Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Marianne P***, Arbeiterin, Lagerstraße 10/1, 3950 Gmünd, 2. Johann W***, Arbeiter, Lagerstraße 12, 3950 Gmünd, 3. Moritz F***, Arbeiter, Conrathstraße 39 b, 3950 Gmünd, 4. Alfred H***, Arbeiter, Lindengasse 371, 3945 Hoheneich, und 5. Anton K***, Arbeiter, 3950 Kleineibenstein 90, alle vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Erich P***, Rechtsanwalt, Neuer Markt 11, 3910 Zwettl, als Masseverwalter im Konkurs (S 10/85 des Erstgerichts) über das Vermögen der Firma B*** Gesellschaft m.b.H., Roseggerstraße 2, 3950 Gmünd, wegen Feststellung der Konkursforderungen von S 27.029,--, S 42.200,--, S 31.900,--, S 32.300,-- und S 35.200,--, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Juli 1986, GZ 3 R 98/86-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 5. Feber 1986, GZ 6 Cg 31/85-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 8.491,32 (darin S 771,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger waren als Arbeiter bei der nunmehrigen Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 17. Juni 1985 das Konkursverfahren eröffnet wurde, beschäftigt, und zwar die Erstklägerin seit 10. Mai 1976 mit einem Monatsnettolohn von zuletzt S 9.009,67, der Zweitkläger seit 9. Mai 1960 mit einem Monatsnettolohn von zuletzt S 14.066,67, der Drittkläger seit 23. Februar 1953 um einen Monatsnettolohn von S 10.633,33, der Viertkläger seit 16. Juli 1962 mit einem Monatsnettolohn von S 10.766,67 und der Fünftkläger seit August 1953 mit einem Monatsnettolohn von S 11.733,33. Die Funktionsperiode als Betriebsrat hatte für sämtliche Kläger am 22. Oktober 1984 begonnen und sollte drei Jahre dauern. Am Tag der Konkurseröffnung erklärten die Kläger den vorzeitigen Austritt gemäß § 25 KO. Die Angestellten hatten schon einige Tage vorher den vorzeitigen Austritt erklärt. Mit dem Tag der Konkurseröffnung wurde der Betrieb kurzfristig unterbrochen aber zwei oder drei Tage danach wieder aufgenommen. Der Masseverwalter schloß mit einigen Arbeitern (zunächst 20, dann weitere 60) neue Dienstverhältnisse, um noch laufende Aufträge ausführen zu lassen. Hievon war nur der Zweitkläger betroffen. Erst am 6. September 1985 erfolgte die endgültige und dauernde Stillegung des Unternehmens. Zwischen 17. Juni 1985 und 6. September 1985 entfaltete der Betriebsrat keine Tätigkeit mehr. Wären die fünf Kläger nicht bereits am Tag der Konkurseröffnung ausgetreten, hätte der Masseverwalter beim Einigungsamt den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung der fünf Kläger gestellt und nach Erteilung dieser Zustimmung gekündigt. Die Kläger sahen sich im Anschluß an ihren vorzeitigen Austritt zum Teil erfolgreich um neue Arbeit um. Mit den jeweils am 13. November 1985 beim Erstgericht eingelangten Klagen begehrten die Kläger die Feststellung ihrer angemeldeten und vom Masseverwalter bestrittenen Forderungen von S 27.029,-- (Erstklägerin), S 42.200,-- (Zweitkläger), S 31.900,-- (Drittkläger), S 32.300,-- (Viertkläger) und S 35.200,-- (Fünftkläger) und brachten vor, sie hätten auf Grund ihres vorzeitigen Austritts Anspruch auf das vertragsmäßige Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse im Fall ordnungsgemäßer Kündigung durch den Masseverwalter verstrichen wäre. Der Masseverwalter hätte die Arbeitsverhältnisse nur unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen des § 120 Abs 3 ArbVG lösen können.
Der Beklagte stellte das Tatsachenvorbringen der Kläger außer Streit und wendete ein, § 120 Abs 3 ArbVG schütze den Betriebsrat nur vor Kündigungen und Entlassungen durch den Arbeitgeber. Da die Kläger die Arbeitsverhältnisse selbst gelöst hätten, stehe ihnen dieser Schutz nicht zu. Überdies sei der Betrieb am Tage der Konkurseröffnung eingestellt worden. Der Betriebsrat habe seine Tätigkeit an diesem Tag beendet, womit auch der besondere Kündigungsschutz der Betriebsratsmitglieder geendet habe. Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus:
Der dem Betriebsrat angehörende Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis selbst durch seinen vorzeitigen Austritt beendet, genieße nicht den Kündigungsschutz des § 120 Abs 1 ArbVG. Es bestehe kein sachlicher Grund für eine Gesetzesauslegung, die den Betriebsrat im Falle seines vorzeitigen Austritts gemäß § 25 KO besserstelle als andere Arbeitnehmer. Der Zweck des Kündigungsschutzes, die Tätigkeit des Arbeitnehmers als Betriebsrat zu sichern, erfordere nicht diese Besserstellung. Der Rechtsprechung, die dem gemäß § 25 Abs 1 KO vorzeitig austretenden Dienstnehmer die Ansprüche nach § 1162 b ABGB gewähre, ohne den Nachweis des Verschuldens des Arbeitgebers am Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit zu fordern, könne nicht gefolgt werden. Sie lasse unberücksichtigt, daß der Eintritt der Insolvenz in wirtschaftlichen Krisenzeiten oft auf der Insolvenz anderer Unternehmen beruhe und daher gar nicht verschuldet sein müsse. Überdies habe auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis B 645/83 zwischen dem vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers nach § 25 KO und einem vorzeitigen Austritt aus dem Verschulden des Arbeitgebers unterschieden und betont, daß sich aus einem vorzeitigen Austritt nach § 25 KO allein noch kein Austritt aus dem Verschulden des Arbeitgebers ergebe. Überdies werde die Kündigungsentschädigung nur für den Zeitraum zuerkannt, in dem das Arbeitsverhältnis noch bestehen würde, wenn der Masseverwalter das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen beendigt hätte. Im vorliegenden Fall hätte der Masseverwalter für die Kündigung der Kläger die Zustimmung des Einigungsamtes wegen der Betriebsstillegung erhalten. Eine Entschädigung für die folgende Zeit komme daher nicht in Frage. Das Berufungsgericht gab den Klagebegehren statt und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Der gemäß § 25 Abs 1 KO vorzeitig austretende Arbeitnehmer habe die Ansprüche gemäß § 1162 b ABGB (§ 29 AngG), ohne ein Verschulden des Arbeitgebers am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nachweisen zu müssen. Es sei der Ansicht Kudernas (RdA 1984, 8 ff) beizutreten, daß ein gerechtfertigter Austritt grundsätzlich ein Verschulden des Arbeitgebers an diesem Austritt voraussetze, beim Austritt wegen Erfüllung des Tatbestandes des § 25 Abs 1 KO eine gesetzliche Vermutung des Verschuldens des Arbeitsgebers an seiner Zahlungsunfähigkeit vorliege, die hinsichtlich der zur Zahlungsunfähigkeit führenden wirtschaftlichen Umstände unwiderleglich sei und daß diese Verschuldensvermutung auch für den Schadenersatzanspruch der §§ 1162 b ABGB, 29 AngG gelte. Die Auffassung des Erstgerichts widerspreche dieser ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und übersehe, daß die Konkurseröffnung nach § 25 Abs 1 KO als wichtiger Grund für den vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers gelte. Dem gegenteiligen, in der Literatur vertretenen Standpunkt, der gemäß § 25 Abs 1 KO vorzeitig austretende Arbeitnehmer habe keinen Anspruch auf die Kündigungsentschädigung gemäß dem §§ 1162 b ABGB, 29 AngG (Spielbüchler RdA 1982, 275 und ZAS 1983, 108) sei die Rechtsprechung nicht gefolgt. Das Erkenntnis des VfGH B 645/83 spreche ebenfalls nicht gegen diese Auslegung. Zu den gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen, an die der Masseverwalter am Tage der vorzeitigen Austrittserklärungen der Kläger gebunden gewesen wäre, gehöre auch die des § 120 Abs 1 ArbVG. Danach dürfe ein Mitglied des Betriebsrates bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit nur nach vorheriger Zustimmung des Einigungsamtes gekündigt oder entlassen werden. Dieser Schutz ende gemäß § 120 Abs 3 ArbVG drei Monate nach Erlöschen der Mitgliedschaft zum Betriebsrat, im Falle der dauernden Einstellung des Betriebes mit Ablauf der Tätigkeitsdauer des Betriebsrates. Nur im Falle der dauernden Einstellung des Betriebes ende der Sonderschutz mit dem Erlöschen des Mandates (§ 62 Z 1 ArbVG). Werde die Tätigkeitsdauer des Betriebsrates aus einem anderen der im § 62 ArbVG genannten Gründe vorzeitig beendet oder erlösche die Mitgliedschaft des einzelnen Betriebsratsmitglieds aus einem der im § 64 Abs 1 ArbVG genannten Gründe, dann schließe an die vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer oder das Erlöschen der Mitgliedschaft die dreimonatige Schutzfrist des § 120 Abs 1 ArbVG an. Da die Kläger durch ihren vorzeitigen Austritt gemäß § 25 Abs 1 KO aus dem Betrieb der Gemeinschuldnerin sofort ausgeschieden seien, liege der Erlöschungsgrund nach § 64 Abs 1 Z 3 ArbVG vor. Nach dem Ausscheiden des Mitglieds des Betriebsrates aus dem Betrieb, aus welchem Rechtsgrund immer, beginne die dreimonatige Schutzfrist des § 120 Abs 1 ArbVG, an die der Masseverwalter gebunden gewesen wäre. Die endgültige Betriebsstillegung, mit der auch der Kündigungsschutz geendet hätte, sei am Tage der Austrittserklärung der Kläger noch nicht vorgelegen. Der Betrieb der Gemeinschuldnerin sei durch die Konkurseröffnung nur kurzfristig unterbrochen worden, der Masseverwalter habe ihn dann fortgesetzt und erst am 6. September 1985 den Betrieb endgültig eingestellt. Eine endgültige Betriebseinstellung liege überdies erst vor, wenn der Betrieb als solcher untergegangen sei und der Betriebsinhaber durch die Liquidierung der Betriebsmittel Vorkehrungen getroffen habe, aus denen sich die Absicht, den Betrieb für eine nicht absehbare Zeit zu beenden, ergibt. Gemäß § 115 Abs 1 KO dürfe das Konkursgericht die Schließung des Unternehmens nur anordnen oder bewilligen, wenn auf Grund der Erhebungen fest stehe, daß anders eine Erhöhung des Aufalles der Konkursgläubiger nicht vermeidbar sei. Dem Masseverwalter obliege daher nach der Eröffnung des Konkurses die Pflicht der Prüfung, ob ein Unternehmen des Gemeinschuldners fortgeführt oder wieder eröffnet werden könne (§ 81 Abs 1 KO). Eine Entscheidung darüber könne am Tag der Konkurseröffnung nicht vorliegen, insbesondere nicht im vorliegenden Fall. Nur bei einer ständigen Betriebsstillegung wäre aber der Masseverwalter nicht mehr an die Kündigungsbeschränkungen gemäß § 120 Abs 1 ArbVG gebunden gewesen. Die spätere endgültige Einstellung des Betriebes durch den Masseverwalter am 6. September 1985 habe den Anspruch auf die Kündigungsentschädigung, den die Kläger bereits am Tage ihrer Austrittserklärung erwarben, nicht mehr schmälern können. Der Masseverwalter hätte seinerseits die Kläger ohne Zustimmung des Einigungsamtes nach dem 6. September 1985 kündigen können, doch sei dieser Umstand nicht eingetreten, weil die Kläger diese Möglichkeit durch ihre Austrittserklärung verhindert haben und hypothetische Umstände den bereits entstandenen Anspruch auf die Kündigungsentschädigung nicht nachträglich aufheben können. Den Klägern stehe daher der Anspruch auf die Kündigungsentschädigung für die Zeit nach § 25 Abs 1 KO zu, die unmittelbar an das Erlöschen der Mitgliedschaft zum Betriebsrat durch den vorzeitigen Austritt anschließt. Da es sich um die ersten drei Monate nach der Beendigung der Arbeitsverhältnisse handle, finde gemäß § 1162 b letzter Satz ABGB eine Anrechnung dessen, was sich die Arbeitnehmer infolge Unterbleibens der Dienstleistungen erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt haben, nicht statt.
Die Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über das Ausmaß der Kündigungsentschädigung eines gemäß § 25 Abs 1 KO vorzeitig austretenden Betriebsratsmitglieds, das gemeinsam mit sämtlichen übrigen Arbeitnehmern vorzeitig ausgetreten ist, nicht vorliege.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die mit Recht nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig erklärte Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. Die Kläger beantragen, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.
Zulässig im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist die Revision des beklagten Masseverwalters schon deshalb, weil die bisher vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Ansprüche von Betriebsratsmitgliedern im Konkursfall in der Lehre ablehnende Kritik gefunden hat.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
In Ausführung seiner Revision vertritt der Beklagte den Standpunkt, daß § 1162 b ABGB für den Rechtsstreit nicht zur Anwendung komme, sondern lediglich nach den Bestimmungen des ArbVG zu beurteilen sei, ob die Klagsansprüche zu Recht bestehen oder nicht. Mit dem sofortigen Austritt gemäß § 25 Abs 1 KO sei auch die Mitgliedschaft der Kläger zum Betriebsrat gemäß § 64 Abs 1 Z 3 ArbVG erloschen. Als weiterer Grund sei § 64 Abs 1 Z 1 ArbVG heranzuziehen, weil gleichzeitig auch die Tätigkeitsdauer des Betriebsrats endete. Der Kündigungs- und Entlassungsschutz für ein Mitglied des Betriebsrates erlösche gemäß § 120 Abs 3 ArbVG drei Monate nach Erlöschen der Mitgliedschaft zum Betriebsrat, im Falle der dauernden Einstellung des Betriebes jedoch mit Ablauf der Tätigkeitsdauer des Betriebsrates. Dieser Ablauf der Tätigkeitsdauer des Betriebsrates sei primär maßgeblich, er müsse keineswegs zeitmäßig mit der dauernden Einstellung des Betriebes zusammenfallen. Die Tätigkeitsdauer des gesamten Betriebsrates habe am 17. Juni 1985 geendet, mit diesem Stichtag sei auch der Schutz für Betriebsratsmitglieder nach §§ 120 bis 122 ArbVG erloschen gewesen. Unter Hinweis auf neue Lehre (Tomandl in ZAS 1986, 109 ff) führt der Beklagte noch aus, daß die Gewährung einer überhöhten Kündigungsentschädigung den Zielen des besonderen Kündigungsschutzes widersprechen würde.
Diesem Rechtsstandpunkt ist entgegenzuhalten:
Die vom Beklagten vertretene Auffassung, der gegenständliche Rechtsstreit sei ausschließlich nach dem ArbVG, und nicht nach § 1162 b ABGB zu beurteilen, kann nicht überzeugen, weil § 1162 b ABGB von dem allgemeinen Grundsatz ausgeht, daß ein Arbeitnehmer, der ungerechtfertigt entlassen worden ist, oder aus einem vom Arbeitgeber verschuldeten Grund vorzeitig ausgetreten ist, finanziell so zu stellen ist, als wäre sein Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß aufgelöst worden (ZAS 1986, 127 ff). Eine dauernde Betriebseinstellung zum 17. Juni 1985 liegt im vorliegenden Fall nicht vor (RdW 1987, 61; JBl 1986, 267 ff). Mit seinen Rechtsausführungen, daß primär der Ablauf der Tätigkeitsdauer des Betriebsrates maßgeblich sei, entfernt sich der Beklagte vom Wortlaut des § 120 Abs 3 ArbVG, der den Ablauf der Tätigkeitsdauer des Betriebsrates nur für den Fall der dauernden Einstellung des Betriebes, der hier gerade nicht vorliegt, entscheiden läßt. In den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 89/85 (JBl 1986, 267) und 4 Ob 13 - 15/85 (ZAS 1986, 127 f) wurde für das ähnlich gelagerte Problem der (Höhe der) Abfertigung die Richtigkeit der Einrechnung der fiktiven Dienstzeit vertreten, wogegen sich Tomandl (ZAS 1986, 109 ff) und Spielbüchler (ZAS 1986, 128 ff) gewendet haben. Tomandl hält das Institut der Kündigungsentschädigung nicht als auf Arbeitsverhältnisse zugeschnitten, die einem besonderen Kündigungsschutz unterliegen und nimmt daher eine Regelungslücke an. Der Kündigungsschutz für Betriebsräte wolle nur das Funktionieren der Belegschaftsvertretung garantieren, Betriebsratsmitglieder aber nicht finanziell besserstellen, als andere Arbeitnehmer. Sowohl Tomandl als auch Spielbüchler räumen aber ein, daß die wörtliche Auslegung des § 1162 b ABGB eine derartige finanzielle Besserstellung bedingt. Der Sache nach versucht Spielbüchler für den Sonderfall des § 25 KO die Anwendung des § 1162 b ABGB dadurch auszuschließen, daß er ein Verschulden des Arbeitgebers am Eintritt des Austrittsgrundes Konkurs (zumindest generell) leugnet, wogegen bereits Kuderna (Das Verschulden des Arbeitgebers am vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers, RdA 1984, 8 ff) überzeugend ausgeführt hat, daß ein Verschulden des Arbeitgebers an der Zahlungsunfähigkeit gesetzlich vermutet wird, wodurch langwierige Prozesse zur Klärung der das Verschulden an der Zahlungsunfähigkeit begründenden Tatsachen vermieden werden sollen. § 1162 b ABGB ist daher auch auf den vorzeitigen Austritt gemäß § 25 Abs 1 KO anzuwenden. Zur Begründung, warum bei der Berechnung der Kündigungsentschädigung der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder nicht heranzuziehen sei (so auch ohne nähere Begründung Floretta in Spielbüchler-Floretta-Strasser, Arbeitsrecht 1, 2. Auflage, 231), können sich die genannten Autoren auf eine gesetzliche Bestimmung nicht berufen. Sie versuchen mit teleologischen Argumenten dennoch zu einem Ausschluß der besonderen Kündigungsschutzbestimmungen zu gelangen. Methodisch kann ein solches Ergebnis nur durch eine teleologische Reduktion erreicht werden (Franz Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S 480 f; derselbe in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 7). Die verdeckte Lücke besteht im Fehlen einer nach der ratio notwendigen Ausnahme. Vorausgesetzt ist stets der Nachweis, daß eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und das sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, daß die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Das Fehlen einer solchen Ausnahmeregelung, wie sie Tomandl, Floretta und Spielbüchler auf interpretatorischem Wege einführen wollen, im Wege der teleologischen Reduktion zu beheben, wäre nur dann zulässig, wenn sich das Fehlen dieser Ausnahmeregelung als planwidrige Lücke erweist. Die bloße verschiedene Behandlung, insbesondere Besserstellung von Betriebsratsmitgliedern gegenüber anderen Gruppen von Arbeitnehmern allein kann den Vorwurf der Planwidrigkeit noch nicht begründen. Denn auch außerhalb der Sonderregelungen für Betriebsratsmitglieder finden sich im bestehenden österreichischen Arbeitsrecht ganz unterschiedliche Kündigungsfristen und damit für die verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern ungleich hohe Kündigungsentschädigungen. Es liegt daher keine rechtsdogmatische, sondern eine bloße rechtspolitische Lücke vor, die zu füllen nur der Gesetzgeber, nicht aber die Rechtsprechung berufen ist. Es ist also von der Berücksichtigung des besonderen Kündigungsschutzes bei der Berechnung der Kündigungsentschädigung nach § 1162 b ABGB auszugehen und nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu folgen, daß dieser nur in Fällen Bedeutung hat, in denen der Dienstgeber den vorzeitigen Austritt des Dienstnehmers provoziert hat (RdW 1987, 238).
Der Revision war damit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 41 und § 50 ZPO.
Anmerkung
E12334European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00327.86.1117.000Dokumentnummer
JJT_19871117_OGH0002_0050OB00327_8600000_000