Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton S***, Kraftfahrer, Oberweisburg 114, 5582 St. Michael, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Manfred B***, Rechtanwalt,
4541 Altenmarkt 155, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Reinfried P***, Sägewerksbesitzer, 5582 St. Michael, wegen Feststellung einer Konkursforderung (S 147.384,17) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17. Oktober 1986, GZ 5 R 136/86-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15. April 1986, GZ 8 a Cg 45/85-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.225,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 565,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 10. Juli 1985 (S 46/85) wurde über das Vermögen Reinfried P***, Sägewerksbesitzer in 5582 St. Michael im Lungau, der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Der Kläger war bis zum 30. November 1984 im Betrieb Reinfried P*** beschäftigt. Die von Anton S*** im Konkurs mit (letztlich) S 189.369,41 angemeldete Forderung wurde mit S 41.985,24 festgestellt und im darüber hinausgehenden Ausmaß bestritten. Mit der am 19. November 1985 beim Erstgericht erhobenen Klage begehrte Anton S*** gegenüber dem Beklagten die Feststellung einer restlichen Forderung des Klägers in der Höhe von S 147.384,17 netto als Konkursforderung. Er sei beim Gemeinschuldner vom 1. Juli 1957 bis 30. November 1984 ununterbrochen als Kraftfahrer beschäftigt gewesen und habe daher einen Abfertigungsanspruch in Höhe von zwölf Monatsgehältern und nicht nur im anerkannten Ausmaß von drei Monaten. Im Jahr 1975 sei es zwar zu einer Unterbrechung der Dienstleistung des Klägers gekommen, weil damals keine Arbeit vorhanden gewesen sei, das Dienstverhältnis sei aber nicht einvernehmlich aufgelöst worden, sondern der Gemeinschuldner habe die gesamte Belegschaft nach Hause geschickt und versprochen, sie im Mai 1975 wieder anzustellen, was auch geschehen sei. Damit seien unmittelbar aneinander anschließende Dienstverhältnisse gegeben.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es liege keine durchgehende Beschäftigung bei ein und demselben Dienstgeber vor; außerdem sei das Dienstverhältnis vom 8. April 1975 bis 4. Mai 1975 wegen einer Betriebsunterbrechung unterbrochen gewesen. Diese vollständige Betriebseinstellung mit Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses sei zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer einvernehmlich erfolgt; während dieser Zeit habe der Kläger Arbeitslosenunterstützung bezogen. Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses seien gemäß § 17 Abs 2 des Kollektivvertrages für Arbeiter in der Sägeindustrie nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie in der Zeit vom 15. November bis 15. April eingetreten seien. Da die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses des Klägers über die im Kollektivvertrag genannte Endfrist hinaus noch etwa 3 Wochen angedauert habe, sei für die Bemessung der Abfertigung nur der Zeitraum vom 5. Mai 1975 bis 30. November 1985 maßgebend, so daß dem Kläger eine Kündigungsentschädigung - nicht wie im Konkurs angemeldet für 4 Wochen, sondern - nur für 3 Wochen und eine Abfertigung nur in der Höhe von 3 Monatsbezügen - nicht jedoch in der Höhe von 12 Monatsbezügen - zustehe.
In der Tagsatzung vom 6. Februar 1986 brachten die Streitteile übereinstimmend vor, daß die angemeldeten Ansprüche für den Fall, als eine durchgehende Beschäftigung ab 1. Juli 1957 angenommen werde, der Höhe nach zu Recht bestünden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen:
Der Kläger begann am 1. Juli 1957 als Sägearbeiter in dem Sägebetrieb S***-P***, an dem Kaspar S*** und der Vater des Gemeinschuldners im Verhältnis 60 : 40 beteiligt waren. Ab 1963 war der Gemeinschuldner stiller Teilhaber mit seinem Vater; später übernahm er den Betrieb allein. Die Dienstnehmer, darunter auch der Kläger, wurden jeweils übernommen. Ab 1960 hatte der Kläger als Kraftfahrer gearbeitet. Anfang April 1975 war im Lungau so viel Schnee gefallen, daß zum Sägewerk des Gemeinschuldners keine Zufuhr von Holz mehr möglich war. Der nachmalige Gemeinschuldner machte daher den damals etwa 15 oder 16 Dienstnehmern den Vorschlag, sie sollten jetzt Arbeitslosenunterstützung beziehen, und er werde sie wieder holen, wenn das Wetter sich beruhigt habe. Damit war auch der Kläger einverstanden und es wurde gemeinsam mit dem Gemeinschuldner die Meldung an das Arbeitsamt für den Bezug der Arbeitslosenunterstützung abgefaßt. Mit 4. Mai 1975 nahmen der Kläger und die anderen Dienstnehmer die Tätigkeit im Sägewerksbetrieb wieder auf. In der Zeit vom 8. April bis 4. Mai 1975 wurde aus den genannten Gründen keine Arbeitsleistung beim Gemeinschuldner erbracht und vom Kläger Arbeitslosenunterstützung bezogen. Bei der Berechnung der Urlaubsansprüche und der Sonderzahlungen blieb der arbeitsfreie Zeitraum 8. April bis 4. Mai 1975 unberücksichtigt. Auf Antrag des Gemeinschuldners wurde dem Kläger am 17. Dezember 1982 von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg eine Ehrenurkunde für ununterbrochene 25jährige treue Dienstleistung im Betrieb Reinfried P*** überreicht. Mit Schreiben vom 12. Jänner 1985 machte der Österreichische Gewerkschaftsbund gegenüber dem Gemeinschuldner auch für den Kläger schriftliche Ansprüche auf Kündigungsentschädigung von vier Wochenlöhnen und Abfertigung im Ausmaß von 12 Monatsbezügen zuzüglich aliquoter Sonderzahlung geltend. Diese Ansprüche wurden mit Schreiben vom 1. April 1985 wiederholt.
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß gemäß § 17 Abs 2 des Kollektivvertrages für Arbeiter in der Sägeindustrie für die Bemessung des Abfertigungsanspruches Zeiten eines Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber, die keine längeren Unterbrechungen als jeweils 90 Tage und für Unterbrechungen ab 15. November 1983 jeweils 120 Tage aufweisen, zusammenzurechnen seien, wenn diese Unterbrechungen in der Zeit vom 15. November bis 15. April eingetreten seien. Die gegenständliche Unterbrechung vom 8. April bis 4. Mai liege mit ihrem Ende außerhalb dieses Zeitraumes, sodaß eine Zusammenrechnung im Sinne des Kollektivvertrages nicht stattzufinden habe. Entscheidend sei aber, daß es sich nach der zwischen dem Kläger und seinem damaligen Dienstgeber getroffenen Vereinbarung nur zum Schein um eine Unterbrechung des Dienstverhältnisses gehandelt habe, um - wenn auch
rechtswidrig - Ansprüche gemäß § 12 Abs 1 AlVG 1977 geltend machen zu können. Diese Vereinbarung sei voll im Interesse des damaligen Dienstgebers und nunmehrigen Gemeinschuldners gelegen gewesen, weil der Kläger und die anderen Dienstnehmer bereit gewesen seien, weiterhin Arbeitsleistungen zu erbringen und es dann Sache des Gemeinschuldners gewesen wäre, sie in irgendeiner Weise trotz des Fehlens von zu verarbeitendem Rundholz zu beschäftigen. Im Sinne der Rechtsprechung zu den Kettenarbeitsverhältnissen liege daher in einem solchen Fall trotz einer kurzfristigen Unterbrechung der tatsächlichen Arbeitsleistung ein einheitliches Arbeitsverhältnis vor (Arb. 10.383 = ZAS 1985/15). Die weitere Voraussetzung eines Abfertigungsanspruches nach § 17 Abs 2 des genannten Kollektivvertrages, nämlich das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber, sei dadurch erbracht, daß die Dienstnehmer, darunter auch der Kläger, jeweils vom neuen Betriebsinhaber übernommen worden seien und damit eine stillschweigende Anrechnung von Vordienstzeiten stattgefunden habe, die sich mangels abweichender Vereinbarung auch auf das Ausmaß des Urlaubs und der Abfertigung erstrecke (Arb. 6907). Da somit die durchgehende Beschäftigungsdauer des Klägers ab 1. Juli 1957 bis 30. November 1984 vorliege und eine rechtswirksame Unterbrechung zu verneinen sei, sei dem Feststellungsbegehren vollinhaltlich stattzugeben gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten (im Hinblick auf die in der Berufungsverhandlung einvernehmlich vorgenommene Berichtigung eines Additionsfehlers) teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es eine restliche Abfertigungs- und Kündigungsentschädigungsforderung des Klägers in der Höhe von S 147.284,17 netto in der allgemeinen Konkursklasse als zu Recht bestehend feststellte und das Mehrbegehren auf Feststellung einer weiteren Forderung von S 100,-- netto abwies. Die Revision ließ es nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu.
Vom festgestellten Sachverhalt ausgehend müsse gesagt werden, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers weder einseitig durch den Gemeinschuldner noch einvernehmlich von beiden Parteien des Arbeitsvertrages aufgelöst worden sei. Die Parteien hätten vielmehr ein teilweises Ruhen der beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis bei Aufrechterhaltung seines Bestandes vereinbart. Der Kläger sei für die Dauer dieses Ruhens nicht verpflichtet gewesen, eine Arbeitsleistung für den Gemeinschuldner zu erbringen, dieser hingegen sei nicht zur Lohnzahlung verpflichtet gewesen (vgl. ZAS 1986/19). Es habe sich also bei der Anfang April 1985 zwischen dem Kläger und dem Gemeinschuldner getroffenen Vereinbarung um einen arbeitsrechtlichen Aussetzungsvertrag gehandelt, weil die Parteien lediglich ein (teilweises) Ruhen der beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis bei Aufrechterhaltung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses gewollt hätten (vgl. Praxmarer,
Der Aussetzungsvertrag aus arbeitsrechtlicher Sicht, DRdA 1986, 21 ff; Ruggaldier, Grenzen und Möglichkeiten der Aussetzung des Arbeitsvertrages, DRdA 1986, 274 ff, und die weitere jeweils in FN 1 zitierte Literatur). Dafür spreche zunächst die Tatsache, daß die Parteien das "unterbrochene" Arbeitsverhältnis nicht abgewickelt hätten (Sonderzahlungen oder Urlaubsgeld seien auch um die Zeit der Unterbrechung nicht gekürzt worden). Die bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses fälligen Zahlungen, insbesondere die Urlaubsentschädigung, die Abfertigung und die anteiligen Sonderzahlungen seien nicht geleistet und die entsprechende Endabrechnung sei nicht ausgehändigt worden. Die Meldung an das Arbeitsamt für den Bezug der Arbeitslosenunterstützung stelle eine bloße Wissenserklärung dar und erlaube keine eindeutigen Rückschlüsse auf den Geschäftswillen der Parteien. Für die Beurteilung der Vereinbarung als Aussetzungsvertrag spreche weiters, daß die Parteien die Wiederaufnahme der Arbeit nach Wetterberuhigung (Schneeschmelze) vereinbart hätten: Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis habe damit nach Ablauf dieser Zeitspanne ohne Modifikationen fortgesetzt werden sollen. Die den Beweggrund einer Unterbrechungsvereinbarung darstellende Intention der Parteien, dem Arbeitnehmer den Genuß von Arbeitslosengeld zu ermöglichen, setze nicht unbedingt den Willen der Parteien voraus, das Arbeitsverhältnis zu lösen (Runggaldier in ZAS 1986, 135 f, Komm. zu ZAS 1986/19). Sei aber keine gänzliche Beendigung des Dienstverhältnisses, sondern vielmehr eine bloße bis auf weiteres ausgesprochene Suspendierung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag (Karenzierung) gewollt gewesen, die primär aus betriebstechnischen und wirtschaftlichen Gründen erfolgt sei und bei der der Arbeitgeber das Ziel verfolgt habe, sich die Arbeitskraft des Arbeitnehmers auch in Zukunft zu erhalten (vgl. Schima in ZAS 1986, 61 Komm. zu ZAS 1986/8), dann sei dem Erstgericht beizupflichten, daß eine die Rechte des Klägers schmälernde Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses nicht eingetreten sei, ohne daß auf die Zusammenrechnungslegung des § 17 Abs 2 des Kollektivvertrages für Arbeiter in der Sägeindustrie zurückgegriffen werden müsse. Zu Unrecht bekämpfe der Berufungswerber auch die Ansicht des Erstgerichtes, die Dienstnehmer, darunter auch der Kläger, seien jeweils vom neuen Betriebsinhaber übernommen worden, damit habe eine stillschweigende Anrechnung von Vordienstzeiten stattgefunden, die sich mangels abweichender Vereinbarung auch auf das Ausmaß des Urlaubs und der Abfertigung erstrecke. Die Anrechnung der beim Betriebs-(Unternehmens)Vorgänger zugebrachten Dienstzeiten werfe besondere Probleme auf, weil das österreichische Recht keine Norm enthalte, die den automatischen Eintritt des Betriebsnachfolgers in bestehende Arbeitsverhältnisse anordne. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses bzw. die Anrechnung der beim Vorgänger erworbenen Anwartschaften sei daher ein rein rechtsgeschäftliches Problem (Migsch Abfertigung für Arbeiter und Angestellte Rdz 234). Als Indiz für die konkludente Übernahme der Vertragsverhältnisse werde die Fortführung des Unternehmens bei gleichzeitig unveränderter Beschäftigung des Arbeitsnehmers betrachtet (vgl. Arb. 8.255). Im vorliegenden Fall sei bedeutsam, daß der Kläger im Jahr 1957 als Sägearbeiter in einem Betrieb zu arbeiten begonnen habe, an dem bereits der Vater des Gemeinschuldners beteiligt gewesen sei; ab 1963 sei der Gemeinschuldner selbst stiller Teilhaber mit seinem Vater gewesen. Später habe der Gemeinschuldner den Betrieb allein übernommen. Sämtliche Dienstnehmer, darunter auch der Kläger, seien jeweils übernommen worden. In ständiger Rechtsprechung sei dem Betriebsnachfolger die Obliegenheit auferlegt worden, sich gegen die Übernahme der beim Vorgänger erworbenen Anwartschaften zu verwahren, widrigenfalls ihm deren Übernahme konkludent zugerechnet werde (Klarstellungsobliegenheit) (vgl. Migsch aaO 240 mit Judikaturhinweisen). Durch die Übernahme werde nämlich ein Rechtsschein geschaffen, den es zu widerlegen gelte (SZ 10/247; Arb. 7.237 und 8.255; ZAS 1968/8 mit kritischem Kommentar von Schima). Im vorliegenden Fall fehle nicht nur ein ausdrücklicher Vorbehalt, die Vordienstzeiten nicht anzurechnen, dem Kläger sei vielmehr von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg am 17. Dezember 1982 "in Anerkennung einer ununterbrochenen 25jährigen treuen Dienstleistung im Betriebe Reinfried P*** die Mitarbeiter-Medaille" verliehen worden (Blg./B), eine Ehrung, die zweifellos nicht ohne Mitwirkung des Gemeinschuldners habe zustandekommen können. Das Erstgericht habe daher zutreffend sämtliche Dienstzeiten des Klägers seit 1957 zusammengerechnet. Gemäß Art. I § 2 Abs 1 ArbAbfG gebühre dem Arbeitnehmer bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfertigung; auf diese seien die §§ 23 und 23 a AngG sinngemäß anzuwenden. Das ArbAbfG sei am 1. Juli 1979 in Kraft getreten. Obwohl eine Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen vor dem 1. Juli 1979 nutzlos gewesen sei, entbehre das Gesetz nicht der Rückwirkung. Sie betreffe jedoch nicht den Anspruchserwerb, sondern jenen der Anwartschaften: Auch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegende Dienstzeiten wirkten anwartschaftsbegründend und könnten der Begründung und Bemessung von Ansprüchen zu Grunde gelegt werden, die erst am 1. Juli 1979 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstanden seien oder entstünden (Migsch aaO Rdz 415). Die vom Berufungswerber zitierte Entscheidung Arb. 4.423 habe Dienstzeiten betroffen, die im Ausland zurückgelegt worden seien, sie sei daher auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden. Der Berufung sei daher im wesentlichen ein Erfolg zu versagen gewesen. Da die Parteien in Korrigierung eines Additionsfehlers in der mündlichen Berufungsverhandlung die Gesamtforderung der Höhe nach mit S 147.284,17 außer Streit gestellt hätten, habe in teilweiser Stattgebung der Berufung das auf Feststellung einer Teilforderung von S 100,-- gerichtete Mehrbegehren abgewiesen werden müssen.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß Fragen im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Aussetzungsverträgen und der Anrechnung von Vordienstzeiten bei der Abfertigung für Arbeiter in der Judikatur bisher nicht einhellig beantwortet worden seien. Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz in seinen stattgebenden Teil richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Vorerst ist festzuhalten, daß die hier geltend gemachten Ansprüche des Klägers im Revisionsverfahren dem Grunde nach nicht mehr strittig sind. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Frage, ob dem Kläger die Vordienstzeiten, die er in dem vom Gemeinschuldner geführten Unternehmen bei dessen Rechtsvorgängern zurückgelegt hat, anzurechnen sind, und ob es in der Zeit vom 8. April 1975 bis 4. Mai 1975 zu einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses des Klägers gekommen ist.
Was die Anrechnung von Vordienstzeiten des Klägers in dem vom Gemeinschuldner übernommenen Unternehmen anlangt, so haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt, daß es sich dabei mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung um ein Problem rechtsgeschäftlicher Vereinbarung handelt; im Falle des Fehlens einer ausdrücklichen Vereinbarung mit dem Betriebsnachfolger hängt die Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten im übernommenen Unternehmen somit letztlich davon ab, ob darüber eine konkludente Vereinbarung zwischen den Vertragsteilen zustande gekommen ist
(§ 863 Abs 1 ABGB). Als Indiz für die konkludente Übernahme des Arbeitsverhältnisses eines im übernommenen Unternehmen (Betrieb) beschäftigten Arbeitnehmers durch den Unternehmens-(Betriebs-)Übernehmer wurde in der Rechtsprechung wiederholt der Umstand gewertet, daß der neue Unternehmer das Unternehmen (den Betrieb) bei gleichzeitig unveränderter Beschäftigung der Arbeitnehmer fortführt
(vgl. Arb. 7237 = JBl 1961, 163; Arb. 8255 = EvBl 1967/56 ua). Dies war hier der Fall. Der Kläger war im Sägewerksbetrieb ab dem Jahr 1960 als Kraftfahrer beschäftigt. Als der Gemeinschuldner den Betrieb übernahm, wurde der Kläger in seiner bisherigen Tätigkeit unverändert weiter verwendet. Von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses war keine Rede. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verwiesen, wonach dem Unternehmens-(Betriebs-)Nachfolger die Obliegenheit auferlegt wird, sich gegen die Übernahme der von den im übernommenen Unternehmen (Betrieb) Beschäftigten bei seinem Rechtsvorgänger erworbenen Anwartschaften durch einen entsprechenden Vorbehalt zur Wehr zu setzen, widrigenfalls ihm die Übernahme dieser Arbeitsverhältnisse und damit auch der entsprechenden Anwartschaften konkludent zugerechnet wird (vgl. Adler-Höller in Klang2 V, 248; Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte, Rdz 240; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 23 zu § 863; SZ 10/274; SZ 19/145; Arb. 7031, 7237 = JBl 1961, 163; Arb. 8255 ua). Nach der für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Prozesses maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage hat der Gemeinschuldner, als er den Sägewerksbetrieb übernahm und unverändert fortführte, hinsichtlich der Arbeitnehmer im Betrieb keinerlei Vorbehalte gesetzt. Daß es zur Zeit der Übernahme des Unternehmens durch den nunmehrigen Gemeinschuldner noch keinen gesetzlichen Abfertigungsanspruch für den Kläger gab, ist entgegen den Ausführungen des Beklagten in der Revision rechtlich unerheblich. Die erwähnte Rechtsprechung über die konkludente Anrechnung von Vordienstzeiten wurde nämlich vom Obersten Gerichtshof generell entwickelt (vgl. Arb. 7683, 9014); die Höhe der Abfertigung stellt außerdem bloß eine der später relevant gewordenen Folgen der Dauer des Arbeitsverhältnisses dar. Es genügt daher, daß die Konkludenz die Übernahme des Arbeitsverhältnisses betraf, sie mußte nicht auch alle Rechtsfolgen umfassen. In der Annahme der Vorinstanzen, der nunmehrige Gemeinschuldner sei konkludent in das bisherige Arbeitsverhältnis des Klägers eingetreten, kann daher kein Rechtsirrtum erblickt werden. In seiner Rechtsrüge wendet sich der Beklagte weiters gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der die Zeit vom 8. April 1975 bis 4. Mai 1975 betreffenden Vereinbarung des Klägers mit seinem damaligen Arbeitgeber als "Aussetzungsvertrag". Die Aufforderung des Arbeitgebers, der der Kläger nachgekommen sei, stelle eine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar; von einem bloß teilweisen Ruhen der Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis könne keine Rede sein. Auch hier kann dem Revisionswerber nicht gefolgt werden.
Der nach § 2 Abs 1 ArbAbfG sinngemäß anzuwendende § 23 AngG verlangt für die Anrechnung von Dienstzeiten das Vorliegen eines ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses. Eine bloße Unterbrechung der Arbeitsleistung schadet nach Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich nicht. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß für die zwischen den Vertragsteilen für die genannte Zeit getroffene Vereinbarung allein die witterungsbedingte Unmöglichkeit der Aufrechterhaltung des Sägewerksbetriebes maßgebend und der Vorschlag für die getroffene Vereinbarung vom Arbeitgeber ausgegangen war; die Vereinbarung lag also in erster Linie im Interesse des Arbeitgebers. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kamen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dahin überein, daß der Arbeitgeber seine Bediensteten bei Beruhigung des Wetters wieder holen werde, was auch tatsächlich geschah. Eine Änderung des Inhaltes der Arbeitsverträge wurde nicht vereinbart. Eine Abwicklung der bisherigen Arbeitsverhältnisse erfolgte ebenfalls nicht, denn Rechtsfolgen, die mit der Beendigung der Arbeitsverhältnisse verbunden gewesen wären, wie etwa eine Kürzung der dem Kläger und den übrigen Arbeitnehmern in der Folge ausbezahlten Sonderzahlungen oder des Urlaubsgeldes wurden im Hinblick auf diese Vereinbarung nicht vorgenommen; zur Auszahlung von Urlaubsentschädigungen oder anteiligen Sonderzahlungen kam es auch nicht. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umständen die Ansicht vertrat, es sei keine "gänzliche Beendigung" des Dienstverhältnisses, sondern eine bloße bis auf weiteres (bis zur Wetterberuhigung) ausgesprochene Suspendierung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag (Karenzierung) gewollt gewesen, und zu dem Ergebnis gelangte, die gegenständliche Vereinbarung habe zu keiner Unterbrechung des Dienstvertrages mit dem Kläger geführt, so ist dies rechtlich unbedenklich. Dem steht auch der Umstand nicht entgegen, daß die Vertragsteile einvernehmlich für die Arbeitnehmer den Bezug von Arbeitslosenunterstützung anstrebten, weil die gemeinsam verfaßte Meldung an das Arbeitsamt - wie das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ZAS 1986/19 samt Kommentar von Runggaldier in ZAS 1986, 135 f) auch richtig erkannte - bloß eine Wissenserklärung darstellt und damit keine Grundlage für gerechtfertigte Rückschlüsse auf den Geschäftswillen der Vertragsteile bildet. Der Oberste Gerichtshof billigt daher die Ansicht der Vorinstanzen, daß im vorliegenden Fall durch die genannte Vereinbarung der Vertragsteile keine die Rechte des Klägers schmälernde Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses bewirkt wurde, und zwar unabhängig von der Bestimmung des § 17 Abs 2 des Kollektivvertrages für Arbeiter in der Sägeindustrie. Wenn der Revisionswerber weiters meint, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht auf die Entscheidung Arb. 10.383 berufen, weil hier der Kollektivvertrag zum Unterschied von dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt keine "Günstigkeitsregel" enthalte, so ist ihm zu entgegnen, daß es hier gar nicht um die Frage geht, ob eine günstigere kollektivvertragliche Regelung die gesetzliche Regelung verdrängt (vgl. § 3 ArbAbfG), hier vielmehr nur das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu prüfen war.
Da die Vorinstanzen somit mit Recht zur Annahme eines durchgehenden Arbeitsverhältnisses ab dem Jahre 1957 gelangt sind und die vom Kläger hier geltend gemachten Ansprüche für den Fall der Annahme eines durchgehenden Arbeitsverhältnisses der Höhe nach außer Streit gestellt wurden, konnte der Revision kein Erfolg beschieden sein.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E12333European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00301.87.1117.000Dokumentnummer
JJT_19871117_OGH0002_0050OB00301_8700000_000