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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des Angelsportvereins B in B, vertreten durch den Obmann Andreas Eppacher, dieser vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt in 5280 Braunau, Stadtplatz 36, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. März 2005, Zl. Ge- 450609/13-2005-Z, betreffend eine wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: A-GmbH in R), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2003 erteilte die Bezirkshauptmannschaft B (BH) der mitbeteiligten Partei "entsprechend dem von ihr modifizierten Konsensantrag die wasserrechtliche Bewilligung zur Ableitung der im Gesamtkonsensantrag vom 1.10.2003 'Betriebe am Standort der A R - Abwasserableitung - Direktableitung, Einreichprojekt Oktober 2003' dargestellten Abwassermengen über ihr Kanalnetz und einen Ableitungskanal in den I".
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.
Sie beantragte, die im Bescheid der BH angeführten Grenzwerte hinsichtlich Aluminium von 3 mg/l auf 2 mg/l, bei CSB von 100 mg/l auf 75 mg/l, bei Chloriden von 3000 mg/l auf 100 mg/l, bei Sulfaten von 12500 mg/l auf 150 mg/l und bei NO3-N Nitrat von 100 mg/l auf 8 mg/l herabzusetzen. Alternativ hiezu wurde beantragt, die möglichen Beeinträchtigungen der aquatischen Lebensgemeinschaft durch ein entsprechendes Gutachten darzustellen. Hinsichtlich möglicher Schäden am Fischereirecht wurde der Antrag gestellt, einen Amtssachverständigen für Fischereibiologie beizuziehen. In diesem Gutachten seien auch die bestehenden Einleitungen mitzubetrachten und die Wertminderung der Fischereirechte der beschwerdeführenden Partei durch die bekämpfte Zusatzbelastung des I zu quantifizieren und zu entschädigen.
Die mitbeteiligte Partei, der die Berufung von der BH zur Kenntnis gebracht wurde, wandte ein, die beschwerdeführende Partei habe ihre Parteistellung verloren, da sie trotz Ladung zur Verhandlung am 27. November 2003 nicht zu dieser Verhandlung erschienen sei und auch sonst keine Einwendungen erhoben habe.
Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines fischereifachlichen Amtssachverständigen sowie Stellungnahmen der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen für Abwassertechnik, für Biologie und für Chemie ein.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. März 2005 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei "mangels Vorbringens eines geeigneten konkretisierten Vorschlages für eine Schutzmaßnahme" ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung heißt es, im Berufungsverfahren sei ein Gutachten eines fischereifachlichen Amtssachverständigen eingeholt worden. Dieses komme zum Ergebnis, dass akute fischereiliche Beeinträchtigungen (Akutschäden am Fischbestand durch Schädigung von Fischen oder Fischsterben) weitgehend ausgeschlossen werden könnten, weshalb "die Bewilligungsfähigkeit des beantragten Konsenses" gegeben sei. Die zur Ableitung gelangenden Wässer würden - wenn überhaupt - lediglich einen lokalen Einfluss auf die fischereilichen Verhältnisse im engeren Einleitungsbereich des I haben. Da sich diese mögliche Beeinträchtigung derzeit aber nicht seriös erheben lasse, schlage der Sachverständige vor, die bescheidmäßig vorgeschriebenen Nachfolgeuntersuchungen abzuwarten. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass mit dem Eintritt einer nachteiligen Wirkung auf die bestehenden Fischereirechte überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang zu rechen sein werde.
Der beschwerdeführenden Partei sei das fischereifachliche Gutachten zur Kenntnis gebracht und die eingeschränkte Parteistellung der Fischereiberechtigten rechtlich dargelegt worden. Daraufhin habe sie vorgebracht, die beantragte Reduktion der Konsenswerte sei eine konkrete Schutzmaßnahme, die durch die Entfernung der Salze aus dem Abwasser mittels Verdampfung oder Umkehrosmose erreicht werden könne.
Diese Stellungnahme sei allen im bisherigen Verfahren beigezogenen Sachverständigen zur Beurteilung übermittelt worden. Der fischereifachliche Amtssachverständige habe mitgeteilt, dass diese technische Frage nicht in seinen Fachbereich falle und daher nicht beurteilt werden könne.
Der abwassertechnische Amtssachverständige und der biologische Amtssachverständige hätten erklärt, dass sich aus den vorgebrachten Argumenten keine Änderung der in ihren Gutachten getroffenen Einschätzung ergebe.
Der chemische Sachverständige habe ergänzend ausgeführt, dass die Reinigungsanlagen für die Abwässer der Betriebe am Standort R, welche mit dem erstinstanzlichen Bescheid erfasst seien, dem Stand der Technik entsprächen. Der Stand der Technik sei durch die Emissionsbegrenzungen der jeweils maßgeblichen Abwasseremissionsverordnungen determiniert. Gemäß § 33b Abs. 6 WRG 1959 dürften bei Bestehen von Verordnungen zur Emissionsbegrenzung nach § 33b Abs. 3 strengere als die darin getroffenen Emissionsbeschränkungen durch Vorschreibung von Auflagen nur dann getroffen werden, wenn dies auf Grund der Vorbelastung der Gewässer oder auf Grund von Regelungen nach den §§ 33 Abs. 2, 33d, 34, 35 oder 54 notwendig sei. Der Vorfluter I weise keine Vorbelastung auf, welche die Vorschreibung strengerer Emissionsbeschränkungen erfordere oder rechtfertige. Die mit dem Bescheid vom 22. Dezember 2003 bewilligten Emissionen seien so gering, dass diese Abwässer ohne zusätzliche Emissionsbeschränkungen auch in wesentlich leistungsschwächere Vorfluter eingeleitet werden könnten. Die §§ 33 Abs. 2, 33d, 34, 35 oder 54 träfen für den gegenständlichen Fall nicht zu.
Die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei enthielten somit keinen konkretisierten Vorschlag für eine Maßnahme zum Schutz der Fischerei, der geeignet wäre, in die Bewilligung des beantragten Vorhabens durch die Vorschreibung einer Auflage Eingang zu finden, weshalb die Berufung abzuweisen gewesen sei.
Es werde darauf hingewiesen, dass mit dem bewilligten Konsens sämtliche Konsenswerte der branchenspezifischen Abwasseremissionsverordnung eingehalten würden. Da bei den Grenzwerten die jeweilige Schadstoffmenge in Relation zur Flüssigkeitsmenge gesetzt sei (mg/l), könnten bei hohen Abwassermengen auch höhere Schadstoffkonzentrationen eingeleitet werden, ohne dass die Grenzwerte überschritten würden. Die Folgerung der beschwerdeführenden Partei, es werde eine Anhebung von Grenzwerten mit dem Verdünnungsfaktor des Vorfluters gerechtfertigt, sei daher nicht zutreffend.
Abschließend werde angemerkt, dass mit dem angefochtenen Bescheid über allfällige zivilrechtliche Schadenersatzansprüche, die sich aus möglicherweise auftretenden Beeinträchtigungen der fischereilichen Verhältnisse - die allerdings laut Gutachten des fischereifachlichen Amtssachverständigen derzeit nicht abschätzbar seien - ergeben könnten, nicht abgesprochen worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, sie habe im Laufe des Verfahrens konkrete Forderungen nach einer Reduzierung der Grenzwerte gestellt und für den Fall, dass sich diese Maßnahmen als nicht verhältnismäßig herausstellten, eine angemessene Entschädigung begehrt. Aus den im Verfahren eingeholten Gutachten ergebe sich, dass die bewilligte Abwassereinleitung in den I zu einer Beeinträchtigung der Fischereirechte der beschwerdeführenden Partei führe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 15 Abs. 1 WRG 1959 lautet:
"(1) Die Fischereiberechtigten können anläßlich der Bewilligung von Vorhaben mit nachteiligen Folgen für ihre Fischwässer Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren. Dem Begehren ist Rechnung zu tragen, insoweit hiedurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Für sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile gebührt den Fischereiberechtigten eine angemessene Entschädigung (§ 117)."
Im Gegensatz zu den Trägern bestehender Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 hat der Fischereiberechtigte lediglich die rechtliche Möglichkeit, bei Vorliegen der im § 15 Abs. 1 WRG 1959 genannten Voraussetzungen Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu begehren. Diesen ist Rechnung zu tragen, insoweit hiedurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1992, 91/07/0012, u.a.).
Da das Recht des Fischereiberechtigten gemäß § 15 Abs. 1 WRG 1959 darin besteht, Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu begehren, obliegt es ihm, dem projektierten Vorhaben mit solchen konkretisierten Vorschlägen zu begegnen, welche sich nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 dazu eignen, in die Bewilligung des Vorhabens durch Vorschreibung von Auflagen Eingang zu finden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1998, 98/07/0031, u.a.).
§ 15 Abs. 1 WRG 1959 steckt den Rahmen jener Einwendungen im Sinne des § 42 AVG ab, in welchem sich der Fischereiberechtigte zulässigerweise bewegen kann.
Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung damit, die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei hätten keinen konkretisierten Vorschlag für eine Maßnahme zum Schutz der Fischerei enthalten, der geeignet gewesen sei, in die Bewilligung des beantragten Vorhabens durch die Vorschreibung einer Auflage Eingang zu finden. Sie stützt sich dabei auf die eingeholten Gutachten und Stellungnahmen, doch ist unklar, wie sie auf Grund dieser Unterlagen zu ihrer Schlussfolgerung kommt.
Die belangte Behörde wäre im Recht, wenn sich aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergäbe, dass mit keinen Beeinträchtigungen des Fischereirechtes zu rechnen sei, da in einem solchen Fall die Vorschreibung von Maßnahmen zum Schutz der Fischerei nicht in Betracht kommt. Das ist aber nicht der Fall.
Der von der belangten Behörde beigezogene fischereifachliche Amtssachverständige kommt in seiner Gesamtbeurteilung zu folgendem Ergebnis:
"Wie der ASV für Biologie in seinem Gutachten ausführt, ist auf Grund der hohen Wasserführung des I und der damit gegebenen Verdünnung der abgeleiteten Abwässer (max. 15 l/sec) auch auf Basis des von der A-GmbH (SER) beantragten neuen Gesamtkonsenses (inkl. Berücksichtigung des Sickerwasserkonsenses) bei gesicherter Einhaltung sämtlicher branchenspezifischer Grenzwerte für die einzelnen Teilströme durch die Einleitung der vorgereinigten betrieblichen Abwässer nach Einmischung mit insgesamt keiner nachhaltig, über das geringfügige Maß hinausgehenden Einwirkung bzw. wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Is zu rechnen.
Zu berücksichtigen ist, dass die beantragten max. Konzentrationen nur bei alleinigem Betrieb der jeweiligen branchenspezifischen Teilströme auftreten und auf Grund der Abwasseruntersuchungsergebnisse im Allgemeinen wesentlich niedrigere Konzentrationen im betrieblichen Abwasser zu erwarten sind.
Grundsätzlich kann aus fischereifachlicher Sicht - unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen und auch in Anlehnung an das Gutachten des Amtssachverständigen für Biologie - festgestellt werden, dass auf Grund der Wasserführungen des Vorfluters bei der verfahrensgegenständlichen Einleitung eine Verdünnung der Abwässer soweit erfolgt, dass akute Schäden für den Fischbestand des I und somit eine nachteilige Beeinträchtigung der fischereilichen Verhältnisse ausgeschlossen werden kann.
Nicht gänzlich auszuschließen sind lokal begrenzte Beeinträchtigungen der fischereilichen Verhältnisse im engeren Einleitungsbereich (Abwasserfahne, Durchmischungsbereich). Abwärts der Einleitungsstelle könnten fallweise zumindest lokal ungünstige fischereiliche Verhältnisse auftreten, die nach fachlicher Ansicht zwar nicht zu akuten Schäden am Fischbestand (Schädigung von Fischen, Fischsterben) führen werden, auf die die Fische aber durch Abwandern und Meiden des Bereiches reagieren. Es wäre außerdem denkbar, dass es auch zu einer gewissen Ertragsminderung durch das Absterben von Fischnährtieren kommt, was wiederum zu einer geringfügigen Beeinträchtigung der Ertragsfähigkeit des Gewässers führen kann.
Welcher Bereich hiervon tatsächlich betroffen ist, lässt sich aber auf Grund fehlender Daten über die tatsächliche Durchmischung der abgeleiteten Wässer mit den I-wässern nicht genau quantifizieren.
Da aus diesem Grund mit dem derzeitigen Wissensstand eine seriöse Abschätzung des allenfalls beeinträchtigten I-abschnittes nicht möglich ist, wird seitens des gefertigten Amtssachverständigen vorgeschlagen, die vom Amtssachverständigen für Biologie vorgeschriebenen Nachfolgeuntersuchungen abzuwarten, um allenfalls die Ausdehnung bzw. Größe der Abwasserfahne feststellen und so Rückschlüsse auf den beeinträchtigten Iabschnitt treffen zukönnen.
Inwieweit eine subjektive Schmälerung des Wertes der Fischereirechte durch die gegenständliche Einleitung überhaupt gegeben ist, erscheint aus fischereifachlicher Sicht nur schwer nachweisbar bzw. ermittelbar. Eine diesbezügliche Erhebung wäre - wenn überhaupt - nur mit sehr großem Aufwand durchzuführen, der die Kapazitäten des amtsinternen fischereisachverständigen Dienstes bei weitem sprengen würde. Eine Festlegung, ob bzw. in welcher Höhe eine subjektive Wertminderung der Fischereirechte gegeben ist, kann daher hieramts nicht festgestellt werden.
Zusammenfassend wird festgehalten, dass die zur Ableitung gelangenden Wässer bei Einhaltung der branchenspezifischen Emissionsgrenzwerte - wenn überhaupt - lediglich einen lokalen Einfluss auf die fischereilichen Verhältnisse des I haben werden, der durchaus auch mit vermögensrechtlichen Nachteilen für die Fischereiberechtigten verbunden sein kann. Beim derzeitigen Wissensstand ist eine seriöse Erhebung dieser Beeinträchtigung aber nicht möglich, da diese von der Fläche des Durchmischungsbereiches bzw. der Abwasserfahne abhängt. Akute fischereiliche Beeinträchtigungen (Akutschäden am Fischbestand durch Schädigung von Fischen oder Fischsterben) können aber weitgehend ausgeschlossen werden, weshalb aus Sicht des Gefertigten eine Bewilligungsfähigkeit des beantragten Konsenses gegeben ist."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung fremder Rechte zur Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages nicht aus. Absolute Gewissheit ist hiefür jedoch nicht erforderlich. Es genügt hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Verletzung fremder Rechte (vgl. das Erkenntnis vom 21. November 1996, 94/07/0041, VwSlgNF 14.564/A, u.a.).
Diese Grundsätze sind auch auf die Beeinträchtigung eines Fischereirechtes mit der Maßgabe zu übertragen, dass bei hoher Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Beeinträchtigung dem Fischereiberechtigten die Ansprüche nach § 15 Abs. 1 WRG 1959 zustehen.
Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Fischerei ist zu entnehmen, dass die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Fischereirechtes besteht. Daraus kann aber noch nicht im Sinne des zitierten Erkenntnisses gefolgert werden, dass eine Beeinträchtigung des Fischereirechtes nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Wie aus dem Sachverständigengutachten hervorgeht, ist der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt, um beurteilen zu können, ob mit dem Eintritt der zunächst nur für möglich gehaltenen Beeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, weil dazu Daten über die Größe bzw. Ausbreitung der Abwasserfahne erforderlich sind, die derzeit nicht zur Verfügung stehen.
Dass die Beschaffung der erforderlichen Daten von vornherein unmöglich sei, wird vom Amtssachverständigen nicht behauptet; im Gutachten ist vielmehr nur davon die Rede, dass entsprechende Erhebungen - wenn überhaupt - nur mit großem Aufwand durchzuführen wären, der die Kapazitäten des amtsinternen fischereisachverständigen Dienstes bei weitem sprengen würde.
§ 39 Abs. 2 AVG enthält zwar den Grundsatz der Verfahrensökonomie; dieser kann aber nicht dazu führen, dass notwendige Ermittlungen durch die Behörde unterlassen werden (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 2004, 2004/07/0002, in welchem der Gerichtshof ausgesprochen hat, dass der Grundsatz der Verfahrensökonomie nicht dazu führen kann, dass der Partei Ermittlungsschritte überbürdet werden, die die Behörde durchzuführen hätte).
Die belangte Behörde hätte sich daher nicht mit dem vorliegenden Gutachten des Amtssachverständigen begnügen dürfen, sondern sie hätte zu prüfen gehabt, ob die Daten, die für die endgültige Beantwortung der Frage nach einer Beeinträchtigung des Fischereirechtes erforderlich sind, nicht auf anderem Weg als durch den amtsinternen fischereisachverständigen Dienst des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung, etwa durch die anderen am Verfahren beteiligten Sachverständigen (z.B. durch eine Prognose- oder Modellrechnung) oder durch eine externe Stelle, beschafft werden konnten.
Auf Grund des vorliegenden Fischereigutachtens konnte die belangte Behörde daher noch nicht davon ausgehen, dass es zu keiner Beeinträchtigung des Fischereirechtes kommt bzw. dass eine solche nicht nachweisbar ist.
Die belangte Behörde scheint auch damit zu argumentieren, dass nach § 33b WRG 1959 keine strengeren Emissionsgrenzwerte hätten vorgeschrieben werden dürfen als jene, die im erstinstanzlichen Bescheid enthalten sind.
§ 33b WRG 1959 lautet auszugsweise:
"Emissionsbegrenzung für Abwasserinhaltsstoffe
§ 33b. (1) Bei der Bewilligung von Abwassereinleitungen in Gewässer oder in eine bewilligte Kanalisation hat die Behörde jedenfalls die nach dem Stand der Technik möglichen Auflagen zur Begrenzung von Frachten und Konzentrationen schädlicher Abwasserinhaltsstoffe vorzuschreiben.
(2) Die Einleitung gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe darf nur so weit bewilligt werden, als nach dem Stand der Technik die Vermeidung nicht möglich ist und die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere bestehende Nutzungen und die bereits vorhandene Belastung, eine Einleitung zulassen. Gefährliche Abwasserinhaltsstoffe, deren Einleitung auf Grund der Bestimmung des § 33b seit 1. Juli 1990 befristet bewilligt worden ist, gelten auf die Dauer des Gesamtkonsenses als bewilligt. Anläßlich der Vorlage des Überprüfungsbefundes im Sinne des § 134 Abs. 2 hat der Wasserberechtigte darzulegen, ob die Einleitung gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe nach dem Stand der Technik weiterhin nicht vermeidbar ist.
(3) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, auf den Stand der Abwasserreinigungstechnik sowie unter Bedachtnahme auf die Möglichkeiten zur Verringerung des Abwasseranfalls Emissionswerte in Form von Grenzwerten oder Mittelwerten für Konzentrationen oder spezifische Frachten festzulegen. Die Emissionswerte für bestehende (§ 33c) und neu zu bewilligende Anlagen sind, soweit es nach dem Stand der Abwasserreinigungstechnik oder nach dem Stand der Vermeidungstechnik erforderlich ist, getrennt festzulegen. Eine derartige Verordnung bedarf hinsichtlich des zugrundezulegenden Standes der Technik zur Abwasserreinigung und der Möglichkeiten zur Verringerung des Abwasseranfalls des Einvernehmens mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie.
(4) Die Auswahl schädlicher und gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe sowie die Festlegung von Emissionswerten (Abs. 3) hat insbesondere unter Bedachtnahme auf Art, Herkunft und spezifische Besonderheiten der Abwässer sowie der zu ihrer Reinigung dienenden Anlagen zu erfolgen.
(5) Zugleich mit der Festlegung der Emissionswerte (Abs. 3 und 4) sind die erforderlichen Regelungen über die bei der Überwachung zu beachtenden Verfahren und Methoden, über Referenzanalyseverfahren sowie über sonstige für die Aussagekraft von Überwachungsergebnissen maßgebliche Gesichtspunkte zu treffen.
(6) Bestehen Verordnungen zur Emissionsbegrenzung nach Abs. 3, so dürfen strengere als die darin getroffenen Emissionsbeschränkungen durch Vorschreibung von Auflagen nur dann getroffen werden, wenn dies auf Grund der Vorbelastung der Gewässer oder auf Grund von Regelungen nach den §§ 33 Abs. 2, 33d, 34, 35 oder 54 notwendig ist."
Aus dem Zusammenhalt der Abs. 3 und 6 des § 33b WRG 1959 ergibt sich, dass dort, wo eine Emissionsverordnung anwendbar ist, die darin vorgeschriebenen Grenzwerte verbindlich sind und dass die Vorschreibung strengerer Grenzwerte nur unter den Voraussetzungen des Abs. 6 zulässig ist. (Auf Abwasserteilströme im Sinne des § 33b Abs. 9 WRG 1959 braucht nicht eingegangen werden, da aus dem Akt nicht ersichtlich ist, dass diese hier eine Rolle spielten).
Im angefochtenen Bescheid ist, gestützt auf Äußerungen von Sachverständigen, davon die Rede, dass im erstinstanzlichen Bescheid die nach den einschlägigen Branchenemissionsverordnungen geltenden Emissionsgrenzwerte vorgeschrieben worden seien. Welche dieser Branchenverordnungen hier anzuwenden waren, ist weder dem angefochtenen Bescheid noch sonstigen Aktenteilen zu entnehmen. Die Vorschreibung der Grenzwerte der entsprechenden Emissionsverordnungen wird allerdings von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten, sodass sich weitere Untersuchungen dazu erübrigen.
§ 33b WRG 1959 findet sich im 3. Abschnitt des WRG ("Von der Reinhaltung und dem Schutz der Gewässer").
Das "Programm" des 3. Abschnittes enthält § 30 WRG 1959 ("Ziel und Begriff der Reinhaltung"). Dessen für den Beschwerdefall maßgeblicher Abs. 1 lautet:
"Ziele
§ 30. (1) Alle Gewässer einschließlich des Grundwassers sind im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen so reinzuhalten und zu schützen,
1. dass die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet werden kann,
2. dass Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können,
3. dass eine Verschlechterung vermieden sowie der Zustand der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf ihren Wasserhaushalt geschützt und verbessert werden,
4. dass eine nachhaltige Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen gefördert wird,
5. dass eine Verbesserung der aquatischen Umwelt, ua. durch spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten von gefährlichen Schadstoffen gewährleistet wird.
Insbesondere ist Grundwasser sowie Quellwasser so reinzuhalten, dass es als Trinkwasser verwendet werden kann. Grundwasser ist weiters so zu schützen, dass eine schrittweise Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung der weiteren Verschmutzung sichergestellt wird.
Oberflächengewässer sind so reinzuhalten, dass Tagwässer zum Gemeingebrauch sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt und Fischwässer erhalten werden können."
Aus der Formulierung "Im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen" ergibt sich, dass die folgenden Bestimmungen des 3. Abschnittes, zu denen auch § 33b WRG 1959 gehört, der Reinhaltung der Gewässer im öffentlichen Interesse dienen.
Ob die Vorschreibung von Grenzwerten im Zusammenhang mit fremden Rechten, zu denen auch das Fischereirecht gehört, ausreichend ist, ist nicht allein anhand des 3. Abschnittes des WRG zu beurteilen, sondern anhand der Bestimmungen des § 12 Abs. 2 leg. cit. für bestehende Rechte und des § 15 Abs. 1 für Fischereirechte. Die Anordnung des § 33b Abs. 6 WRG 1959, dass strengere Grenzwerte als die in einer Emissionsverordnung vorgesehenen nur dann vorgeschrieben werden dürfen, wenn die Voraussetzungen dieser Gesetzesbestimmung erfüllt sind, gilt nur für die Vorschreibung strengerer Grenzwerte im öffentlichen Interesse, nicht aber dann, wenn bei Vorschreibung (bloß) der Grenzwerte einer Emissionsverordnung eine Beeinträchtigung bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2 WRG 1959) oder eines Fischereirechtes eintreten würde.
Dem Gesetz ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass durch § 33b WRG 1959 eine Einschränkung jenes Schutzniveaus bewirkt werden sollte, das die §§ 12 und 15 leg. cit. gewährleisten. Bestärkt wird diese Auffassung durch folgende Überlegung:
Wie der Beschwerdefall zeigt, ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Fallkonstellation eintritt, in der es trotz Vorschreibung der Grenzwerte einer Emissionsverordnung zu einer Beeinträchtigung eines Fischereirechtes kommen kann, die Voraussetzungen für die Vorschreibung strengerer Grenzwerte nach § 33b Abs. 6 WRG 1959 aber nicht gegeben sind. Die selbe Situation könnte auch in Bezug auf eine Trinkwasserversorgung eintreten. Es liegt auf der Hand, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, er habe durch § 33b WRG 1959 bewirken wollen, dass sich der Inhaber des Wasserbenutzungsrechtes in einem solchen Fall nicht gegen die Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität zur Wehr setzen könnte. Da § 33b WRG 1959 aber keine Differenzierung hinsichtlich unterschiedlicher Wasserrechte enthält, ist davon auszugehen, dass das Schutzniveau der §§ 12 und 15 WRG 1959 durch § 33b leg. cit. nicht eingeschränkt werden sollte.
§ 15 Abs. 1 WRG 1959 will den Fischereiberechtigten vor "nachteiligen Folgen" schützen. Eine Geringfügigkeitsgrenze oder eine Einschränkung auf einen Schutz vor "Akutschäden am Fischbestand durch Schädigung von Fischen oder Fischsterben" enthält die Bestimmung nicht. Sie erfasst "sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenen vermögensrechtlichen Nachteile". Auch eine bloß geringfügige Beeinträchtigung seines Rechtes berechtigt den Fischereiberechtigten, Maßnahmen zur Abwehr dieser Beeinträchtigung bzw. eine Entschädigung zu fordern. Die Schranke, die das Gesetz für den Fischereiberechtigten gezogen hat, liegt darin, dass seinen Vorschlägen nicht Rechnung zu tragen ist, wenn sie das Vorhaben unverhältnismäßig erschweren.
Würde trotz Vorschreibung der in einer Branchenverordnung nach § 33b WRG 1959 vorgesehenen Grenzwerte ein Fischereirecht beeinträchtigt, dann reicht der Verweis auf diese Grenzwerte nicht, um darzutun, dass ein Vorschlag des Fischereiberechtigten, die Grenzwerte zu senken, kein geeigneter Vorschlag ist, auch wenn die Voraussetzungen für die Vorschreibung strengerer Grenzwerte nach § 33b Abs. 6 WRG 1959 nicht vorliegen, sondern es ist wie folgt zu verfahren:
Werden vom Fischereiberechtigten Vorschläge zur Absenkung der Grenzwerte gemacht, so ist zu prüfen, ob dieser Vorschlag das geplante Vorhaben unverhältnismäßig erschweren würde. Ist dies nicht der Fall und ist der Vorschlag eine geeignete Maßnahme zum Schutz der Fischerei, so ist dem Vorschlag Rechnung zu tragen. Andernfalls ist der Fischereiberechtigte auf eine Entschädigung verwiesen.
Mit der Frage, ob durch die Herabsetzung der Grenzwerte auf das von der beschwerdeführenden Partei geforderte Ausmaß das Vorhaben der mitbeteiligten Partei unverhältnismäßig erschwert würde, hat sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt. Es kann aber - ohne sachverständig untermauerte Begründung - nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass eine Herabsetzung unter die Werte einer Branchenverordnung jedenfalls eine solche unverhältnismäßige Erschwernis bedeuten würde.
Der Hinweis auf die Grenzwerte der einschlägigen Emissionsverordnung(en) reicht daher als Begründung für die getroffene Entscheidung auch nicht aus.
Aus den dargestellten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Für das fortgesetzte Verfahren wird noch auf Folgendes hingewiesen:
Der Anspruch des Fischereiberechtigten auf Vorschreibung von ihm begehrter Maßnahmen zum Schutz der Fischerei bzw. auf eine Entschädigung besteht - bei Zutreffen der sonstiger Voraussetzungen - nur dann, wenn er rechtzeitig im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG entsprechende Einwendungen erhoben hat.
Die mitbeteiligte Partei hat, nachdem ihr von der BH die Berufung zur Kenntnis gebracht worden war, sich gegen deren inhaltliche Behandlung mit der Begründung gewandt, die beschwerdeführende Partei habe es verabsäumt, rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren entsprechende Einwendungen zu erheben.
Die belangte Behörde geht vom Vorliegen von Einwendungen aus. Dies ergibt sich aus dem Begründungspassus, wonach die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei keinen Vorschlag für eine Maßnahme zum Schutz der Fischerei enthielten, der geeignet sei, in die Bewilligung durch die Vorschreibung von Auflagen Eingang zu finden. Dem angefochtenen Bescheid ist aber nicht zu entnehmen, ob die belangte Behörde die Rechtzeitigkeit der Einwendungen geprüft hat.
Soweit aus den vorgelegten Akten ersichtlich ist, scheinen die einzigen Einwendungen, die von der beschwerdeführenden Partei im erstinstanzlichen Verfahren erhoben wurden, aus einem am 18. Jänner 2001 bei der BH eingelangten Schriftsatz zu stammen, der sich auf eine für 22. und 23. Jänner 2001 ausgeschriebene mündliche Verhandlung bezog. Sowohl im Verlauf dieser Verhandlung als auch später scheint das Projekt mehrmals geändert worden zu sein. Mit Bescheid der BH vom 23. Juli 2001 wurde der mitbeteiligten Partei eine teilweise wasserrechtliche Bewilligung für ihre Abwasserableitung erteilt. Nach der Erlassung dieses Bescheides hat die mitbeteiligte Partei ein neues Projekt vorgelegt, das Gegenstand einer eigenen mündlichen Verhandlung am 27. November 2003 war, zu der die beschwerdeführende Partei persönlich geladen wurde. Soweit aus dem Akt ersichtlich, ist kein Vertreter der beschwerdeführenden Partei zu dieser Verhandlung erschienen und es wurden auch sonst keine Einwendungen erhoben. Es stellt sich daher ungeachtet des Umstandes, dass die BH die Verhandlung am 27. November 2003 als "Fortsetzung" des mit Bescheid vom 23. Juli 2001 abgeschlossenen Verfahrens bezeichnet hat, die Frage, ob die beschwerdeführende Partei rechtzeitig Einwendungen erhoben hat.
Sollte sich herausstellen, dass keine rechtzeitig im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG erhobenen Einwendungen vorliegen, hätte die beschwerdeführende Partei ihre Parteistellung verloren und ihre Berufung wäre zurückzuweisen gewesen.
Wien, am 15. September 2005
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Begründung Begründungsmangel Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1 Auslegung Diverses VwRallg3/5 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005070071.X00Im RIS seit
13.10.2005Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008