Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Dezember 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Lachner und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Plachy als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herbert S*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 130 1. Fall StGB und anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 28.September 1987, GZ 27 Vr 1313/87-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, zu Punkt I des Schuldspruchs in der rechtlichen Unterstellung der Tat unter § 130
1. Fall StGB und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung gemäß § 38 StGB) aufgehoben und die Sache an das Erstgericht im Umfange der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 60-jährige Herbert S*** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 130 1. Fall StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er (unter anderem) in Linz
I/ (zu ergänzen: gewerbsmäßig) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S (richtig: nicht) übersteigenden Wert anderen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern:
1) am 8.Mai 1987 2.000 S Bargeld der Petra F*** sowie eine Geldbörse im Wert von ca 150 S, eine Packung Zigaretten im Wert von 35 S und 600 S Bargeld der Michaela W***;
2) am 25.Mai 1987 1.200 S Bargeld der Erika K***.
II/ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte,
unterdrückt, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, daß diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes bzw Rechtsverhältnisses gebraucht werden,
1) am 8.Mai 1987 eine Bankomatkarte der Michaela
W***;
2)...
III/...
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil nur in den Punkten I/ 1 und 2 (gewerbsmäßiger Diebstahl) und II/1 (Urkundenunterdrückung zum Nachteil der Michaela W***) mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a (sachlich Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Soweit der Beschwerdeführer zunächst im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung darin erblickt, daß einzelne (teils Korrekturen früherer Aussagen enthaltende) Angaben der Zeuginnen Petra F*** und Michaela W*** zur Frage des Orts und des Zeitpunkts des jeweils erstmaligen Vermissens der Tatobjekte unerörtert geblieben seien, verfehlt er eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes. Der (ersichtlich auf die Negierung eines ausschließlichen Gelegenheitsverhältnisses ausgerichtete) Beschwerdeeinwand vernachlässigt nämlich, daß das Erstgericht ohnedies von der mangelnden Erweisbarkeit einer auf den Angeklagten beschränkten Tatgelegenheit ausging (US 6). Daß es dessenungeachtet die Täterschaft des Angeklagten mit Rücksicht auf seine Betretung im Aufenthaltsraum der Krankenschwestern, sein atypisches Folgeverhalten, die ihm nach seinem Vorleben vertraute Begehung sogenannter Einschleichdiebstähle in Krankenhäuser und letztlich sein Eingeständnis, das Krankenhaus auch im vorliegenden Zusammenhang mit Diebstahlsvorsatz aufgesucht zu haben, als erwiesen annahm, ist aber als Akt freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) der Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist es im Sinn des weiteren Beschwerdevorbringens, daß die Wertsumme hinsichtlich sämtlicher von Punkt I des Schuldspruchs erfaßten Diebstahlsobjekte den Gesamtbetrag von 3.985 S ausmacht, die Wertgrenze des § 128 Abs. 1 Z 4 StGB mithin nicht übersteigt. Wenn im Urteilsspruch demgegenüber ein 5.000 S übersteigender Gesamtwert des Diebsguts angeführt wird, so handelt es sich dabei - wie sich aus der jeweils zutreffenden gesonderten Bewertung der einzelnen Tatobjekte und der Bezeichnung der durch das Tatverhalten begründeten Tatbestandsverwirklichung (§ 260 Abs. 1 Z 2 StPO) zweifelsfrei ergibt - um einen (gemäß § 270 Abs. 3 StPO berichtigungsfähigen) Schreib- bzw. Rechenfehler, nicht aber um den Ausspruch, daß dem Angeklagten (auch) die Qualifikation nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB zur Last fiele. Ein im Nichtigkeitsverfahren zu berücksichtigendes Beschwerdeinteresse des Angeklagten liegt demnach in diesem Punkt nicht vor.
Berechtigung hingegen kommt der sachlich auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Rechtsrüge zu, soweit der Beschwerdeführer zum Faktenkomplex Punkt I Feststellungsmängel zu den subjektiven Voraussetzungen gewerbsmäßiger Tatbegehung geltend macht. Abgesehen davon, daß die Tatindividualisierung im Urteilsspruch eine Bezugnahme auf gewerbsmäßige Tatbegehung überhaupt vermissen läßt, beschränken sich die entsprechenden Urteilsfeststellungen darauf, daß der Angeklagte mit dem "Vorsatz" handelte (US 4) bzw. "wollte" (US 7), sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Gewerbsmäßigkeit setzt aber diesbezüglich Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) voraus, deren Klärung der erstgerichtliche Tatsachenausspruch jedoch offen läßt. Da sich solcherart eine Aufhebung des angefochtenen Urteils in der rechtlichen Unterstellung der in Rede stehenden Tat unter § 130 1. Fall StGB als unvermeidbar erweist, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere diese Qualifikation betreffende Beschwerdevorbringen.
Mithin zeigt sich, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, weshalb insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war (§§ 285 d Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 285 a Z 2; 285 e StPO). Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E12447European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00155.87.1210.000Dokumentnummer
JJT_19871210_OGH0002_0120OS00155_8700000_000