Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr. Issam K***, Facharzt, Wien 9., Alserstraße 18/21, und 2) Silvia K***, medizinisch-technische Assistentin, ebendort, beide vertreten durch Dr. Johannes Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Moses Q***, Pensionist, Wien 15., Sechshauserstraße 98 a, vertreten durch Dr. Nikolaus Siebenaller, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlich 873.711,54 S sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.Jänner 1987, GZ 1 R 266,267/86-26, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 5.September 1986, GZ 31 Cg 24/84-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung:
Die Kläger haben mit Kaufvertrag vom 10.8.1983 vom Beklagten die Liegenschaft EZ 409 Grundbuch Landstraße mit dem Haus Wien 3., Erdbergstraße 74, um den Kaufpreis von S 3,930.000,-- gekauft. Im Kaufvertrag erklärten die Kläger, die Kaufliegenschaft sei ihnen auf Grund eigener eingehender Besichtigung bekannt, diese werde daher so verkauft und übergeben, wie sie liege und stehe, ohne daß die beklagte Partei für einen bestimmten Zustand oder eine besondere Beschaffenheit... oder eine besondere Eigenschaft hafte. Es wurde festgehalten, daß für das Kaufobjekt keine Mietzinsreserve und keine Erhaltungskostenreserve vorhanden seien.
In ihrer am 3.2.1984 eingebrachten Klage behaupteten die Kläger, der Beklagte habe sie durch die Mitteilung über vorgenommene erhebliche Investitionen irregeführt. Eine Überprüfung der erst nach dem Kaufabschluß ausgehändigten zum Teil fingierten Rechnungsbelege habe ergeben, daß teilweie die Arbeiten nicht vorgenommen worden seien und die angegebenen Firmen nicht existierten. Im einzelnen habe der Beklagte die Kläger über nachstehende Rechnungen in Irrtum geführt, und sie nicht bezahlt, so daß nunmehr von ihnen die "behaupteten geleisteten Arbeiten aufzuwenden" seien:
a) Baumeisterarbeiten Fa. O*** S 503.870,--
b) Gasleitungsarbeiten Fa. L*** S 86.375,74
c) Kanalschachtarbeiten Fa. M*** S 50.731,--
d) Spenglerarbeiten Fa. L*** S 18.189,70
e) Überprüfung der Gaskellerleitung
Fa. G*** S 3.038,90
f) Glaserarbeiten Fa. S*** S 4.283,40
g) Instandsetzungsarbeiten nach
Rohrbruch Fa. V*** S 6.000,--
h) Planerstellung der nicht baube-
hördlich genehmigten Zusammen-
legungen S 60.000,--
i) Betriebs- und Hausabrechnungs-
prüfung für 1977 bis 1979 S 18.900,--
j) Notwendige Nachprüfung der
Rechnungen sowie Tätigkeit der neu
bestellten Hausverwaltung S 55.000,--
k) Mehraufwand für nunmehr baubehörd-
liche Verhandlungen und Gebühren S 5.000,--
l) Erneuerung der Keller- und Steig-
leitung Fa. Z*** S 117.322,80
insgesamt sohin S 928.711,54
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Der Beklagte habe weiters verschwiegen, daß schon mehrere baupolizeiliche Bescheide vorlägen, die jetzt teilweise zu Lasten der Kläger gingen, was einen derzeit nicht konkretisierbaren Mehraufwand bewirke, dessen Geltendmachung sich die klagenden Parteien vorbehielten.
In Kenntnis dieser Umstände sei der vereinbarte Kaufpreis überhöht, die Kläger begehrten daher aus dem Titel der Kaufpreisminderung wegen Irrtums und aus dem Titel des Schadenersatzes den Betrag von S 928.711,54.
In der Tagsatzung vom 29.5.1984 ergänzten die Kläger, daß die zu a bis d und l angeführten Rechnungen vom Beklagten als solche über geleistete und bezahlte Arbeiten bezeichnet worden seien (wobei aber die Rechnung zu l aus dem Jahr 1984 stammt). Die zu e bis h und k angeführten Beträge seien Kosten, die den Klägern dadurch entstanden, daß der Beklagte ohne baubehördliche Genehmigung Wohnungen zusammengelegt habe, weshalb der frühere Zustand wiederhergestellt werden müsse. Der Punkt i betreffe einen Betrag, den der Beklagte in die Betriebskostenabrechnung hineingenommen habe, obwohl es sich um Kosten einer privaten Betriebsprüfung gehandelt habe.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Teilbetrag zu j (S 55.000) zurück, weil es sich um vorprozessuale Kosten handle, für deren Geltendmachung der Rechtsweg nicht zulässig sei. Da das Rekursgericht diesen Beschluß bestätigte, trat in diesem Umfang Rechtskraft ein. Im übrigen wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:
Der Erstkläger hat die Kaufliegenschaft vor Abschluß des Vorvertrages besichtigt. Zwischen den Streitteilen fanden keine Gespräche über vom Beklagten durchgeführte Arbeiten statt. Es war nur generell von solchen Arbeiten die Rede, um darzutun, warum die Hauptmietzinsreserve nicht positiv sei. Auch über erfolgte Wohnungszusammenlegungen wurde nicht gesprochen. Die Unterlagen betreffend die Abrechnung erhielten die Kläger erst am Tag vor dem Abschluß des Kaufvertrages. Ihr Vertreter überprüfte sie nur rechnerisch. Die Kläger gingen dabei davon aus, daß die in den Rechnungen aufscheinenden Arbeiten auch durchgeführt wurden. Es ist nicht erwiesen, daß der Beklagte einen nicht prüfbaren Arbeitsumfang vortäuschte, oder daß der Umfang der vom Beklagten geleisteten Investitionen von Einfluß auf die Einigung über den Kaufpreis war. Ebenso wenig ist erwiesen, daß der Beklagte die Kläger über bestehende Bauaufträge irregeführt hätte. Möglicherweise hat der Beklagte teilweise unrichtige Rechnungen verrechnet. Von den zu den Positionen a bis d vorgelegten Rechnungen sind nur Leistungen im Wert von S 158.134,16 belegbar.
Auf Grund dieses Sachverhaltes war das Erstgericht der Ansicht, daß auf Gewährleistung verzichtet worden sei. Eine Irreführung oder Veranlassung eines Irrtums des Klägers sei nicht erwiesen. Ein Irrtum über die Berechnung der Mietzinsreserve könne von den Klägern nicht geltend gemacht werden, weil sie sich ausdrücklich mit einem Nullsaldo einverstanden erklärt hätten.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es vertrat, ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes und einigen aus den vorgelegten Urkunden und eingeholten Verwaltungsakten getroffenen zusätzlichen Feststellungen, im wesentlichen folgende Rechtsansicht:
Auf die Rechtsgründe der List oder des Schadenersatzes kämen die Kläger in der Berufung nicht mehr zurück, so daß dazu nicht Stellung zu nehmen sei.
Durch Äußerungen des Beklagten könnten die Kläger nicht in Irrtum geführt worden sein, weil solche Äußerungen über den Umfang geleisteter Arbeiten nicht abgegeben worden seien. Die Vorlage allenfalls unrichtiger Rechnungen sei nach dem Vorbringen der Kläger erst nach Abschluß des Kaufvertrages erfolgt und könne daher für den Willensentschluß der Kläger nicht kausal gewesen sein. Im übrigen seien die in diesen Rechnungen ausgewiesenen Arbeiten zumindest teilweise erbracht worden. Teilweise (Pos.c) handle es sich gar nicht um eine Rechnung, sondern nur um einen Kostenvoranschlag, teilweise (Pos.l) scheide die Veranlassung eines Irrtums aus, weil die Rechnung erst nach Kaufabschluß ausgestellt worden sei. Die Behauptung, die Kläger seien über den Erhaltungszustand in Irrtum geführt worden, werde im übrigen den Feststellungen des Erstgerichtes nicht gerecht.
Es sei zwar richtig, daß gegen den Beklagten schon mehrere baupolizeiliche Aufträge ergangen seien. Die Kläger hätten aber hiraus noch keine konkreten Ansprüche abgeleitet, sondern sich nur die spätere Geltendmachung eines entsprechenden Betrages vorbehalten. Die Auslagen zu den Pos. e bis h und k beträfen nach den Behauptungen der Kläger die ohne baubehördliche Genehmigung vorgenommenen Wohnungszusammenlegungen. Tatsächlich sei den Klägern von der Baubehörde auch die Wiederherstellung des früheren Zustandes aufgetragen worden. Die Kläger hätten aber nicht vorgebracht, daß,hiefür keine nachträgliche Baugenehmigung erwirkbar gewesen wäre. Es sei auch nicht erkennbar, was die Pos. zu e bis h und k damit überhaupt zu tun haben sollten. Die Rechnung zu Pos. e betreffe eine Überprüfung der Gasleitung, die Rechnung zu f beziehe sich auf Glaserarbeiten, die Rechnung zu g habe Instandsetzungsarbeiten nach einem Rohrbruch zum Inhalt. Worauf sich die Planungen zu Pos. h beziehen, sei nie verdeutlicht worden. Dasselbe gelte für die Pos. k.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist berechtigt.
Soweit die Revision unter dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO ausführt, das Berufungsgericht habe sich mit dem Inhalt der Berufungsschrift nicht auseinandergesetzt, ist nicht erkennbar, was damit gemeint sein soll. In der Berufung hatten die klagenden Parteien im wesentlichen geltend gemacht, das Erstgericht habe sich nicht mit dem Sachverständigengutachten auseinandergesetzt und nicht erkannt, daß die Kläger mit dem Nullsaldo der Mietzinsreserve nur einverstanden gewesen seien, weil ihnen ein unrichtiger Erhaltungszustand vorgespiegelt worden sei, und es habe zu Unrecht verneint, daß für die Kläger nicht erkennbar gewesen sei, daß noch umfangreiche Arbeiten zu tätigen seien und schon Aufträge der Baubehörde vorlägen. - Soweit sich die Feststellungen des Erstgerichtes auch auf das Sachverständigengutachten stützten, wurden sie vom Berufungsgericht übernommen. Konkrete Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes wurden in der Berufung aber nicht bekämpft. Es kann sich daher insgesamt nur darum handeln, daß die Vorinstanzen nicht noch zusätzliche Tatsachenfeststellungen getroffen haben, worauf erst bei der anschließenden Erledigung der Rechtsrüge einzugehen ist.
In rechtlicher Hinsicht vertreten die Revisionswerber zusammengefaßt die Ansicht, sie hätten sich beim Vertragsabschluß in einem Irrtum über die Beschaffenheit und den Erhaltungszustand der Kaufliegenschaft befunden, ohne diesen Irrtum hätten sie den Kaufvertrag nicht zu dem vereinbarten Kaufpreis abgeschlossen. Der Irrtum erfasse daher die gesamte Vereinbarung der Streitteile.
Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten: Durch die Vertragsklausel "besichtigt... so gekauft wie sie liegt....ohne Haftung für einen bestimmten Zustand...." wurde im Sinne des § 929 ABGB auf die Geltendmachung aller Mängel verzichtet, die - wenn auch nicht im Sinne de § 928 ABGB in die Augen fallend - durch eine ordnungsgemäße Untersuchung erkennbar gewesen wären (Ehrenzweig-Mayrhofer, SchR AllgT 435; HS 8329 ua). Beide von den klagenden Parteien jetzt ins Treffen geführten Mängel waren in diesem Sinne erkennbar. Die Kläger hätten die Rechnungen schon vor einer Einigung über den Kaufpreis prüfen können. Das Bestehen von Aufträgen der Baubehörde, das auch ein zivilrechtlich relevanter Mangel einer Sache sein kann (MietSlg.31.114), hätte durch eine Anfrage bei der Baubehörde festgestellt werden können. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen scheidet auch der Fall aus, daß die Gewährleistung trotz des sonst vereinbarten Gewährleistungsausschlusses deshalb geltend gemacht werden kann, weil der Verkäufer bestimmte Eigenschaften des Kaufgegenstandes zugesagt hat (SZ 49/124, SZ 53/37).
Trotz des Verzichtes auf Gewährleistung kann jedoch die klagende Partei Ansprüche wegen Irreführung oder Irrtums geltend machen (SZ 55/2). Allerdings hat gemäß § 901 ABGB ein Motivirrtum auf die Gültigkeit entgeltlicher Verträge keinen Einfluß. Gemäß § 871 Abs 1 ABGB ist daher nur der sogenannte Geschäftsirrtum beachtlich. Die Grenzen zwischen dem Motivirrtum und dem Irrtum über eine Eigenschaft der Sache, der Geschäftsirrtum ist, sind manchmal schwer zu ziehen (Koziol-Welser, Grundriß8 I 118). Im vorliegenden Fall haben die klagenden Parteien selbst wiederholt vorgebracht, daß sich die beiden schon angeführten Mängel ausschließlich auf den Wert der gekauften Sache auswirkten. Ein solcher Irrtum ist aber nach herrschender Ansicht grundsätzlich unbeachtlich (Koziol-Welser aaO 119; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 11 zu § 871; MietSlg.32.098 mwN). Bei einer anderen Auslegung wäre § 934 ABGB unverständlich, weil dann nicht nur die Verletzung über die Hälfte des gemeinen Wertes, sondern auch jedes geringere Abweichen vom gemeinen Wert anfechtbar wäre. Gerade bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluß entspräche es nicht der Billigkeit, den Verkäufer auf dem Umweg der Irrtumshaftung doch wieder mit dem Risiko einer Haftung für jeden Mangel der Sache ohne Vorliegen eines Verschuldens zu belasten. Eine Anfechtung wegen Irrtums scheidet damit aus.
Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann jedoch noch nicht abschließend beurteilt werden, ob der Beklagte die Kläger durch List iSd § 870 ABGB zum Abschluß des Kaufvertrages zum vereinbarten Kaufpreis veranalßt hat. Hier wäre auch ein bloßer Motivirrtum relevant (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 870 und dort angeführte Rechtsprechung).
Das Erstgericht hat eine Prüfung der List mit dem Argument unterlassen, die Streitteile hätten ausdrücklich vereinbart, daß die Mietzinsreserve einen Nullsaldo aufweise. Gerade die Einigung über diesen bei einem Zinshaus nicht unwesentlichen Vertragspunkt kann aber durch List des Klägers veranlaßt worden sein.
Richtig ist zwar, daß sich die Kläger in ihrer Klagserzählung nicht ausdrücklich auf den Rechtsgrund der List berufen haben. Immerhin haben sie aber vorgebracht, daß der Beklagte ihnen Rechnungen übergeben habe, die nicht vorgenommene Arbeiten ausgewiesen hätten, oder von nicht existierenden Firmen ausgestellt worden seien, und daß er sie dadurch in Irrtum geführt habe; es sei unrichtig, daß die vom Beklagten behaupteten Investitionen aus den Mietzinseinnahmen oder durch Eigenmittel des Beklagten finanziert worden seien, vielmehr habe der Beklagte offensichtlich zum Teil fingierte Rechnungen erstellen lassen; nur wegen der Behauptungen des Beklagten über die von ihm getätigten Investitionen sei es aber zur Feststellung im Vertrag gekommen, es bestehe keine Mietzinsreserve (Klage und Schriftsatz ON 4). Dieses Tatsachenvorbringen enthält mit ausreichender Deutlichkeit die Geltendmachung des Klagsgrundes der List (vgl. EvBl 1972/123, SZ 47/41).
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Kläger seien im Berufungsverfahren auf eine allfällige Vertragsanfechtung wegen List iSd § 870 ABGB nicht zurückgekommen, ist im Ergebnis nicht zutreffend. Auch in ihrer Berufungsschrift stützten sich die Kläger darauf, daß sie mit dem Nullsaldo bei der Mietzinsreserve nur unter der Voraussetzung einverstanden gewesen wären, daß die vom Beklagten angegebenen Erhaltungsarbeiten auch tatsächlich durchgeführt worden wären, und machten geltend, daß sie der Beklagte durch unrichtige Vorspiegelungen zur Einwilligung in den Vertrag gebracht habe. Die Kläger haben damit erkennbar auch im Berufungsverfahren den Rechtsgrund der List aufrechterhalten und weiter geltend gemacht. Die dazu bisher getroffenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes sind unklar, widersprüchlich und damit unzureichend:
Einerseits wird festgestellt, daß den Klägern am Tag vor dem Abschluß des Kaufvertrages "Unterlagen" (welche?) betreffend die Abrechnung (mit den Mietern? mit den Klägern? oder vielleicht nur für die vom Zeugen P*** erwähnten 200.000 S, die der Beklagte den Mietern für Investitionen vorgestreckt haben soll? nur die ebenfalls vom Zeugen P*** erwähnte Betriebskostenabrechnung?) ausgehändigt wurden und daß von in der Vergangenheit erbrachten Arbeiten am Haus vor Abschluß des Vertrages zwischen den Streitteilen überhaupt nicht bzw. nur "generell" (wie? in welchem Zusammenhang?) gesprochen worden sei. Weiters wird festgesstellt, daß von den Positionen a und d Aufwendungen in Höhe von 158.134,16 S getätigt worden seien (wobei offen bleibt, ob die Rechnungen zu Pos. a und d zu den schon vor Kaufabschluß übergebenen Unterlagen gehörten, und vor allem, welche Bewandtnis es mit den in diesen Rechnungen ausgewiesenen weit höheren Beträgen hat, ob diese Arbeiten nicht getätigt wurden, also teilweise fingierte Rechnungen vorliegen, oder ob mangels Deutlichkeit der Rechnungen ein Mehraufwand nur nicht nachweisbar ist). - Andererseits wird nicht als erwiesen angenommen, daß der Beklagte den Klägern einen nicht prüfbaren Arbeitsumfang vorgetäuscht habe.
Es muß daher Klarheit darüber geschaffen werden, ob der Beklagte die Kläger, wenn auch vielleicht nicht durch ausdrückliche Vorspiegelungen, so doch durch die Übergabe fingierter Rechnungen dazu veranlaßt hat, ein bestimmtes Abrechnungsverhältnis gegenüber den Mietern anzunehmen oder auf einen bestimmten Erhaltungszustand zu schließen.
Für den Fall einer in diesem Sinne anzunehmenden List des Beklagten muß geprüft werden, ob diese für die Erklärungen der Kläger, nämlich den Kaufabschluß zu einem bestimmten Preis, kausal war (Koziol-Welser aaO I 130).
Weiters muß dann untersucht werden, ob und in welchem Umfange die Voraussetzungen für eine Teilanfechtung oder sog Vertragsanpassung vorliegen. Bisher steht zwar fest, daß die möglicherweise getäuschten Kläger am Vertrag festhalten wollen, nicht aber, ob auch der Beklagte zu geänderten Bedingungen abgeschlossen hätte (vgl. dazu Rummel aaO Rz 7 zu § 870, SZ 50/35 und MietSlg 32.096/28). Der listig Irreführende kann dem Begehren des Vertragspartners auf angemessene Vergütung nach § 872 ABGB (Vertragsanpassung) die Einwendung, daß er den Vertrag anders nicht geschlossen hätte, allerdings nur entgegensetzen, wenn durch die begehrte Anpassung wesentliche Interessen auf seiner Seite beeinträchtigt wurden (WBl 1987, 68). Liegt etwa der vereinbarte Kaufpreis über dem Verkehrwert, so wäre es naheliegend, daß der Beklagte, dem an einem raschen Verkaufsabschluß lag, den Kaufvertrag auch zu einem entsprechend niedrigeren Kaufpreis abgeschlossen hätte. Wurde hingegen der Beklagte, der ursprünglich einen höheren Kaufpreis forderte, ohnedies zur Billigung eines unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreises veranlaßt, so könnte auch der Fall gegeben sein, daß der Beklagte zu einem niedrigeren Abschluß wegen Beeinträchtigung seiner wesentlichen Interessen keinesfalls bereit gewesen wäre. Hier fehlen bisher alle Feststellungen. Es geht nicht an, falls fiktive Rechnungen vorliegen sollten, schon die fiktiven Werte dieser Rechnungen als jenen Betrag anzusehen, um den der Kaufpreis herabzusetzen wäre, wie dies nach dem Aufbau der Klage den Vorstellungen der Kläger zu entsprechen scheint, sondern grundsätzlich ist nach der sog. relativen Berechnungsmethode der geminderte Preis zu ermitteln (vgl. Entsch. wie SZ 48/112, SZ 54/88). Sollte sich etwa die List des Beklagten nur auf die Mietzinsreserve bezogen haben, müßte demnach ein Verhältnis zwischen dem wirklichen Wert der Liegenschaft bei Bestehen der - der Höhe nach festzustellenden - wirklichen Mietzinsreserve und dem Wert der Liegenschaft ohne Mietzinsreserve, wie vorgetäuscht, gebildet werden und im selben Verhältnis der vereinbarte Kaufpreis auf den angepaßten Kaufpreis herabgesetzt werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E12766European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00542.87.1111.000Dokumentnummer
JJT_19871111_OGH0002_0030OB00542_8700000_000