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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde 1. des Friedrich Kowall und 2. der Margarethe Kowall, beide in Mödling, beide vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Dezember 2002, Zl. RU1-V-02107/01, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. Petra Wollmann, 2. Dr. Hanno Wollmann, beide in Traiskirchen, beide vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Tuchlauben 17, 3. Gemeinde Gaaden) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 sowie der erst- und zweitmitbeteiligten Partei insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der drittmitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 11. September 2000 beantragten die Erst- und der Zweitmitbeteiligte die baubehördliche Bewilligung für die von ihnen geplante Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Grundstück Nr. 962/4, EZ. 1023, KG Gaaden. An das Baugrundstück grenzen die den Beschwerdeführern gehörenden Grundstücke 965/1 und 965/2, die als Grünland-Landwirtschaft gewidmet und unbebaut sind. Dahinter befinden sich die gleichfalls den Beschwerdeführern gehörenden Grundstücke Nr. .84 und 972.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2001 stellten die Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im gegenständlichen Bauverfahren und erhoben Einwendungen. Sie machten geltend, dass ihre Tochter und ihr Schwiegersohn einen gewerblichen Betrieb in Form einer Tierpension/Tierklinik auf den Grundstücken der Beschwerdeführer betrieben, von welchem eine erhebliche Lärmentwicklung ausgehe. Für den Fall der Errichtung eines Wohngebäudes auf dem benachbarten Grundstück hätten die Betreiber mit einschneidenden Auflagen iSd § 79 Abs. 2 GewO zu rechnen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. November 2001 wurde die beantragte Baubewilligung erteilt; da eine Verletzung von Nachbarrechten iSd § 6 Abs. 2 NÖ BauO ausgeschlossen sei, habe die Abhaltung einer Bauverhandlung entfallen können.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Dezember 2001 wurden der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der Parteistellung abgewiesen und die Einwendungen zurückgewiesen. Die an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke seien unbebaut; die Tierpension/Tierklinik befinde sich auf den Grundstücken Nr. .84 und Nr. 972, welche keine Grundstücksgrenze zu dem Baugrundstück aufwiesen. Mangels Parteistellung sei keine Bauverhandlung durchzuführen gewesen und seien die Einwendungen aus dem Grund der heranrückenden Wohnbebauung zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer am 27. Dezember 2001 Berufung und brachten vor, dass der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ BauO für das Vorliegen einer Nachbareigenschaft ausschließlich auf das Eigentum und nicht die mögliche Bebauung einer benachbarten Liegenschaft abstelle. Da sie geeignete Einwendungen iSd § 6 Abs. 2 NÖ BauO erhoben hätten, käme ihnen im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren Parteistellung zu.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Mai 2002 wurde der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung hinsichtlich der Grundstücke Nr. .84 und 972 sowie der Antrag auf Durchführung einer Bauverhandlung als unbegründet abgewiesen wurden und dass die erhobenen Einwendungen hinsichtlich der Grundstücke (u.a. Nr. 965/1 und 965/2) als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich der Grundstücke Nr. .84 und 972 als unzulässig zurückgewiesen wurden. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer nur hinsichtlich der Grundstücke, die direkt an das Baugrundstück angrenzten, Nachbarn iSd § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ BauO seien. Da jene Grundstücke unbebaut seien, könnten die Beschwerdeführer in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 6 Abs. 2 NÖ BauO nicht berührt sein, weshalb ihnen auch keine Parteistellung zukomme. Die Beschwerdeführer seien nicht Inhaber der Betriebsanlage und hätten daher kein Recht auf Schutz vor heranrückender Wohnverbauung. Darüber hinaus werde die gewerbliche Anlage nicht auf den unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücken betrieben.
In der dagegen erhobenen Vorstellung vom 4. Juni 2002 wiederholten die Beschwerdeführer ihr Vorbringen und brachten weiters vor, dass die an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke als Auslauffläche für die Tiere der Tierpension dienen würden. Im Übrigen habe die Berufungsbehörde verkannt, dass es gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für die Parteistellung eines Betriebsinhabers im Bauverfahren aus dem Grunde der heranrückenden Wohnverbauung genüge, dass die Betriebsanlage in der Nähe des Bauplatzes liege, weil im Sinne der Rechtsprechung auf den Nachbarbegriff des § 356 Abs. 3 iVm § 74 Abs. 2 GewO abzustellen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer ab. Sie führte aus, dass die - nunmehr erstmals behauptete - Verwendung der Grundstücke Nr. 965/1 und 965/2 als Auslaufflächen für die Tierpension von der Betriebsanlagenbewilligung nicht umfasst seien. Außerdem seien auf Grund der Kompetenzverteilung der österreichischen Bundesverfassung die Bestimmungen der Gewerbeordnung im Bauverfahren nicht anzuwenden, weshalb von einem Nachbarbegriff gemäß § 6 NÖ BauO auszugehen sei. Im Übrigen käme auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dem Eigentümer eines benachbarten Grundstücks iSd § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ BauO und darüber hinaus lediglich dem Inhaber einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage gegebenenfalls Parteistellung zu. Aus diesen Gründen komme den Beschwerdeführern keine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zu.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 2003, B 104/03-4, unter Hinweis darauf ablehnte, dass der angefochtene Bescheid seine Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 1 und 2 NÖ BauO finde. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragten die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift und legte Verwaltungsakten vor. Die Beschwerdeführer replizierten, worauf die Erst- und der Zweitmitbeteiligte eine Äußerung erstatteten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 in der Fassung LGBl. 8200-3 (in der Folge: BO) haben im Baubewilligungsverfahren Parteistellung:
1.
der Bauwerber und/oder der Eigentümer des Bauwerks
2.
der Eigentümer des Baugrundstücks
3.
die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und
4. die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerkes auf den Grundstücken nach Z. 2 und 3, z.B. Superädifikat, Baurechtssubjekt, Keller, Kanalstrang (Nachbarn).
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.
Gemäß § 6 Abs. 2 NÖ BO werden subjektiv-öffentliche Rechte durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen begründet, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
Gemäß § 48 Abs. 1 NÖ BO dürfen Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen,
1.
das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
2.
Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen, ob Belästigungen örtlich zumutbar sind.
Im vorliegenden Fall machen die Beschwerdeführer geltend, dass gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Nachbarbestimmung des § 6 Abs. 2 Z. 2 iVm § 48 BO auch den Fall des Inhabers einer gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage erfasse, in deren unmittelbarer Nähe ein Wohnhaus errichtet werden soll. Den Inhabern von Betriebsanlagen stehe eine Abwehrbefugnis gegen eine heranrückende Wohnbebauung zu, weil infolge der Bewilligung des Bauvorhabens nachträgliche Auflagen gemäß § 79 Abs. 2 GewO oder gar eine Betriebsstilllegung für die Betriebsinhaber zu befürchten seien. Diese Abwehrbefugnis müsse aber auch den Liegenschaftseigentümern zustehen, auf deren Grund und Boden der Gewerbebetrieb ausgeführt werde, weil die Nutzbarkeit der Liegenschaft und somit das Eigentumsrecht der Liegenschaftseigentümer durch eine heranrückende Wohnverbauung beeinträchtigt werde. Da der Wechsel des Inhabers des Betriebs, der auf ihrer Liegenschaft betrieben werde, von einem von ihnen abzuschließenden Vertrag abhängig sei, wäre die Liegenschaft für die Beschwerdeführer nur dann nicht nutzlos, wenn sie die Betriebsgenehmigung des Vorinhabers ausnützen könnten. Daher komme ihnen bei verfassungskonformer Auslegung des § 6 Abs. 2 Z. 2 NÖ BO aus dem Titel der heranrückenden Wohnverbauung Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zu.
Der vorliegenden Beschwerde liegt derselbe Sachverhalt wie im Falle des hg. Erkenntnisses vom 15. Juli 2003, Zl. 2003/05/0049, zu Grunde; Beschwerdeführer waren in jenem Verfahren die Tochter und der Schwiegersohn der im vorliegenden Verfahren als Beschwerdeführer auftretenden Personen in ihrer Eigenschaft als Betriebsinhaber des sich auf den Grundstücken Nr. .87 und 972 befindlichen gewerblichen Betriebs (Tierpension/Tierklinik) bzw. als Eigentümer der darauf errichteten Superädifikate.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in der Begründung des damaligen Erkenntnisses zur Frage der Parteistellung der Betriebsinhaber aus:
"Zu der Frage, ob § 48 NÖ BauO 1996 im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis VfSlg. 10703/85, vor allem in den Erkenntnissen vom 28. September 1990, B 1368/87, zur Wiener Bauordnung und vom 7. Oktober 1992, B 614-618/92, B 620/92) 'zweiseitig' zu lesen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bisher noch nicht Stellung genommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in der Regel die Auffassung vertreten, dass es im Zusammenhang mit dem Immissionsschutz auf die Belästigungen, die vom Baugrundstück ausgehen und daher nur auf dessen Widmung ankommt (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/06/0123, sowie vom 24. September 1991, Zlen. 88/06/0098, 0100). Der Verwaltungsgerichtshof braucht im Beschwerdefall jedoch zu dieser Frage nicht abschließend Stellung zu nehmen:
Der Kreis jener Nachbarn, die im Baubewilligungsverfahren nach § 6 Abs. 1 Z. 4 der NÖ Bauordnung 1966 Parteistellung hat, wird abschließend in dieser Bestimmung mit einer Entfernung der bebauten Grundstücke von bis zu 14 m vom zu bebauenden Grundstück begrenzt. Selbst wenn man also in den Beschwerdefällen im Sinne der Beschwerdeausführungen auf Grund der 'heranrückenden Bebauung' § 48 NÖ BauO 1996 'zweiseitige' Bedeutung zumäße, mit dem Ergebnis, dass auf Grund der Möglichkeit infolge der Emissionen, die von bestehenden Bauwerken oder deren Benützung im Sinne des § 48 BauO 1996 ausgehen und allfälligen zu erwartenden Auflagen das Mitspracherecht von Inhabern gewerbebehördlich genehmigter Betriebsanlagen und damit eine Parteistellung des Betriebsinhabers gegeben wäre, so erstreckte sich dieses Mitspracherecht und damit die Parteistellung keineswegs auf Eigentümer bzw. Pächter unbebauter Grundstücke, weil auch § 48 NÖ BauO 1996 ausdrücklich nur auf Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, abstellt. Gehen aber die Lärmimmissionen von unbebauten Grundstücken auf Grund deren Verwendung als Auslaufplatz für Hunde oder andere lärmerzeugende Tiere aus, so können diese Lärmquellen aus raumordnungsrechtlicher Sicht nicht mit Emissionen von Bauwerken oder deren Benützung gleichgestellt werden. Gegen die Bestimmung des § 48 NÖ BauO 1996 hegt der Verwaltungsgerichtshof aus der Sicht der vorliegenden Beschwerdefälle keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil grundsätzlich Lärmimmissionen, die von Tieren auf unbebauten Grundstücken ausgehen, leichter durch Dislozierung der Tiere verhindert oder vermindert werden können als dies bei einer Abtragung und Neuerrichtung von Bauwerken an anderer Stelle der Fall wäre. Gegen die Bestimmung des § 6 NÖ BauO 1996 bestehen, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 24. Februar 2003 bezüglich der hier zu behandelnden Beschwerdefälle ausgeführt hat, keine verfassungsrechtlichen Bedenken."
Die Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren sind Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden, unbebauten Grundstücke Nr. 965/1 und 965/2 sowie der (mehr als 14 m entfernten) Grundstücke Nr. .84 und 972, auf welchen sich die betriebene Tierpension befindet. Sie behaupten, dass auch die Grundstücke Nr. 965/1 und 965/2 dem Betrieb dienen. Sie sind insofern Nachbarn iSd § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ BO.
Doch auch im vorliegenden Fall ist die Beantwortung der Frage, ob § 48 BO im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes "zweiseitig" zu lesen ist, nicht entscheidungswesentlich, weil jene Grundstücke, hinsichtlich derer die Nachbareigenschaft der Beschwerdeführer nach § 6 Abs. 1 Z. 3 BO zu bejahen ist, unbebaut sind. Wie im Vorerkenntnis ausgeführt, würde auch eine "zweiseitige Lesart" des § 48 BO kein Mitspracherecht des Eigentümers unbebauter Grundstücke bewirken.
Indem die Beschwerdeführer vorbringen, dass die Nutzbarkeit der Liegenschaft durch die heranrückende Wohnbebauung eingeschränkt werde, machen sie lediglich einen wirtschaftlichen Nachteil geltend. Wirtschaftliche Interessen vermitteln aber nur dann Parteistellung, wenn diese von der materiellen Verwaltungsvorschrift ausdrücklich eingeräumt wird (vgl. hg. Hauer/Leukauf6, Anm. 29a zu § 8 AVG).
Den Beschwerdeführern käme also selbst bei einer "zweiseitigen Lesart" des § 48 NÖ BO nicht Parteistellung zu, weil sie als Liegenschaftseigentümer jedenfalls nicht in ihrem Recht nach § 6 Abs. 2 Z. 2 BO berührt sind. Die Frage, ob die an das Baugrundstück grenzenden Liegenschaften als Auslaufflächen für die in der Tierklinik/Tierpension behandelten Tiere von der Betriebsanlagenbewilligung mitumfasst seien, kann dahin gestellt bleiben.
Eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, in welchem die belangte Behörde die Rechtsansicht der Gemeindebehörden geteilt hat, ist somit nicht erkennbar. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerdeführer haben die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext: any hearing at all), erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behören nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519 m.w.N.). Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Der Ausspruch des Kostenersatzes gründet sich auf die §§ 47ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenersatzbegehren der drittmitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) und weil sich diese Bestimmung auch auf § 48 Abs 3 Z. 2 VwGG bezieht.
Wien, am 20. September 2005
Schlagworte
Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003050046.X00Im RIS seit
19.10.2005