TE OGH 1987/12/10 6Ob677/86

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Veröffentlicht am 10.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate H***, Inhaberin des unter der Firma A*** E*** geführten Handelsunternehmens, Salzburg, Berchtesgadner-Straße 36, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Walter T***, Musiker, zuletzt in Kematen, Oberrauthweg 1, vertreten durch Dr. Heinz Bauer und Dr. Harald E. Hummel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Herausgabe, hilfsweise 325.000 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 17. September 1986, GZ 6 R 61/86-60, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. November 1985, GZ 18 Cg 14/85-53, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 12.118,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 1.920 S und an Umsatzsteuer 927,15 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin richtete - als Inhaberin eines mit dem Handel und der Herstellung von Tonaufnahmeund Tonwiedergabeeinrichtungen befaßten Unternehmens - an den Beklagten, der damals ein Tonstudio betrieb, ein mit 9. Januar 1981 datiertes schriftliches Anbot zur Lieferung einer Tonbandmaschine und eines sogenannten Autolocators einer japanischen Herstellerin sowie eines Tonregietisches eigener Erzeugung "zum Paket-Nettopreis von öS 800.000 exkl. MwSt". Für die Einmessung, Aufstellung und Einschulung sowie für die Beistellung einer Reihe näher erwähnter Stecker und Leitungen sowie für sämtliche Service- und Wartungsarbeiten innerhalb des ersten Jahres nach Lieferung sollte kein zusätzliches Entgelt verrechnet werden. Nach dem Anbot war die Lieferung der Geräte für Juli 1981 vorgesehen, während die Bezahlung in folgender Weise hätte erfolgen sollen: je "ca. 1/3 der Nettoauftragssumme" bei Bestellung sowie bei Lieferung und der Restbetrag in Teilzahlungen bis zu einem Jahr (zinsen- und spesenfrei). Dieses schriftliche Anbot enthielt keine Erklärung über einen Eigentumsvorbehalt.

Nach dem Erhalt dieses Anbotschreibens - mit dem Vermerk "Gültigkeit: 14 Tage" auf einem Geschäftspapier mit dem Aufdruck, der sowohl die Klägerin selbst als auch deren Lebensgefährten als "directors" auswies - führte der Beklagte an seinem Wohnort in Gegenwart seiner damaligen Ehefrau mit dem Lebensgefährten der Klägerin als dem technischen Leiter des Unternehmens ein Gespräch. Der Beklagte bestand zunächst in Ansehung des Tonregiepultes auf einem Modell eines namentlich genannten amerikanischen Erzeugers. Der Lebensgefährte der Klägerin sicherte dem Beklagten zu, daß ein von der Klägerin hergestellter Regietisch dieselben Qualitätsmerkmale aufwiese. Darauf einigten sich der Lebensgefährte der Klägerin und der Beklagte auf die Lieferung eines Gerätes mit dem zugesagten Qualitätsstandard. Die Gesprächspartner einigten sich über eine Abänderung des Anbotes in Ansehung der Zahlungsfälligkeiten: Die beiden Geräte des ausländischen Erzeugers sollten über einen Kredit eines inländischen Kreditunternehmens finanziert und auf diese Weise vorzeitig zur Gänze bezahlt werden. Der Auslieferungstermin sollte für alle drei angebotenen Geräte unverändert bleiben. Auch bei diesem Vertragsgespräch zwischen dem Beklagten und dem Lebensgefährten der Klägerin, der für diese stets als vertretungsbefugt auftrat, wurde nichts über einen Eigentumsvorbehalt erwähnt.

Der Beklagte richtete an die Klägerin ein mit 20. Januar 1981 datiertes "Auftragsbestätigungsschreiben" mit folgendem Wortlaut:

"Ich...." (der Beklagte) "bestätige den Auftrag v. Angebot des 9.1.1981.... zum Paketpreis von 800.000 Schilling.

Mehrkosten (Kursänderungen etc) werden von mir nicht anerkannt. Betreff Regietisch...

Da ich keine Unterlagen des von Herrn..." (Lebensgefährten der Klägerin) "entwickelten u. gefertigten Regietisches vorliegen habe, berufe ich mich auf den Qualitätsstandard lt. Prospekt... Das mir von Herrn...." (Lebensgefährten der Klägerin) "als geltende Unterlage zugesichert wurde.

Zahlung: 2/3 bei prompter Lieferung

Rest wie vereinbart."

Die Klägerin konnte wegen Verzögerungen ihrer Zulieferer den Tonregietisch nicht bis zum vereinbarten Liefertermin im Juli 1981 fertigstellen. Der Lebensgefährte der Klägerin und die Ehefrau des Beklagten, die in dessen Betrieb damals die Buchhaltung führte und auch den Telefondienst versah, vereinbarten fernmündlich für die Tonbandmaschine und den Autolocator eine Auslieferung im August, für den Tonregietisch eine Auslieferung im Oktober.

Die Klägerin lieferte dem Beklagten an einem nicht mehr feststellbaren Tag im Sommer 1981 Tonbandgeräte und Autolocator und stellte dem Beklagten leihweise ein Regiepult zur Verfügung. Zur Finanzierung des Ankaufes der beiden vom ausländischen Erzeuger stammenden Geräte nahm der Beklagte bei einer inländischen Bank einen Kredit von 500.000 S auf. Im Zusammenhang damit übermittelte das Kreditunternehmen der Klägerin ein von dieser zu fertigendes Anbot zur Abtretung der Kaufpreisforderung und Übertragung des vorbehaltenen Eigentums an den beiden Geräten. (Das Schreiben der Bank ist mit 3. September 1981 datiert. In ihm wird "die uns vom Kunden übergebene Originalrechnung" erwähnt.) Den von ihr hergestellten Tonregietisch lieferte die Klägerin am 14. Oktober 1981, ohne daß dieses Gerät vorher dem im Unternehmen der Klägerin üblichen vierwöchigen Probebetrieb unterzogen worden wäre. Der Lebensgefährte der Klägerin unterwies den Beklagten eingehend in der Bedienung des Tonregietisches. Eine schriftliche Betriebsanleitung folgte er dem Beklagten weder anläßlich der Gerätelieferung noch später aus. Der Beklagte hatte sich in einer jahrelangen Berufserfahrung ein umfangreiches Fachwissen auf dem Gebiet der gesamten Tontechnik erworben und verstand die ihm mündlich erteilten Anweisungen. Nach dem Einbau und der Aufstellung des Gerätes legte der Lebensgefährte der Klägerin dem Beklagten einen Lieferschein zur Unterfertigung vor. Die auf einem Geschäftsvordruck der Klägerin verfaßte Lieferbestätigung vom 14. Oktober 1981 enthielt nach einer maschinschriftlichen Beschreibung des Tonregietisches und der mitgelieferten Kabelstücke den Bestätigungsvermerk: "in Ordnung übernommen am 14.10.1981".

Darunter schrieb der Beklagte den handschriftlichen Vermerk:

"Mischpult zum Probebetrieb übernommen" und unterfertigte den Lieferschein. Dieser trug am unteren Rand den gut lesbaren

Formularvordruck: "Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum der Lieferfirma." Der Beklagte nahm diesen Vermerk zur Kenntnis, ohne ihn durchzustreichen.

Der Lebensgefährte der Klägerin protestierte zwar gegen die Formulierung des handschriftlichen Übernahmsvermerkes, ließ es aber wegen der fortgeschrittenen Tageszeit dabei bewenden. Der Lebensgefährte der Klägerin übergab den Lieferschein noch am Liefertag der Klägerin. Diese ließ den vom Beklagten handschriftlich beigefügten Vermerk in der Folge unerörtert. Die Dauer des "Probebetriebes" bezeichnete der Beklagte weder am Tag der Geräteübernahme noch kam diese Zeitspanne später zur Sprache. Bereits an dem der Auslieferung des Tonregietisches folgenden Tag erfolgte die erste Bemängelung durch den Beklagten. Auf dessen Aufforderung zur Behebung von Mängeln, als welche der Beklagte vor allem Nebengeräusche bei Tonaufnahmen behauptete, suchte der Lebensgefährte der Klägerin zwischen Mitte Oktober 1981 und Ende Januar 1983 etwa 25 mal das Tonstudio des Beklagten auf. Bei solchen Gelegenheiten wiederholte der Lebensgefährte der Klägerin seine Bedienungsanleitungen. Er behob auch an Ort und Stelle jeweils die angezeigte Fehlerquelle. Eine endgültige Sanierung unter Ausschluß einer Fehlerwiederholung wurde aber nicht erreicht. Da der Beklagte weder eine schriftliche Betriebsanleitung noch einen Schaltplan ausgefolgt erhalten hatte, war er nicht in der Lage, auch nur einfache Fehler selbst zu beheben. Die Beistellung von Betriebsanleitungen ist eine notwendige und als selbstverständlich anzusehende Kundendienstleistung. Ein Blockschaltplan stellt nur eine Anlage zur Betriebsanleitung dar und vermag diese nicht zu ersetzen. Schaltpläne werden dagegen nach der Branchenübung nur ausgefolgt, wenn dies ausdrücklich Inhalt der Bestellung war.

Über die als Restlieferung zur Bestellung vom 20. Januar 1981 bezeichnete Lieferung des Tonregietisches stellte die Klägerin dem Beklagten eine mit 1. Dezember 1981 datierte Rechnung über den Betrag von 300.000 S zuzüglich 18 % Umsatzsteuer, also insgesamt 354.000 S aus und vermerkte als Zahlungskonditionen

"1.

In Teilzahlungen bis zu 1 Jahr ab Februar 1982 zinsenlos

2.

Bei Zahlung des kompletten Rechnungsbetrages bis 15. Februar - 5 % Skonto"

Die Rechnung (mit derselben Gliederung wie der Lieferschein) enthält wie das Lieferscheinformular an der Unterkante den Aufdruck:

"Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum der Lieferfirma."

Kurz vor Weihnachten 1982 drängte die Klägerin telefonisch auf Zahlung. Dabei sprach sie mit der Gattin des Beklagten. In einem anwaltlich verfaßten Mahnschreiben vom 1. Februar 1983 wurde der Eigentumsvorbehalt festgehalten und für den Fall des Zahlungsverzuges über eine mit acht Tagen gesetzte Nachfrist hinaus die Klage auf Herausgabe des Tonregietisches angedroht. Am 17. Februar 1983 langte die Klage auf Herausgabe des Tonregietisches und der mitgelieferten Kabel bei Gericht ein. Die Klagsgleichschrift wurde dem Beklagten am 2. März 1983 zugestellt. Daran knüpfte sich ein anwaltlicher Schriftverkehr. Der bevollmächtigte Vertreter des Beklagten machte in seinem Schreiben vom 17. März 1983 das Anbot, "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz" den Tonregietisch bei Aufhebung aller sonstigen gegenseitigen Ansprüche herauszugeben. Im übrigen bestritt er das Recht der Klägerin zum Teilrücktritt in Ansehung des Tonregietisches und hielt dem geltend gemachten Zahlungsverzug des Beklagten einen Lieferverzug der Klägerin in Ansehung des Schaltplanes entgegen. Der bevollmächtigte Vertreter der Klägerin nahm in seinem Schreiben vom 31. März 1983 zum Streitbereinigungsvorschlag im Schreiben vom 17. März 1983 in den Punkten 5 und 6 Stellung. Diese lauten wörtlich:

              "5.              Meine Mandantschaft ist mit Ihrem Vorschlag auf Herausgabe des Tonregietisches bei gleichzeitigem Verzicht auf weitere Forderungen unter der Voraussetzung einverstanden, daß der Tonregietisch ohne Schäden, das heißt, im übernommenen Zustand zurückgestellt wird. Als Herausgabetermin schlage ich den 7. April 1983, ab 8 Uhr

vor. Sollte dieser Termin nicht in Ordnung gehen, so bitte ich um Ihren unverzüglichen Anruf.

              6.              Nach Herausgabe des Tonregietisches im Zustand der Übernahme tritt im Verfahren..." (anhängiger Rechtsstreit) "Ruhen des Verfahrens bei gegenseitiger Kostenaufhebung ein."

Ungeachtet dieser Einigung der Parteienvertreter über die Streitbereinigung scheiterte diese an der Haltung des Beklagten. Der Vertreter des Beklagten benachrichtigte zwar dessen Gattin schriftlich von der erzielten Einigung unter Bekanntgabe des vereinbarten Abholtermines. Der Beklagte beharrte jedoch auf dem Standpunkt, der Tonregietisch der Klägerin sei bei der Lieferung mangelhaft gewesen, und nahm an seiner Pflicht zur Herausgabe des Gerätes im übernommenen Zustand (ohne Fehler) Anstoß. Er überwies am Tag vor dem verabredeten Abholtermin als Teilzahlung auf den für den Regietisch in Rechnung gestellten Betrag eine Summe von 29.000 S.

Dem Vertreter des Beklagten gelang es nicht, den Vertreter der Klägerin rechtzeitig von der ablehnenden Haltung des Beklagten in Kenntnis zu setzen. Die Klägerin hatte einen Lastkraftwagen zum Abtransport des Tonregietisches zum Beklagten entsandt, dieser kehrte unverrichteter Dinge wieder zurück. Der Klägerin erwuchsen aus dem vereitelten Abholversuch Kosten in der Höhe von 15.625 S. Die anwaltlichen Bereinigungsbemühungen setzten sich im Schriftverkehr der Monate April bis Juni 1983 fort. Diese Bestrebungen hatten einen Treuhanderlag des offenen Rechnungsbetrages durch den Beklagten, allenfalls eine Bankgarantie über den Betrag, eine technische Überprüfung des Gerätes, eine Behebung allfällig festgestellter Mängel durch die Klägerin und die Freigabe des Treuhandbetrages an die Klägerin nach Feststellung oder Herstellung der Mängelfreiheit zum Ziel gehabt.

Der Beklagte richtete an die japanische Herstellerin der von der Klägerin gelieferten Tonbandmaschine ein mit 29. Juni 1983 datiertes Schreiben. In diesem bemängelte er die Serviceleistungen der Klägerin und schilderte die Mangelhaftigkeit des von dieser hergestellten Tonregiepults. Daran fügte der Beklagte folgende Passage:

"Aufgrund des enormen Schadens, der uns durch die Fa...." (der Klägerin) "zugefügt wurde, sind wir gezwungen, diese auf Schadenersatz über den Rechtsweg einzuklagen und vom Kaufvertrag zurückzutreten."

Die japanische Geräteherstellerin übermittelte der Klägerin (als ihrer Generalvertreterin für Österreich) eine Kopie des Schreibens vom 29. Juni 1983.

Das nahm der Vertreter der Klägerin zum Anlaß, in seinem Schreiben vom 11. Juli 1983 an den Vertreter des Beklagten unter anderem wörtlich auszuführen:

"Den Rücktritt hinsichtlich des Tonregietisches, welcher im Verfahren...." (dem anhängigen) "vertragsgegenständlich ist, wird von meiner Mandantin angenommen. Ich bitte um Bekanntgabe des Abholtermines." Gleichzeitig wies der Vertreter der Klägerin darauf hin, daß Prozeßkosten, Kosten im Rahmen des Weiterverkaufes, Wertminderung und ähnliche Rücktrittsfolgen vom Beklagten zu tragen seien.

Auch spätere anwaltliche Streitbereinigungsversuche blieben erfolglos.

Noch im Januar 1985 bestanden an der sonst neuwertigen Anlage folgende leicht behebbare Mängel:

Verbindungskabel waren zu kurz; Steckkontakte waren an zwei Buchsen gebrochen, an einer weiteren schadhaft, an einer Buchse war das ganze Modul fehlerhaft: die Abstände der Leiter zueinander waren zu gering; im Paneel zu einem Kanal fehlten Isolierfolien an Leiterüberbrückungen.

Diese Fehler sind weder durch Fehlbedienungen allein noch durch Verschleiß erklärbar. Nach einer Behebung der Mängel entspräche das Tonregiepult dem Anbot eines nach seiner technischen Anlage und Ausführung dem amerikanischen Modell gleichwertigen Gerätes. Bei einem ein- bis zweiwöchigen Probebetrieb im Werk wären sämtliche Fehlerquellen erkennbar und behebbar gewesen. Die wiederholten Einzelreparaturen an Ort und Stelle waren wenig sinnvoll. Der Tonregietisch befindet sich nach wie vor im Studio des Beklagten. Der Beklagte hat das Gerät seit Herbst 1983 nicht mehr in gewerblicher Verwendung. Er hat im Januar 1985 seine Gewerbeberechtigung zum Betrieb eines Tonstudios zurückgelegt und hält sich größtenteils als Musiker im Ausland auf.

Am 11. März 1985 brachte die Kanzlei des Klagevertreters an den Beklagtenvertreter ein Schreiben zur Postaufgabe, dessen Zugang an den Empfänger aber nicht mehr feststellbar ist. Nach dem Inhalt des Schreibens ersuchte die Klägerin um Bekanntgabe eines Termins zur Behebung der im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen festgehaltenen Mängel binnen 14 Tagen, widrigens die Klägerin davon ausgehe, daß der Beklagte am Austausch der Verschleißteile nicht interessiert sei.

Die Klägerin begehrte die Herausgabe des von ihr an den Beklagten gelieferten Tonregietisches. Sie stützte sich dazu auf das ihr vorbehaltene Eigentum und den Zahlungsverzug des Beklagten, auf einen im Sinne der Anwaltserklärungen vom März 1983 zustande gekommenen Vergleich sowie auf eine Vertragsauflösung durch Erklärung des Beklagten. Hilfsweise begehrte die Klägerin einen Betrag von 325.000 S samt 5 % Zinsen seit 6. November 1985. Der Beklagte behauptete unbehobene Gerätemängel. Daraus folgerte er einen Verzug der Klägerin mit den von ihr geschuldeten Verbesserungen und sein Zahlungsverweigerungsrecht. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes bestritt er ausdrücklich. Dem Eventualzahlungsbegehren hielt der Beklagte gleichzeitig die Einwendungen mangelnder Fälligkeit und eingetretener Verjährung entgegen.

Das Erstgericht gab dem Herausgabebegehren statt.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Abweisung des Hauptbegehrens auf Geräteherausgabe sowie auch des Eventualbegehrens auf Zahlung ab. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.

Das Prozeßgericht erster Instanz hatte in rechtlicher Beurteilung gefolgert, durch den einseitigen Vermerk auf Lieferschein und Rechnung sei ungeachtet des Unterbleibens eines Widerspruches durch den Beklagten eine Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt nicht zustande gekommen. In Ansehung des von der Klägerin bestellungsgemäß hergestellten Tonregietisches sei der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren. Von diesem sei der Beklagte mit seiner Erklärung in dem an die japanische Geräteherstellerin gerichteten Schreiben wegen der zahlreichen erfolglos gebliebenen Verbesserungsversuche der Klägerin begründet und auch rechtzeitig zurückgetreten. Die Klägerin habe diese Rücktrittserklärung ausdrücklich angenommen. Das habe in Ansehung des von der Klägerin hergestellten Gerätes zur Vertragsaufhebung geführt und verpflichte die Streitteile zur Rückabwicklung, den Beklagten daher zur Rückstellung des aufgrund des Vertrages erhaltenen Gerätes.

Das Berufungsgericht wertete entgegen der erstrichterlichen Beurteilung die in das Schreiben an die japanische Geräteherstellerin aufgenommene Wendung des Beklagten über seine Nötigung, die Klägerin wegen Schadenersatzes zu klagen und vom Kaufvertrag zurückzutreten, nach dem Zusammenhang als bloße Absichtserklärung und nicht als eine an die Klägerin gerichtete Erklärung, weder des einseitigen Vertragsrücktrittes noch eines Anbotes zur einvernehmlichen Vertragsaufhebung. Das Berufungsgericht führte aus, die Klägerin habe daher einen Vertragsrücktritt des Beklagten auch nicht annehmen können. Ihrerseits sei sie aber zum Rücktritt vom Vertrag nicht berechtigt gewesen, weil sich der Beklagte nicht im Verzug befunden habe. Die anwaltlichen Erklärungen im Schriftwechsel vom März 1983 hätten mangels inhaltlicher Deckung zu keinem Vergleichsabschluß geführt. Ob der Beklagte mit der Unterfertigung des Lieferscheines ("Rechnung" im Berufungsurteil ist nach dem Zitat über den handschriftlichen Vermerk des Beklagten ein offensichtliches Vergreifen im Ausdruck) dem Vorbehalt des Eigentums zugestimmt habe, könnte unerörtert bleiben. Einem auf das vorbehaltene Eigentum gegründeten Herausgabebegehren dürften keine aufrechten vertraglichen Sachleistungspflichten entgegenstehen. Das setzte also die Aufhebung der Lieferpflichten voraus, im vorliegenden Fall einen zu Rücktritt berechtigenden Verzug des Beklagten. Die festgestellten Gerätemängel seien wesentlich. Bis zu ihrer Behebung stehe dem Beklagten das Leistungsverweigerungsrecht zu, welches nicht nur dem Herausgabebegehren, sondern auch dem Eventualzahlungsbegehren entgegenstehe.

Die Klägerin ficht das abändernde Berufungsurteil wegen "Aktenwidrigkeit bzw. unrichtiger und unvollständiger Tatsachenfeststellung nach § 503 Zl. 3 ZPO" sowie aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit einem auf Wiederherstellung des klagsstattgebenden Urteiles zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Der Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Prozeßgericht erster Instanz Inhalt und Adressaten des vom Beklagten in Durchschrift vorgelegten Schreibens vom 29. Juni 1983 in Übereinstimmung mit dem als Beilage F zu den Akten genommenen Schriftstück zugrundegelegt. Die Wertung der in diesem Schreiben enthaltenen Ausführungen aufgrund der Urkunde allein ist rechtliche Beurteilung. Die Ausführung des Erstgerichtes über einen "tatsächlichen" Vertragsrücktritt des Beklagten kommt in den Darlegungen der Feststellungsgrundlagen vor. Sie kann nicht als Feststellung einer mit dem genannten Schreiben zum Ausdruck gebrachten Rücktrittsabsicht angesehen werden und stünde als solche Feststellung auch mit der in diesem Zusammenhang zitierten Parteienaussage des Beklagten in einem aktenkundigen Widerspruch, weil der Beklagte in der am 6. November 1985 abgelegten Aussage auf eine Frage nach der Erklärung des Vertragsrücktrittes ausdrücklich davon sprach, daß diese durch seinen Anwalt gemacht worden, von der Klägerin aber nicht angenommen worden sei (AS 241). Der der Sache nach anklingende Vorwurf, das Berufungsgericht wäre ohne Vornahme einer Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichtes abgegangen, trifft nicht zu.

Auch die Rechtsrüge ist nicht stichhältig.

Die im Schreiben an die japanische Herstellerin zweier von der Klägerin (als Generalvertreterin für Österreich) an den Beklagten gelieferter Geräte enthaltene Äußerung über ein von der Klägerin selbst hergestelltes Gerät durfte objektiv nicht anders verstanden werden, als es das Berufungsgericht dargelegt hat. Die Äußerung gegenüber der japanischen Geräteherstellerin in Ansehung des nicht aus deren Erzeugung stammenden Regietisches hat reinen Informations- aber keinen rechtlich bedeutsamen Charakter. Die Ausführung, genötigt zu sein, die Klägerin auf Schadenersatz zu klagen und vom Kaufvertrag zurückzutreten, ist ebenso wenig rechtsgestaltende Rücktrittserklärung als sie eine verfahrensrechtlich beachtliche Klageerhebung darstellt. Der in der Entscheidung EvBl 1975/183 behandelte Fall einer vom Gerätehersteller abgegebenen Garantiezusage, die im Wege des Händlers an den Letztverbraucher gelangte, an den sie nach der Sachlage auch gerichtet war, unterscheidet sich vom Sachverhalt her wesentlich von dem hier vorliegenden Fall einer Erklärung des Letztverbrauchers an den Gerätehersteller über Vertragsleistungen, die der Händler nicht in Ansehung von Erzeugnissen des Herstellers, sondern als Eigenproduzent erbracht hat. In Ansehung von Leistungen, zu denen der Adressat in keinerlei rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Beziehung steht, kann objektiv nicht davon ausgegangen werden, daß Erklärungen über einen rein informativen Gehalt hinaus auch Rechtsausübungshandlungen darstellen sollten. Die Ausübung eines Rücktritts- oder Wandlungsrechtes durch den Beklagten ist nach dem zugrundezulegenden Sachverhalt vom Berufungsgericht mit Recht nicht angenommen worden.

Zum Hinweis der Revisionswerberin auf die Entscheidung SZ 34/2 genügt die Entgegnung, daß auch eine Mängelrüge, wie sie Gegenstand des in der zitierten Entscheidung dargestellten Rechtsstreites war, der Aufgabe gerecht zu werden hat, den Vertragspartner unverzüglich von einer behaupteten Leistungsstörung in Kenntnis zu setzen. Aufgabe einer Gestaltungserklärung oder sonstigen Rechtsausübung in einem zweipersönlichen Rechtsverhältnis ist die Unterrichtung des Vertragspartners von einer Rechtsfolgen auslösenden eigenen Erklärung. Erklärungsgegner ist die Vertragspartei. Einer nicht an diese gerichteten Äußerung ist die Eigenschaft abzusprechen, auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet zu sein. Daß die japanische Geräteherstellerin aber in Ansehung einer den Vertrag zwischen den Streitteilen berührenden Erklärung des Beklagten als Übermittlungsbote fungieren hätte sollen, ist weder dem Inhalt der zitierten Briefstelle zu entnehmen, noch nach den konkreten Umständen anzunehmen.

Vorschläge zu einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung wurden nach dem zugrundezulegenden Sachverhalt nie mit einer den Vorschlag unverändert annehmenden Erklärung beantwortet.

Daß aber die Revisionswerberin ihrerseits nicht durch einseitige Erklärung das Vertragsverhältnis zur Aufhebung bringen konnte, solange der Beklagte zufolge eines aufrechten Leistungsverweigerungsrechtes nicht in Verzug geraten ist, hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Dazu erstattet die Klägerin auch keine Revisionsausführungen.

Nach der negativen Feststellung über den Zugang der Aufforderung des Klagevertreters zur erforderlichen Mitwirkung des Beklagten an einer Behebung der im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen erwähnten Gerätemängel kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte bisher eine Mängelbehebung vereitelt hätte und sich deshalb auf das Vorliegen der Mängel nicht mehr berufen dürfte. Es trifft zu, daß die Frage eines, sei es infolge wirksam vereinbarten Eigentumsvorbehaltes, sei es infolge einer Weigerung des Beklagten, den von der Klägerin hergestellten Tonregietisch als Erfüllung anzunehmen, und der Erklärung, das Gerät bloß zu einem Probebetrieb übernehmen zu wollen, für den verfolgten Herausgabeanspruch der Klägerin solange unerheblich ist, als diese aus einem als aufrecht anzusehenden Vertrag verpflichtet erscheint, das Gerät dem Beklagten zu übergeben und zu belassen. Das Berufungsgericht hat daher ohne Rechtsirrtum das Herausgabebegehren in Abänderung des Urteiles erster Instanz abgewiesen.

Das Eventualzahlungsbegehren ist nach dem Revisionsantrag und den Revisionsausführungen nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreites. Der Revision war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12579

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00677.86.1210.000

Dokumentnummer

JJT_19871210_OGH0002_0060OB00677_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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