Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Herbert J***, Kaufmann, Rennweg 33 a/16, 1030 Wien, vertreten durch Dr.Hans Christian Nemetz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Christine F***, Wienerstraße 5, 2103 Langenzersdorf, vertreten durch Dr.Helfried Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Angemessenheit des Hauptmietzinses (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 13. Jänner 1987, GZ 3 R 364/86-32, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 28.August 1986, GZ Msch 4/84-28, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag auf Feststellung, für die im Hause der Antragsgegnerin gelegene Wohnung und das Geschäftslokal des Antragstellers sei der Mietzins nach Kategorie D des MRG zulässig und dürfe monatlich 508,25 S (83,32 m2 mal derzeit 6,10 S pro m2) nicht übersteigen, abgewiesen wird.
Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen an Barauslagen für das Verfahren erster Instanz den Betrag von 3.865,-- S, für das Rekursverfahren den Betrag von 446,-- S zu ersetzen.
Der Antragsteller hat die Kosten seiner erfolglosen Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin des Hauses Langenzersdorf, Wienerstraße 5. Im Erdgeschoß dieses Hauses befindet sich ein 83,32 m2 großes Bestandobjekt, das aus einem Gassenladen (Raum 1, 18,7 m2), einem, nur durch diesen Gassenladen erreichbares Gassenzimmer (Raum 2, 16,92 m2), einer Küche einschließlich Bad (Raum 3, 25,85 m2), einem Hofzimmer (Raum 4, 20,72 m2) und einem außerhalb dieses Raumverbandes, jenseits eines Ganges liegenden WC (1,13 m2) besteht. In den Räumen 1 und 2 (Gassenladen und Gassenzimmer) wurde vor dem 17.September 1958 vom damaligen Mieter Hans G*** ein "Milchgeschäft" geführt. Am 17.September 1958 erwarb Franz J***, der Vater des Antragstellers, von der Erbin nach Hans G*** um den Betrag von 10.000,-- S das in diesen beiden Räumen geführte "Milchgeschäft". Der Vater der Antragsgegnerin, der damals Eigentümer des Hauses war, war mit dieser teilweisen Übertragung der Mietrechte nicht einverstanden. Er brachte gegen Franz J*** und Maria J*** und in der Folge gegen Barbara G*** und Anna H***, die Erben des Vormieters, Räumungsklagen ein (C 214/58 und C 232/59 je des Bezirksgerichtes Korneuburg). In beiden Verfahren wurde das Räumungsbegehren abgewiesen. Auch die gegen Barbara G***, Franz J*** und Maria J*** gerichtete Aufkündigung (vom 17.Dezember 1958) wurde aufgehoben (C 262/58 des Bezirksgerichtes Korneuburg), weil die Überlassung eines gemieteten Geschäftslokales an einen Dritten weder nach § 19 Abs 2 Z 10 MG noch nach § 19 Abs 1 MG als Kündigungsgrund geltend gemacht werden könne, wenn sie im Zuge der Veräußerung eines Unternehmens erfolge; es sei vielmehr ein gespaltenes Mietverhältnis entstanden. Nach Beendigung dieser Rechtsstreitigkeiten wurden die von Franz J*** für den Zeitraum November 1958 bis Jänner 1960 gerichtlich hinterlegten Mietzinse an den Vermieter ausgefolgt. Franz J*** hatte das Bestandobjekt nur zu geschäftlichen Zwecken erworben, er wohnte zu dieser Zeit mit seiner Familie in Bisamberg, wo er damals auch ein Gasthaus betrieb. Von Beginn des Bestandverhältnisses an benutzte er das Bestandobjekt in der Form, daß er das Gassenzimmer und den Gassenladen als Verkaufsraum bzw. Büro verwendete. Die Küche diente als Aufenthaltsraum, wo von der Familie untertags kleinere Mahlzeiten zubereitet wurden. Die Küche wurde auch von Barbara G*** mitbenützt, weil diese das Bestandobjekt nicht verlassen hatte und weiterhin im Hofzimmer wohnte, für das sie auch die anteilige Miete bezahlte. Im Jänner 1964 begab sich Barbara G*** in ein Altersheim und ließ aus dem von ihr bewohnten Teil des Bestandobjektes ihre Möbel entfernen, sodaß dort lediglich wertloses Gerümpel verblieb. Auf sein Schreiben vom 27.Oktober 1964 erhielt der Vater der Antragsgegnerin vom Altersheim die Auskunft, daß Barbara G*** bis zu ihrem Lebensende dauernd dort bleiben wolle und gegen einen Verkauf der in seinem Haus befindlichen wertlosen Gegenstände nichts einzuwenden habe. Der Hausverwalter, Komm Rat Alfred M***, wurde vom Hauseigentümer hierauf beauftragt, einen Mietvertrag über das Gesamtobjekt abzuschließen. Alfred M*** nahm mit Franz J*** Kontakt auf, von dem er wußte, daß er an den Wohnräumen der Barbara G*** Interesse hatte; im Oktober 1964 forderte er ihn auf, zu einem Gespräch in seine Kanzlei zu kommen. Die Bedingungen für den Mietvertrag wurden einvernehmlich festgelegt; das Bestandobjekt sollte sowohl zu Geschäfts- als auch zu Wohnzwecken dienen. M*** bereitete einen schriftlichen Vertragsentwurf (Beilage/4) vor, der den mündlichen Vereinbarungen entsprach. Im Jahre 1965 kam Franz J*** gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter Dr.Hans Nemetz in die Kanzlei des Hausverwalters, um den vorbereiteten Vertrag zu unterschreiben. In der Urkunde wurde festgehalten, daß die im Hause Langenzersdorf, Wienerstraße 5, Parterre, gelegenen Räume, und zwar ein Geschäftslokal, zwei Zimmer und Küche zur Benutzung als Milchverkaufsgeschäft und Wohnung ab 1.Februar 1965 zu einer monatlichen Miete von 350,-- S vermietet werden. Dr.Nemetz überprüfte den Vertrag und befand ihn in Ordnung, weil ihm von seinem Mandanten versichert worden war, daß er den Vereinbarungen des mit den Vormietern abgeschlossenen Mietvertrages entspreche. Die Unterfertigung des Mietvertrages wurde vom Hausverwalter jedoch davon abhängig gemacht, daß Franz J*** die Kosten, die dem Vater der Antragsgegnerin im Räumungsverfahren aufgelaufen waren, ersetze. Dieser Betrag wurde in der Folge nicht bezahlt, Franz J*** bezahlte aber seit 1.Februar 1965 die erhöhte monatliche Miete und benützte das gegenständliche Bestandobjekt zur Gänze. Schließlich erklärte sich der nunmehrige Antragsteller bereit, monatliche Raten von 1.000,-- S zur Abstattung der Anwalts bzw. Prozeßkosten zu bezahlen. Diese Verpflichtung übernahm er anläßlich seiner Übersiedlung in die drei oder vier Räume des Bestandobjektes, die er nach seiner Eheschließung im Jahre 1967 zusammen mit seiner Familie als Wohnung benützte. Dies geschah mit Zustimmung der Antragsgegnerin, die auch den Meldezettel unterschrieb. Vereinbarungen dahin, daß die Wohnmöglichkeit für den Antragsteller nicht befristet gestattet sei, wurden nicht getroffen. Am 22.April 1968 erinnerte die Hausverwaltung daran, daß der Antragsteller seinen übernommenen Zahlungsverpflichtungen hinsichtlich der Prozeßkosten nur zum Teil nachgekommen sei und noch immer ein Restbetrag aushafte, und daß er auch anteilige Kosten für die installierte Wasserpumpe nicht bezahlt habe. Nach Eingang dieser Beträge könne dann der zur Unterschrift vorbereitete Vertrag ebenfalls unterfertigt werden. Die rückständigen Beträge wurden in der Folge beglichen; zur Vertragsunterfertigung mußte Franz J*** von der Hausverwaltung jedoch noch oftmals aufgefordert werden. Im Spätherbst 1973 zog der Antragsteller in seine neu eingerichtete Genossenschaftswohnung in Langenzersdorf. Erst am 22.November 1973 wurde der Mietvertrag Beilage/4 von beiden Vertragsparteien unterzeichnet. Nach dem Auszug des Antragstellers aus den beiden von ihm als Wohnung benützten Räumen wurde das Bestandobjekt nur noch für geschäftliche Zwecke benützt. So wurde das Hofzimmer als sogenannte Rumpelkammer verwendet, in der Küche waren zeitweilig Kühleinheiten für die zur Verkaufspalette Franz J*** gehörende Tiefkühlkost untergebracht. Nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes wurde zwischen den Vertragsteilen eine monatliche Miete von 588,17 S vereinbart. Zu Beginn des Jahres 1984 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, daß sein Vater in Pension gehe und er an der Übernahme des Geschäftes interessiert sei, wenn er einen Gewerbeschein habe; diese Urkunde wurde am 1.März 1984 ausgefertigt; seit diesem Zeitpunkt betreibt der Antragsteller im Bestandobjekt das von seinem Vater übernommene "Milchgeschäft" in derselben Art und Weise wie sein Rechtsvorgänger. Mit Schreiben vom 29.März 1984 nahm die Antragsgegnerin den Eintritt des Antragstellers in die Hauptmietrechte zur Kenntnis. Ab April 1984 erhöhte sie den monatlichen Hauptmietzins auf 3.000,-- S zuzüglich 10 % Umsatzsteuer wertgesichert nach den Bestimmungen des MRG. Dieser Betrag ist für den Mietgegenstand bei Verwendung als Geschäftsräumlichkeit nach Größe, Art, Beschaffenheit, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessen.
Mit dem am 8.Mai 1984 beim Erstgericht erhobenen Antrag begehrte Herbert J*** die Feststellung, daß für seine Wohnung nach den Bestimmungen des MRG der Kategoriemietzins von 385,-- S zulässig sei und für das Geschäftslokal unter Berücksichtigung von Art, Lage und Beschaffenheit des Bestandobjektes der Mietzins 800,-- S (d.s. 42,55 S je m2) nicht übersteigen dürfe. Im zweiten Rechtsgang "modifizierte" der Antragsteller seinen Antrag im Sinne der Feststellung, daß für die im Haus der Antragsgegnerin gelegene Wohnung und das Geschäftslokal des Antragstellers der Mietzins nach Kategorie D des MRG zulässig sei und monatlich 508,25 S (83,32 m2 mal derzeit 6,10 S je m2) nicht übersteigen dürfe. Am 1.März 1984 habe er den am 23.November 1973 zwischen seinem Vater und der Antragsgegnerin abgeschlossenen Mietvertrag übernommen. Es seien lediglich die beiden gassenseitig gelegenen Räume des Bestandobjektes im Ausmaß von 35,63 m2 einer geschäftlichen Nutzung zugeführt, während die hofseitig gelegenen Räume im Gesamtausmaß von 46,57 m2 ausschließlich Wohnzwecken dienten. In den Wohnräumen seien derzeit keine Einrichtungsgegenstände, weil der bauliche Zustand dieser Räume äußerst desolat sei. Daraus ergebe sich, daß nach Ausmaß des gesamten Bestandobjektes von 82,19 m2 die für Wohnzwecke bestimmten und auch solchen Zwecken dienenden Räume mit 46,57 m2 weitaus überwogen. Die Verwendung der beiden hofseitigen Räume für Wohnzwecke sei auch in dem zwischen der Antragsgegnerin und dem Rechtsvorgänger des Antragstellers abgeschlossenen Mietvertrag vom 22. November 1973 gedeckt, weil das Bestandobjekt zur Benützung als Milchverkaufsgeschäft und Wohnung gemietet worden sei und bei der Beschreibung des Bestandobjektes ausdrücklich "ein Geschäftslokal, zwei Zimmer und Küche" angeführt worden seien.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrages. Für das Geschäftslokal erscheine unter Berücksichtigung von Art, Lage und Beschaffenheit ein Mietzins von 3.000,-- S monatlich angemessen. Das Bestandobjekt habe am Anfang des Bestandverhältnisses mit dem Vater des Antragstellers nicht zu Wohnzwecken gedient. Nur der Antragsteller habe kurze Zeit, nämlich in den Jahren 1967 bis 1973 dort gewohnt; sonst sei das Bestandobjekt nie zu Wohnzwecken verwendet worden. Im übrigen habe schon der bisherige Mietzins für das Bestandobjekt 588,17 S betragen. Eine Herabsetzung sei daher nicht zulässig.
Nach Aufhebung des im Sinne der Abweisung des Antrages ergangenen Sachbeschlusses des Erstgerichtes (ON 19 dA) durch das Rekursgericht (ON 23 dA) stellte das Erstgericht im zweiten Rechtsgang fest, daß für die im Hause der Antragsgegnerin gelegene Wohnung und das Geschäftslokal des Antragstellers der Mietzins nach Kategorie D des MRG zulässig sei und monatlich 508,25 S (83,32 m2 mal derzeit 6,10 S pro m2) nicht übersteigen dürfe. Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß eine Unternehmensveräußerung bei Einzelrechtsnachfolge (sei sie nun entgeltlich oder unentgeltlich) vorliege, wenn sie eine endgültige Übertragung der Rechte an dem Unternehmen bewirke. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben, weil der Antragsteller das "Milchgeschäft" seines Vaters nach dessen Pensionierung endgültig übernommen habe und es auf eigene Rechnung in Art und Umfang wie der Vormieter betreibe. Wenn der bisherige Hauptmietzins niederer sei als der angemessene Hauptmietzins, könne der Vermieter vom Erwerber des Unternehmens und der Mietrechte die Erhöhung des Hauptmietzinses auf den für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag begehren, dessen Höhe sich an § 16 Abs 1 MRG orientiere. Demnach wäre der Hauptmietzins ohne die Beschränkung des Abs 2 leg.cit. auf den angemessenen Betrag zu erhöhen, wenn der Mietgegenstand nicht zu Wohnzwecken diene; werde ein Mietgegenstand teils als Wohnung, teils als Geschäftsräumlichkeit verwendet, so dürfe nur der für Wohnungen zulässige Hauptmietzins angerechnet werden, es sei denn, daß die Verwendung zu Geschäftszwecken, die Verwendung zu Wohnzwecken bedeutend überwiege. Maßgeblich sei jedoch, zu welchem Zweck der Bestandgegenstand nach der Ansicht der Parteien beim Abschluß des Mietvertrages überlassen worden sei. Den Feststellungen folgend sei der Bestandvertrag über das gesamte Bestandobjekt bereits im Jahre 1965 mündlich abgeschlossen, schriftlich jedoch erst 1973 fixiert worden. Die Vertragsparteien seien dabei davon ausgegangen, daß der Bestandgegenstand für Wohn- und Geschäftszwecke in Bestand gegeben bzw. genommen werde. Der Umstand, daß das Bestandobjekt lediglich in den Jahren 1967 bis 1973 zur Befriedigung des regelmäßigen Wohnbedürfnisses eines Angehörigen des damaligen Mieters verwendet worden sei, in der übrigen Zeit jedoch die Verwendung zu Wohnzwecken untergeordnete Bedeutung gehabt habe, habe nicht zur Folge, daß der Bestandgegenstand durch die teilweise Nichtbenützung als Wohnung nun als reine Geschäftsräumlichkeit anzusehen wäre, zumal der tatsächlichen Verwendung nur dann Bedeutung zukomme, wenn sie dem Vertragszweck entspräche. Da von Franz J*** als Vormieter davon ausgegangen worden sei, daß sein Sohn das Bestandobjekt als Wohnung und Geschäft übernehmen werde, vom Hausverwalter zwar irrtümlich, daß der Hauptmieter im Bestandobjekt dauernd wohne, die Vertragsparteien zwar nicht ausdrücklich über den Wohnzweck gesprochen hätten, ihn jedoch stillschweigend ihren Vereinbarungen zugrunde gelegt hätten, welcher Umstand sich im schriftlichen Mietvertrag als Fixierung der mündlichen Vereinbarungen dokumentiere, könne im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von keinem bedeutenden Überwiegen des Geschäftszweckes gesprochen werden. Der Wohnzweck sei nicht so sehr in den Hintergrund getreten, daß er nicht mehr ins Gewicht gefallen wäre, so daß für das gegenständliche Bestandobjekt lediglich der für eine Wohnung mit der Ausstattungskategorie D vorgesehene Mietzins zulässig sei.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Rekursgericht erachtete die im Rekurs erhobenen Beweis- und Verfahrensrügen als unberechtigt und übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen zur Gänze. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei das Bestandobjekt im Jahre 1965 mit einem mündlichen Mietvertrag sowohl zur Nutzung der Geschäftsräumlichkeiten als auch für Wohnzwecke nach dem Willen der Parteien vermietet worden. Die fälschliche Annahme des Vertreters des Vermieters, daß der Vater des Antragstellers die Wohnung für eigene Wohnbedürfnisse benötigen und benützen werde, ändere nichts am festgestellten Parteiwillen über den Vertragsinhalt, wobei beim Mieter das Interesse an der Wohnung wegen der geplanten Übernahme des Geschäftes durch seinen Sohn gegeben gewesen sei. Beide Parteien seien somit davon ausgegangen, daß das Mietobjekt - zumindest auch - zu Wohnzwecken benützt werden dürfe. Bei diesem Sachverhalt bedürfe es keiner Auslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen im Sinne des § 863 ABGB über von den Parteien nicht geregelte Umstände des Vertragsinhaltes. Nach den Feststellungen überwogen die beiden Wohnräume größenmäßig die Flächen des "Milchgeschäftes". Die Wohnräume hätten zunächst der Deckung des primären Wohnbedarfes der Vormieter (Ehepaar G*** bzw. in der Folge der Witwe G*** allein) gedient und seien an sich geeignet, die Wohnbedürfnisse jedes Betreibers des Geschäftes zu decken. Ein Überwiegen der nach dem Parteiwillen geplanten Verwendung zu Geschäftszwecken gegenüber den Wohnzwecken sei nicht erkennbar. Auf die folgende tatsächliche (mangelnde) Verwendung zu Wohnzwecken durch den Vater des Antragstellers komme es nicht an, entscheidend sei der Parteiwille bei Abschluß des Mietvertrages. Der Antragsteller habe als Erwerber des Unternehmens seines Vaters auch dessen Hauptmietrechte übernommen. Die Höhe des zulässigen Mietzinses im Sinne der §§ 12 Abs 3, 16 Abs 1 Z 1 MRG sei - wie bereits in dem im ersten Rechtsgang erfolgten Aufhebungsbeschluß ausgesprochen - dahin zu beurteilen, daß (mangels eindeutigen Überwiegens der nach dem Parteiwillen geplanten Verwendung zu Geschäftszwecken) nur der für Wohnungen zulässige Hauptmietzins verlangt werden dürfe. Gemäß § 16 Abs 2 und 4 MRG errechne sich der vom Erstgericht festgesetzte zulässige Hauptmietzins. Daß der Mieter hier einen höheren Mietzins bezahlt habe, oder allenfalls darüber eine besondere Vereinbarung zwischen den Parteien bestehe, ändere nichts an der Berechtigung des bisher gestellten Antrages, weil es sich bei der Höhe des zulässigen Mietzinses für Wohnungen um zwingendes Recht handle. Da im vorliegenden Verfahren Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung zu lösen seien, und das Rekursgericht dem Erstgericht Rechtsansichten überbunden habe, sei der Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig zu erklären gewesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Antrages des Antragstellers, hilfsweise im Sinne der Feststellung, daß der Mietzins nach Kategorie D zu berechnen sei, zumindest jedoch 588,17 S beträgt, abzuändern; in letzter Linie wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsteller beantragte in seiner Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Bei der Beurteilung der gesetzlichen Zulässigkeit des dem Antragsteller seit April 1984 vorgeschriebenen Hauptmietzinses (3.000,-- S monatlich, nach den Bestimmungen des MRG wertgesichert, zuzüglich Umsatzsteuer) ist vorerst davon auszugehen, daß der Eintritt des Antragstellers in die Mietrechte seines Vaters nicht mehr strittig ist, der Vater des Antragstellers den Bestandgegenstand mit all seinen Räumen aufgrund eines im Jahr 1965 mündlich abgeschlossenen Mietvertrages benützt, nach dem am 22. November 1973 abgeschlossenen Mietvertrag die als ein Geschäftslokal, zwei Zimmer und Küche bezeichneten Mieträume zur Benützung als Milchverkaufsgeschäft und Wohnung (seit 1. Februar 1965) vermietet wurden und die als Küche incl. Bad sowie Hofzimmer bezeichneten Räume 3 und 4 nur in den Jahren 1967 bis Spätherbst 1973 zu Wohnzwecken verwendet wurden. Im Revisionsrekursverfahren ist auch nicht mehr strittig, daß die auch für vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes abgeschlossene "Altverträge", sofern die Unternehmensveräußerung nach dem Inkrafttreten des MRG erfolgte, geltende Regelung des § 12 Abs 3 MRG einem bei Vorliegen der darin genannten Voraussetzungen ex lege eintretenden Vertragsübergang normiert, der grundsätzlich die gesamte Vertragsstellung mit allen Nebenrechten und Nebenpflichten umfaßt (MietSlg. 36.279/12; Würth in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 12 MRG; Frotz-Hügel, ÖStZ 1982, 143 f; Zingher in ÖJZ 1982, 113, 116). Der Übergang des Hauptmietverhältnisses nach § 12 Abs 3 MRG hat unter anderem zur Voraussetzung, daß der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen veräußert. Was unter einer Geschäftsräumlichkeit zu verstehen ist, ist den §§ 1 Abs 1 und 16 Abs 1 Z 1 MRG zu entnehmen, wobei in Ansehung der Begriffsbestimmung - von der im § 1 Abs 1 MRG normierten Beschränkung auf Raummiete abgesehen - auf die Rechtsprechung zum MG zurückgegriffen werden kann (Zingher in ÖJZ 1982, 114; Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 320 FN 237). Ob ein Hauptmietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten oder ein solcher über eine Wohnung vorliegt, hängt - wie vom Rekursgericht zutreffend erkannt wurde - davon ab, ob der Mietgegenstand nach der Parteienabsicht bei Abschluß des Mietvertrages zu Geschäfts- oder zu Wohnzwecken in Bestand gegeben bzw. genommen oder welcher Zweck von den Parteien später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht worden ist (zum MRG vgl. MietSlg. 36.301/29 mwN ua; zum MG siehe Zingher, MG18, 10 f, 102; derselbe in ÖJZ 1982, 114; MietSlg. 34.371, 38.323/7 ua). Ob ein Mietgegenstand auch im Sinne des § 12 Abs 3 MRG (Zingher in ÖJZ 1982, 114) - der teils als Wohnung, teils als Geschäftsräumlichkeit in Bestand gegeben bzw. genommen worden ist, als Geschäftsräumlichkeit oder Wohnung anzusehen ist, hängt nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG davon ab, ob die Verwendung (im Sinne der vertraglichen Widmung nach den vorstehenden Darlegungen) zu Geschäftszwecken die Verwendung (im Sinne vertraglicher Widmung) zu Wohnzwecken bedeutend überwiegt oder nicht (WÜrth, aaO, Rz 9 zu § 16 MRG; MietSlg. 36.301/29, 38.323/7 ua).
Im gegenständlichen Fall liegt ein Mietgegenstand vor, zu dem ein Geschäftslokal und drei weitere Räume gehören, die als Zimmer und Küche bezeichnet sind. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde bei Abschluß dieses Mietvertrages einvernehmlich festgelegt, daß der Bestandgegenstand sowohl zu Geschäfts- als auch zu Wohnzwecken dienen sollte. Nach dem mündlich erfolgten Abschluß dieses Mietvertrages im Jahr 1965 wurden sämtliche Räume des Bestandgegenstandes vom Vater des Antragstellers nur zu Geschäftszwecken benützt. Nach der für die rechtliche Beurteilung der Rechtssache allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage war dem Hausverwalter bekannt, daß der Vater des nunmehrigen Antragstellers "an den von Barbara G*** benützten Wohnräumen Interesse hatte"; eine Feststellung dahin, daß er an diesen Räumen zu Wohnzwecken Interesse hatte, wurde von den Vorinstanzen nicht getroffen. Erst im Jahre 1967 kam es dazu, daß die als Küche und Hofzimmer bezeichneten Räume 3 und 4 mit Zustimmung der nunmehrigen Antragsgegnerin vom nun als Antragsteller auftretenden Sohn des damaligen Hauptmieters mit seiner Familie als Wohnung benützt wurden. Schließlich wurde der schriftliche Mietvertrag Beilage 4, der mit den mündlichen Vereinbarungen aus dem Jahre 1965 übereinstimmte, von den Vertragsteilen erst im November 1973 unterzeichnet, nachdem der nunmehrige Antragsteller mit seiner Familie aus den genannten Räumen bereits ausgezogen war. Seit dieser Zeit wurde das gesamte Bestandobjekt ausschließlich für geschäftliche Zwecke benützt. Auch seit März 1984 wird das Bestandobjekt vom Antragsteller auf dieselbe Art und Weise wie von seinem Vater betrieben. Ist somit nach der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage davon auszugehen, daß der Vater des Antragsgegners nach Auflösung des gespaltenen Mietverhältnisses zu Beginn des mit dem Hauseigentümer (mündlich) abgeschlossenen Mietvertrages kein Interesse an der Verwendung der früher als Wohnräume benützten Teile des Bestandgegenstandes (Küche und Hofzimmer) zu Wohnzwecken hatte, diese beiden Räume in den ersten zwei Jahren und den letzten 1o Jahren des Mietverhältnisses ausschließlich Geschäftszwecken dienten und nur vorübergehend durch etwa 7 Jahre mit Zustimmung der Antragsgegnerin vom Sohn des damaligen Mieters, dem nunmehrigen Antragsteller, zur Befriedigung dessen und seiner Familie Wohnbedürfnis verwendet wurden, die ganze Zeit hindurch aber im Mietgegenstand ein und dasselbe Unternehmen betrieben wurde, so kann der auf der überbundenen Rechtsmeinung des Rekursgerichtes beruhenden Einschätzung des Verwendungszweckes der Wohnung durch die Vorinstanzen nicht gefolgt werden. Bedenkt man, daß der Vater des Antragstellers - worauf der Revisionsrekurswerber mit Recht hinweist - das Bestandobjekt von Anfang an nur zu geschäftlichen Zwecken erworben hatte, weil er zu dieser Zeit mit seiner Familie in Bisamberg wohnte (vgl. S. 4 des erstgerichtlichen Sachbeschlusses) und die Initiative zum Abschluß eines Mietvertrages über das gesamte Mietobjekt und damit zur Beseitigung des gespaltenen Mietverhältnisses vom Vermieter ausgegangen ist, so muß doch gesagt werden, daß die am "Empfängerhorizont" jeweils zu messenden Erklärungen der beiden Vertragsteile (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 914; Koziol-Welser I8, 87) so zu verstehen waren, daß der Mietgegenstand sowohl bei Abschluß des mündlichen Mietvertrages im Jahr 1965 als auch zur Zeit dessen Festschreibung im November 1973 als in erster Linie und weit überwiegend zu Geschäftszwecken verwendet werden sollte, wenngleich er auch zu Wohnzwecken hätte verwendet werden dürfen. Das Bestandobjekt, in dem der Vater des nunmehrigen Antragstellers das an diesen veräußerte Unternehmen betrieb, ist somit entgegen der Ansicht der Vorinstanzen als Geschäftsräumlichkeit im Sinne des § 12 Abs 3 (§ 16 Abs 1 Z 1) MRG zu qualifizieren, weshalb die Voraussetzungen des Überganges des Hauptmietverhältnisses nach § 12 Abs 3 MRG gegeben sind, sodaß die nunmehrige Antragsgegnerin auch berechtigt ist, einen angemessenen Hauptmietzins zu begehren. Daß der von der Antragsgegnerin dem Antragsteller seit April 1984 vorgeschriebene monatliche Hauptmietzins dem für vergleichbare Geschäftsräume ortsüblichen Hauptmietzins entspricht, ist im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig. Der von Herbert J*** gestellte Antrag (§ 37 Abs 1 Z 8, § 12 Abs 3 MRG) ist daher sachlich nicht berechtigt. Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin als berechtigt, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Antrages abzuändern waren.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Verfahrens erster und zweiter Instanz beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG, §§ 41 und 50 ZPO, jene über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens, in dem von der Antragsgegnerin keine Barauslagen verzeichnet wurden, auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG sowie §§ 40 und 50 ZPO.
Anmerkung
E13002European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00060.87.1222.000Dokumentnummer
JJT_19871222_OGH0002_0050OB00060_8700000_000