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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über den Antrag des GH in S, vertreten durch Dr. Franz Oberlerchner, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, Bernhardtgasse 4/1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Verbesserung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 24. Jänner 2005, Zl. 410.188/08-I6/03, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. H H in S, 2. M H in S, und 3. MMag. B H in W), den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der (auf Grund eines Devolutionsantrages zuständig gewordenen) belangten Behörde vom 24. Jänner 2005 wurde der Berufung der näher genannten Rechtsnachfolger von H. H. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 16. Mai 1994 Folge gegeben und dieser Bescheid wie folgt abgeändert:
Gemäß Spruchpunkt I wurde die Verlegung einer 30 m langen Zulaufleitung (betreffend das Kraftwerk am S.-Bach) gemäß der im Abschnitt A) dieses Bescheides enthaltenen Projektsbeschreibung und unter den in Abschnitt B) enthaltenen Auflagen, ausgeführt als Stahlrohr mit 300 mm Durchmesser über näher genannte Grundstücke mit einer 6 m langen Wasserfassung (Tirolerwehr) auf näher genannten Grundstücken zum Stundenspeicher auf einem näher genannten Grundstück wasserrechtlich bewilligt.
Unter Spruchpunkt II wurde zur Verlegung der Zulaufleitung über ein näher genanntes Grundstück und der Wasserentnahmestelle auf näher genannten Grundstücken laut einem näher genannten Lageplan des D.I. M. gemäß § 63 WRG 1959 eine Leitungsservitut eingeräumt.
Gemäß Spruchpunkt III wurde den Konsensinhabern gemäß § 117 WRG binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides aufgetragen, u.a. dem Antragsteller eine näher genannte Entschädigung für die Leitungsservitut über ein näher genanntes Grundstück (für 2,84 m2) zu leisten.
Als Bauvollendungsfrist wurde unter Spruchpunkt IV der 31. Juli 2005 festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhob u.a. der Antragsteller zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 16. März 2005, B 300/05-4, ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.
Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde dem Antragsteller mit hg. Verfügung vom 30. März 2005 aufgetragen, binnen drei Wochen die Beschwerde entsprechend zu ergänzen und diesen ergänzenden Schriftsatz in fünffacher Ausfertigung vorzulegen.
Da die Beschwerdeergänzung mittels Telefax am 27. April 2005 (= letzter Tag der Verbesserungsfrist) nur in einfacher Ausfertigung erfolgte und weitere Ausfertigungen der Beschwerdeergänzung erst am 28. April 2005 zur Post gegeben wurden, wurde mit hg. Beschluss vom 2. Juni 2005, Zl. 2005/07/0046, die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 VwGG für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
In der Folge brachte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Juli 2005 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Verbesserung der zu hg. Zl. 2005/07/0046 prot. Bescheidbeschwerde ein. In der Begründung dieses Antrages wird u.a. ausgeführt, mit Zugang des vorzitierten hg. Beschlusses vom 2. Juni 2005 am 22. Juni 2005 und Studium der Begründung dieses Beschlusses sei dem Beschwerdevertreter, aber auch dessen Kanzleiangestellter G. W. erstmals zur Kenntnis gelangt, dass der Verbesserungsschriftsatz vom 27. April 2005 am frühen Abend dieses Tages nicht in 5-facher, sondern offensichtlich in 1-facher Ausfertigung beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt sei. Die Ursache für diesen Umstand sei nicht mehr eruierbar. Offensichtlich habe sich G. W. beim "Faxen" des Schriftsatzes vertan. Wie es dazu habe kommen können, sei nicht mehr rekonstruierbar. Auch ein technisches, unerkannt gebliebenes Gebrechen sei nicht auszuschließen. Die Ursache liege offensichtlich in einem Versehen der sonst verlässlichen und genauen Kanzleiangestellten G. W.
§ 46 Abs. 1 VwGG lautet:
"Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Dabei stellt ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und dem Vertreter höchstens ein minderer Grad des Versehens vorzuwerfen ist. Ein Verschulden, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in dieser Weise außer Acht gelassen haben (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 26. April 2002, Zl. 2002/02/0062, m.w.N.).
Ferner hat sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derjenige, der sich gegenüber der Behörde der Möglichkeit der Einbringung einer Eingabe mittels Telefax bedient, zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 2004, Zl. 2004/07/0100, m.w.N., welches zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ergangen und auch auf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 46 Abs. 1 VwGG übertragbar ist).
Dass eine solche Vergewisserung stattgefunden hätte, kann dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnommen werden. Vielmehr wird im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt, dass ein früheres Wegfallen des (zur Wiedereinsetzung führenden) Hindernisses nur möglich gewesen wäre, wenn der Rechtsvertreter selbst eine begleitende Kontrolle der Postaufgabe bzw. des Versendungstermins durchgeführt hätte.
Da nicht einmal behauptet wurde, dass eine Kontrolle der erfolgreichen Übertragung des Telefaxes in fünffacher Ausfertigung im Sinne der vorzitierten hg. Judikatur vorgenommen wurde, kann auch nicht mehr von einem minderen Grad des Versehen die Rede sein (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 8. Juli 2004 m.w.N.).
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.
Wien, am 15. September 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005070104.X00Im RIS seit
14.11.2005