Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma P*** Gesellschaft mbH & Co. KG, Mauthausen,
Oberhaiderstraße 43, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Dr. Josef Weixelbaum, Dr. Helmut Trenkwalder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Firma S*** & Co., Wörgl, Salzburgerstraße 33, vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer, Dr. Herbert Marschitz, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen restlicher S 50.823,-- samt Anhang infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 9. Juli 1987, GZ 2 R 70/87-58, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20. November 1986, GZ 7 Cg 278/84-53, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.123,80 bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 685,80 Umsatzsteuer und S 480,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit schriftlichem Auftrag vom 25. Oktober 1977 bestellte die beklagte Partei bei der klagenden Partei eine Stahlfertigteilhalle nach dem "Butler-System". Als Entgelt für die Lieferung und Errichtung dieser Halle wurde ein Nettobetrag von S 420.000,-- zuzüglich 18 % Mehrwertsteuer vereinbart. Über ausdrückliches Ersuchen der beklagten Partei wurde die Rechnung schon am 30. Dezember 1977 gelegt. Die beklagte Partei leistete hierauf am 1. Februar 1978 eine Zahlung von (richtig) S 273.800,-- und am 8. Februar 1979 eine weitere von S 100.000,--. Zur Eindeckung der Halle wurden von der beklagten Partei bei der klagenden Partei Dachlichtplatten nachbestellt. Anläßlich der Montage stellte die klagende Partei fest, daß die Normdachlichtplatten nicht eingebaut werden könnten, weil auf Grund der Erstbestellung, in der Dachlichtplatten nicht vorgesehen gewesen seien, die Dachpfetten der Halle wegen der Schneelastbedingungen aus statischen Gründen enger zusammengelegt wurden. Die klagende Partei sagte aber zu, andere passende Dachlichtplatten, die sonderangefertigt werden sollten, nachzuliefern. Die Montagekosten der Dachlichtplatten waren bereits in den in Rechnung gestellten Gesamtkosten enthalten. Lediglich die Materialkosten sollten separat in Rechnung gestellt werden. Im Jänner 1979 wurde von den Streitteilen ein gemeinsames Protokoll über die von der klagenden Partei zu vertretenden Mängel aufgenommen. Darin wurde festgehalten, daß die Dachisolierung auszubessern sei, sämtliche hochfesten Schraubverbindungen nachzuprüfen und mit Rostschutz zu behandeln seien, Giebelverkleidungen und Dachrinnen zu montieren seien, ein Statiker die Notwendigkeit des Portalrahmens zu überprüfen habe und Dachlichtplatten laut separatem Auftrag zu liefern und zu montieren seien. Es wurde festgehalten, daß die Montagekosten im Erstauftrag enthalten sind. In der Folge urgierte die beklagte Partei die Mängelbehebung, die nur teilweise erfolgt war.
Im Jänner 1980 teilte die klagende Partei der beklagten Partei mit, daß sie die bestellten Dachlichtplatten nicht liefern könne. Die beklagte Partei lehnte darauf weitere Mängelbehebungen durch die klagende Partei ab. Die Halle weist nach wie vor behebbare Mängel auf; die Dachisolierung ist braunfleckig verfärbt und rissig, die Zapfenverbindungen der Distanzeisen sind teilweise lose, Stahlrahmen sind auf die Gesamthöhe um ca. 3 cm aus dem Lot. Durch das Fehlen der Dachlichtplatten muß die Halle mit 34 Leuchtröhren beleuchtet werden. Der Verkehrswert der mängelfreien Hallenkonstruktion zum Zeitpunkt Oktober 1977 beträgt ohne Umsatzsteuer S 1,400.000,-- der Wert der mangelhaften Konstruktion zum selben Zeitpunkt unter Berücksichtigung der im Abnahmeprotokoll von Jänner 1979 festgehaltenen Mängel 90 % des Gesamtverkehrswertes, d.s. ohne Umsatzsteuer S 1,260.000,--. Das Erstgericht folgte dabei dem Sachverständigengutachten, daß der mängelfreie Wert der von der klagenden Partei zu erbringenden Leistungen S 420.000,--, der Wert der von der beklagten Partei erbrachten und von ihr sonst in Auftrag gegebenen Leistung S 980.000,-- beträgt. Der jährliche Mehraufwand an Stromkosten und Leuchtstoffröhren sowie die Arbeit für das Auswechseln der Leuchten wurde mit S 4.500,-- bewertet; dies ergibt auf 25 Jahren kapitalisiert einen Betrag von S 112.500,--. Die restlichen bestehenden Mängel wurden mit S 27.500,-- bewertet. Die klagende Partei begehrt den Zuspruch des Betrages von S 100.383,-- samt Anhang. Die beklagte Partei habe auf den vereinbarten Preis von S 420.000,-- zuzüglich 18 % Umsatzsteuer S 373.800,-- bezahlt; außerdem seien der beklagten Partei erteilte Gutschriften für ersparte Montagekosten von S 4.956,-- und S 16.461,-- berücksichtigt. Ein Preisminderungsanspruch der beklagten Partei bestehe nicht zu Recht, weil die Dachlichtplatten, deren Materialpreis ohnedies in der Rechnung nicht enthalten sei, im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen gewesen seien. Die beklagte Partei wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, daß sie diese Halle auch für Wartungsarbeiten an eingestellten Kränen benötige. Sie habe größten Wert darauf gelegt, daß der Lichteinfall von oben gewährleistet sei. Aus diesem Grunde seien Dachlichtplatten, die schon von allem Anfang an bei der Planung vorgesehen gewesen seien, bestellt worden. Die vorhandenen Mängel und das Fehlen der Dachlichtplatten berechtige die beklagte Partei zur Geltendmachung einer Preisminderung bis zur Höhe des Klagsanspruches. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, bereits bei der Auftragserteilung habe die beklagte Partei der klagenden Partei ihre besonderen Bedürfnisse über die HÖhe der Tore und die Beleuchtung mittels Dachlichtplatten mitgeteilt. Auf dieser Grundlage sei ein Plan errichtet worden, der der klagenden Partei zur Verfügung gestellt worden sei.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß sich nach der relativen Berechnungsmethode eine Preisminderung für die mangelhafte Halle im Betrag von S 140.000,-- ergebe. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es der klagenden Partei den Betrag von S 50.823,-- samt Anhang zusprach. Die Revision für den abändernden Teil erklärte es für nicht zulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Die Montage von Dachlichtplatten sei bereits Gegenstand der seinerzeitigen Vertragsgespräche, die zur Auftragserteilung geführt hätten, gewesen. Die Dachlichtplatten seien auch bereits in dem von der klagenden Partei errichteten Einreichplan vorgesehen gewesen. Es könne daher keinem Zweifel unterliegen, daß es sich um einen einheitlichen Auftrag gehandelt habe. Das Erstgericht habe aber den Preisminderungsanspruch falsch berechnet. Stelle man nach der relativen Berechnungsmethode die Auftragssumme von einschließlich der Umsatzsteuer S 495.600,--, dem Wert der mängelfreien Sache von S 1,400.000,-- gegenüber, so errechne sich auf Grund des Wertes der mangelhaften Sache von S 1,260.000,-- ein Preisminderungsanspruch von nur S 49.560,--. Die erteilten Gutschriften von S 21.417,-- seien bereits bei der Errechnung des Klagsbetrages berücksichtigt worden.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.
Weder der Anspruch auf angemessene Minderung des Entgelts nach §§ 932, 1167 ABGB noch auf angemessene Vergütung nach § 872 ABGB sind Schadenersatzansprüche; Ziel beider Ansprüche ist es vielmehr, die von den Parteien zum Ausdruck gebrachte subjektive Äquivalenz aufrecht zu erhalten. Es wird daher nicht eine kausale Schadensberechnung angestellt, beide Ansprüche werden vielmehr nach der relativen Berechnungsmethode ermittelt. Der Preis des Gutes (Werkes) hat sich zum geminderten Preis so zu verhalten wie der objektive Wert der Sache ohne Mangel zum objektiven Wert der mit Mängeln behafteten Sache (JBl. 1984, 203; SZ 54/88; SZ 53/108; HS 10.890 uva, Koziol-Welser8 I 124, 246; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 538; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht Allgemeiner Teil3 421; Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Eccher, Schuldrecht Allgemeiner Teil2 146; Rummel, ABGB, Rz 5 zu 872). Dieser Rechtsansicht legte zwar auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde, es übersah aber, daß das Erstgericht bei Berechnung des Preisminderungsanspruches von den unbekämpft gebliebenen Prämissen des Sachverständigengutachtens ausgegangen ist, wonach der Fakturenwert des von der klagenden Partei geschaffenen Werkes dem Wert des Werkes, wäre es mängelfrei gewesen, entsprochen hätte und der Gesamtwert der Halle zum überwiegenden Teil auf Grund von (fehlerfreien) Leistungen insbesondere der beklagten Partei geschaffen wurde. Bei der relativen Berechnungsmethode kann aber immer nur das Verhältnis der eigenen Leistung mit und ohne Mängel mit dem Verhältnis des Wertes der eigenen mängelfreien Leistung zum Wert der geminderten eigenen Leistung ident sein. Fiel aber die gesamte Wertminderung von S 140.000,-- auf Leistungen der klagenden Partei, deren Wert ident gewesen wäre mit dem vereinbarten Preis, besteht jedenfalls ein Preisminderungsanspruch der beklagten Partei in der Höhe des noch aushaftenden Werklohnes.
Der Revision ist Folge zu geben, das angefochtene Urteil ist dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E12723European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00715.87.1209.000Dokumentnummer
JJT_19871209_OGH0002_0010OB00715_8700000_000