TE OGH 1987/12/22 11Os163/87

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Veröffentlicht am 22.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Dezember 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gorgi P*** und Dobre D*** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens wider die Volksgesundheit nach den §§ 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG und 15 StGB sowie des Vergehens nach dem § 35 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.Mai 1987, GZ 6 a Vr 9.035/85-91, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dobre D*** und Gorgi P*** des teils vollendeten, teils in der Erscheinungsform des Versuches begangenen Verbrechens wider die Volksgesundheit nach den §§ 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG und 15 StGB sowie des Vergehens nach dem § 35 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Die beiden Angeklagten bekämpfen - ausdrücklich bzw. der Sache nach - beide Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, welchen keine Berechtigung zukommt.

I. Zu den Verfahrensrügen (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO):

Gorgi P*** erachtet sich durch die unterbliebene

Einvernahme des Zeugen Wojkan L*** schon deswegen zu Unrecht beschwert, weil sein auf diese Beweisaufnahme abzielender, mit Schriftsatz vom 30.März 1987 (ON 86) gestellter Beweisantrag in der Hauptverhandlung vom 26.Mai 1987 - entgegen den Beschwerdeausführungen - jedenfalls im hier relevanten Teil (Punkt 1) nicht neuerlich eingebracht (vorgetragen), sondern nur gemeinsam mit dem übrigen Akteninhalt im Zuge der Neudurchführung des Verfahrens verlesen wurde (S 436). Diese bloße Verlesung reicht jedoch für das Rechtswirksamwerden eines außerhalb der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages nicht hin (siehe Mayerhofer-Rieder StPO2 II/2, § 281 Z 4 Nr. 29, 31, 32). Auch der Antrag des Angeklagten Dobre D*** auf Ausforschung und Ladung des "Dschani" (Halil J***; vgl. S 108, 437) zum Beweis der Unkenntnis des Beschwerdeführers, daß es sich bei dem Schmuggelgut um Heroin handelte, entbehrt bereits der formalen Berechtigung, weil die Nichtdurchführung dieses - in Anbetracht der dürftigen, für eine Identifikation kaum ausreichenden Daten - vermutlich aussichtslosen Beweises unter dem Gesichtspunkt der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO vor allem deswegen nicht geltend gemacht werden kann, weil Dobre D*** nicht angegeben hatte, aus welchen Gründen denn erwartet werden könne, daß die Durchführung der beantragten Beweisaufnahme das (vom Antragsteller) behauptete Ergebnis haben werde. Zu einer dartigen Angabe wäre dieser Beschwerdeführer aber schon deswegen verpflichtet gewesen, weil sich aus seinem Geständnis vor der Polizei (S 111 ff) ua über die Art des Schmuggelgutes gerade das Gegenteil dessen ergibt, was der nunmehr beantragte Zeuge bestätigen soll (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO Nr. 103). Versagt das Gericht mit unbedenklicher Begründung einem Angeklagten im Zusammenhang mit dem späteren Widerruf eines Geständnisses den Glauben, so ist es im übrigen - so wie hier - nicht gehalten, Beweise aufzunehmen, für deren Erheblichkeit die Glaubwürdigkeit des Widerrufsgrundes Voraussetzung wäre und die nur im Fall der sachlichen Rechtfertigung des Widerrufs Sinn und Zweck haben könnten.

II. Zur Mängelrüge des Angeklagten Gorgi P***:

Die unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO relevierte Feststellung eines im Zusammenhang mit dem konstatierten Reifentausch notwendigen Verlassens der Wohnung des Zeugen Kiril M*** "für längere Zeit", obwohl der Zeuge Ekrem E*** im gegebenen Zusammenhang nur von "zwei Minuten" gesprochen habe, ist im angefochtenen Urteil der Beschwerde zuwider gar nicht getroffen worden (S 450, 451). Die bemängelte Passage findet sich lediglich im Rahmen einer wertenden Erörterung und - ersichtlich bloß unpräzise - zusammenfassenden Wiedergabe der Aussage des letztgenannten, von den Tatrichtern für glaubwürdig erachteten Zeugen (S 458). Dessen eindeutig auf den tatrelevanten Reifentausch hindeutenden Aussage (S 272 ff) maß das Schöffengericht ebenso wie der Verantwortung des Angeklagten D*** im Vorverfahren ("Gorgi und ich sind kurz zu unserem PKW gegangen"; S 113) im Zusammenhang mit seinen Konstatierungen über die Mittäterschaft des Gorgi P*** mit mängelfreier Begründung zutreffend entscheidendes Gewicht zu; dies umsomehr, als dieser Beschwerdeführer - wenn auch seine eigene Teilnahme am Reifentausch bestreitend - entgegen den Beschwerdeausführungen ausdrücklich erklärte, daß der Reifenwechsel vermutlich in Marburg geschehen sei (S 110).

Daß sich die Heckklappe des Fahrzeuges des Beschwerdeführers allenfalls auch bei versperrtem Schloß öffnen ließ und Dobre D*** unter Umständen den Reserveschlüssel des PKW nicht zurückgab, steht den erwähnten tatrichterlichen Feststellungen über den in Anwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführten Reifentausch nicht entgegen und bedurfte daher in der in gedrängter Darstellung abzufassenden Urteilsbegründung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - als nicht entscheidungswesentlich - den Beschwerdeausführungen zuwider keiner weiteren Erörterung.

Die aus noch unüberprüften Angaben (vgl. ON 9) des Angeklagten D*** im Zusammenhang mit einem eingestellten Faktum (vgl. ua ON 2 sowie S 3 g des A. u. V. Bogens) abgeleiteten Bedenken gegen den Beweiswert seiner belastenden Darstellung im vorliegenden Verfahren stellen lediglich einen unbeachtlichen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung dar.

III. Zur Rechtsrüge des Angeklagten Dobre D***:

Auch diese auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Rüge wurde nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil sie nicht an der erstgerichtlichen (durch den Akteninhalt - ON 89 - gedeckten) Urteilsannahme (S 462) über den mit 630.927 S konstatierten strafbestimmenden Wertbetrag festhält und sich mit der Behauptung einer fehlenden diesbezüglichen Feststellung als nicht aktengetreu erweist.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß den §§ 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Mangels Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden fehlt es an der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Erledigung der Berufungen.

Über sie wird das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E12691

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00163.87.1222.000

Dokumentnummer

JJT_19871222_OGH0002_0110OS00163_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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