Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** D***, Entwurf- und Planungsgesellschaft mbH, Wien 15., Löschenkohlgasse 26, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Günter E***, Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main 1, Mercatorstraße 33, vertreten durch Dr. Günter Harasser, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Räumung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 13. Mai 1987, GZ 2 a R 228/87-32, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 29. Dezember 1986, GZ 2 C 1430/85-22, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die klagende Partei errichtete auf ihrer Liegenschaft EZ 429 II KG Aurach mit dem Grundstück 1158/3 ein Wohnhaus mit 4 Wohnungen, die sie als Eigentumswohnungen anbot. Der Beklagte, der deutscher Staatsangehöriger ist, beabsichtigte, die südseitig gelegene Wohnung top.Nr. 1 im Parterre links zu erwerben. Um dem Beklagten den Erwerb unbeschadet der Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes zu ermöglichen, kaufte Berta M*** von der klagenden Partei mit Kaufvertrag vom 18. Jänner 1982 die entsprechenden Miteigentumsanteile an der Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum an der obgenannten Wohnung untrennbar verbunden ist, um 1,596.096 S. Nach der Vereinbarung des Beklagten mit Berta M*** erwarb Letztere die Miteigentumsanteile als Treuhänderin für den Beklagten, der auch den Kaufpreis an die klagende Partei bezahlte. Berta M*** räumte alle Rechte an dem Kaufobjekt, die keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfen, dem Beklagten ein und verpflichtete sich, bei Änderung der Gesetzgebung oder der Rechtsprechung der Grundverkehrsbehörde zur Eigentumsübertragung an den Beklagten. Mit letztwilliger Verfügung vom 18. Jänner 1982 vermachte sie ihre Miteigentumsanteile an der obgenannten Liegenschaft dem Beklagten, bei dessen Vorableben seinem Sohn Gerrit. Berta M*** erteilte ferner dem Beklagten eine Spezialvollmacht, ihre Miteigentumsanteile in ihrem Namen zu veräußern und zu belasten und alle Verfügungen zu treffen, wie sie einem Eigentümer zukommen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei vom Beklagten die Räumung der Eigentumswohnung. Die Rechtsgeschäfte seien zum Zwecke der Umgehung der Bestimmungen des Tiroler GVG über die Genehmigungspflicht des Liegenschaftserwerbes durch Ausländer abgeschlossen worden und daher als Umgehungsgeschäfte nichtig. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise die Verurteilung nur Zug um Zug gegen Zuspruch bestimmter Beträge und wendete Verjährung und Verwirkung des Anspruches der klagenden Partei ein. Nach seinem Standpunkt liege kein nichtiges Rechtsgeschäft vor.
Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren ohne Einschränkung statt. Es stellte über den oben dargestellten, unbestrittenen Sachverhalt hinaus fest, daß der Wille der Streitteile und der Berta M*** bei Abschluß des Kaufvertrages, der Treuhandvereinbarung, der Errichtung der letztwilligen Verfügung und der Erteilung der Spezialvollmacht darauf gerichtet war, dem Beklagten das sofortige und uneingeschränkte Eigentumsrecht an den Miteigentumsanteilen zu verschaffen. Weil dies aufgrund der Bestimmungen des Tiroler GVG nicht möglich war, wählten die Beteiligten die vorliegende Vertragskonstruktion, zumal das Tiroler GVG in seiner im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge geltenden Fassung den Eigentumserwerb des Beklagten im Erbwege ohne grundverkehrsbehördliche Genehmigung ermöglichte.
Das Erstgericht schloß sich der Rechtsansicht der klagenden Partei an, daß die Rechtsgeschäfte als Umgehungsgeschäfte nichtig seien.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.
Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, die Nichtigkeit der Rechtsgeschäfte sei eine absolute Nichtigkeit. Das Fehlen eines gültigen Titels für den Eigentumserwerb durch Berta M*** habe unbeschadet der grundbücherlichen Eintragung einen Rechtsübergang auf Berta M*** verhindert. Die Einverleibung des Eigentumsrechtes ohne Rechtstitel verschaffe kein Eigentum. Die klagende Partei sei daher berechtigt, die Räumung der Eigentumswohnung durch den Beklagten zu begehren. Dem Beklagten stehe jedoch wegen seines Anspruches auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Sache ein Zurückbehaltungsrecht zu. Bei Ungültigkeit eines Rechtsgeschäftes seien die beiderseitigen Rückforderungsansprüche nämlich Zug um Zug zu erfüllen. Zu dem ersatzpflichtigen Aufwand gehörten nicht nur die zur Erlangung der Sache gemachten Auslagen, sondern auch die Aufwendungen für die Erhaltung und Verbesserung der Sache. Ein Fall des § 1440 zweiter Satz ABGB, der eine Zurückbehaltung ausschließe, liege nicht vor. Grundsätzlich könnten zwar öffentliche Interessen in analoger Anwendung der genannten Bestimmung ein Zurückbehaltungsverbot rechtfertigen, der Normzweck des Tiroler GVG stehe jedoch einer Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes nicht entgegen. Da der Beklagte seinen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen geltend gemacht habe, das Erstgericht darüber jedoch keine Feststellungen getroffen habe, sei das Verfahren in diesem Umfang ergänzungsbedürftig.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz erhobene Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen über die Nichtigkeit der von den Beteiligten gewählten Vertragskonstruktion bei Veräußerung der Eigentumswohnung, dessen Räumung von der klagenden Partei begehrt wird, entspricht der Lehre und Rechtsprechung. Nach § 879 Abs 1 ABGB ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Bei Verstößen gegen solche Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, ist die Rechtsfolge der Nichtigkeit eine absolute. Sie ist von Amts wegen wahrzunehmen, einer besonderen Anfechtung bedarf es nicht (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 248 zu § 879; Koziol-Welser8 I 140; SZ 23/372). Von dieser Nichtigkeit sind auch Umgehungsgeschäfte erfaßt, die gegen das Verbot zwar nicht "dem Buchstaben des Gesetzes nach" verstoßen, im Ergebnis aber doch den Zweck des Gesetzesverbotes vereiteln. Dazu gehören insbesondere auch rechtsgeschäftliche Bemühungen, das Erfordernis der Genehmigung des Grunderwerbes durch Ausländer zu umgehen, weil sie den betreffenden Gesetzeszwecken widersprechen (Krejci aaO Rdz 37 und 42; Gschnitzer in Klang2 VI/1 185; RdW 1984, 10; JBl. 1980, 430 mwN; 4 Ob 548/73). Nach § 3 Abs 1 lit. a des Tiroler GVG (auch in der im Zeitpunkt des Abschlusses der Rechtsgeschäfte zwischen den Beteiligten geltenden Fassung) bedarf der Eigentumserwerb durch Personen, die dem Kreis des § 1 Abs 1 Z 2 angehören, der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde. Wird die Zustimmung versagt, ist der Rechtserwerb nichtig. Die Umgehung dieses Gesetzes ist gemäß § 19 strafbar. Die rechtsgeschäftlichen Bemühungen aller Beteiligten waren im vorliegenden Fall gerade darauf gerichtet, die nach den Bestimmungen des Tiroler GVG erforderliche behördliche Genehmigung des Grunderwerbes durch den Beklagten als Ausländer zu umgehen. Auf eine spezielle Umgehungsabsicht der Beteiligten kommt es entgegen der Meinung des Beklagten nicht an, weil für die Nichtigkeit des Umgehungsgeschäftes die Gesetzesverletzung genügt (Krejci aaO Rdz 40). Zu Unrecht beruft sich der Beklagte auch darauf, daß er, wie eine Vielzahl anderer deutscher Staatsangehöriger, in den Rechtsgeschäften einen zulässigen Erwerb erblickt habe, weil der Erwerb im Erbwege im Zeitpunkt des Abschlusses der Rechtsgeschäfte nicht genehmigungspflichtig gewesen sei. Der Beklagte verkennt offensichtlich das Wesen des Umgehungsgeschäftes, das gerade darin liegt, daß Gesetzesbestimmungen zwar formal beachtet werden, aber dennoch der Zweck eines gesetzlichen Verbotes durch das Rechtsgeschäft vereitelt wird (vgl. Gschnitzer aaO). Auch das Verhalten der Behörden, auf das sich der Beklagte beruft, steht der Qualifikation der Rechtsgeschäfte als absolut nichtige Geschäfte nicht entgegen. Die Behandlung des Beklagten durch die Finanzbehörde erfolgte nach steuerrechtlichen Bestimmungen und ist für die privatrechtliche Beurteilung der Rechtsgeschäfte unerheblich. Aus den für die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den vorgeschobenen Käufer erforderlichen Urkunden ergibt sich im Regelfall nicht das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes, sodaß aufgrund der formal einwandfreien Urkunden die Eintragung des Eigentumsrechtes gar nicht verweigert werden hätte können. Nicht anders verhält es sich bei der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Vermächtnisnehmers. Aus dem Schreiben der Grundverkehrsbehörde vom 5. November 1984, Beilage 5, ergibt sich keineswegs, daß diese Behörde den Grunderwerb durch Ausländer im Wege der auch im vorliegenden Fall gewählten Vertragskonstruktion billigte. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Es führten auch die beobachteten, den Gesetzeszweck des Tiroler GVG vereitelnden rechtsgeschäftlichen Bemühungen zur Novellierung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes dahingehend, daß nunmehr auch der Rechtserwerb durch Erben oder Vermächtnisnehmer nach § 3 Abs 2 leg. cit. von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf.
Die Nichtigkeit der Rechtsgeschäfte hat, wie bereits das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, zur Folge, daß die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Berta M*** keinen Eigentumsübergang begründete, weil der Mangel eines gültigen Titels die Nichtigkeit der Einverleibung bewirkt (JBl. 1968, 475; EvBl. 1966/397). Auf die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes infolge Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot kann sich auch der Vertragspartner berufen, der die Nichtigkeit bei Vertragsabschluß gekannt hat, weil anders der Zweck solcher Verbotsnormen kaum zu erreichen wäre (SZ 52/52; vgl. auch Koziol-Welser aaO 400). Der Standpunkt des Beklagten, daß die klagende Partei zur Geltendmachung der Nichtigkeit und der daraus ableitbaren Ansprüche nicht berechtigt sei, ist daher unrichtig.
Da nach herrschender Ansicht die Bestimmungen des § 877 ABGB auf alle ungültigen, insbesondere auch auf verbotene Geschäfte anzuwenden sind (Rummel in Rummel ABGB, Rdz 2 zu § 877; JBl. 1987, 513), hat derjenige, der die Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes wegen Nichtigkeit infolge Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot verlangt, auch alles das zurückzustellen, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat. Mangels eines eigenen Regelungsgehaltes des § 877 ABGB richten sich die einzelnen Rechtsfolgen nach Kondiktionsrecht (JBl. 1987, 513; RdW 1984, 9; Rummel aaO Rdz 5) und verjähren innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren (Koziol-Welser aaO 140). Zutreffend hat daher auch das Berufungsgericht den Verjährungseinwand des Beklagten als unberechtigt erkannt.
Wie der erkennende Senat erst kürzlich (JBl. 1987, 513) ausgesprochen hat, ist bei Beurteilung von Kondiktionsansprüchen aus entgeltlichen Rechtsgeschäften, bei denen die Leistungen Zug um Zug bereits ausgetauscht wurden, davon auszugehen, daß dem Leistungsaustausch die Annahme einer beiderseitigen Äquivalenz der Leistungen durch die Parteien zugrundeliegt. Bei der Rückabwicklung sind daher die redlichen Vertragspartner nicht zur Erstattung der von ihnen gezogenen Früchte und Nutzungen verpflichtet. Nichts anderes kann auch im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien eines Rechtsgeschäftes gelten, das zur Umgehung eines gesetzlichen Verbotes abgeschlossen und bei dem der Leistungsaustausch jedenfalls faktisch vollzogen wurde. Leistung und Gegenleistung entsprachen den Äquivalenzvorstellungen der Parteien, ein durch den Leistungsaustausch erlangter Besitz ist zwar nicht rechtmäßig, weil er nicht auf einem zur Erwerbung des Rechtes tauglichen Titel beruhte, keine der Parteien mußte jedoch davon ausgehen, daß sie durch ihren Besitz die Rechte des anderen verletzt. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß die klagende Partei zwar die Räumung der Eigentumswohnung durch den Beklagten, nicht aber auch ein Entgelt dafür verlangen kann, daß der Beklagte die Wohnung benützte. Die klagende Partei hat den tatsächlich bezahlten Kaufpreis zurückzuerstatten, nicht aber eine Wertsteigerung der Eigentumswohnung zu vergüten. Ist der Kaufvertrag über eine Liegenschaft nie wirksam zustandegekommen, hat der Käufer keinen Anspruch auf eine Teilnahme an der bis zur Rückabwicklung eingetretenen Wertsteigerung der Liegenschaft (JBl. 1987, 513). Über den bezahlten Kaufpreis hinaus hat der Beklagte aber Anspruch auf Aufwandersatz nach den Regeln des § 331 ABGB. Beizupflichten ist dem Berufungsgericht im Ergebnis darin, daß die beiderseitigen Rückforderungsansprüche nur Zug um Zug erfüllt zu werden brauchen (MietSlg. 30.114/33; Koziol-Welser aaO 404; Rummel aaO Rdz 4). Die klagende Partei verweigert auch nicht jegliche Gegenleistung, sondern bestreitet lediglich deren Berechtigung und Höhe (vgl. hiezu Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 17 zu § 1052). Die Bestimmungen des Tiroler GVG stehen aber entgegen der Meinung der klagenden Partei einer Zug-um-Zug-Verurteilung nicht entgegen. Im § 3 Abs 1 leg. cit. werden die Fälle des Rechtserwerbes aufgezählt, die der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedürfen. In Ansehung von Personen, die dem Personenkreis des § 1 Abs 1 Z 2 angehören, fallen unter die Genehmigungspflicht nicht nur der Eigentumserwerb, sondern auch die Bestandgabe von Grundstücken und jede Art der Begründung der Dienstbarkeit der Wohnung oder eines Gebrauchsrechtes an Grundstücken sowie die sonstige Überlassung der Benutzung von Grundstücken, sofern durch die Überlassung dem Benützer eine ähnlich rechtliche und tatsächliche Stellung gegeben werden soll wie einem Eigentümer oder Dienstbarkeitsberechtigten. Eine solche Rechtsstellung erlangt der Beklagte jedoch nicht dadurch, daß seine Räumungspflicht nur Zug um Zug gegen Befriedigung seiner Rückforderungsansprüche erfüllt zu werden braucht. Da die vom Beklagten unter dem Rechtsgrund des Aufwandersatzes geltend gemachten Teilansprüche vom Erstgericht ungeprüft blieben und die Voraussetzungen nach § 496 Abs 3 ZPO nicht vorliegen, hat das Berufungsgericht dem Erstgericht zu Recht eine Verfahrensergänzung aufgetragen. Eine Stellungnahme zu den einzelnen Aufwandersatzansprüchen des Beklagten erübrigt sich im derzeitigen Verfahrensstadium.
Demgemäß ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E12848European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00669.87.1112.000Dokumentnummer
JJT_19871112_OGH0002_0070OB00669_8700000_000