrige Gemeinschuldnerin, vertreten durch Andreas F***, die kaufmännische Verwaltung. Die erstbeklagte Partei, vertreten durch Richard H*** und seinen Stellvertreter Dr.Leo W***, hatte die Geschäftsführung inne. Es gab zahlreiche Zeichnungsberechtigte der beteiligten Partnerfirmen. Bei Überweisungen an die Partnerfirmen hatten jeweils zwei verschiedenen Partnerfirmen angehörende Zeichnungsberechtigte zu zeichnen, davon mußte einer der die kaufmännische Verwaltung besorgenden Partnerfirma angehören. Andreas F*** war als Gesamtprokurist für die nunmehrige Gemeinschuldnerin seit dem Jahre 1971 gemeinsam mit einem kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführer oder einem weiteren Gesamtprokuristen vertretungsbefugt. Ab 18.4.1983 "hat jeder der Gesamtprokuristen nur noch gemeinsam mit einem zweiten Gesamtprokuristen vertreten". Im Herbst 1981 legte die nunmehrige Gemeinschuldnerin als Subunternehmerin der Arbeitsgemeinschaft einen gegenüber dem letzten Verdienstausweis beachtlich, nämlich "um mehrere S 100.000,--" erhöhten Verdienstausweis vor, welcher eine umfangreiche und schwierige Nachprüfung erforderte. Gleichzeitig lag von der Erstbeklagten eine leicht überprüfbare Abrechnung vor. Im Dezember 1981 kam es anläßlich einer größeren Geldüberweisung durch die Bauherrschaft zwischen Dr.Leo W*** als stellvertretendem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft (und Vertreter der erstbeklagten Partei) sowie Andreas F*** als kaufmännischem Leiter der Arbeitsgemeinschaft (und Vertreter der nunmehrigen Gemeinschuldnerin) zu einer Besprechung, wobei F*** den Vorschlag machte, "die ausstehenden Beträge an die Partnerfirmen zu bezahlen". Dr.W*** erklärte, eine Auszahlung an die nunmehrige Gemeinschuldnerin sei mangels der vereinbarten Überprüfung der Abrechnung durch das Landesstraßenbauamt im Rahmen der Schlußrechnung noch nicht ohne weiteres möglich, hinsichtlich der erstbeklagten Partei liege dagegen eine überprüfte Rechnung vor. F*** drängte jedoch auf Auszahlung, worauf im Dezember 1981 zwischen den beiden vereinbart wurde, auf Grund der vorliegenden Verdienstausweise zunächst Akontierungen zu leisten und, da die Arbeitsgemeinschaft aus noch offenen Abrechnungen mit den Bauherren weitere Geldbeträge zu erwarten hatte, bei Auszahlung dieser Gelder eine mögliche Überzahlung an die nunmehrige Gemeinschuldnerin aufzurechnen. Im Jahre 1983 kam es zwischen dieser und dem Landesstraßenbauamt zu Abrechnungsgesprächen, welche zu einer Überarbeitung der seinerzeitigen Abrechnung führten. Bei der Firmenratssitzung der Arbeitsgemeinschaft vom 14.10.1983 nahmen Karl Heinz P*** für die erstbeklagte Partei, Ing.Hermann Bischof für die zweitbeklagte Partei, zwei Herren für die drittbeklagte Partei und Walter N*** für die nunmehrige Gemeinschuldnerin teil, welch letzterer hiezu von Andreas F*** beauftragt worden war. Es wurde u. a. beschlossen, das nach Abdeckung von Verbindlichkeiten verbleibende Mehrwertsteuerguthaben von 2 Millionen S an die Partnerfirmen im Verhältnis ihrer Anteile auszuschütten und dabei nochmals vereinbart, daß von dieser Ausschüttung die Überzahlung an die nunmehrige Gemeinschuldnerin in Abzug gebracht wird. Es sollte also vom Auszahlungsbetrag von S 580.000,-- lediglich ein Betrag von S 53.802,87 an die nunmehrige Gemeinschuldnerin ausbezahlt werden. Nach Auszahlung des Steuerguthabens durch das Finanzamt im November 1983 wurde der vorgenannte Betrag an die nunmehrige Gemeinschuldnerin überwiesen. Hinsichtlich des Verfahrens 3 Cg 532/84 hatte der nunmehrige Kläger wegen Aussichtslosigkeit die Wiedereröffnung begehrt, worauf es zum Ruhen des Verfahrens kam und zwar ohne endgültigen Anspruchsverzicht. Rechtswirksame Beschlüsse des Firmenrates sollten nach dem Inhalt des Arbeitsgemeinschaftsvertrages nicht im ordentlichen Rechtsweg, sondern nur vor einem Schiedsgericht anfechtbar sein. Die Überschuldung der nunmehrigen Gemeinschuldnerin ist spätestens mit 31.12.1982 eingetreten.

Das Erstgericht hielt die von den beklagten Parteien erhobenen Prozeßeinreden aus den im einzelnen angeführten Gründen nicht für gerechtfertigt. In der Sache selbst ging es bei seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß Andreas F*** in den Jahren 1971 bis 1983 nicht nur Gesamtprokurist im Sinne des § 48 Abs 2 HGB, sondern auch organschaftlicher Gesamtprokurist im Sinne des § 18 Abs 3 GesmbHG gewesen sei. Rechtsgeschäftliche Erklärungen eines Gesamtprokuristen könnten gegenüber der Gesellschaft durch deren stillschweigende Genehmigung verbindlich werden, wenn die stillschweigende Zustimmung der Geschäftsführer anzunehmen sei. Eine solche stillschweigende Zustimmung der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin müsse bei der gegebenen Sachlage zugrundegelegt werden. Auch die Überweisung sei vereinbarungsgemäß durch die Zeichnungsberechtigten zweier Partnerfirmen erfolgt. Somit sei die Aufrechnungsvereinbarung im Dezember 1981 rechtswirksam zustandegekommen. Mittels einvernehmlicher Aufrechnung könnten die Parteien beliebige Forderungen miteinander ausgleichen und so die gegenseitigen Verbindlichkeiten aufheben. Die Wirkung der vertraglichen Aufrechnung bestimme sich nach der Vereinbarung. Auch künftige Forderungen könnten hievon erfaßt sein. Gemäß § 30 Abs 1 KO sei u.a. eine in den letzten 60 Tagen vor Konkurseröffnung vorgenommene Befriedigung eines Gläubigers unter den im einzelnen genannten Voraussetzungen anfechtbar. Eine die Anfechtung ausschließende Deckung liege vor, wenn sie innerhalb der Frist des § 30 KO in einer Art gewährt worden sei, auf die der Gläubiger den Anspruch durch Vertrag oder Gesetz schon vor Beginn dieser Frist erworben habe. Maßgebend sei hiefür der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Deckung entstanden sei. Vorliegendenfalls sei die Aufrechnungserklärung schon im Dezember 1981, also vor dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin (31.12.1982) erfolgt. Unter Bedachtnahme auf den für die Berechnung der Frist maßgebenden Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens, d.i. hier der 18.10.1983, seien die zeitlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung nach den §§ 30 und 31 KO nicht erfüllt. Anhaltspunkte dafür, daß Andreas F*** bei der Aufrechnungsvereinbarung im Dezember 1981 in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe oder daß dem Dr.Leo W*** eine solche bekannt sein habe müssen, lägen nicht vor, so daß auch die Voraussetzungen des § 28 Z 2 KO fehlten. Da die Gemeinschuldnerin durch die Kompensation von einer Verbindlichkeit befreit worden sei, käme schließlich auch der Anfechtungstatbestand des § 29 Z 1 KO nicht in Betracht.

Das Berufungsgericht führte zur Prozeßbehauptung des Klägers, die Vereinbarung vom 14.10.1983 sei schon mangels Gegenseitigkeit unzulässig gewesen, aus, daß die vorliegende Anfechtungsklage die zunächst gegebene Gültigkeit der angefochtenen Rechtshandlung, also der Vereinbarung, voraussetzte, so daß sich die Frage der mangelnden Gegenseitigkeit gar nicht stelle. Im übrigen sei sie zu bejahen, weil ein Anspruch der Gemeinschulderin auf Zahlung von Werklohn für ihre im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft geleisteten Arbeiten dem Anspruch der Arbeitsgemeinschaft auf Rückzahlung des zuviel Gezahlten gegenübergestanden sei. Die nunmehrige Gemeinschuldnerin sei also einerseits Gläubigerin der Arbeitsgemeinschaft gewesen und hätte andererseits eine Schuld gegenüber dieser gehabt, was die gegenseitige Aufrechnung ermögliche. Nach der unbekämpft gebliebenen Feststellung sei die Aufrechnungsvereinbarung bereits im Dezember 1981 und nicht erst am 14.10.1983 gültig zustandegekommen. Somit sei im Sinne der zutreffenden Ansicht des Erstgerichtes der Anspruch auf Deckung schon damals erworben worden. Die Arbeitsgemeinschaft sei anläßlich der genannten Vereinbarung auch rechtsgültig vertreten gewesen. Auch der Auffassung des Erstgerichtes, die Vertreter der nunmehrigen Gemeinschuldnerin hätten der Vereinbarung stillschweigend zugestimmt, sei beizupflichten. Diese habe nämlich die aller Wahrscheinlichkeit nach zu hohe Akontierung entgegengenommen, sich solcherart den von ihrem Vertreter F*** insoweit vollmachtslos verschafften Vorteil zugeeignet und dadurch die im § 1016 ABGB vorgesehene Bindung an das Geschäft hervorgerufen. Die Vereinbarung vom 14.10.1983 habe auf dem Verrechnungsübereinkommen vom Dezember 1981 beruht und nur mehr den abrechnungsmäßigen Vollzug dieser Kompensationsvereinbarung unter Einsetzung der genauen Ziffern dargestellt. Die Arbeitsgemeinschaft habe dabei im Vertrauen auf das gültige Zustandekommen dieser Vereinbarung gehandelt. Vom Kläger sei auch nicht behauptet worden, daß die nunmehrige Gemeinschuldnerin jemals Widerspruch gegen das Übereinkommen vom Jahre 1981 erhoben habe. Die nunmehrige Gemeinschuldnerin habe sich vielmehr auch am 14.10.1983 dazu bekannt, daß von ihrer Gewinnausschüttungsforderung von S 580.000,-- die Überzahlung von S 526.197,13 in Abzug gebracht werde. Die Bezugnahme der beklagten Parteien auf die Verrechnungsvereinbarung vom Dezember 1981 habe entgegen der Ansicht der Berufungswerberin auch die Behauptung des gültigen Zustandekommens dieser Vereinbarung gedeckt. Eine Aufrechnung stelle entgegen den Berufungsausführungen auch kein unentgeltliches Rechtsgeschäft dar, vielmehr liege ein gegenseitiger Leistungsaustausch vor. § 19 KO lasse die Aufrechnung zu, wenn die Aufrechnungslage schon vor der Konkurseröffnung eingetreten sei. Die vom Berufungswerber zitierten Lehrmeinungen setzten eine beabsichtigte Unentgeltlichkeit voraus, welche hier nicht unterstellt werden könne. Die Anfechtungsgründe des § 29 KO kämen somit von vornherein nicht zum Tragen. Im Hinblick auf die unbekämpfte erstgerichtliche Feststellung, daß der Beweis für ein Handeln der Gemeinschuldnerin in Benachteiligungsabsicht nicht erbracht worden sei und sich somit die Frage einer Kenntnis der Vertreter der Arbeitsgemeinschaft von einer solchen Benachteiligungsabsicht erübrige, scheide auch eine Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht gemäß § 28 KO aus. Schließlich käme eine Anfechtung auch unter dem Gesichtspunkt des § 30 KO nicht in Betracht, weil der Arbeitsgemeinschaft nur das zugekommen sei, was ihr vertragsgemäß gebührt habe, so daß keine inkongruente Deckung vorliege. Anhaltspunkte dafür, daß die Arbeitsgemeinschaft vor anderen Gläubigern begünstigt werden sollte und ihr eine solche Absicht bekannt gewesen sei, seien nicht hervorgekommen. Die Vereinbarung vom Dezember 1981 liege außerhalb der Jahresfrist des § 30 Abs 2 KO. Anders verhalte es sich dagegen mit der Anfechtung gemäß § 31 Abs 1 Z 2 KO. Danach seien u.a. Rechtshandlungen anfechtbar, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung vorgenommen würden und durch die ein Konkursgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung erlange. Hier habe die Arbeitsgemeinschaft durch den bloßen Vollzug der seinerzeit vereinbarten Aufrechnung Deckung erlangt. Die Vereinbarung sei im Dezember 1981 getroffen und die Überzahlung zugunsten der Gemeinschuldnerin am 27.9.1983 festgestellt worden. Sodann sei am 14.10.1983 die Höhe des der nunmehrigen Gemeinschuldnerin zustehenden Gewinnausschüttungsbetrages mit S 580.000,-- und die höhe der Überzahlung mit S 526.197,33 festgestellt worden. Am 18.10.1983 sei es zur Eröffnung des Vorverfahrens, am 17.11.1983 zur Überweisung des Differenzbetrages gekommen. Die Aufrechnung sei also nur vier Tage vor der Verfahrenseröffnung vollzogen worden. Die Rechtshandlung, durch welche die Aufrechnung erwirkt worden sei, habe am 14.10.1983 stattgefunden, sohin nach Eintritt der Überschuldung. Diese Rechtshandlung sei daher entgegen der erstgerichtlichen Auffassung von der Frist des § 31 Abs 4 KO erfaßt. Für die Anfechtbarkeit nach § 31 KO sei der Umstand, daß die Deckung nicht inkongruent sei, unerheblich. Zur Anfechtbarkeit der Befriedigung bedürfe es keines Tätigwerdens oder Unterlassens des späteren Gemeinschuldners, vielmehr genüge, daß die Befriedigung auf Kosten der nachmaligen Konkursmasse erfolge. Voraussetzung für die Anfechtbarkeit sei allerdings die Kenntnis des anderen Teiles oder das Bekanntseinmüssen von der Überschuldung oder vom Eröffnungsantrag. Diesbezügliche Festsetellungen habe das Erstgericht nicht getroffen, auch lägen keine Beweisergebnisse vor. Somit müsse diese Frage im fortgesetzten Verfahren erörtert werden. Im Rekurs des Klägers wird weiterhin der Standpunkt vertreten, eine Aufrechnung sei vorliegendenfalls mangels Gegenseitigkeit der Forderungen nicht zulässig, die Forderung einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft stelle eine Gesamthandforderung, jene der Gemeinschuldnerin auf "die beschlossene Ausschüttung" bzw. Zuweisung des Auseinandersetzungsguthabens eine Privatforderung dar. Ein Schuldner könne gemäß Art.VII Nr.10 Abs 1 und 2 der 4.EVHGB, welcher die Regelung des § 719 Abs 2 dBGB übernommen habe, gegen eine zum Gesellschaftsvermögen gehörende Forderung nicht mit einer einem einzelnen Gesellschafter zustehenden Forderung aufrechnen. Dem österreichischen Privatrecht fehle zwar eine dem § 719 Abs 2 BGB entsprechende Bestimmung, der Sache nach sei diese Regelung aber auch für die bürgerlich-rechtliche Erwerbsgesellschaft gültig. Wenn beim Übereinkommen vom Dezember 1981 die Arbeitsgemeinschaft auch rechtsgültig durch Dr.Leo W*** vertreten gewesen sei, so treffe dies nicht auf die nunmehrige Gemeinschuldnerin und die übrigen Gesellschafter zu. Die Gegenseitigkeit hätte aber nur unter Mitwirkung aller Gesellschafter hergestellt werden können. Somit sei mangels Wirksamkeit der vorgenannten Vereinbarung Inkongruenz nach § 30 KO gegeben. Das vollmachtlose Handeln des Andreas F*** sei von den die Gemeinschuldnerin rechtmäßig vorstellenden Personen damals nicht genehmigt worden, eine spätere Nachholung ihrer fehlenden Willenserklärungen genüge nicht, so daß ihrem Stillschweigen nicht die im § 863 ABGB angeführten Rechtsfolgen zukämen. Auch eine Vorteilszuwendung durch die nunmehrige Gemeinschuldnerin liege nicht vor. Der Umstand, daß sie seinerzeit einen "aller Wahrscheinlichkeit nach höheren" als ihre Leistung entsprechenden Betrag angenommen habe, genüge nicht, die Vorteilszueignung müsse mit dem Wissen des Machtgebers vom vollmachtlos abgeschlossenen Geschäft erfolgen, was hier nicht behauptet worden und auch nicht der Fall gewesen sei. Die beklagten Parteien hätten jedenfalls nicht bewiesen, daß die im Dezember 1981 ungültig getroffene Verrechnungsvereinbarung bei der Besprechung vom 14.10.1983 durch die befugten Vertreter der nunmehrigen Gemeinschuldnerin genehmigt worden sei. Die beklagten Parteien führen in ihrem Rekurs aus, die Klage sei wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zufolge Vorliegens einer Schiedsgerichtsklausel sowie wegen Streitanhängigkeit und auch Fehlens des Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen. Die klagende Partei habe lediglich einen Rechtsgestaltungsanspruch, aber keinen Leistungsanspruch geltend gemacht. Für ein Leistungsbegehren gelte die Frist des § 43 Abs 3 KO, welche aber schon längst abgelaufen sei. Für die Anwendung der vom Berufungsgericht herangezogenen Norm des § 31 Abs 1 Z 2, erster Fall, KO sei Voraussetzung, daß ein Konkursgläubiger eine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt habe. Im Sinne des § 496 Abs 3 ZPO hätte das Berufungsgericht die Konkursakten beischaffen und aus dem Gläubigerverzeichnis feststellen müssen, daß die beklagten Parteien keine Forderungen angemeldet hätten und daher nicht Konkursgläubiger seien. Daß die beklagten Parteien im Falle eines Erfolges der vorliegenden Anfechtungsklage Konkursgläubiger wären, hätte ein entsprechendes Vorbringen erfordert.

Zum Rekurs des Klägers:

Entgegen den Rekursausführungen ist vorliegendenfalls das Erfordernis der Gegenseitigkeit als Voraussetzung für eine Aufrechnung gegeben. Es handelt sich um eine Verrechnung innerhalb der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Erwerbsgesellschaft, so daß die Regeln über die mangelnde Aufrechenbarkeit der Forderung eines Dritten (vgl. JBl 1961, 231) gegenüber einem der Gesellschafter mit Schulden der Gesellschaft oder umgekehrt nicht zum Tragen kommen. Hier hatte die Arbeitsgemeinschaft eine Forderung gegenüber der nunmehrigen Gemeinschuldnerin als ihrer Mitgesellschafterin und konnte daher gegenüber dieser mit einer Schuld der Arbeitsgemeinschaft an sie grundsätzlich aufrechnen. Daß die übrigen Gesellschafter und so auch die damaligen Gesellschaftsvertreter der nunmehrigen Gemeinschuldnerin durch ihr konkludentes Verhalten dieser im Dezember 1981 vereinbarten künftigen Aufrechnung als Voraussetzung der Akontierung in Form einer Überzahlung zustimmten, haben die Unterinstanzen unter den vorliegenden Umständen ebenfalls zutreffend zugrundegelegt. Von einer Inkongruenz der durch die Aufrechnung erworbenen Deckung kann daher nicht die Rede sein. Durch die Zuwendung der Überzahlung haben die damaligen weiteren Gesellschaftsvertreter der nunmehrigen Gemeinschuldnerin auch das vollmachtslose Handeln ihres Gesamtprokuristen F*** vom Dezember 1981 im Sinne des § 1016 ABGB genehmigt (vgl. HS 150/54; HS 4072/66; 4 Ob 563-572/75 ua). Die vom Erstgericht festgestellte "nochmalige" Vereinbarung der Aufrechnung in der Firmenratssitzung vom 14.10.1983 ist für diese Beurteilung nicht mehr von Belang. Die Rekursausführungen des Klägers erweisen sich somit nicht als stichhältig, so daß seinem Rechtsmittel nicht Folge zu geben war.

Zum Rekurs der beklagten Parteien:

Das Berufungsgericht hat in den Gründen seiner Entscheidung den erstgerichtlichen Beschluß über die Zurückweisung der Einreden der Unzulässigkeit des Rechtsweges und des Prozeßhindernisses der Streitanhängigkeit bestätigt. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung ist diese Entscheidung für den Obersten Gerichtshof bindend und unanfechtbar (SZ 54/190; 1 Ob 663/85, 2 Ob 5/86; JBl 1953, 382 uva). Der Rekurs der beklagten Parteien war daher, soweit er sich auf diese Einreden bezieht, zurückzuweisen.

Die Rechtsansicht der beklagten Parteien, das vorliegende Klagebegehren sei verfehlt, weil nicht ein Rechtsgestaltungsanspruch, sondern ein Leistungsbegehren hätte erhoben werden müssen, übersieht die gegenteilige ständige Judikatur. Während der auf §§ 27 ff, 39 KO gestützte Anspruch, Rechtshandlungen den Gläubigern gegenüber unwirksam zu erklären, früher als Feststellungsanspruch qualifiziert wurde, wird nunmehr grundsätzlich ein Rechtsgestaltungsbegehren gefordert, wobei je nach den Umständen daneben auch noch ein Leistungsbegehren erhoben werden kann (5 Ob 605/80; MietSlg 33.795; SZ 54/153; JBl 1985, 494; 6 Ob 679/85 ua). Das vorliegende Klagebegehren ist daher nicht zu beanstanden.

Schließlich versagt auch der Einwand, der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 KO setze voraus, daß ein Konkursgläubiber Sicherstellung oder Befriedigung erlangt habe, die beklagten Parteien seien im Konkurs der Gemeinschuldnerin aber gar nicht als Konkursgläubiger aufgetreten. Der Anfechtung unterworfen sind nach dieser Gesetzesstelle nämlich die Sicherstellung einer Konkursforderung oder die Befriedigung einer Forderung, die mangels ihrer Tilgung bei Konkursbeginn Konkursforderung gewesen wäre (Petschek-Reimer-Schiemer 314). Die vom § 31 KO verlangte Deckung der Forderung eines "Konkursgläubigers" bedeutet lediglich, daß es sich nicht um die Deckung einer vom Konkurs ausgeschlossenen Forderung handeln darf (Bartsch-Pollak I 210). Hiezu zählen gemäß § 58 KO (früher § 57 KO) z.B. Geldstrafen, bestimmte Ansprüche aus Schenkungen usw. Somit erübrigt sich die von den beklagten Parteien begehrte Verfahrensergänzung.

Die Anfechtbarkeit der von den beklagten Parteien vorgenommenen Aufrechnung gemäß § 31 Abs 1 Z 2 KO wurde vom Berufungsgericht - im übrigen unbekämpft - zu Recht bejaht. Die Aufrechnung wirkt auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden (siehe die in Rummel ABGB Rz 11 und 14 zu § 1438 zitierte Lehre und Rechtsprechung). Im Zeitpunkt des Eintrittes dieser Aufrechnungslage erlöschen die Forderungen.

Vorliegendenfalls wurde die aus der Überzahlung stammende Forderung der Arbeitsgemeinschaft und der Gewinnausschüttungsanteil der nunmehrigen Gemeinschuldnerin am 14.10.1983 der Höhe nach einvernehmlich festgestellt. Die gegenseitigen Forderungen standen einander daher zu diesem Zeitpunkt erstmals aufrechenbar gegenüber. Diese einvernehmliche Festsetzung liegt zeitlich innerhalb der in § 31 Abs 4 KO genannten sechsmonatigen Frist, zumal diese Frist hier gemäß § 2 Abs 2 KO von der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens (18.10.1983) zu berechnen ist. Die vorliegende Aufrechnung ist somit allenfalls eine gemäß § 31 Abs 1 Z 2 KO anfechtbare Rechtshandlung (vgl. SZ 54/39). Im Sinne der berufungsgerichtlichen Aufträge wird daher vom Erstgericht das Vorliegen der weiteren Anfechtungsvoraussetzungen dieser Gesetzesstelle zu prüfen sein. Auch dem Rekurs der beklagten Parteien war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E12268

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00725.86.1110.000

Dokumentnummer

JJT_19871110_OGH0002_0020OB00725_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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