TE OGH 1987/12/11 2Ob691/87

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Veröffentlicht am 11.12.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Nicola Friederike S***, geboren am 29. Oktober 1972, infolge Revisionsrekurses des Vaters Ing. Helmut S***, Zimmermeister, Marburgerstraße 9, 8820 Neumarkt/Steiermark, vertreten durch Dr. Hans Paternioner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 16. Oktober 1987, GZ 1 R 481/87-53, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 27. August 1987, GZ 3 P 266/87-50 bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der mj. Nicola Friederike S***, geboren am 29. Oktober 1972, ist seit dem Jahre 1982 geschieden. Die aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen den Eltern und der Minderjährigen erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten stehen der Mutter allein zu. Diese ist seit Oktober 1982 in zweiter Ehe mit dem Rechtsanwalt Dr. Frank K*** verheiratet. Die beiden Ehegatten haben ein am 3. Februar 1977 außerehelich geborenes gemeinsames Kind Michael Helmut K***. Die Minderjährige Nicola Friederike lebt in der nunmehrigen Familie ihrer Mutter. Ihrem leiblichen Vater Ing. Helmut S*** steht ein monatliches Besuchtsrecht zu. Am 23. Dezember 1986 stellte die Mutter bei der zuständigen Verwaltungsbehörde den Antrag, den Familiennamen der Minderjährigen auf "K***" abzuändern. Dieser Antrag wurde auch von Dr. Frank K*** und der Minderjährigen unterfertigt. Der von der Verwaltungsbehörde zur Stellungnahme aufgeforderte Vater beantragte, das Begehren auf Namensänderung abzuweisen. Am 8. Juli 1987 stellte der Vater beim Pflegschaftsgericht den auf § 176 ABGB gestützten Antrag, der Mutter aufzutragen, den vor der Verwaltungsbehörde gestellten Antrag auf Namensänderung zurückzuziehen bzw. ihr die Stellung eines solchen Begehrens zu untersagen, weil hiefür keine wichtigen Gründe vorlägen. Die Namensänderung widerspreche auch dem Wohl der Minderjährigen, welche einmal seine Alleinerbin sein würde, soferne sie weiterhin seinen Namen trage.

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters ab. Es traf folgende weitere Sachverhaltsfeststellungen: Die zweite Ehe der Mutter verläuft harmonisch. Die Minderjährige besucht die Mittelschule und weist gute Leistungen auf. Sie hegt seit der Eheschließung ihrer Mutter den Wunsch, wie diese, ihr Stiefvater und ihr Halbbruder den Familiennamen "K***" zu führen. Während sie zum Stiefvater eine gute Bindung aufweist, ist ihre Beziehung zum leiblichen Vater gestört, wobei insbesondere bei Ausübung des Besuchsrechtes erhebliche Schwierigkeiten eintraten. Das Mädchen ist nicht bereit, den Einladungen des Vaters Folge zu leisten, es fühlt sich seiner Familie nicht zugehörig und will auch seinen Namen nicht tragen. In seiner rechtlichen Beurteilung erklärte das Erstgericht, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß durch die von der Mutter beantragte Namensänderung das Kindeswohl gefährdet würde, weshalb kein Grund bestehe, der Mutter das Recht auf eine diesbezügliche Antragstellung nach § 176 ABGB zu entziehen. Der Vater habe keine überzeugenden Argumente dafür ins Treffen geführt, warum die von ihm geforderte Beibehaltung seines Familiennamens durch die Minderjährige den Interessen der bei ihrer Mutter lebenden Tochter besser entsprechen würde.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß. Nach § 3 Abs1 NamensänderungsG dürfe der Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund eine derartige Änderung rechtfertige. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei von der Verwaltungsbehörde im Verwaltungsverfahren zu prüfen, in welchem dem Vater Parteistellung zukomme (VwSlg.NF 10.838 a). Der Vater sei demnach in der Lage, alle Argumente, die seiner Auffassung nach gegen eine Änderung des Familiennamens seiner Tochter sprächen, im Personenstandsverfahren vor der Verwaltungsbehörde darzulegen und bei einer für ihn negativen Entscheidung gegebenenfalls den Verwaltungsgerichtshof als gerichtliches Kontrollorgan anzurufen. Um eine Änderung des Familiennamens der Minderjährigen bei der Verwaltungsbehörde zu erreichen, müsse die Antragstellerin daher das Bestehen eines wichtigen Grundes dartun, mangels eines solchen von ihr zu bescheinigenden Tatbestandes komme die Namensänderung nicht in Frage. Bei Kindern aus geschiedenen Ehen könne der Elternteil, welchem die elterlichen Rechte übertragen worden seien, aufgrund seines alleinigen Vertretungsrechtes die Namensänderung beantragen, ohne daß es hiezu einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung oder Zustimmung des anderen Elternteiles bedürfe. Dieser habe lediglich ein Äußerungsrecht im Sinne der §§ 178 und 154 Abs2 ABGB. Seine diesbezüglich geäußerten Wünsche seien zu berücksichtigen, wenn hiedurch dem Wohle des Kindes besser entsprochen werde. Bei gleichgewichtigen Gründen gehe die Ansicht des berechtigten Elternteiles vor (Pichler in Rummel ABGB Rz 5 zu § 178). Es gehe nämlich nicht an, das bloße Äußerungsrecht des Vaters dadurch einem Zustimmungsrecht anzunähern, daß bei gegenteiligen Meinungen der Eltern in der Namensänderungsfrage jeweils das Pflegschaftsgericht die Entscheidung zu treffen habe. Vorliegendenfalls habe der Vater eine Äußerung abgegeben und das Pflegschaftsgericht habe daher zu prüfen, ob die beantragte Änderung des Familiennamens das Wohl der Minderjährigen gefährde. Sei die Äußerung gemäß § 178 Abs1 ABGB zu berücksichtigen, weil der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohle des Kindes besser entspreche, so müsse der Mutter die Aufrechterhaltung des gestellten Antrages auf Namensänderung untersagt werden. Davon könne aber hier nicht die Rede sein. Der Vater habe keine überzeugenden Argumente dafür ins Treffen geführt, warum die von ihm geforderte Beibehaltung des Namens durch die Minderjährige den Interessen seiner - im Familienverband ihrer wiederverheirateten Mutter lebenden - Tochter besser entsprechen würde. Der von ihm geäußerte Wunsch bringe nur sein Eigeninteresse zum Ausdruck. Es komme nämlich nicht darauf an, ob die Minderjährige durch den bestehenden Namensunterschied zur Mutter, von der sie gepflegt und erzogen werde, belastet sei oder nicht und ob der Familienname "S***" in der Heimatgemeinde des Vaters angesehen sei, sondern es erscheine lediglich maßgebend, ob die von der Mutter ins Auge gefaßte Maßnahme das Kindeswohl gefährde. Für eine derartige Gefährdung bestünden im Hinblick auf den Wunsch der Minderjährigen zur Namensänderung, ihr Alter von nahezu 15 Jahren und die harmonischen Familienverhältnisse in der zweiten Ehe der Mutter keine Anhaltspunkte, immerhin werde die Minderjährige in einem Jahr auch bereits ehemündig (§ 1 Abs1 EheG), sodaß es auch zu einer Namensänderung durch eine allfällige Eheschließung kommen könnte. Der Umstand, daß der gemeinsame Familienname die Zugehörigkeit zu einer Familie zum Ausdruck bringen sollte, die durch die Scheidung der Ehe der Eltern nicht beendet sei, erscheine nach den Verhältnissen dieses Falles nicht von entscheidender Bedeutung. Auch die über Pflichtteilsansprüche hinausgehende allfällige letztwillige Bedenkung der Minderjährigen durch den Vater könne in der Beurteilung der Namensänderungsfrage keine Rolle spielen. Da der Wunsch des Vaters somit nur beachtlich wäre, wenn er im Sinne des § 176 Abs1 ABGB dem Wohle des Kindes besser entspräche, dies aber nicht der Fall sei, bestehe kein Anlaß zu einer Entscheidung nach § 176 ABGB. Darüber, ob die vom Vater vorgebrachten Argumente einen wichtigen Grund im Sinne des Namensänderungsgesetzes darstellten, habe allein die Verwaltungsbehörde zu befinden.

In seinem auf den Beschwerdegrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nach § 16 AußStrG gestützten außerordentlichen Revisionsrekurs bringt der Vater vor, die angefochtene Entscheidung mißachte das Grundprinzip des Kindeswohles, weil sie auf die im § 178 a ABGB genannten Kriterien nicht entsprechend Rücksicht nehme. Der Bedeutung des Familiennamens trage auch § 3 des Namensänderungsgesetzes Rechnung, weil hierin für eine Namensänderung das Vorliegen eines wichtigen Grundes gefordert werde. Wesentlich erscheine, daß durch den Familiennamen die Herkunft und die Zugehörigkeit zu einer Familie zum Ausdruck gebracht werde und er daher nicht einem willkürlichen Wechsel unterworfen werden dürfe, selbst wenn die Familie zerbreche. In der Entscheidung 3 Ob 593/86 habe der Oberste Gerichtshof ausdrücklich auf das Erfordernis des bestehenden Kindeswohles bei der Antragstellung auf Namensänderung abgestellt.

Rechtliche Beurteilung

Diese Ausführungen zeigen insgesamt keine offenbare Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses auf. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche nur gegeben, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß kein Zweifel an der Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und dennoch eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. In der von den Umständen des jeweiligen Falles abhängigen Beurteilung, ob der vom anderen Elternteil in seiner gemäß § 178 Abs1 ABGB erstatteten Äußerung ausgedrückte Wunsch dem Wohle des Kindes besser entspricht und daher bei Maßnahmen im Sinne des § 154 Abs2 ABGB zu berücksichtigen ist, liegt als Ermessensentscheidung grundsätzlich keine offenbare Gesetzwidrigkeit, wenn sich das Rekursgericht mit dieser Frage des Kindeswohles im Sinne des § 178 a ABGB ausdrücklich befaßt, also auf die Argumente der Äußerung eingegangen ist und diese bei seiner Beschlußfassung mitberücksichtigt hat (4 Ob 597/81). Mangels Vorliegens des behaupteten, in § 16 AußStrG vorausgesetzten Beschwerdegrundes ist der Revisionsrekurs des Vaters somit unzulässig und daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E12743

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00691.87.1211.000

Dokumentnummer

JJT_19871211_OGH0002_0020OB00691_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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