Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr. Walter Zeiler und Anton Degen als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef M***, Enzersdorf an der Fischa, Goldgasse 7, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ö*** B*** AG, Brauerei
Schwechat, Brauhausgasse 8, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1.266,33 samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Mai 1987, GZ 34 Ra 1018/87-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 10. Juni 1986, GZ 8 Cr 1525/86-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.260,56 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 292,96 Umsatzsteuer und S 38,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 20. April 1964 als Schlosser beschäftigt. In der Zeit vom 12. bis 31. August 1985 konsumierte der Kläger seinen Urlaub.
Auf dieses Arbeitsverhältnis findet der Rahmenkollektivvertrag für die Nahrungs- und Genußmittelindustrie Österreichs (KV) Anwendung, der folgende Regelung über Sonntags- und Feiertagsarbeit enthält:
"§ 8 Sonntags- und Feiertagsarbeit
..........
3. Als Feiertage gelten die auf Grund des Arbeitsruhegesetzes,
in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Tage. Diese sind
derzeit der 1. und 6. Jänner, Ostermontag, 1. Mai, Christi
Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August.....
4. Für die in Ziffer 3 angeführten Feiertage ist auf Grund des
ARG das regelmäßige Entgelt zu leisten. Als regelmäßiges Entgelt
gilt das Entgelt, das dem Arbeitnehmer für die normale Arbeit
gebührt, die er nach der für den Betrieb geltenden
Arbeitszeiteinteilung an dem Tag, auf den der Feiertag fällt, zu
leisten hätte, wenn dieser Tag ein Werktag wäre.
.........
7. Für Arbeiten an Sonntagen bzw. an gesetzlichen Feiertagen ist
dem Arbeitnehmer das der Arbeitsleistung entsprechende Arbeitsengelt
zuzüglich eines Zuschlages zu bezahlen, der im § 10 Z 2 b und Z 3
dieses Kollektivvertrages festgelegt ist. Basis für die Berechnung
des Überstundenentgeltes (Grundstunde plus Zuschlag) an Sonntagen
und der Berechnung des Feiertagszuschlages ist der Teilungsfaktor
gemäß § 10 Z 1, im übrigen der Grundlohn.
.........
§ 10 Engelt für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit und
Nachtarbeit
1. Als Grundlage für die Berechnung der Grundstunde und des
Zuschlages der Überstunden an Werk-, Sonn- und Feiertagen sowie bei
Berechnung des Feiertagszuschlages als Entgelt für geleistete Arbeit
gilt 1/160 des Monatsgrundlohnes bzw. 1/37 des Wochengrundlohnes.
Für die übrigen Zuschläge im Sinne dieses Paragraphen gilt der
Grundlohn.
.........
3. Für die an Feiertagen erbrachten Arbeitsleistungen sind folgende Zahlungen zu leisten:
Zuschlag als Engelt für
geleistete Arbeit
Für Normalstunden am 1. Jänner,
1. Mai, Ostermontag, Pfingstmontag
oder am 25. Dezember:
Das regelmäßige Engelt im Sinne
der Verordnung über die Lohnzahlung
an Feiertagen + 200 %
Für Normalstunden an den anderen
Feiertagen:
Das regelmäßige Engelt im Sinne der
Verordnung über die Lohnzahlung an
Feiertagen + 150 %
.........
Für Überstunden:
Stundengrundlohn + 100 %
Als Normalstunden an Feiertagen
gelten jene Arbeitsstunden, die an dem
betreffenden Feiertag geleistet worden
wären, wenn dieser Tag ein Werktag wäre.
.........."
Der Kläger begehrt S 1.266,33 samt Anhang an Feiertagszuschlag. Ihm sei für den 15. August 1985 nur das Entgelt ausgezahlt worden, wie er es an einem normalen Arbeitstag (Werktag) verdient hätte, und zwar 8 Stunden zuzüglich 4 Überstunden; ein Feiertagszuschlag sei ihm nicht ausgezahlt worden. Hätte er in diesem Zeitraum nicht Urlaub genommen, wäre er an diesem Feiertag zum Dienst eingeteilt worden und hätte zusätzlich den Feiertagszuschlag erhalten. Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Ein Feiertag könne nicht als Urlaubstag angesehen werden; er sei daher gemäß § 8 KV wie ein Werktag zu entlohnen.
Das Erstgericht wies die Klage ab und stellte folgenden - im Berufungsverfahren nicht bekämpften - Sachverhalt fest:
Im Betrieb der Beklagten wird üblicherweise in zwei Schichten gearbeitet, wobei jede Schicht aus vier Schlossern und weiterem Personal besteht. Darüber hinaus werden weitere zwei bis drei Schlosser jeweils als Springer eingesetzt. Am 15. August 1985 war statt zweier Schichten lediglich eine Schicht eingesetzt. Seit Mai 1985 wurden laufend Überstunden geleistet; auch am 15. August 1985 fielen Überstunden an. Wäre der Kläger nicht im Urlaub gewesen, wäre er an diesem Tag der Vormittagsschicht zugezogen worden. Da der Kläger wegen seines Urlaubes an diesem Tag nicht eingesetzt wurde, wurde ihm von der Beklagten für 8 Stunden ein Lohn von S 692,72 weiters eine Überstunde mit 50 % Zuschlag und drei Überstunden mit 75 % Zuschlag, insgesamt daher ein Betrag von S 1.331,47 ausgezahlt. Hätte der Kläger an diesem Tag Dienst gemacht, so wäre an Zuschlägen für Feiertagsentlohnung und Feiertagsüberstunden noch ein weiterer Betrag von S 1.266,33 zu zahlen gewesen.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, eine in den Zeitraum des Urlaubes fallender Feiertag sei nicht als Urlaubstag zu werten, so daß der entfallende Feiertagszuschlag nicht nach dem Ausfallsprinzip des Urlaubsgesetzes zu honorieren sei. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nach dem im § 6 Abs 3 UrlG normierten Ausfallsprinzip dem Arbeitnehmer das Engelt auf der Basis des fiktiven Arbeitsverlaufes nach Antritt des Urlaubes und damit auch der infolge Urlaubskonsums entgangene Zuschlag für Feiertagsarbeit zustehe. Der Begriff "während des Urlaubes" in § 6 Abs 1 UrlG umfasse auch die in den Urlaub fallenden Feiertage, weil nach den Intentionen des Gesetzgebers der Urlaub möglichst in einem und nicht in Etappen zu konsumieren sei und der Arbeitnehmer durch den Urlaubsantritt keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden solle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Gemäß § 2 Abs 1 UrlG ist das Urlaubsausmaß nach Werktagen zu
bemessen; fällt daher ein Feiertag in den Urlaub, ist dieser nicht
als Urlaubstag zu werten und gebührt dafür ein zusätzlicher
Urlaubstag (siehe Cerny Urlaubsrecht4, 33 f; Klein-Martinek,
Urlaubsrecht, 41 f). Die Weiterzahlung des Entgeltes für
Urlaubszeiten ist im § 6 UrlG, die Weiterzahlung des Entgeltes für
Feiertage hingegen im § 9 ARG geregelt. Eine Kumulierung dieser
Bestimmungen erscheint schon im Hinblick auf den Wortlaut des
§ 6 Abs 1 UrlG "während des Urlaubes behält der Arbeitnehmer den
Anspruch auf das Engelt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen"
nicht gerechtfertigt. Geht man von dieser Einschränkung des
Anspruches auf Urlaubsentgelt und den darüber in den folgenden
Absätzen getroffenen Regelungen aus, dann kann Absatz 3 dieser
Bestimmung "in allen anderen Fällen ist für die Urlaubsdauer das
regelmäßige Entgelt zu zahlen. Regelmäßiges Engelt ist jenes Engelt,
das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten
worden wäre" nur auf jene Zeiten bezogen werden, in denen
tatsächlich Urlaub konsumiert wurde (vgl. Arb. 9.940, wonach die
Regelung des § 6 UrlG sowie der Generalkollektivvertrag sich
ausschließlich auf die Urlaubszeit und nicht auch auf außerhalb
dieser Zeit liegende Zeiträume erstrecken).
Eine Honorierung ausgefallener Feiertagsarbeit neben dem nach
§ 6 Abs 1 ARG weiterzuzahlenden Engelt würde darüber hinaus zu
einer sachlich nicht gerechtfertigten Begünstigung jener
Arbeitnehmer führen, die ihren Urlaub so lagern, daß möglichst viele
Feiertage hineinfallen. Ihnen würde ungeachtet des Umstandes, daß
sie an den betreffenden Feiertagen nicht arbeiten, das zusätzliche
Entgelt nach § 9 Abs 5 ARG zustehen, während jene Arbeitnehmer, in
deren Urlaub kein Feiertag fällt, dieses Engelt nur gegen
tatsächlich verrichtete Feiertagsarbeit erhalten würden. Das Argument des Berufungsgerichtes, der Urlaub sei gemäß § 2 Abs 1 UrlG grundsätzlich in einem zu verbrauchen, dem Arbeitnehmer sei eine Unterbrechung zur Verrichtung von Feiertagsarbeit nicht zumutbar, spricht nicht gegen diese Überlegung, weil auch ein Urlaub von 36 Werktagen so gelagert werden kann, daß kein Feiertag hineinfällt und darüber hinaus gemäß § 4 Abs 3 UrlG die Möglichkeit besteht, den Urlaub in zwei Teilen zu verbrauchen. Es ist daher Basalka in Adametz-Basalka-Mayr-Stummvoll, Kommentar zum Urlaubsgesetz 1977, 76 darin beizupflichten, daß weder das zusätzliche Feiertagsentgelt noch ein Zuschlag für Feiertagsarbeit in das Urlaubsentgelt einzubeziehen ist, während der Ansicht Cernys in Urlaubsrecht4, 103, Zuschläge für Feiertagsarbeiten seien in das Urlaubsentgelt einzubeziehen, nicht gefolgt werden kann.
Der Revision war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E13059European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:009OBA00164.87.1216.000Dokumentnummer
JJT_19871216_OGH0002_009OBA00164_8700000_000