Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24.November 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kurt S*** wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 8. September 1987, GZ 27 Vr 923/86-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Tschulik, des Angeklagten Kurt S*** und des Verteidigers Dr. Heiss zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.Oktober 1962 geborene Prokurist Kurt S*** des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit von September 1985 bis 18.April 1986 in Innsbruck in gewinnsüchtiger Absicht zahlreiche im Urteilsspruch näher bezeichnete Magazine und neun Videofilme, welche lesbische Szenen, zum Teil auch wörtliche und bildliche Darstellungen sexueller Gewaltanwendung enthielten, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten, anderen angeboten und teilweise auch überlassen zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Als Verfahrensmängel im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seiner Anträge auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Sexualforschung zum Beweis dafür, daß die inkriminierten Magazine und Videokassetten nicht der sogenannten "harten" Pornographie zuzuordnen seien, sowie auf Beischaffung des Aktes AZ 31 Vr 331/84 des Landesgerichtes Innsbruck zum Nachweis, daß er sich aufgrund der in diesem Verfahren verfügten Freigabe zunächst beschlagnahmter (14) Magazine über die anklagegegenständlichen Hefte und Filme in einem schuldausschließenden Rechtsirrtum befunden habe (vgl S 93 ff, 103, 108 d.A).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Auslegung des normativen Tatbestandsmerkmals der Unzüchtigkeit um eine Rechtsfrage, deren Lösung dem erkennenden Gericht obliegt und über die folglich keine Beweise abzuführen sind. Die Frage, ob die von der Anklage betroffenen Magazine und Videofilme als harte Pornographie anzusehen oder nur bei Konfrontation mit der Allgemeinheit als unzüchtig zu qualifizieren seien, war daher ausschließlich vom Gericht und nicht von einem Sachverständigen zu beantworten (vgl Mayerhofer-Rieder2, II/1, ENr 25 ff zu § 118 StPO; II/2, ENr 124 zu § 281 Abs 1 Z 4 StPO). Ergab die Prüfung, daß die betreffenden Gegenstände, vom objektiven Standpunkt (eines normal empfindenden Durchschnittsmenschen) betrachtet, generell und ohne Rücksicht auf den angesprochenen Personenkreis unzüchtig sind, so erübrigte sich jede weitere Beweisaufnahme über die Eignung, öffentliches Ärgernis zu erregen oder Jugendliche zu gefährden, sowie darüber, inwiefern bei der Beurteilung der Darstellung gleichgeschlechtlicher Unzucht in der Gesellschaft noch andere Wertvorstellungen bestehen.
Daß im Verfahren AZ 31 Vr 331/84 des Landesgerichtes Innsbruck dem Angeklagten Magazine ähnlichen Inhalts wie die nunmehr relevanten Hefte zurückgestellt wurden, legte das Erstgericht, dem Vorbringen des Beschwerdeführers folgend, seiner Entscheidung ohnedies zugrunde (vgl S 123 d.A); es billigte aber dem Angeklagten ungeachtet dieses Tatumstandes unter Hinweis auf die damalige Verurteilung wegen Vorrätighaltens, Anbietens und Verkaufs des Großteils der beschlagnahmten Hefte entschuldigenden Rechtsirrtum (§ 9 StGB) nicht zu. Im übrigen treffen die schon in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 11.Dezember 1984, GZ 11 Os 96/84-11, angestellten Erwägungen, aus denen im Verfahren AZ 27 Vr 3026/84 des Landesgerichtes Innsbruck ein vom Beschwerdeführer mit der gleichen Argumentation behaupteter Verfahrensmangel verneint wurde, im wesentlichen auch auf die vorliegende Fallkonstellation zu. In der Ablehnung der Beischaffung (und Verlesung) des zitierten Aktes kann demnach eine Verletzung von Verteidigungsrechten ebenfalls nicht ersehen werden. Mit der Behauptung, das Erstgericht habe lediglich angenommen, die im Urteilsspruch angeführten Magazine würden lesbische Szenen im Sinn der harten Pornographie enthalten, es habe jedoch nicht dargelegt, ob es sich dabei um pornographische Darstellungen beischlafsähnlicher Szenen handle, zeigt der Beschwerdeführer auch keine Feststellungsmängel im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO auf. Unzuchtshandlungen mit Personen gleichen Geschlechts setzen nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einen intensiven Körperkontakt im Bereich der Geschlechtsteile voraus, welcher nicht in beischlafsähnlichen Handlungen bestehen muß; vielmehr reichen, um Darstellungen derartigen Sexualverkehrs als absolut unzüchtig zu qualifizieren, auch sonstige (nicht bloß flüchtige) Manipulationen an den Geschlechtsteilen des Unzuchtspartners aus. Daß die in den inkriminierten Magazinen und Filmen enthaltenen lesbischen Szenen diese Voraussetzungen erfüllen, stellte das Erstgericht ausdrücklich fest (vgl S 117, 122 d.A).
Die Beschwerdeausführungen bieten keinen Anlaß, von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl SSt 51/51 = ÖJZ-LSK 1981/32 !verstärkter Senat uva) abzugehen, daß pornographische Darstellungen von Unzuchtsakten, die entweder - wie insbesondere mit Gewalt gegen Personen verbundene Sexualakte - schon ihrer Art nach verboten sind oder - wie Unzucht mit Personen gleichen Geschlechts - keinesfalls propagiert werden dürfen (§ 220 StGB), absolut, also unabhängig davon, welchem Abnehmerkreis sie zugänglich gemacht werden, und unabhängig von einer allfälligen propagandistischen Wirkung (im Sinn einer Massenbeeinflussung) unzüchtig sind.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 1 Abs 2 PornG unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 250 Tagessätzen (Ersatzfreiheitsstrafe 125 Tage) und bestimmte die Höhe des Tagessatzes mit 150 S.
Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägige Vorverurteilung und die "Vielzahl" der verfahrensgegenständlichen Hefte und Filme als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber keinen Umstand als mildernd.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung (offenkundig durch Herabsetzung der Zahl der Tagessätze) an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig erfaßt und zutreffend gewürdigt. Das gefundene Strafmaß entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des einschlägig vorbestraften Angeklagten. Zu einer Reduzierung der Anzahl der Tagessätze besteht kein Anlaß.
Mithin war spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E12443European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00139.87.1124.000Dokumentnummer
JJT_19871124_OGH0002_0110OS00139_8700000_000