TE OGH 1987/12/9 1Ob693/87

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Veröffentlicht am 09.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 22. Februar 1986 verstorbenen, zuletzt in Wien 19., Paradisgasse 28/3/3, wohnhaft gewesenen Pensionisten Friedrich B*** infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erbin Zdravka S***, Angestellte, Wien 19., Weinberggasse 15/4, vertreten durch Dr. Gerd Hartung, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 17. September 1987, GZ 47 R 606,613/87-73, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 18. Mai 1987, GZ 1 A 153/86-63, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden, soweit sie den Verkauf des in den Nachlaß fallenden PKW Mercedes 300 D durch die erbserklärte Erbin Zdravka S*** zum Gegenstand haben, (ersatzlos) aufgehoben.

Im übrigen wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 17. April 1986 (ON 9) nahm das Erstgericht die auf Grund des Testamentes vom 4. September 1985 zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung der Zdravka S*** zu Gericht an und überließ ihr gemäß § 145 AußStrG, § 810 ABGB die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses. Mit Beschluß vom 22. April 1986 (ON 12) nahm es die von der erblasserischen Tochter Susanne K*** auf Grund des Gesetzes zum Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung zu Gericht an, wies dieser mit Beschluß vom 14. Mai 1986 (ON 14 b) im Erbrechtsstreit die Klägerrolle zu und bestimmte ihr gleichzeitig eine Frist von vier Wochen ab Rechtskraft dieses Beschlusses zur Einbringung der Klage gegen die auf Grund des Testamentes erbserklärte Zdravka S***. Mit Schriftsatz ON 29 wies Susanne K*** die fristgerechte Einbringung der Erbrechtsklage nach. Mit Beschluß vom 28. Oktober 1986 (ON 45) ermächtigte das Erstgericht Zdravka S***, den in den Nachlaß fallenden, näher bezeichneten PKW Mercedes 300 D freihändig bestmöglich, jedoch nicht unter dem Schätzwert, zu veräußern, und schob die von Zdravka S*** beantragte Freigabe von Geldern zur Abdeckung von Auslagen für die Verlassenschaft bis zur Errichtung des Inventars auf. Mit Beschluß ON 62 wies das Erstgericht Zdravka S*** an, binnen 14 Tagen nachzuweisen, daß sie für den PKW Mercedes 300 D den bestmöglichen Kaufpreis erzielt habe, "bejahendenfalls" den Kaufpreis beim Gerichtskommissär zugunsten der Verlassenschaft zu erlegen. Zdravka S*** habe eine am 13. April 1987 getroffene Vereinbarung über den Verkauf des PKWs und die Bezahlung des Kaufpreises bei Übergabe des Fahrzeuges in Kopie vorgelegt, auf deren Rückseite sich ein offensichtlich von ihr angefertigter handschriftlicher, mit 14. April 1987 datierter Vermerk befinde, mit welchem sie bestätigte, daß sie den PKW an ihren Ehegatten Marniko S*** um S 68.000 verkauft habe. Zdravka S*** habe damit den aufgetragenen Nachweis bestmöglicher Veräußerung nicht erbracht. Im übrigen könne auf den Beschluß ON 45 verwiesen werden. Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluß. Das Erstgericht habe schon mit Beschluß ON 45 die Freigabe von in den Nachlaß fallenden Barbeträgen von der Errichtung des Inventars abhängig gemacht; es sei damit zutreffend von der Erwägung ausgegangen, daß Gläubiger vorweg erst befriedigt werden dürften, wenn der Stand der Verlassenschaft mit Hilfe des Inventars überblickt werden könne. Im übrigen wäre es Sache der Rekurswerberin gewesen, den vom Erstgericht aufgetragenen Nachweis anzutreten; ein solcher Nachweis sei nicht erbracht, wenn der PKW um einen den Schätzwert bloß um S 1.000 übersteigenden Preis verkauft wurde. Vielmehr wäre darzutun gewesen, daß die Erzielung eines noch höheren Kaufpreises nicht möglich gewesen sei. Zu diesem Zweck wären Bestätigungen von zumindest drei Wiener Mercedes-Händlern vorzulegen gewesen, wonach ihnen der PKW zum Verkauf angeboten worden sei, sie jedoch zur Zahlung eines noch höheren Kaufpreises nicht bereit gewesen seien. Eine solche Vorgangsweise wäre Zdravka S*** auch zumutbar gewesen, weil schon die Erfahrung des täglichen Lebens die Aufnahme von Verkaufskontakten mit qualifizierten Händlern erfordere, um den bestmöglichen Verkauf zu erwirken. Der Nachweis erfolgloser Anbote an drei Privatpersonen reiche demnach nicht aus. Im übrigen habe selbst die erblasserische Tochter Susanne K*** einen höheren Preis geboten, sollte das Fahrzeug noch in ordnungsgemäßem Zustand sein; es werde daher nachzuweisen sein, daß auch sie nach Besichtigung des PKWs dieses Angebot (S 70.000) nicht aufrecht erhalte. Zutreffend habe das Erstgericht die Freigabe von Barmitteln vor Errichtung des Inventars verweigert. Zdravka S*** sei durch die Anweisung, Barmittel zu erlegen, in Wahrheit deshalb nicht beschwert, weil der Kaufvertrag mangels Nachweises des bestmöglichen Verkaufs noch nicht veräußert werden dürfe und das Erstgericht in der Zwischenzeit ohnedies die Errichtung des Inventars zu veranlassen haben werde. Dann könne aber auch über die Freigabe von Geldern für Zwecke der Verlassenschaft entschieden werden. Der von Zdravka S*** gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt und teilweise nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Da das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluß bestätigte, kann ein solches Rechtsmittel nur auf die im § 16 Abs. 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe gestützt werden. Soweit die Rechtsmittelwerberin - wenn auch unrichtig unter dem Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit - vorbringt, daß die erstgerichtliche Ermächtigung zum Verkauf des in den Nachlaß fallenden PKWs die abhandlungsgerichtliche Genehmigung in sich schließe, ist das Rechtsmittel berechtigt. Das Erstgericht hatte Zdravka S*** ermächtigt, den PKW "bestmöglich freihändig, jedoch nicht unter dem Schätzwert" zu veräußern (ON 45, Punkt 1). Dieser Beschluß kann nur dahin verstanden werden, daß Zdravka S*** zwar - selbstverständlich - ermächtigt war, den bestmöglichen Preis zugunsten der Verlassenschaft zu erzielen, aber jeder Verkauf des Fahrzeuges zumindest zum Schätzwert (S 67.000 - vgl. ON 17) verlassenschaftsgerichtlich genehmigt sei. Nach Lehre und Rechtsprechung (ZBl. 1936/411; Welser in Rummel, ABGB, § 810 Rz 14) kann die abhandlungsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung von in den Nachlaß fallenden Gegenständen schon vor Abschluß des Kaufvertrages erteilt werden; die Ermächtigung des Abhandlungsgerichtes zum Verkauf ist als solche im voraus erteilte Genehmigung zu beurteilen. An seine in Rechtskraft erwachsene Verfügung (ON 45, Punkt 1) war das Erstgericht gebunden. Die bekämpfte Verfügung, mit welcher das Erstgericht - bestätigt durch das Gericht zweiter Instanz - die schon im voraus rechtskräftig erteilte abhandlungsgerichtliche Genehmigung des seiner Ermächtigung entsprechenden Kaufvertrages an bestimmte Nachweise knüpfte, verstößt gegen die Rechtskraft seines Beschlusses ON 45 und ist demnach in diesem Umfang nichtig (vgl. etwa NZ 1982, 77 u.a.). Da der einen sogar über dem Schätzwert liegenden Preis ausweisende Kaufvertrag bereits mit Beschluß ON 45 rechtskräftig abhandlungsgerichtlich genehmigt war, sind die Beschlüsse der Vorinstanzen, soweit sie die Genehmigung des Kaufvertrages zum Gegenstand haben, ersatzlos aufzuheben; der von Zdravka S*** dem Erstgericht angezeigte Kaufvertrag ist rechtswirksam zustandegekommen.

Soweit Zdravka S*** auch die weitere Anordnung des Erstgerichtes, daß der Kaufpreis beim Gerichtskommissär zugunsten der Verlassenschaft zu erlegen sei, bekämpft, wirkt allerdings die Rechtskraft des Beschlusses ON 45 (Punkt 2), mit welchem die Entscheidung über die Freigabe von Barmitteln zur Abdeckung von Auslagen für die Verlassenschaft bis zur Vorlage des Inventars aufgeschoben wurde, gegen sie. In diesem Umfang führt Zdravka S*** keine Umstände ins Treffen, die als Anfechtungsgründe im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG zu beurteilen wären. Soweit sie als Nullität rügt, daß das Rekursgericht in bezug auf die Abführung des Kaufpreises mangelnde Beschwer der Revisionsrekurswerberin angenommen und dennoch deren Rekurs sachlich erledigt habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß das Gericht zweiter Instanz den erstgerichtlichen Ausspruch (auch) aus anderen Gründen (ON 73, S 6) bestätigt hat.

Anmerkung

E12517

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00693.87.1209.000

Dokumentnummer

JJT_19871209_OGH0002_0010OB00693_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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