Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alexander S*** & S*** Gesellschaft mbH, Wiener Neustadt, Dr. Alexander-Schärf-Straße 2-4, vertreten durch Dr. Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei G*** F*** Gesellschaft mbH KG, Zell am See, Alte Landstraße 5, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 700.000,--, gemäß § 7 RATG S 350.000,--) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20. August 1987, GZ 13 R 25/87-10, womit das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Mai 1987, GZ 14 a Cg 60/87-6, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.901,45 (darin enthalten S 1.081,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin beantragte, die Beklagte schuldig zu erkennen, die im Urteilsantrag einzeln angeführten irreführenden und herabsetzenden Tatsachenbehauptungen über die von der Klägerin vertriebenen Waren und erbrachten Leistungen im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs zu unterlassen; ferner begehrte sie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils in je drei aufeinanderfolgenden Ausgaben der "Österreichischen Gastgewerbezeitung" und der "Pinzgauer Post".
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Da sie die von der Klägerin behaupteten herabsetzenden Äußerungen niemals gemacht habe, "anerkenne sie ausdrücklich das gesamte Unterlassungsbegehren"; sie beantrage jedoch, der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil sie zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben habe (ON 4 S. 19).
In der Verhandlungstagsatzung vom 7. Mai 1987 trug die Beklagte die Klagebeantwortung ON 2 und den vorbereitenden Schriftsatz ON 4 vor; sie wiederholte ihr "Anerkenntnis" des gesamten Unterlassungsbegehrens sowie den Antrag auf Zuspruch der Kosten nach § 45 ZPO.
Die Klägerin beantragte die Fällung eines (Teil-)Anerkenntnisurteiles.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte "nach Anerkenntnis" im Sinne des Unterlassungsbegehrens schuldig und ermächtigte die Klägerin "nach öffentlicher Verhandlung" den Urteilstenor im Inseratenteil je einer Ausgabe der "Österreichischen Gastgewerbezeitung" und der "Pinzgauer Post" auf Kosten der Beklagten zu veröffentlichen; das Mehrbegehren auf Urteilsveröffentlichung in zwei weiteren aufeinanderfolgenden Ausgaben dieser Zeitungen wies es hingegen ab. Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:
Die Beklagte habe den Unterlassungsanspruch anerkannt, so daß es der Aufnahme der zu dessen Begründung und Bekämpfung beantragten Beweise nicht bedurft habe. Da die "unrichtigen Inserate" in zwei Zeitungen eingeschaltet gewesen seien, sei es gerechtfertigt, das Urteil auch in diesen beiden Zeitungen zu veröffentlichen. Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes, soweit dieses dem Klagebegehren stattgegeben hatte, auf, verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zur weiteren Verhandlung und Urteilsfällung zurück, wies den Antrag der Klägerin auf Fällung eines Anerkenntnisurteiles ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht folgendes aus:
Mit ihren Ausführungen in der Berufung, daß sie den Unterlassungsanspruch deshalb anerkannt habe, weil die in der Klage genannten herabsetzenden Äußerungen - welche sie nie gemacht habe - an sich unzulässig seien, verkenne die Beklagte das Wesen eines Unterlassungsanspruches nach dem UWG. Ein solcher sei nur dann gegeben, wenn der Beklagte die beanstandeten Äußerungen tatsächlich gemacht habe oder wenn die Gefahr bestehe, daß er derartige Äußerungen alsbald machen werde. Sollte sich aber herausstellen, daß diese Gefahren nicht gegeben seien, wäre auch der Unterlassungsanspruch nicht berechtigt. Die Beklagte habe den Unterlassungsanspruch zwar "anerkannt", die ihr vorgeworfenen Äußerungen aber bis zuletzt bestritten. Werde aber der Prozeßerklärung ein Vorbehalt oder eine Einschränkung inhaltlicher Natur beigesetzt, dann dürfe sie nicht mehr als prozessuales Anerkenntnis gewertet werden. In der Erlassung eines Anerkenntnisurteiles ohne Vorliegen eines vorbehaltlosen Anerkenntnisses liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Das Erstgericht werde daher im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob die Beklagte - die nach wie vor bestrittenen - herabsetzenden Äußerungen über die Klägerin gemacht habe. Da das Urteilsveröffentlichungsbegehren von der Entscheidung über den Unterlassungsanspruch abhänge, sei auch dieser Teil des Ersturteils - mit Ausnahme der unangefochtenen
Teilabweisung - aufzuheben gewesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise beantragt die Klägerin auch, den Beschluß des Berufungsgerichtes zur Verfahrensergänzung aufzuheben. Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Nach dem Rekursvorbringen der Klägerin habe der Erstrichter die Beklagte in der Verhandlungstagsatzung vom 7. Mai 1987 aufgefordert, die Widersprüchlichkeit ihres Vorbringens, sie anerkenne zwar den Unterlassungsanspruch, beantrage aber den Zuspruch der Kosten gemäß § 45 ZPO, weil sie die beanstandeten Äußerungen nicht gemacht und daher keinen Anlaß zur Erhebung der Klage geboten habe, zu beseitigen. Erst auf Grund dieser richterlichen Aufforderung habe die Beklagte den Unterlassungsanspruch vorbehaltlos anerkannt. Bei dieser Sachlage habe das Erstgericht zu Recht ein (Teil-)Anerkenntnisurteil gefällt. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden: Das prozessuale Anerkenntnis ist zwar an keinen bestimmten Wortlaut gebunden; es muß aber zweifelsfrei erkennen lassen, daß der Beklagte das Klagebegehren als berechtigt ansieht; ob dies zutrifft, ist auf Grund objektiver Auslegung zu ermitteln. Wegen seiner streitbeendenden Wirkung ist das prozessuale Anerkenntnis nur dann wirksam, wenn es unbedingt und unbefristet erklärt und vorbehaltlos abgegeben wird (Fasching, ZPR Rz 1313). Die Beklagte hat ihr Vorbringen sie habe die beanstandeten herabsetzenden Äußerungen nie gemacht, nicht etwa zurückgezogen, sondern als Begründung für ihren Antrag auf Kostenzuspruch auch nach der Erklärung ihres "Anerkenntnisses" aufrechterhalten. Es kann daher keine Rede davon sein, daß sie die Berechtigung des auf das UWG gestützten Unterlassungsanspruches anerkannt hätte; ein derartiger Unterlassungsanspruch ist nämlich nur dann gegeben, wenn der Beklagte den behaupteten Verstoß bereits begangen hat oder die Gefahr besteht, daß er ihn alsbald begehen werde.
Die von der Klägerin behauptete "Klarstellung" des Widerspruchs in den Prozeßerklärungen der Beklagten ist tatsächlich nicht erfolgt. Die Beklagte hat in der Verhandlungstagsatzung vom 7. Mai 1987 den ihr widersprüchliches Vorbringen enthaltenden Schriftsatz (ON 4) unverändert vorgetragen und im Anschluß daran lediglich wiederholt, daß sie "das gesamte Unterlassungsbegehren anerkenne und den Zuspruch der Kosten nach § 45 ZPO begehre". Damit hat sie aber auch das zur Begründung des Kostenantrages erstattete Tatsachenvorbringen, die von der Klägerin behaupteten herabsetzenden Äußerungen nicht gemacht zu haben, aufrechterhalten. Die Behauptung der Klägerin, daß die Beklagte vor Abgabe dieser Erklärung ausdrücklich aufgefordert worden sei, sich eindeutig festzulegen, ob sie "das gesamte Klagevorbringen samt Urteilstenor" vorbehaltslos anerkenne, braucht daher - im Rahmen eines an sich zulässigen Gegenbeweises gegen das Verhandlungsprotokoll (EvBl 1956/315; EvBl 1964/281; SZ 53/94; JBl 1987, 327; Fasching aaO Rz 633) - nicht geprüft zu werden. Die Klägerin hat im Rekurs lediglich vorgebracht, daß diese richterliche Aufforderung im Protokoll nicht beurkundet worden sei; daß die Protokollierung des Inhaltes der nachfolgenden Prozeßerklärung der Beklagten unrichtig erfolgt wäre, behauptet sie dagegen nicht. Dieser Prozeßerklärung ist aber tatsächlich nicht zu entnehmen, daß die Beklagte die materielle Berechtigung des Unterlassungsanspruches vorbehaltlos anerkannt hätte.
Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E12795European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00383.87.0112.000Dokumentnummer
JJT_19880112_OGH0002_0040OB00383_8700000_000