TE OGH 1987/11/19 12Os49/87 (12Os50/87)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.1987
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.November 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Thoma als Schriftführer, in der Strafsache gegen Muzafer T*** und eines anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3, Punkt 3 SGG über die Berufung des Angeklagten Yusuf Ö*** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Muzafer T*** und Yusuf Ö*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 19.Februar 1987, GZ 20 Vr 1716/86-48, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Vertreters des Zollamtes, OR Mag. Fleischhacker, und der Verteidiger Dr. Dozekal und Dr. Hoffmann-Osterhof, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Yusuf Ö*** wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich des Angeklagten Muzafer T*** zu Pkt. D des Urteilssatzes (wegen Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 FinStrG) und hinsichtlich des Angeklagten Yusuf Ö*** zu Pkt. E (Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG) und demzufolge auch in dem diese beiden Angeklagten betreffenden Strafausspruch nach § 38 Abs. 1 bzw. § 37 Abs. 2 FinStrG aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagten werden von der wider sie erhobenen Anklage, es haben

Muzafer T*** am 3.Oktober 1986 beim Zollamt Wurzenpaß anläßlich seiner Einreise nach Österreich gewerbsmäßig eingangsabgabenpflichtige Waren nämlich 982,5 g Heroin vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen (Pkt. D des Urteilssatzes);

Yusuf Ö*** in der Zeit vom 4.Oktober bis 7.November 1986 in Hohenems und Götzis vorsätzlich 982,5 g Heroin, hinsichtlich dessen ein Schmuggel begangen worden war, gelagert und versteckt, mithin an sich gebracht (Pkt. E).

Es haben hiedurch begangen

Muzafer T*** das Finanzvergehen des gewerbsmäßigen

Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG,

Yusuf Ö*** das Finanzvergehen der vorsätzlichen

Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG,

gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.

Mit ihren gegen den Strafausspruch nach dem FinStrG gerichteten Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Yusuf Ö*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Yusuf Ö*** nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Muzafer T*** und Yusuf Ö*** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Punkt 3 SGG (Yusuf Ö*** in der Form der Beitragstäterschaft nach § 12 SGG) und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG, sowie Muzafer T*** des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und Yusuf Ö*** des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt. Muzafer T*** wurde nach §§ 28 StGB, 12 Abs. 3 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren, Yusuf Ö*** nach diesen Gesetzesstellen zu einer solchen von 3 Jahren, sowie beide Angeklagte nach dem FinStrG zu Geldstrafen verurteilt, und zwar Muzafer T*** nach § 38 Abs. 1 FinStrG zu 500.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zu 5 Monaten Freiheitsstrafe und Yusuf Ö*** zu 200.000 S, im Uneinbringlichkeitsfalle 2 Monate Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung war bei beiden Angeklagten erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, ferner die besonders große Menge des Suchtgifts, mildernd hingegen bei beiden die bisherige Unbescholtenheit, bei Muzafer T*** weiters das volle Geständnis, bei Yusuf Ö*** das Geständnis vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter sowie der Umstand, daß er zur Tat des Erstangeklagten nur beigetragen hat und über dessen Ersuchen tätig geworden ist.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Yusuf Ö*** die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ergriffen. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß am 13.August 1987, 12 Os 49,50/87-9, welchem der nähere Sachverhalt zu entnehmen ist, zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, daß das Strafgesetz zum Nachteil der Angeklagten unrichtig angewendet wurde (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO). Nach § 53 Abs. 1 lit. b FinStrG idF der Finanzstrafgesetznovelle 1985 beträgt beim Angeklagten Yusuf Ö*** im Hinblick auf die Tatzeit (September 1986) die Höhe des für den Eintritt der gerichtlichen Zuständigkeit maßgeblichen strafbestimmenden Wertbetrages 500.000 S. Im Hinblick auf den Verkürzungsbetrag (d.i. der strafbestimmende Wertbetrag) von insgesamt 248.175 S (Zoll: 98.300 S, EUSt: 147.660 S, Außenhandelsförderungsbeitrag: 2.215 S; vgl. dazu den in dieser Strafsache gefaßten Beschluß vom 13.August 1987, 12 Os 49,50/87-10) fehlt es somit an einer gerichtlichen Zuständigkeit hinsichtlich dieses Angeklagten.

Dem Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten Muzafer T*** nach § 38 Abs. 1 FinStrG haftet ein Feststellungsmangel an, weil nur eine einzige Tathandlung gegeben ist und keine Konstatierungen darüber vorliegen, daß sich dieser Angeklagte durch wiederholten Schmuggel - und nicht etwa nur durch wiederholte Verwertungshandlungen nach einem (wie hier) einmaligen Schmuggel - eine laufende Einnahmsquelle verschaffen wollte (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Kommentar zum FinStrG, E 4 zu § 38). Nach der Aktenlage sind Feststellungen darüber auch nicht zu erwarten, daß Muzafer T*** die zu Pkt. D des Urteilssatzes umschriebene Tat gewerbsmäßig (i.S. einer wiederholten Verübung, um sich eine wenn auch nicht dauernde oder regelmäßige, aber doch eine gewisse Zeit hindurch fließende, allenfalls nur zusätzliche Einnahmsquelle zu verschaffen, wie oben Komm. zum FinStrG, E 3 zu § 38) begangen hat. Damit entfällt aber eine Gerichtszuständigkeit nach § 53 Abs. 1 lit. a FinStrG).

Eine gerichtliche Zuständigkeit nach § 53 Abs. 2 lit. a FinStrG tritt erst bei einem Verkürzungsbetrag von 500.000 S ein und ist auch hier im Hinblick auf den oben angeführten strafbestimmenden Wertbetrag (248.175 S) nicht gegeben. Dieser Umstand war gemäß § 290 Abs. 1 zweiter Satz, zweiter Fall StPO zugunsten des Angeklagten T*** von Amts wegen wahrzunehmen.

Mit ihren Berufungen streben der öffentliche Ankläger hinsichtlich beider Angeklagter eine Erhöhung der (nach dem SGG) verhängten Freiheitsstrafen und die Verhängung einer Geldstrafe nach § 12 Abs. 5 SGG über den Angeklagten Muzafer T*** an, der Angeklagte Ö*** hingegen eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und (lediglich im Falle ihrer Herabsetzung auf ein Strafmaß von zwei Jahren oder darunter) die Anwendung der bedingten Strafnachsicht. Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt und in deren Würdigung ein Strafmaß gefunden, das auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes der Schuld der Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Straftat entspricht. Es bedurfte somit weder einer Erhöhung der über die beiden Angeklagten verhängten Strafen, noch war die vom Angeklagten Ö*** begehrte Strafminderung gerechtfertigt, womit aber auch eine Entscheidung über die begehrte bedingte Strafnachsicht nicht aktuell wurde. Nach § 12 Abs. 5 SGG kann in den Fällen der Abs. 1 bis 4 auf eine Geldstrafe bis zu der in dieser Gesetzesstelle angeführten Höhe erkannt werden. Ausgehend von den Strafzumessungsgründen und dem Umstand, daß nach den Urteilsfeststellungen zwar eine Kontaktaufnahme zum Verkauf eines Teiles des Suchtgifts durch den Angeklagten T*** geplant war, wozu es jedoch nicht gekommen ist, weil er bereits vorher auf Grund eines vertraulichen Hinweises festgenommen wurde (vgl. Anzeige S 9), hat das Erstgericht nach Lage des Falles mit Recht von der Verhängung einer solchen (fakultativ vorgesehenen) Geldstrafe Abstand genommen. Auch in diesem Umfange war der Berufung der Staatsanwaltschaft ein Erfolg zu versagen. Soweit die Berufungen des öffentlichen Anklägers und des Angeklagten Ö*** gegen den Strafausspruch nach dem FinStrG gerichtet waren, waren sie auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E12446

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00049.87.1119.000

Dokumentnummer

JJT_19871119_OGH0002_0120OS00049_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten