TE OGH 1987/12/2 3Ob569/86 (3Ob570/86)

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Veröffentlicht am 02.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien

1.)

Anna S***, Hausfrau, 5110 Oberndorf, Watzmannstraße 44,

2.)

Barbara G***, Hausfrau, 5020 Salzburg, Nußdorferstraße 6, nunmehr 5102 Anthering, Kroisbachweg 16, vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in Thalgau, wider die beklagte Partei Veronika S***, Bäckermeisterin, 5102 Anthering, Gollacken 9, vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterfertigung eines Vertrages (Streitwerte jeweils 301.000,- S), infolge Revisionen der klagenden Partei Barbara G*** und der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 20. Feber 1986, GZ 32 R 379, 380/85-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Oberndorf bei Salzburg vom 15. Juli 1985, GZ C 31/84-8, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der Revision der klagenden Partei Barbara G*** wird Folge gegeben.

Der diese klagende Partei betreffende Punkt 2.) des angefochtenen Urteils wird aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des diese klagende Partei betreffenden Revisionsverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

2. Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei Anna S*** binnen 14 Tagen die mit 11.726,25 S (darin enthalten 960,- S Barauslagen und 978,75 S Umsatzsteuer) besimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit einem in Notariatsaktsform geschlossenen "Übergabsvertrag" vom 18. Feber 1976 übergab der Vater der Parteien der Beklagten seine Liegenschaft EZ 60 KG Anthering, zu der ua die Grundstücke 162 Baufläche, 2828 Wiese, 2829/1 Wiese, 2830 Acker und 2832 Acker gehören. Die Beklagte verpflichtete sich im Punkt "Zweitens" des Vertrages, "über Weisung des Übergebers" an dessen Tochter Hildegard Stöllner und die Klägerinnen "sogleich auf deren Verlangen" je ein rund 2.000 m2 großes Grundstück aus den oben genannten Grundstücken, "die für Verbauungszwecke geeignet sind und deren Lage vom Übergeber bestimmt wird - nach dessen Ableben jedoch von den Geschenknehmerinnen -, kostenlos zu übergeben, wobei die Kosten der Errichtung und Verbücherung des Vertrages, jene der erforderlichen Vermessung und Ausfertigung der Pläne und die Schenkungssteuern von den Geschenknehmerinnen zu tragen sind."

In den am 27. Feber 1984 eingebrachten, mit je 301.000,- S bewerteten Klagen behaupteten die Klägerinnen, bei einer Begehung der übergebenen Liegenschaft im Oktober 1982, an der die Parteien, deren weitere Schwester Hildegard Stöllner, ihr Vater und Ing. Mooshammer vom Büro des Salzburger Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.-Ing. Herbert Geib teilgenommen hätten, seien die Grenzlinien abgeschritten und einvernehmlich die Lage der beiden für die Klägerinnen herauszumessenden Grundstücke im Ausmaß von je 2.000 m2 bestimmt worden. Wegen dieser Einigung hätten die Klägerinnen das genannte Vermessungsbüro mit der am 13. Oktober 1982 durchgeführten Vermessung und der Anfertigung des Planes GZ 4488 beauftragt, der der Beklagten und dem Vater der Parteien vorgelegt worden sei, die damit einverstanden gewesen seien. Die Rechnung des Vermessungsbüros sei von den Klägerinnen bezahlt worden. Im September 1983 hätten die Klägerinnen auf Grund der Planurkunde GZ 4488 vom öffentlichen Notar in Oberndorf, Dr. Egon Lehnert, je einen Grundabtretungsvertrag entwerfen lassen, dessen Unterzeichnung die Beklagte zunächst verweigert, dann auf Betreiben des Klagevertreters jedoch zugesagt, schließlich aber nicht vorgenommen habe.

Die Klägerinnen begehrten daher, die Beklagte zu verurteilen, die den Klagen beigelegten Grundabtretungsverträge beglaubigt zu unterfertigen, in denen den Klägerinnen je 2.000 m2 große, in der Planurkunde des Dipl.-Ing. Herbert Geib vom 11. Juli 1983, GZ 4488, ausgewiesene Grundstücke übergeben werden, und zwar der Klägerin Anna S*** das neu gebildete Grundstück 2830/3 LN, der Klägerin Barbara G*** die neu gebildeten Grundstücke 2819/8 LN und 2830/2 LN.

Die beiden Klagen wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Sie wendete ein, in die den Klägerinnen zu übertragenden, je 2.000 m2 großen Grundstücke seien die für die Aufschließung durch Weg und Umkehrplatz erforderlichen Flächen einzurechnen. Das von der Zweitklägerin ua beanspruchte Grundstück 2819/1 gehöre nicht zu den Grundstücken, aus denen die Grundstücksflächen herauszumessen seien. Bei der Begehung der Liegenschaft sei die Lage der zu übergebenden Grundstücke nur grundsätzlich erörtert worden. Dem Vermessungsplan habe die Beklagte nie zugestimmt. Die den Klagen angeschlossenen Grundabtretungsverträge gingen über die im Notariatsakt vom 18. Feber 1976 übernommene Verpflichtung der Beklagten weit hinaus, weil sie auch die kostenlose Aufschließung durch einen Weg und die Verpflichtung zur Anlegung eines allenfalls von der Behörde vorgschriebenen Umkehrplatzes sowie das Recht der Abwässerableitung und des Abwasserkanals enthielten.

In der Tagsatzung vom 17. September 1984 behaupteten die Klägerinnen, auf ihr Ersuchen habe ihr Vater der Beklagten im Jahr 1981 die Weisung erteilt, ihnen die Grundstücke zu übergeben.

Sie stellten nun Eventualbegehren, und zwar die Erstklägerin: die Beklagte sei schuldig, beglaubigt den als Beilage B erliegenden Grundabtretungsvertrag a) ohne den Punkt VIII "des Absatzes 5" des Vertragstextes, allenfalls b) ohne Punkt VIII Absatz 5 und 3 des Vertragstextes, allenfalls c) ohne den Punkt VIII, zu unterfertigen; die Zweitklägerin: die Beklagte sei schuldig, den als Beilage E erliegenden Grundabtretungsvertrag a) ohne Punkt VIII Abs 5 und 6, allenfalls b) ohne den Punkt VIII Abs 5 und 6 und 3, allenfalls

c) ohne Punkt VIII, beglaubigt zu unterfertigen.

Punkt VIII der die Erstklägerin betreffenden Beilage B betrifft die Einräumung der Dienstbarkeit des Zugangs und der Zufahrt für das zu übergebende Grundstück über Grundstücke der Beklagten (Abs 1, 2 und 4), einen allfälligen Umkehrplatz (Abs 3 und die Einräumung der Dienstbarkeit der Abwasserableitung und des Abwasserkanals von dem zu übergebenden Grundstück über Grundstücke der Beklagten (Abs 5). Die Abs 1 bis 5 des Punktes VIII der die Zweitklägerin betreffenden Beilage E enthalten der Beilage B entsprechende Regelungen. Abs 6 der Beilage E betrifft eine von der Zweitklägerin einzuräumende Dienstbarkeit der Abwasserableitung und des Abwasserkanals.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte, binnen 14 Tagen in den Abschluß von Verträgen mit den Klägerinnen einzuwilligen, wobei der Inhalt des Vertrages mit der Erstklägerin im wesentlichen den Punkten I, II, VII und VIII Abs 1, 2 und 4 der Beilage B, der Inhalt des Vertrages mit der Zweitklägerin im wesentlichen den Punkten I, II, VII und VIII Abs 1, 2 und 4 der Beilage E entspricht. Die Mehrbegehren, auch die übrigen Punkte der Grundabtretungsverträge Beilagen B, bzw. E beglaubigt zu unterfertigen, wies das Erstgericht ab.

Es traf neben dem wesentlichen Inhalt des Notariatsaktes vom 18. Feber 1976 und der beiden Grundabtretungsverträge Beilagen B und E folgende wesentliche Feststellungen:

Anläßlich des Abschlusses des erwähnten Notariatsaktes sprachen die Vertragsparteien nicht über die Einzelheiten der Übergabe der Baugrundstücke, insbesondere nicht über die Straße, den Umkehrplatz und den Abwasserkanal. Dem Übergeber war jedoch damals bewußt, daß eine Straße gebaut werden müsse. An einen Umkehrplatz und an die Abwasserführung dachte er aber nicht. Es war und ist seine Absicht, daß die Beklagte neben den jeweils 2.000 m2 großen Baugrundstücken noch Grund für die Straßenerrichtung zur Verfügung stellt. Zwischen den Geschwistern kam es zu mehrfachen Versuchen, die Übergabe der Baugrundstücke durchzuführen. Ob ihr Vater die Beklagte im Jahre 1981 anwies, die Grundstücke zu übergeben, und welche genauen Inhalt diese allfällige Weisung hatte, kann nicht festgestellt werden. In der zweiten Hälfte des Jahres 1982 beauftragte die Erstklägerin mit Zustimmung der Zweitklägerin das Vermessungsbüro Dipl.-Ing. Herbert Geib, die Grundstücke auszumessen, und verwies dabei auf den Übergabsvertrag. Im Oktober 1982 kam es zu zwei Begehungen der für die Übergabe in Frage kommenden Grundstücke. Zur ersten erschienen die Klägerinnen, die Beklagte, ihr Vater, Hildegard Stöllner und Ing. Mooshammer vom erwähnten Vermessungsbüro. Dabei wurden die mögliche Lage der drei Grundstücke und der Straßenverlauf an Ort und Stelle erörtert und behelfsmäßig ausgesteckt. Da die Grundstücke nach dem Wunsch der Klägerinnen etwas anders situiert sein sollten als Ing. Mooshammer vorschlug, erklärte dieser, er werde einige Skizzen schicken, in denen die Wünsche eingetragen werden sollten. Daß die Beklagte bei dieser ersten Begehung genaue Kenntnis davon hatte, daß sie zusätzlich zu den 2.000 m2 großen Grundstücken noch weiteren Grund für den in Aussicht genommenen Straßenverlauf und den Umkehrplatz zur Verfügung zu stellen hätte, kann nicht festgestellt werden. Nach dieser ersten Begehung kam es noch öfter zwischen den Parteien zu Gesprächen, deren Inhalt nicht festgestellt werden kann. Vor der zweiten Begehung im Oktober, möglicherweise am 13. Oktober 1982, teilte eine der Klägerinnen dem Vermessungsbüro telefonisch mit, daß man sich auf eine bestimmte Art geeinigt habe. Eine der Klägerinnen übermittelte dem Büro den skizzenhaften Vorausplan, über den die Einigung zustandegekommen sei. Ob auch die Beklagte einen solchen Vorausplan vom Vermessungsbüro erhalten hatte, kann nicht festgestellt werden. An der zweiten Begehung waren neben den bei der ersten anwesenden Personen auch der Bürgermeister von Anthering und der Ehegatte der Beklagten anwesend. Dabei wurden mehrere Varianten besprochen, über die Lage der Grundstücke, den Straßenverlauf, möglicherweise auch über die Notwendigkeit eines Umkehrplatzes. Die Lage der Grundstücke und der Straßenverlauf wurden wieder behelfsmäßig ausgepflockt. Daß der Beklagten bei dieser Begehung bewußt war, daß sie zusätzlich zu den 2.000 m2 Grund jeweils auf Grund des markierten Straßenverlaufes auch noch weiteren Grund für die Straße und den Umkehrplatz zur Verfügung zu stellen habe, kann nicht festgestellt werden. In der Folge beauftragten die Klägerinnen das Vermessungsbüro mit der Erstellung der Planurkunde vom 11. Juli 1983, die den Parteien zugeschickt wurde. Danach führte die Beklagte, die sich auf dem Plan nicht richtig auskannte und fragte, wo die Grundstücke wären, ein Gespräch mit der Erstklägerin. Ob die Beklagte dabei ihre Zustimmung zur Errichtung eines auf dieser Planurkunde basierenden Vertrages gab, kann nicht festgestellt werden. Einige Wochen, nachdem sie den Plan erhalten hatte, beauftragte die Erstklägerin mit Zustimmung der Zweitklägerin den Notar Dr. Egon Lehnert mit der Errichtung der Grundabtretungsverträge B und E. Anläßlich des bei Dr. Egon Lehnert beabsichtigten Unterfertigungstermins weigerten sich die Beklagte und ihr Ehemann, diese Verträge zu unterfertigen. Anlaß dafür waren die erst auf Anregung des Notars aufgenommenen Bestimmungen über den Umkehrplatz. Der Klagevertreter forderte die Beklagte mit Schreibe vom 3. Jänner 1984 auf, binnen 14 Tagen die Abtretungsverträge bei Dr. Egon Lehnert zu unterzeichnen. Daraufhin telefonierten die Beklagte und die Zweitklägerin. Daß die Beklagte dabei verbindlich erklärte, nunmehr die Vertragsentwürfe zu unterfertigen, kann nicht festgestellt werden.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Klägerinnen stützten ihren Anspruch auf die Zustimmung (das Anerkenntnis) der Beklagten zu den wesentlichen Bestimmungen der Beilagen B und E und direkt auf den Übergabsvertrag vom 18. Feber 1976. Die behauptete Zustimmung oder ein Anerkenntnis der Beklagten sei nicht erwiesen. Punkt "Zweitens" des Übergabsvertrages sei jedoch nach § 881 Abs 2 ABGB als echter Vertrag zugunsten Dritter anzusehen, der die Klägerinnen zur Klage legitimiere. Weil dieser Vertragspunkt nicht genau bestimme, in welcher Art und Weise die Leistung zu erbringen sei, sondern sich auf das Ausmaß, die Eignung für Verbauungszwecke und die Kostentragung beschränke, andererseits aber festhalte, daß dies "über Weisung des Übergebers" zu geschehen habe und daß "deren Lage vom Übergeber bestimmt wird", sei das Weisungsrecht des Übergebers ein umfassendes. Er habe es während des Rechtsstreites dahin ausgeübt, daß die Beklagte zusätzlich zu den 2.000 m2 Grund jeweils auch Grund für den Weg zur Verfügung zu stellen habe, das heißt Dienstbarkeiten einräumen solle. Hinsichtlich aller anderen Übergabedetails, wie sie in den einzelnen Punkten der Beilagen B und E zum Ausdruck kämen, fehle jeder erweisbare Wille, jede erkennbare Weisung des Übergebers. Die Weisung des Übergebers sei nach den §§ 914 und 915 ABGB nach der Übung des redlichen Verkehrs ergänzend dahin auszulegen, daß sich die Schaffung eines "neuen Vertrages" nur auf die zur Erreichung des Zwecks unbedingt nötigen Vertragsbestimmungen zu beschränken habe, weshalb Vertragspunkte wie III, IV, V und VI nicht zu übernehmen seien. Hinsichtlich der Abwasserableitungsrechte seien die auf den Beilagen B und E basierenden Klagebegehren nicht zulässig, weil die Abwasserleitung zu unbestimmt sei. Die Behauptung der Beklagten, das im Grundteilungsplan vorgesehene Grundstück 2819/8 gehöre nicht zu den im Übergabsvertrag genannten Grundstücken, sei nicht richtig, weil dieses Grundstück laut Planurkunde GZ 4488 aus Teilen der im Notariatsakt genannten Grundstücke 2829/1 und 2830 bestünde. Das Berufungsgericht gab der nur von der Beklagten erhobenen Berufung, soweit sie die Rechtssache der Erstklägerin betrifft, nicht Folge, wohl aber in der Rechtssache der Zweitklägerin durch gänzliche Abweisung des Klagebehrens und der Eventualbegehren. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, bei beiden Klagen je 300.000,- S übersteigt. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei mangels eines eindeutigen Wortlautes des außer Streit gestellten Punktes "Zweitens" des Notariatsaktes vom 18. Feber 1976 auch auf den Willen der Parteien, vornehmlich aber auf den Willen des Übergebers abzustellen. Dieser habe in der Verhandlung vom 7. Mai 1984 klar zum Ausdruck gebracht, daß jede Klägerin von der Beklagten 2.000 m2 Grund zu erhalten habe und "sie sich die Straße extra machen müßten", wobei die Straße außer den 2.000 m2 gewesen wäre, "weil ohnedies alle dort fahren". Im Zusammenhang mit dem Wortlaut des genannten Vertragspunktes, der von "rund 2.000 m2 Grund" spreche, sei die Grundstückgröße von vornherein vom Übergeber nicht auf den Quadratmeter genau festgelegt worden. Die Grundstücke sollten aber für Verbauungszwecke geeignet sein, so daß eine Zufahrt möglich sein müsse. Da die Beklagte als Übernehmerin ein Vielfaches der den Klägerinnen zustehenden Flächen, nämlich 3 ha, erhalten habe, könnten keine ernsthaften Bedenken dagegen bestehen, daß neben der vertraglich bestimmten "Zirka-Größe" von 2.000 m2 noch Grund für einen Zufahrtsweg zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Berufungsbehauptung, die von den Klägerinnen begehrten Grundstücke seien nicht verbaubar, weil sie nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde Anthering als Grünland ausgewiesen seien, stelle eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung dar. Trotz einer solchen Widmung könnten sich die Klägerinnen um eine Bauplatzerklärung kümmern. Aus der eindeutigen Zeugenaussage des Übergebers, daß sich die Klägerinnen und alle, die darauf fahren wollen, die Straße selbst zu machen hätten, ergebe sich, daß bei Abschluß des Übergabsvertrages an die erforderliche Errichtung einer Straße gedacht worden sei. Aus der Eignung der Grundstücke für Verbauungszwecke ergebe sich zweifellos, daß die Klägerinnen in die Lage zu versetzen seien, ihre Grundstücke entsprechend aufzuschließen. Gegen die Meinung des Erstgerichtes, daß die Klägerinnen nach dem nunmehrigen Willen des Übergebers den Weg zusätzlich zu den rund 2.000 m2 Grund erhalten sollten, bestünden keine Bedenken.

Der Übergeber habe sein Weisungsrecht zur Lage der Grundstücke durch seine Mitwirkung bei der zweiten Begehung schlüssig ausgeübt. Im Sinn des § 881 Abs 2 und 3 ABGB könnten auch die Klägerinnen als weichende Geschwister die Übergabe der ihnen zustehenden Grundstücke verlangen.

Das erstgerichtliche Urteil erweise sich daher zugunsten der Erstklägerin als richtig.

Die Zweitklägerin beanspruche hingegen ein Grundstück, das nach der Planurkunde Beilage I nicht unter die im Punkt "Zweitens" des Übergabsvertrages genannten Grundstücke falle. Der Übergeber habe insoweit kein Auswahl- oder Zuweisungsrecht, und auch diese Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung. Das Grundstück 2819/8 bestehe nämlich nur mit den Trennstücken 10, 11 und 12 aus Teilen der Grundstücke 2829/1 und 2830, während die größere Fläche aus Teilen des Grundstückes 2819/1 bestehe, auf das die Zweitklägerin keinen vertraglichen Anspruch habe. Deshalb sei ihr Klagebegehren gänzlich abzuweisen.

Gegen den abändernden Teil des Berufungsurteils richtet sich die Revision der Zweitklägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, es durch Klagestattgebung zumindest im Umfang des Grundstückes 2830/2 im Gesamtausmaß von 1.355 m2 abzuändern. Den bestätigenden Teil des Berufungsurteils bekämpft die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, ihn im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens der Erstklägerin abzuändern, oder es aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsgegnerinnen beantragen, der Revision der Gegenpartei nicht Folge zu geben.

Nur die Revision der Zweitklägerin ist berechtigt.

Beide Klägerinnen stützten ihre Begehren, die Beklagte zur beglaubigten Unterfertigung der den Klagen beigelegten Grundabtretungsverträge zu verurteilen, nicht nur auf den zwischen der Beklagten und dem Vater der Parteien abgeschlossenen Übergabsvertrag vom 18. Feber 1976, sondern auch darauf, daß die Streitteile und deren Vater im Oktober 1982 bei einer Begehung der der Beklagten übergebenen Liegenschaft einvernehmlich die Lage der beiden herauszumessenden Grundstücke im Ausmaß von je 2.000 m2 bestimmt hätten.

Das festgestellte Verhalten der Erstklägerin, der Beklagten und ihres Vaters bei der zweiten Begehung im Oktober 1982, aber auch das spätere Verhalten der genannten Parteien im Zusammenhalt mit dem festgestellten Motiv der Beklagten, den vom Notar auf der Grundlage der Planurkunde des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.-Ing. Herbert Geib vom 11. Juli 1983, GZ 4488, entworfenen Grundabtretungsvertrag (nur) wegen der erst auf Anregung des Notars in diesen Vertragsentwurf aufgenommenen Bestimmung über den Umkehrplatz nicht zu unterfertigen, lassen bei Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig (§ 863 ABGB), daß sich die Erstklägerin, die Beklagte und ihr Vater bei der zweiten Begehung im Oktober 1982 über die Lage des für die Erstklägerin auszumessenden Grundstückes im Ausmaß von 2.000 m2 im Sinne der behelfsmäßigen Auspflockung geeinigt haben. Deshalb ist es unerheblich, ob das der Erstklägerin zu übergebende Grundstück, wie es im Punkt "Zweitens" des zitierten Notariatsaktes heißt, für Verbauungszwecke geeignet ist. Hinsichtlich des letztgenannten Umstandes hat das Berufungsgericht übrigens zutreffend darauf hingewiesen, daß von der Beklagten in erster Instanz nicht eingewendet wurde, daß die von den Klägerinnen beanspruchten Grundstücke hiefür nicht geeignet seien. Infolge der erwähnten Einigung und auf Grund des Punktes "Zweitens" des zitierten Notariatsaktes, der von den Vorinstanzen zutreffend als echter Vertrag zugunsten der Klägerinnen im Sinne des § 881 Abs 2 und 3 ABGB qualifiziert wurde, kann die Erstklägerin von der Beklagten die Übergabe des im Punkt II. des Grundabtretungsvertrages Beilage B beschriebenen Grundstücks, aber auch die Einverleibung eines entsprechenden Zugangs- und Zufahrtrechtes zu diesem Grundstück verlangen.

Daher war der Revision der Beklagten, in der wie in der Berufung unzulässige Neuerungen vorgebracht werden und die teilweise auch nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, nicht Folge zu geben. Hingegen ist die Revision der Zweitklägerin berechtigt. Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, wird das von der Zweitklägerin beanspruchte Grundstück nicht wie das der Erstklägerin zustehende Grundstück zur Gänze aus den im Punkt "Zweitens" des Notariatsaktes vom 18. Feber 1976 genannten Grundstücken gebildet, sondern würde hinsichtlich des 645 m2 großen neu zu bildenden Grundstückes 2819/8 LN auch aus einer 525 m2 großen abgetrennten Fläche des Grundstückes 2819/1 bestehen, das nicht zu den der Beklagten vom Vater übergebenen Grundstücken zählt, aus denen die Beklagte der Zweitklägerin ein vom Übergeber näher zu bestimmendes Grundstück zu übergeben hat.

Die Beklagte wäre daher nur dann verpflichtet, der Zweitklägerin das von dieser begehrte Grundstück zu übergeben, wenn hierüber zwischen den genannten Parteien eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen oder wenigstens eine grundsätzliche schlüssige Übereinstimmung erzielt worden wäre. Anders als bei der Erstklägerin konnte nämlich der Vater der Parteien der Zweitklägerin das von ihr begehrte Grundstück nicht zuweisen, weil es - wie schon erwähnt - auch aus Teilen von Grundstücken bestehen würde, von denen die Beklagte gegen ihren Willen nichts übergeben muß. Ob es - insbesondere bei der zweiten Begehung im Oktober 1982 - zu einer solchen Einigung zwischen der Zweitklägerin und der Beklagten gekommen ist, kann nach den bisherigen Feststellungen noch nicht verläßlich beurteilt werden, weil noch nicht feststeht, ob den Genannten damals bewußt war, daß das für die Zweitklägerin ausgesteckte Grundstück auch wesentliche Teile von Grundstücken erfaßte, zu deren Übergabe die Beklagte nach dem mit ihrem Vater geschlossenen Übergabsvertrag ohne ihre Zustimmung nicht verpflichtet gewesen wäre. Sollte sich erweisen, daß den genannten Parteien dieser Umstand bewußt war, dann bliebe bei Überlegung aller Umstände auch hier kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig (§ 863 ABGB), daß sie sich über die Lage des der Zweitklägerin zu übergebenden und von dieser nunmehr begehrten Grundstückes geeinigt hätten. Diesfalls wäre das Urteil der ersten Instanz auch zugunsten der Zweitklägerin richtig. Andernfalls wäre ihr Klagebegehren aber gänzlich abzuweisen, weil dem Berufungsgericht darin beizustimmen ist, daß dieses auf die Übertragung des gesamten darin genannten Grundstückes gerichtet ist, so daß die Verurteilung des Beklagten zur Übertragung eines Teiles diese Grundstückes der Zweitklägerin nicht weniger, sondern etwas zusprechen würde, was nicht beantragt wurde. Dazu ist das Gericht nach § 405 ZPO nicht befugt. Zur Erörterung und Feststellung der dem Revisionsgericht erheblich scheinenden Tatsachen war der die Zweitklägerin betreffende Teil des angefochtenen Urteils aufzuheben und die diese Klägerin betreffende Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO, der Kostenvorbehalt auf § 52 Abs 2 Satz 2 ZPO.

Anmerkung

E14334

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00569.86.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19871202_OGH0002_0030OB00569_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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