TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/20 2004/05/0190

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Veröffentlicht am 20.09.2005
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauO NÖ 1996 §35;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Josef Pollhammer und der Ida Pollhammer, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien I, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. Juni 2004, Zlen. RU1-BR-59/001-2004 und RU1-BR-59/002-2004, betreffend einen Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Breitenfurt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde und der beiden darauf errichteten Gebäude, die Gegenstand des Abbruchverfahrens sind. Das Grundstück ist als Grünland / Land- und Forstwirtschaft gewidmet, und zwar (wie der Verwaltungsgerichtshof ergänzend erhoben hat) seit dem ersten Flächenwidmungsplan iJ 1976.

Mit dem an die mitbeteiligte Gemeinde gerichteten Schreiben vom 13. Juli 1970 teilten die Beschwerdeführer mit, sie hätten in Unkenntnis der Sachlage auf dem fraglichen Grundstück eine transportable Bauhütte zur Unterbringung des Werkzeuges errichtet. Sie beabsichtigten in allernächster Zeit um eine Baubewilligung einzukommen. Sie bäten daher, diesen ihren Fehler "gütigst entschuldigen zu wollen".

Angeschlossen war die Durchschrift eines Schreiben vom selben Tag an die Generaldirektion der österreichischen Bundesforste unter anderem betreffend einen Zaun.

In weiterer Folge wurde nach Durchführung einer Bauverhandlung an Ort und Stelle am 28. August 1971 mit dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom selben Tag ein Baugesuch der Beschwerdeführer vom 20. April 1971 abgewiesen (es ging darum, dass eine gehörige Zufahrt nicht gesichert war).

Am 5. März 2003 fand eine "Überprüfungsverhandlung" an Ort und Stelle statt. Dabei wurde festgehalten, dass das Grundstück gemäß dem Flächenwidmungsplan im Grünland/Landwirtschaft-Forst liege. Auf dem Grundstück sei ein Gebäude in Holzbauweise mit den Grundrissabmessungen von 6,5 m x 5,8 m errichtet worden (dieses wurde näher beschrieben). Es werde als Sommerhütte genutzt, das Erdgeschoß werde für Wohnzwecke verwendet, im Dachraum (Spitzboden) seien Schlafstätten eingerichtet. Daneben sei noch eine Gartengerätehütte im Ausmaß von ca. 2 m x 2 m vorhanden (diese wurde ebenfalls näher beschrieben). Festgehalten wurde weiters, dass das Gebäude, welches Gegenstand des abgewiesenen Baugesuches aus dem Jahr 1971 gewesen sei, nicht errichtet worden sei.

In weiterer Folge erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 25. September 2003 den Beschwerdeführern den Auftrag, die beiden auf dem Grundstück befindlichen (näher beschriebenen) Gebäude binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides abzubrechen. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass im Grünland im Wesentlichen nur Gebäude errichtet werden dürften, die eine land- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung aufwiesen; weiters sei das Erfordernis solcher Gebäude mittels eines agrartechnischen Gutachtens zu bescheinigen. Für die gegenständlichen beiden Gebäude (Sommerhaus und Gartengerätehütte) bestehe keine baubehördliche Bewilligung. Es sei auch hiefür niemals ein Bauansuchen eingebracht worden. Jedenfalls seien die Gebäude etwa um das Jahr 1970 oder kurz davor entstanden, wobei ein genaues Datum nicht feststellbar gewesen sei. Eine Verwendung für land- bzw. forstwirtschaftliche Zwecke sei nie behauptet worden und sei auch auf Grund der Gesamtanlage "des Gebäudes" auch auszuschließen, weil offensichtlich sei, dass es als Sommerhaus diene und keinesfalls als land- oder forstwirtschaftliche Baulichkeit.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. Februar 2004 als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammenfassend schloss sich die Berufungsbehörde der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde an. Im Übrigen hielt die Berufungsbehörde dem Einwand der Beschwerdeführer, sie seien von der Änderung des Flächenwidmungsplanes (der zuvor die Bebauung ermöglicht habe und nun in Grünland-Landwirtschaft geändert worden sei) nicht verständigt worden, entgegen, das NÖ ROG 1976 in seiner Stammfassung, welche zum damaligen Zeitpunkt anzuwenden gewesen sei, habe keine Verständigung über Änderungen des Flächenwidmungsplanes "auf direktem Weg" vorgesehen, vielmehr habe eine öffentliche Kundmachung gereicht. Eine persönliche Verständigung sehe dieses Gesetz erst seit der "letzten Novelle" vor. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes bzw. die Festlegung im Flächenwidmungsplan habe jedoch lange vor Inkrafttreten dieser Novelle stattgefunden. Demnach sei dieser Einwand nicht zielführend (der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu erhoben, dass der erste Flächenwidmungsplan, mit dem die Widmung Grünland festgelegt wurde, 1976 erstellt wurde).

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellungen, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurden. Zusammenfassend schloss sich die belangte Behörde der Beurteilung der Gemeindebehörden an.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie die Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend hervorgehoben haben, hat, soweit hier erheblich, gemäß § 35 Abs. 2 Z 1 zweiter  Fall der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 8200, die Baubehörde den Abbruch eines Gebäudes anzuordnen, wenn hiefür keine Baubewilligung oder Bauanzeige vorliegt und es unzulässig ist.

Die Beschwerdeführer ziehen nicht in Zweifel, dass die beiden Gebäude zum Zeitpunkt ihrer Errichtung sowie gegenwärtig konsensbedürftig waren und sind. Sie bringen aber vor, die seinerzeitige Bauhütte (nunmehr von den Behörden als Sommerhaus bezeichnet) sei vom damaligen Bürgermeister anlässlich der Bauverhandlung am 13. Juli 1970 (gemeint wohl: 28. August 1971) mit mündlichem Bescheid bewilligt worden. Dem ist zu entgegnen, dass nach § 118 Abs. 3 der damals geltenden niederösterreichischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 166/1969, Baubewilligungsbescheide zwingend schriftlich zu ergehen hatten, was bedeutet, dass bloß mündlich verkündete Bescheide rechtsunwirksam waren (siehe dazu die Hinweise in Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht6, Anm. 3 zu § 23 BO), womit dahingestellt bleiben kann, ob überhaupt ein mündlicher Bescheid verkündet worden war. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann das Schreiben vom 13. Juli 1970, in welchem Mitteilung über die bereits errichtete transportable Bauhütte erstattet wurde, schon wegen des zeitlichen Abstandes zum Inkrafttreten der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 nicht als rechtswirksame Bauanzeige im Sinne des § 15 dieses Gesetzes qualifiziert werden. Als Bauanzeige im Sinne des § 94 der NÖ BO 1968 kann dieses Schreiben ebenfalls nicht verstanden werden, weil danach nur Vorhaben, die keiner Bewilligung gemäß den §§ 92 oder 93 bedurften und nicht dem § 95 unterlagen, anzeigepflichtig waren. Nach § 92 NÖ BO 1968 war aber die Errichtung von Gebäuden bewilligungspflichtig.

Die Beurteilung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, dass es den beiden Gebäuden am erforderlichen Konsens mangelt, ist daher unbedenklich.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, "bei richtiger rechtlicher Beurteilung" und bei einem gehörigen Ermittlungsverfahren hätte die belangte Behörde erkannt, dass "die Gartengerätehütte durchaus für die landwirtschaftliche bzw. forstwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes erforderlich ist und eine ausreichende nachhaltige Bewirtschaft" im Sinne des § 19 Abs. 4 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 erfolge. Gleiches treffe im Übrigen auf das andere Gebäude (Sommerhaus) zu. Dem ist zu entgegnen, dass, wie die Behörde erster Instanz zutreffend erkannt hat, sich keinerlei Hinweise dafür ergeben haben, dass die Gebäude für eine entsprechend nachhaltige landwirtschaftliche bzw. forstwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes erforderlich wären. Aber selbst wenn die Behörden des Verwaltungsverfahrens verhalten gewesen wären, sich mit dieser Frage näher auseinander zu setzen, und diese Unterlassung einen Verfahrensmangel darstellte, zeigen die Beschwerdeführer die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels nicht auf, weil sie auch in der Beschwerde kein Vorbringen erstatten, aus dem die Erforderlichkeit der Gebäude für eine entsprechend nachhaltige land- oder forstwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes ableitbar wäre (siehe zu diesen Aspekten die in Hauer/Zaussinger, aaO, zu § 19 NÖ ROG 1976 in E 15 ff wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Der Umstand, dass bei der Festlegung der Flächenwidmung "Grünland" die damaligen Vorschriften eine persönliche Verständigung der betroffenen Grundeigentümer nicht vorsahen (siehe die §§ 21 und 22 NÖ ROG 1976 in der Stammfassung), vermag daran nichts zu ändern, dass die konsenslos errichteten und weiterhin konsensbedürftigen Gebäude unzulässig im zuvor dargelegten Sinn sind.

Schließlich ist auch aus dem Umstand, dass Gemeindeorgane in Kenntnis des Bestehens der Gebäude gewesen sein mögen (jedenfalls der seinerzeitigen "Bauhütte" seit dem Schreiben aus dem Jahr 1970 bzw. anlässlich der Bauverhandlung im Jahr 1971) und bislang kein Bauauftrag erteilt wurde, ein "Verzicht" auf die Erlassung solcher Bauaufträge nicht abzuleiten, weil eine solche Rechtsfolge den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften (hier insbesondere § 35 NÖ BO 1996) unbekannt ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG, was sinngemäß auch für die mitbeteiligten Parteien zu gelten hat).

Wien, am 20. September 2005

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004050190.X00

Im RIS seit

28.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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