TE OGH 1987/12/2 9ObA174/87

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Veröffentlicht am 02.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeitsund Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Kabelka und Jürgen Mühlhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gilbert W***, Journalist, Hadersdorf, Jakob-Pich-Siedlung 24, vertreten durch Dr.Friedrich Weber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F*** Druck und Verlagsgesellschaft mbH, Krems an der Donau, Wiener Straße 127, vertreten durch Dr.Peter Fiegl und Dr.Frank Riel, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wegen S 66.486,-- sA (Revisionsstreitwert S 49.711 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeitsund Sozialrechtssachen vom 15. April 1987, GZ 34 Ra 8/87-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Krems an der Donau vom 11.November 1986, GZ Cr 37/86-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil unter Einschluß des unangefochten gebliebenen Teils zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 66.486,-- samt 4 % Zinsen aus S 36.246,-- vom 1. März 1984 bis 26.Jänner 1986 und aus S 66.486,-- seit 27. Jänner 1986 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.454,20 (darin S 1.132,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.715,70 (darin S 428,70 Umsatzsteuer und S 2.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 5.329,75 (darin S 257,25 Umsatzsteuer und S 2.500,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger trat im Jahre 1978 als Maturant in die Dienste der Beklagten, welche im Jahr 51 Wochenausgaben der "Niederösterreichischen-Landeszeitung" herausbringt. Nach kurzer Einschulung in die Verfassung von Artikeln und im Fotografieren wurde er ohne schriftlichen Dienstvertrag als Redakteursaspirant für die Kremser Ausgabe der Wochenzeitung angestellt und als solcher kollektivvertraglich entlohnt. Über die Honorierung von Bildbeiträgen wurde nicht gesprochen. Der Kläger erhielt von der Beklagten eine Fotoausrüstung und erbrachte vorerst fallweise und ab November 1981 regelmäßig auch Bildbeiträge. Es war bei der Beklagten üblich, daß derjenige Arbeitnehmer, welcher Veranstaltungen besuchte, nicht nur darüber schrieb, sondern auch Bilder anfertigte. Im Februar 1984 endete sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Mit der Behauptung, er sei lediglich als "schreibender" Journalist angestellt gewesen, begehrt der Kläger letztlich S 66.486,-- sA als Sonderhonorar für die Anfertigung von Lichtbildern in den Jahren 1981 bis 1983. Sein Aufgabenbereich habe nur die Abfassung von Artikeln für die Wochenzeitung umfaßt. Soweit er zusätzlich und außerhalb seines Arbeitsbereiches noch Fotos beigebracht habe, sei diese Tätigkeit nach § 25 des Kollektivvertrages gesondert zu entlohnen.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei wie die anderen Redakteure als sogenannter "Wort-Bild-Redakteur" beschäftigt gewesen. Er habe stets nicht nur als Textredakteur zu arbeiten gehabt, sondern auch als Fotograf. Durch sein Gehalt seien alle Leistungen vereinbarungsgemäß abgegolten gewesen. Außervertragliche Beiträge habe der Kläger nicht gebracht. Im übrigen seien seine Ansprüche verjährt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 49.711,-- sA statt und wies das Mehrbegehren von S 16.755,-- sA ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Dem Kläger wurde für die Bildbeiträge, die er zu seinen Textbeiträgen erbrachte, kein höheres Entgelt versprochen oder ausgezahlt. Er verlangte auch keine gesonderte Entlohnung. Als er in der Folge erkannte, daß die Ausstattung der Texte mit Bildern auch hinsichtlich des Arbeitsumfanges schon wegen der Notwendigkeit, an Ort und Stelle zu fahren, und wegen des Umbruches eine Mehrleistung mit sich brachte, versuchte er über den Betriebsrat, eine zusätzliche Entlohnung der Bildbeiträge zu erreichen, ohne persönlich an die Geschäftsführung heranzutreten. Der Betriebsrat wandte sich mit Schreiben vom 18.März 1983 und 15.April 1983 an die Geschäftsführung der Beklagten und forderte unter Hinweis auf den Kollektivvertrag für die bei österreichischen Wochenzeitungen angestellten Redakteure, Redakteursaspiranten und Reporter die Ausstellung schriftlicher Dienstverträge und die gesonderte Honorierung von Fotobeiträgen für journalistische Redakteure. Die Beklagte ließ daraufhin die Fotos von einem anderen Unternehmen herstellen. Die Redakteure und Redakteursaspiranten lieferten sodann vorübergehend keine Bildbeiträge mehr. Nach kurzer Zeit fertigten die Redakteure der Beklagten die erforderlichen Bilder aber wieder selbst an. Der Geschäftsführer der Beklagten, Walter J***, stellte den Redakteuren zwar Dienstzettel aus, lehnte aber eine gesonderte Honorierung für die Beibringung von Fotos ab.

Der Tarifvertrag für die bei österreichischen Wochenzeitungen angestellten Redakteure sieht in Punkt 5 eine Honorierung von Bildbeiträgen außerhalb ihrer dienstvertraglichen Verpflichtung bei Beistellung des Fotomaterials durch den Verlag und Ausarbeitung im Verlag im Jahre 1982 pro Lichtbild mit S 91,--, ab Dezember 1982 und 1983 pro Lichtbild mit S 96,-- und im Jahre 1984 pro Lichtbild mit S 100,-- vor. Der Kläger fertigte in diesen Jahren eine große Anzahl näher festgestellter Lichbilder an.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß Redakteure nach dem genannten Kollektivvertrag entweder als Wortredakteur oder als Bildredakteur arbeiteten und dafür tariflich entlohnt würden. Ein Wort-Bildredakteur scheine im Kollektivvertrag nicht auf. Werde ein WortBildredakteur lediglich als Redakteur entlohnt, entspreche dies nicht den Richtsätzen des Kollektivvertrages, der dem Arbeitnehmer einen Mindestanspruch garantiere. Es sei daher § 25 Punkt 1 des Kollektivvertrages anzuwenden, wonach vom Arbeitnehmer verfaßte, außerhalb seines vertraglichen Arbeitsgebietes liegende Bildbeiträge, die im Blatt verwendet werden, zu honorieren seien. Da aber die Ansprüche des Klägers der dreijährigen Verjährung gemäß § 1486 Z 1 ABGB unterlägen, stünden ihm nur die nach dem 1.Juni 1982 entstandenen Sonderentgelte zu.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nach dem Journalistengesetz und dem Kollektivvertrag klargestellt sei, daß der Aufgabenbereich eines Redakteurs die Herstellung von Textbeiträgen ebenso umfasse wie die von Bildbeiträgen. Der vertragliche Aufgabenbereich des Redakteurs beziehe sich aber nur auf die Mitwirkung am redaktionellen Teil des Blattes, also auf eine Tätigkeit im Innendienst, wogegen ein Reporter auf Weisung des Redakteurs sowohl im Innendienst als auch im Außendienst verwendet werde. Die Anfertigung von Lichtbildern im Außendienst falle sohin in den Arbeitsbereich eines Reporters. Da der Kläger als Redakteur angestellt gewesen sei, stehe ihm gemäß § 25 Kollektivvertrag das im Berufungsverfahren der Höhe nach außer Streit gestellte Honorar für seine außervertraglichen Beiträge zu. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Für den Inhalt und den Umfang der vom Arbeitnehmer geschuldeten Leistung ist in erster Linie die Einzelvereinbarung maßgeblich; in Ermangelung einer solchen sind die den Umständen entsprechenden angemessenen Dienste zu leisten (Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 175 f; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 I 62). Die nähere Festlegung der arbeitsvertraglichen Pflichten kann ebenso wie der Abschluß eines Arbeitsvertrages an sich entweder ausdrücklich oder konkludent erfolgen (vgl. Arb.

8.535 = SZ 41/69 ua). Den Feststellungen ist zwar nicht zu entnehmen, ab wann der Kläger nicht mehr Redakteursaspirant, sondern Redakteur war; es blieb aber unbestritten, daß er die eingeklagten Leistungen jedenfalls als Redakteur erbrachte. Weiters steht fest, daß er zwar entgegen den Vorschriften des § 2 JournG und § 10 des Kollektivvertrages für die bei österreichischen Wochenzeitungen angestellten Redakteure, Redakteursaspiranten und Reporter (kurz Kollektivvertrag) keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, der allerdings diesbezüglich nur das Ressort zu bezeichnen gehabt hätte, erhielt, daß er aber, wie es bei der Beklagten üblich war, von vorneherein nicht nur Textbeiträge verfaßte, sondern dazu auch Lichtbilder anfertigte. Ein zusätzliches Entgelt wurde dafür nicht vereinbart und der Kläger selbst machte diesbezüglich während des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses auch keine Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend (§ 21 KollV). Es ist daher davon auszugehen, daß der Umfang seiner Redakteurstätigkeit sich durch konkludente Vereinbarung sowohl auf Text als auch auf Bildbeiträge erstreckte. Eine andere Zuordnung des Arbeitsbereiches ist auch dem am 16.Jänner 1984 ausgestellten Dienstzettel nicht zu entnehmen, in dem der Kläger als "Redakteur" bezeichnet wird. Damit ist aber seine Behauptung, er sei nur als "schreibender" Journalist angestellt gewesen, widerlegt.

Es ist daher weiter zu prüfen, ob dieser durch konkludente Vereinbarung zustande gekommene Tätigkeitsumfang zwingende gesetzliche oder kollektivvertragliche Bestimmungen verletzt. Das Journalistengesetz bringt keine vom Kläger behauptete Abgrenzung des Aufgabenbereichs eines Redakteurs; es verweist in § 1 lediglich darauf, daß es für alle mit der Verfassung des Textes oder mit der Zeichnung von Bildern betrauten Mitarbeitern eines Zeitungsunternehmens (Redakteure, Schriftleiter) gilt. In § 7 des Kollektivvertrags werden Redakteure wie folgt definiert:

Redakteure sind Dienstnehmer, die an der Herstellung des redaktionellen Teiles von Blättern regelmäßig in der Weise mitwirken, daß sie

a) eigene, zum Begriff einer periodischen Druckschrift gehörige Aufsätze und Notizen oder selbst ausgewählte und hergestellte Bildbeiträge beistellen oder

b) fremde, aktuelle, zum Begriff einer periodischen Druckschrift gehörige Beiträge oder Bilder für den Druck fertig machen oder

c) die redaktionell-technische Ausgestaltung (Anordnung oder Umbruch) des Textteils besorgen.

Wie das Berufungsgericht richtig erkannt, stellt diese Aufzählung lediglich klar, daß nicht nur derjenige ein vollwertiger Redakteur ist, der Texte und Bildbeiträge beistellt, sondern daß jede der beiden zu lit a genannten Tätigkeiten bereits die Eigenschaft eines Redakteurs begründet. Daraus ergibt sich aber entgegen der Ansicht des Klägers noch keinewegs eine Beschränkung des Umfangs der möglichen und vereinbarten Tätigkeit, da es im Einzelfall von der Größe oder der Organisation des Blattes abhängig sein kann, ob Redakteure nur zur Herstellung von Aufsätzen oder Bildbeiträgen oder zu beiden redakteursspezifischen Tätigkeiten eingesetzt werden. Es bleibt dabei durchaus die Möglichkeit offen, daß ein Redakteur in beiden Bereichen lediglich Teiltätigkeiten erbringt, etwa wenn er in einem Teilbereich allein nicht ausgelastet wäre. Der Kläger behauptete nicht, seine tatsächliche Inanspruchnahme sei insgesamt über die für Redakteure vorgesehene Arbeitszeit hinausgegangen.

Mit seiner weiteren Ansicht, der vertragliche Aufgabenbereich eines Redakteurs sei lediglich die Tätigkeit im Innendienst, die Anfertigung von Lichtbildern im Außendienst falle hingegen in den Arbeitsbereich eines Reporters, entfernt sich das Berufungsgericht von den angeführten Bestimmungen des Kollektivvertrags, denen nicht zu entnehmen ist, daß etwa selbst ausgewählte und "hergestellte" Bildbeiträge nur im Innendienst bewerkstelligt werden könnten. Dieser Auffassung widerspricht nicht nur der Kläger selbst, sondern es weist auch die Revisionswerberin zutreffend darauf hin, daß etwa ein Reise oder Sportredakteur seine Tätigkeit nicht ausschließlich vom Schreibtisch aus durchführen könne.

Der Kläger wurde durch seine Verwendung als Text und Bildredakteur sohin weder "Doppelredakteur", noch kann eine dieser Tätigkeiten als außerhalb des Arbeitsvertrages gelegen von der anderen abgegrenzt werden. Aus dem Fehlen einer Bezeichnung "Wort-Bildredakteur" im Kollektivvertrag ist entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht zu schließen, daß es solche Redakteure nicht geben dürfe; daraus folgt nur, daß Redakteure Arbeitnehmer sind, welche die in § 7 Kollektivvertrag aufgezählten Tätigkeiten erbringen. Welche dieser Tätigkeiten im einzelnen geleistet werden muß, hängt vom Inhalt der Einzelvereinbarung ab, die zulässigerweise auch eine Mischverwendung vorsehen kann. Der Kläger hatte sohin nach § 19 Kollektivvertrag Anspruch auf das seiner Verwendung entsprechende Tarifgehalt; ein gesondertes Honorar für außerhalb seines vertraglichen Arbeitsgebietes liegende Textoder Bildbeiträge steht ihm daher schon deshalb nicht zu, da seine arbeitsvertragliche Verpflichtung sowohl die Beibringung von Text als auch Bildbeiträgen umfaßte. Daß er außerhalb seines Ressorts noch zusätzlich von der Beklagten aufgetragene oder angenommene Leistungen erbracht hätte, wurde nicht behauptet.

Da schon aus diesen Erwägungen der Revision Folge zu geben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die erhobene Mängelrüge und die geltend gemachten Feststellungsmängel.

Die Kostenentscheidungen sind in den §§ 41 bzw. 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E12893

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:009OBA00174.87.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19871202_OGH0002_009OBA00174_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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