TE OGH 1987/12/11 2Ob547/87

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Veröffentlicht am 11.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Peter E***, Hauseigentümer, 1070 Wien, Zieglergasse 57/24, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot. Firma Josef H. K***, 1070 Wien, Kaiserstraße 113-115, vertreten durch Dr. Josef Gürtler, Dr. Friedrich Halzl, Rechtsanwälte in Wien, wegen 238.345,40 S sA, Räumung und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 20. November 1986, GZ 41 R 332/86-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. April 1986, GZ 47 C 140/85-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat der beklagten Partei die mit 16.369,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.488,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 13. März 1985 eingebrachten Klage beantragte der Kläger als Eigentümer des Hauses 1070 Wien, Burggasse 83, die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung eines Mietzinsrückstandes von 238.345,40 S sA, zur Räumung der im vorgenannten Haus gemieteten Geschäftsräumlichkeiten top. Nr. 1/3, 2/3 und 4/20a, schließlich in eventu zur Zustimmung zur Abänderung des Hauptmietvertrages im Sinne der Vereinbarung eines ab 1. September 1984 zu leistenden monatlichen Hauptmietzinses von 27.000 S. Weiters begehrte er die Feststellung, daß ihn die Bestimmungen des Mietvertrages vom 12.Oktober 1964 samt Gedächtnisprotokoll vom 27.Juli 1964 zur Anhebung des bisher von der beklagten Partei gezahlten Hauptmietzinses auf 27.000 S ab 1. September 1984 berechtigten. Dazu brachte der Kläger vor, die allgemein geltenden Mietzinse hätten insbesondere durch die Inkraftsetzung des Mietrechtsgesetzes zum 1.Jänner 1982 eine Erhöhung erfahren, zumal nunmehr für geschäftlich genützte Räumlichkeiten ein sogenannter "angemessener" Hauptmietzins begehrt werden könne (§ 16 Abs 1 MRG). Diese gesetzliche Mieterhöhung bzw. der für die gegenständlichen Räumlichkeiten "angemessene" Hauptmietzins übersteige jedenfalls das vorliegendenfalls am 27.Juli 1964 vereinbarte Zinspauschale von 6.000 S.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung.

Das Erstgericht wies die Klage mit Urteil vom 2.April 1986 ab. Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von 300.000 S übersteige.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt der Kläger eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen lautet Pkt. 3 lit 3 des dem zwischen den Streitteilen bestehenden Bestandverhältnis zugrundeliegenden Mietvertrages vom 12.Oktober 1964 wie folgt: "Sollten die derzeit allgemein geltenden Mietzinse eine Erhöhung erfahren oder Mietzinserhöhungen durch Erhaltungsarbeiten nötig werden, oder die derzeit geltenden Ansätze der Betriebskosten und der öffentlichen Abgaben erhöht werden oder den Vermieter betreffende Betriebskosten oder öffentliche Abgaben neu eingeführt werden, verpflichtet sich der Mieter, zu dem vorstehend vereinbarten Mietentgelt einen diesen Erhöhungen entsprechenden Zuschlag oder einen neu zu vereinbarenden Mietzins zu bezahlen". Im Gedächtnisprotokoll vom 27.Juli 1964, welches einen Bestandteil des Mietvertrages bildet, wurde unter Punkt VII folgendes vereinbart: "Das unter Punkt III angeführte monatliche Zinspauschale von 6.000 S bleibt so lange fix bis zu einer gesetzlichen Mietenerhöhung, soferne diese das Pauschale übersteigt".

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf die mit 1.Jänner 1986 in Kraft getretene Bestimmung des § 16 a MRG, wonach in einem vor dem 1.Jänner 1982 geschlossenen Vertrag enthaltene Vereinbarungen, welche eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorsehen, rechtsunwirksam seien. Die vorliegendenfalls festgestellte, in § 3 lit 3 des Mietvertrages enthaltene Vereinbarung, auf welche der Kläger seinen Erhöhungsantrag stütze, stelle eine derartige Zinsanpassungsklausel dar. Wegen ihrer Unwirksamkeit sei das Klagebegehren abzuweisen. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, der dem Anhebungsbegehren des Klägers zugrundegelegten Zinsanpassungsklausel fehle zunächst schon die von der Judikatur zur Gültigkeit geforderte Bestimmbarkeit des neu zu vereinbarenden Mietzinses, weil darin in keiner Weise festgelegt worden sei, nach welchen Kriterien der neue Mietzins zu bestimmen sei. Darüber hinaus habe das Erstgericht zu Recht angenommen, daß dem Begehren des Klägers die gemäß Art. IV Z 7 des Bundesgesetzes vom 29.Dezember 1985, BGBl. 559, sowie der oberstgerichtlichen Judikatur auch auf die bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängigen Verfahren anzuwendende Bestimmung des § 16 a MRG entgegenstehe. Der Behauptung des Berufungswerbers, diese neue Bestimmung sei nach der zugrundeliegenden rechtspolitischen Zielsetzung nur auf "Formularverträge", nicht aber auf den gegenständlichen Vertrag anzuwenden, weil in diesem die entscheidenden Punkte in Schreibmaschinenschrift verfaßt worden seien, sei entgegenzuhalten, daß es nur auf den Inhalt des Vertrages und nicht darauf ankomme, ob die Parteien einen Formularvertrag oder einen mit Schreibmaschine hergestellten Text verwendet hätten. Ebenso gehe die Argumentation, infolge der Vereinbarung eines Pauschalmietzinses könne der "gänzlich kassuistisch formulierte" Wortlaut des § 16 a Abs 1 MRG auf die gegenständlichen Vertragsformulierungen keine Anwendung finden, ins Leere. Diese Bestimmung fasse ganz allgemein Vereinbarungen ins Auge, welche eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall der Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorsähen. Somit fielen auch Klauseln, welche unter den dargestellten Umständen die Erhöhung eines Pauschalmietzinses vorsähen, darunter, zumal dieser als Bestandteil zwangsläufig auch einen Hauptmietzins enthalte, welcher hier im Sinne der vertraglichen Anpassungsklausel eben auf Grund der gesetzlichen Änderung der Höhe des Mietzinses erhöht werden soll.

In der Revision wird weiterhin der Standpunkt vertreten, die Bestimmung des § 16 a Abs 1 MRG sei ihrem Zweck nach nur auf bestimmte "gebräuchliche Zinsanpassungsklauseln in Mietvertragsformularen" anwendbar. Vorliegendenfalls sei die Anpassungsklausel von den Vertragsparteien aber eingehend erörtert worden. Es müsse zwischen "versteckten" derartigen Klauseln bei "ungelesener Unterfertigung" des Vertrages und einem "explizitem Aushandeln" der Klausel, wie es hier erfolgt sei, unterschieden werden. Die gegenständliche Klausel unterscheide sich von den gebräuchlichen Formulierungen der Zinsanpassungsklauseln dadurch, daß sie den Fall einer Neuregelung des Mietzinses als Voraussetzung für die Zinserhöhung anführe, welche Voraussetzung in § 16 a MRG jedoch nicht enthalten sei. Diese Neuregelung sei durch das Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes erfolgt. Die Bestimmung des § 16 a MRG bezwecke im übrigen die Verhinderung jeglicher Erhöhung des Mietzinses, wogegen vorliegendenfalls im Hinblick auf den vereinbarten Pauschalmietzins eine Erhöhung erst ab einem bestimmten Rahmen eintrete und der Mieter daher insoweit geschützt sei. Somit komme § 16 a MRG auf den vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Des weiteren sei auch die Bestimmtheit der vorliegenden Zinsanpassungsklausel vom Berufungsgericht zu Unrecht verneint worden. Nach dem Sinne der gegenständlichen Klausel sollte der Pauschalzins bei "Erhöhung der nach den früheren Zinsbildungsvorschriften zulässigen Mietzinse oder einer Neuregelung des Mietzinses" erhöht werden, weil in diesem Falle die Vertragsgrundlage verlassen werde. Entsprechend der vertraglichen Wertung sei ein neuer Pauschalzins zu bilden, indem zum "angemessenen Zins" die zum Zeitpunkt der Erhöhung geltenden Betriebskosten hinzuzurechnen seien.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Auf Grund der Bestimmung des § 16 des mit 1.Jänner 1982 in Kraft getretenen Mietrechtsgesetzes hatte der Oberste Gerichtshof zwar mehrfach ausgesprochen, daß in früheren Mietverträgen enthaltene, auf eine Änderung der Bestimmungen über den gesetzlichen Mietzins abstellende Zinsanpassungsklauseln bei Wegfall des bisher gegen sie gerichteten Verbotes unter der Voraussetzung der Bestimmbarkeit des neuen Mietzinses Wirksamkeit erlangen können.

Nach Einbringung der vorliegenden Klage wurde vom Gesetzgeber durch die mit Bundesgesetz vom 12.Dezember 1985, BGBl. 559, neu geschaffene Bestimmung des § 16 a MRG die Rechtslage jedoch geändert. Absatz 1 dieses Paragraphen normiert, daß Vereinbarungen in einem vor dem 1.Jänner 1982 geschlossenen Vertrag, die eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorsehen, rechtsunwirksam sind. Weiters, daß darunter auch Vereinbarungen zu verstehen sind, in denen sich der Mieter für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses zum Abschluß einer neuen Mietzinsvereinbarung verpflichtet. Diese Regelung hat gemäß Art. IV Z 7 des Bundesgesetzes 1985/559 rückwirkende Kraft und gilt daher auch für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgenannten Gesetzes bereits anhängigen, noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen streitigen und außerstreitigen Verfahren (JBl 1986, 255; RdW 1986, 142; 8 Ob 633/85, 5 Ob 24/86, 5 Ob 139/86, 1 Ob 636/87 uva). Die Neuregelung umfaßt alle auf Änderung der Gesetzeslage abstellenden Zinsanpassungsklauseln und zwar unabhängig davon, ob danach eine Verpflichtung zum Abschluß eines angepaßten Vertrages vorgesehen ist oder die Mietzinsänderung ohne Vereinbarung eintreten soll; nur Zinsanpassungen infolge tatsächlicher Veränderungen, z.B. in der Nutzfläche, werden davon nicht berührt (1 Ob 636/87). Maßgeblich ist also allein, ob die Klausel eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall vorsieht, daß die zinsrechtlichen Vorschriften geändert werden und nach den neuen Bestimmungen ein höherer Zins zulässig ist (1 Ob 636/87). Dies ist hier der Fall.

Die Klage wird darauf gestützt, daß in Bestimmungen des mit 1. Jänner 1982 in Kraft getretenen Mietrechtsgesetzes eine Mietzinserhöhung vorgesehen werde und insbesondere für Geschäftsräumlichkeiten gemäß § 16 Abs 1 MRG nunmehr ein "angemessener" Mietzins begehrt werden könne. Die solcherart zulässig gewordene Mietzinserhöhung übersteige jedenfalls den für das gegenständliche Bestandverhältnis bisher vereinbarten Pauschalmietzins von 6.000 S, es sei nunmehr ein Hauptmietzins von 27.000 S gerechtfertigt. Damit bringt der Kläger klar zum Ausdruck, daß er die Anhebung des bisherigen im Pauschalmietzins von 6.000 S enthaltenen Hauptmietzinses auf einen im Sinne des § 16 Abs 1 MRG "angemessenen" Hauptmietzins von 27.000 S begehrt. Er macht somit geltend, daß nach dem Inhalt der in § 3 Z 3 des Mietvertrages und im Gedächtnisprotokoll vom 27.Juli 1964 enthaltenen Zinsanpassungsklausel eine Erhöhung des Hauptmietzinses bei Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorgesehen ist. Eine solche Klausel hat aber nach § 16 a Abs 1 MRG keine Gültigkeit. Davon, daß diese Gesetzesstelle nur auf in Formularverträgen enthaltene Zinsanpassungsklauseln anwendbar sei, kann nach dem klaren Wortlaut dieser Gesetzesstelle und im Sinne der obigen Ausführungen keine Rede sein. Das Argument, vorliegendenfalls sei in der Vereinbarung auf eine "Neuregelung" als Voraussetzung für die Zinserhöhung abgestellt worden und eine solche sei von der Bestimmung des § 16 a Abs 1 MRG nicht erfaßt, ist unverständlich, weil diese Bestimmung gerade auf eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses und damit eben auf eine "Neuregelung" abstellt. Gleiches gilt für die widersprüchliche Revisionsausführung, durch den vereinbarten Pauschalmietzins sei der Mieter in gewissem Rahmen ohnehin geschützt, wenngleich die Regelung des § 16 a Abs 1 MRG die Verhinderung jeglicher Mietzinserhöhung bezwecke.

Da sich die dem Erhöhungsbegehren zugrundeliegende Zinsanpassungsklausel somit als rechtsunwirksam erweist, bedarf es nicht mehr der Prüfung, ob im Sinne der unterinstanzlichen Rechtsansicht auch mangelnde Bestimmbarkeit der in dieser Klausel vorgesehenen Zinserhöhung gegeben ist.

Der Revision war ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12526

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00547.87.1211.000

Dokumentnummer

JJT_19871211_OGH0002_0020OB00547_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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