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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2003/05/0053Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerden 1. der Coremo Vermietungs GmbH,
2. der GCC Immobilien Vermietungs GmbH, beide in Wien, beide vertreten durch Neumayer & Walter Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. November 2002, Zl. MA 64-BE 182/96, betreffend Kostenvorauszahlung nach § 4 Abs. 2 VVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen von insgesamt EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Punkt 3. des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (MA 37), vom 29. November 1990 wurde Dr. E. P., der damaligen Eigentümerin der Liegenschaft 1170 Wien, Haslingergasse 70, gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) der hier verfahrensrelevante Auftrag erteilt, binnen sechs Monaten den Verputz an den straßen- und hofseitigen Krönungsgesimsen in Stand zu setzen. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64 (MA 64), vom 21. Juli 1993 wurde der Dr. E. P. als verpflichteter Haus- und Grundeigentümerin die Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten für die Durchführung der Instandsetzung im Wege der Ersatzvornahme in der Höhe von S 130.000,-- aufgetragen. Gegen diesen Bescheid erhob sie Berufung; mit Schreiben vom 29. November 1995 teilte sie der MA 64 mit, dass sie die Liegenschaft mit allen Rechten und Pflichten, auch an Bauaufträgen, an die nunmehrigen Beschwerdeführerinnen verkauft habe. Die mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2002 erfolgte Abweisung ihrer Berufung bildete den Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 15. Juni 2004, Zl. 2003/05/0040 (Vorerkenntnis); die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.
Mit Verfahrensanordnung vom 17. April 1996 räumte die erstinstanzliche Vollstreckungsbehörde den Beschwerdeführerinnen zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem Bescheid vom 29. November 1990 eine Paritionsfrist von einer Woche ein und drohte für den Fall der Nichterfüllung die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG an.
Im Schreiben vom 29. April 1996 erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, dass von ihrer Seite Baumeister W. bereits mit der Durchführung der genannten Aufträge beauftragt worden sei und in der Woche vom 6. Mai bis 10. Mai 1996 die genannten Maßnahmen gesetzt würden. Mit Schreiben vom 17. Juni 1996 teilte die MA 37 mit, dass der Bauauftrag nach wie vor nicht erfüllt sei und auch keine Arbeiten im Gange seien. Darauf holte die MA 64 bei der Magistratsabteilung 25 eine Kostenschätzung ein, die auf S 135.223,20 lautete.
Mit Bescheid der MA 64 vom 4. Juli 1996 wurde den Beschwerdeführerinnen als verpflichtete Haus- und Grundeigentümerinnen die Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten für die Durchführung der Instandsetzung im Wege der Ersatzvornahme in der Höhe von S 135.223,20,-- aufgetragen. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen Berufung. Darin brachten sie vor, dass zwischenzeitlich die losen Mauerteile abgeschlagen worden seien und Herr Baumeister W. sich mit der zuständigen Baubehörde in Verbindung gesetzt habe und zur Kenntnis gebracht habe, dass eine Generalsanierung des Hauses im Zuge eines § 18 ff MRG-Verfahrens durchgeführt werde.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2002 fragte die belangte Behörde bei der MA 37 an, ob die Arbeiten bereits durchgeführt wurden und sich eine Ersatzvornahme daher erübrige oder ob das Vollstreckungsverfahren weitergeführt werden solle. Die Mitteilung der MA 37 vom 22. März 2002 wurde den Beschwerdeführerinnen durch die Schreiben der belangten Behörde vom 5. April 2002 wie folgt zur Kenntnis gebracht:
"Gemäß § 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 i. d.g.F., wird Ihnen in der Beilage die Stellungnahme der MA 37/17 vom 22.3.2002 zur Kenntnis gebracht:
'Es wird mitgeteilt, dass dem Bauauftrag der MA 37 vom 29.11.1990, Z1.: MA 37/17-2515/90, im Pkt. 3 nicht entsprochen wurde. Die MA 37 ersucht um Weiterführung des Vollstreckungsauftrages.' "
Dazu äußerten sich die Beschwerdeführerinnen im Schreiben vom 23. April 2002 dahingehend, dass die Schreiben vom 5. April 2002 keine Beilagen enthielten. Die Beschwerdeführerinnen gaben an, dass sie seit 22. Mai 1996 einen Großteil des Hauses und in weiterer Folge am 27. Jänner 2000 die letzte noch im Besitz der Erstbeschwerdeführerin befindliche Wohnung veräußert hätten. Es sei ihnen daher nicht mehr möglich, im Haus irgendwelche Handlungen zu setzen. Ihr Auftrag an einen konzessionierten Bauunternehmer, eine Sanierung durchzuführen, sei dem neuen Eigentümer überbunden worden, der neue Eigentümer halte sich scheinbar aber nicht an die getroffenen Vereinbarungen.
Der von der belangten Behörde eingeholte Grundbuchsauszug vom 28. Mai 2002 weist die Beschwerdeführerinnen nicht als Eigentümerinnen aus. Aus dem Verzeichnis über die gelöschten Eintragungen ist ersichtlich, dass sie mit Kaufverträgen vom 22. Mai 1996 ihre Anteile an eine M.T. GmbH veräußert haben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beiden Beschwerdeführerinnen als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass im Zeitpunkt des Ablaufes der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Nachfrist (29. April 1996) die Beschwerdeführerinnen bücherliche Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft gewesen seien. Ein Wechsel in der Person des Eigentümers nach diesem Zeitpunkt berühre nicht die Stellung als Verpflichteter. Sie seien für die Kosten der Ersatzvornahme zahlungspflichtig. Dem Bauauftrag sei nicht entsprochen worden.
Dagegen richten sich die beiden, getrennt erhobenen Beschwerden der Beschwerdeführerinnen. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:
Soweit die Beschwerdeführerinnen zunächst vorbringen, der Titelbescheid vom 29. November 1990 sei nicht gegen alle Miteigentümer ergangen, sind sie auf den im Akt erliegenden Grundbuchsauszug vom 6. November 1990 zu verweisen, nach dem Dr. E. P. Alleineigentümerin war.
Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, der bekämpfte Bescheid sei nicht hinreichend konkretisiert, es ergebe sich daraus insbesondere nicht, wie sich der in Schilling bezifferte Betrag zusammensetze und welche Arbeiten tatsächlich anfielen. Dies sei rechtlich wesentlich, weil die Beschwerdeführerinnen den Bauauftrag als erfüllt betrachten; "Instandsetzen" bedeute nach dem üblichen Sprachgebrauch nicht das Wiederherstellen aller Fassadenteile, sondern auch das bloße Abschlagen von lockeren Gesimsteilen. Dies sei aber durchgeführt worden. Es sei auch nicht konkretisiert, ob bei einer neuerlichen Besichtigung im Jahr 2002 dieselben Gesimsteile locker gewesen seien, oder ob nicht in der Zwischenzeit, trotz ursprünglich erfüllter Instandsetzungsmaßnahmen, neuerlich Instandsetzungsmaßnahmen notwendig geworden wären. Schließlich seien die Beschwerdeführerinnen nicht Miteigentümerinnen des gegenständlichen Hauses; die Behörde habe willkürlich die seit Jahren nicht mehr als grundbücherliche Miteigentümer Eingetragenen für Kosten der Ersatzvornahme herangezogen.
Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
Nach § 4 Abs. 2 leg. cit. kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.
Eine Voraussetzung der Vollstreckung ist somit, dass der Verpflichtete seiner Pflicht nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist. Soweit die Beschwerdeführerinnen in ihrer Berufung geltend machten, durch Abschlagen loser Verputzteile seien sie dem Auftrag, den Verputz in Stand zu setzen, bereits nachgekommen, ist ihnen die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, wonach mit dem Abschlagen des Verputzes allein die Instandsetzungspflicht nach § 129 Abs. 2 BauO für Wien nicht erfüllt ist (siehe zuletzt das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2004, Zl. 2002/05/0209, sowie vom 9. Oktober 2001, Zl. 99/05/0078). Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Fehlen des Verputzes ein Baugebrechen darstellt, welches einen Instandsetzungsauftrag rechtfertigt. Dies wird damit begründet, dass der schadhafte Verputz die Außenmauern des Hauses Einflüssen der Witterung aussetzt, die im Inneren des Gebäudes zu Feuchtigkeitsschäden mit Schimmelbildung und in der Folge zu einer Gesundheitsgefährdung der Bewohner des Hauses führen können (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2001, Zl. 2001/05/0153 mwN).
Mit der Frage des Eigentümerwechsels während des Vollstreckungsverfahrens hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis auseinander gesetzt und unter Hinweis auf die Vorjudikatur insbesondere ausgeführt, dass ab dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Paritionsfrist bis zum tatsächlichen Abschluss der Ersatzvornahme die Eigentümer der hiervon betroffenen Baulichkeit als Verpflichtete bezüglich des Auftrages zur Vorauszahlung der Kosten ungeachtet einer nachfolgenden Änderung der Eigentumsverhältnisse anzusehen sind. Auch im nunmehrigen Beschwerdefall ist unstrittig, dass am 29. April 1996 die Beschwerdeführerinnen Eigentümerinnen waren. Allein daraus, dass die belangte Behörde auf Grund des Vorbringens in der Berufung, es werde eine Generalsanierung des Hauses erfolgen, jahrelang zugewartet hat, kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abgeleitet werden.
Im Vorerkenntnis hat sich der Verwaltungsgerichtshof auch mit dem Vorbringen der damaligen Beschwerdeführerin, der Titelbescheid sei unbestimmt, auseinander gesetzt und ausgeführt, dass ein Titelbescheid schon dann vollstreckungstauglich ist, wenn Art und Umfang einer Leistung von einem Fachkundigen festgestellt werden könne; dies wurde bejaht.
Die Höhe der geschätzten Kosten wurde im Verwaltungsverfahren von den Beschwerdeführerinnen nie bestritten. Wenn sie nunmehr behaupten, es sei eine Instandsetzung erfolgt und der spätere Zustand des Hauses erfordere neuerliche, also nicht den Gegenstand des Titelbescheides bildende Instandsetzungsmaßnahmen, ist ihnen das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegen zu halten.
Auch die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerinnen erweist sich als unberechtigt. Auf Grund des eindeutigen Vorhalts, dass der Bauauftrag aus 1990 nicht erfüllt sei, wäre es ihre Sache gewesen, entsprechende Behauptungen aufzustellen. Wenn das Schreiben der Magistratsabteilung 37 vom 22. März 2002 im Vorhalt vom 5. April 2002 wörtlich wiedergegeben wurde, kann keine Verletzung des rechtlichen Gehörs deswegen erkannt werden, weil dieses Schreiben der MA 37 dem Vorhalt nicht auch beigelegt wurde.
Damit erweisen sich auch die vorliegenden Beschwerden als unbegründet, sodass sie in einem in Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren. Auf die nähere Begründung im Vorerkenntnis wird, entsprechend § 43 Abs 2 2. Satz VwGG, hingewiesen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 20. September 2005
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003050052.X00Im RIS seit
24.10.2005Zuletzt aktualisiert am
30.03.2011