Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ludwig J***, Pensionist, Köflach, Pibersteinerstraße 15, vertreten durch Dr. Gerhard Stenitzer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Kurt J***, Schlosser, Köflach, Pibersteinerstraße 15, vertreten durch Dr. Jürgen Hadler, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Vertragsaufhebung (Streitwert S 600.000), allenfalls Rentenleistung (Streitwert S 239.040), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 2. Juli 1987, GZ 3 R 104/87-42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 27. Februar 1987, GZ 6 Cg 124/85-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.713,67 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.519,42 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 14. September 1922 geborene Kläger und seine am 2. August 1927 geborene Ehefrau Maria J*** schlossen am 12. Juli 1979 mit ihrem Sohn, dem Beklagten, vor dem öffentlichen Notar zu Köflach, Dr. Hubert M***, einen "Übergabsvertrag auf den Todesfall", der - soweit für den Rechtsstreit von
Bedeutung - folgenden Wortlaut hat:
"Erstens: Die Ehegatten Herr Ludwig und Frau Maria J*** übergeben an ihren Sohn Herrn Kurt J*** und dieser übernimmt von ihnen deren Liegenschaft Einlagezahl 569 Katastralgemeinde Pichling bei Köflach mit dem im Grundbuche nicht ausgewiesenen Wohnhaus Pibersteinerstraße 15 auf der Gartenparzelle 301/50 im unverbürgten katastralen Ausmaß von 1276 Quadratmetern, samt allen erd-, mauer-, niet- und nagelfesten Bestandteilen, dem Inventar und Zubehör, jedoch mit Ausnahme einer Nähmaschine, mit allen Rechten, Grenzen und Verbindlichkeiten, mit denen die Übergeber den Vertragsgegenstand besessen und benützt haben oder hiezu berechtigt gewesen wären, in sein Eigentum.
Zweitens: Die Übergabe und Übernahme samt Last, Vorteil, Zufall und Gefahr gilt auf den Todestag des jeweiligen Übergeberteiles aufgeschoben, und übergehen Nutzungen und Lasten vom Vertragsgegenstand ab diesem Zeitpunkt auf den Übernehmer.
Drittens: Die Übergeber haften für lastenfreie Übertragung des Vertragsgegenstandes in das Eigentum des Übernehmers, während jede weitergehende Haftung oder Gewährleistung ausgeschlossen wird.
Viertens: Der Übernehmer verpflichtet sich zu folgenden
Gegenleistungen:
Er trägt ab Vertragsfertigung alle mit der Liegenschaft Einlagezahl 569 Katastralgemeinde Pichling bei Köflach entstehenden Steuern und Betriebskosten mit der Verpflichtung, die Übergeber aus diesem Titel klag- und schadlos zu halten. - Hiezu gehören auch die Kosten der Beleuchtung und Beheizung. - Des weiteren verpflichtet er sich, die Übergeber in gesunden und kranken Tagen zu warten und zu pflegen und im Falle der persönlichen Verhinderung eine Pflegeperson beizustellen.
Schließlich verpflichtet er sich, der weichenden Tochter der Übergeber Frau Ingeborg W***, Hausfrau in Köflach, Pichling, Gründenstraße 36, binnen drei Jahren nach Vertragsfertigung zu deren gänzlichen elterlichen Erb- und Pflichtteilsentfertigung den Betrag von sechzigtausend Schilling S 60.000 bar und abzugsfrei auszubezahlen beziehungsweise auf ein von ihr bekanntzugebendes Konto zu überweisen.
Die Bezahlung dieses Betrages hat wertgesichert nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt allmonatlich verlautbarten Lebenshaltungskostenindex der Verbraucherpreise 1976 gegenüber dem heutigen Stande zu erfolgen, wobei Schwankungen dieser Indexzahl unter fünf Prozent nicht zu berücksichtigen sind, darüber hinausgehende jedoch zur Gänze.
Der Übernehmer ist in Kenntnis, daß die Nähmaschine im Haushalt seiner Eltern nach dem Tode seiner Mutter an seine Schwester Frau Ingeborg W*** auszufolgen ist.
........
Siebentens: Festgehalten wird, daß es sich bei dieser Übergabe
um eine betagte Übergabe handelt und im Falle des Vorablebens des
Übernehmers die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrage auf seine
Erben übergehen.
Achtens: Die Übergeber verpflichten sich, die Liegenschaft
Einlagezahl 569 Katastralgemeinde Pichling bei Köflach ohne
Zustimmung des Übernehmers nicht zu belasten und nicht zu veräußern,
und nimmt der Übernehmer dieses grundbücherlich sicherzustellende
Recht vertragsgemäß an.
Neuntens: .........
Insoferne dieser Vertrag eine Schenkung beinhalten sollte,
erklärt der Übernehmer, daß er von den Übergebern in den letzten
zehn Jahren keine schenkungssteuerpflichtigen Zuwendungen erhalten
hat.
...........
Elftens: Demgemäß werden in Einlagezahl 569 Katastralgemeinde
Pichling bei Köflach nachstehende Eintragungen bewilligt:
Von den Übergebern die Einverleibung der Beschränkung ihres
Eigentumsrechtes durch das Veräußerungs- und Belastungsverbot für
den Übernehmer; weiters von den Übergebern auf Grund dieser Urkunde
und einer ihr Ableben nachweisenden öffentlich-rechtlichen Urkunde
bei ihren jeweiligen Liegenschaftsanteilen die Einverleibung des
Eigentumsrechtes für den Übernehmer.
..........."
Am 30. Juli 1981 verstarb die Mutter des Beklagten. Ihr Hälfteanteil ging auf Grund des Übergabsvertrages in das Eigentum des Beklagten über.
Bald nach dem Tod der Mutter des Beklagten kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen.
Der Kläger stellt das Urteilsbegehren, daß der Übergabsvertrag auf den Todesfall vom 12. Juli 1979 "hinsichtlich des zwischen den Streitteilen bestehenden Rechtsverhältnisses" aufgehoben werde; mit einem "für den Fall des Unvergleichs" gestellten Eventualbegehren begehrt er vom Beklagten eine monatliche Rente von S 6.640 ab dem 1. Juni 1985 anstelle der in Punkt Viertens des Notariatsaktes festgelegten Verpflichtung, die Übergeber in gesunden und kranken Tagen zu warten und zu pflegen und im Falle der persönlichen Verhinderung eine Pflegeperson beizustellen. Die Streitigkeiten nähmen ihren Ausgang vom Beklagten, der seine Vertragspflichten nicht erfülle (ON 1). Obgleich er auch zur Verköstigung des Klägers verpflichtet wäre, habe der Kläger dennoch zunächst für das Essen gezahlt und in weiterer Folge auf Grund der ihm zuteil gewordenen schlechten Behandlung "auf die Kochkünste der Frau des Beklagten verzichtet" (ON 10 S 47, ON 14 S 71). Der Beklagte habe ihn mißhandelt und beschimpft und sei deshalb auch strafgerichtlich verurteilt worden. Außerdem verweigere er ihm den Zutritt zu verschiedenen Räumlichkeiten und Anlagen der Liegenschaft. Er sorge nicht hinreichend für die Beheizung der Wohnung des Klägers, weshalb dieser und seine Lebensgefährtin ständig frieren müßten; es werde erst um 12.00 Uhr mittags eingeheizt. Da es zu wenig Warmwasser gebe, sei ein Bad überhaupt nicht möglich. Der Beklagte verheize auch das dem Kläger gehörende Holz. Überdies gestatte er Fremden den Zutritt zur Liegenschaft, so daß diese mit dem Auto ein- und ausfahren könnten (ON 34 S 188 f). Geschäftsgrundlage des Übergabsvertrages sei vor allem die Sicherung des Lebensunterhaltes des Klägers gewesen. Diesem sei es auf Grund der schuldhaften Nichterfüllung des Vertrages durch den Beklagten nicht mehr zuzumuten, am Vertrag festzuhalten (ON 1). Bei dem Notariatsakt vom 12. Juli 1979 handle es sich um einen Kaufvertrag mit Elementen eines Leibrentenvertrages. Die im Vertrag vorgesehenen Leistungen des Beklagten bildeten den Kaufpreis für die Liegenschaft EZ 569 KG Pichling. Ein Dauerschuldverhältnis liege nicht vor. Der Vertrag sei bis heute noch nicht erfüllt, weil die Liegenschaft dem Beklagten nicht übergeben worden sei und er seine Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht oder nur teilweise erbracht habe; ihm sei nicht einmal faktisch der Besitz eingeräumt worden. Der Beklagte befinde sich seit mehr als sieben Jahren im Zahlungsverzug. Immer wieder habe er vom Kläger oder von Dritten auf Zahlung geklagt werden müssen (ON 27 S 123 ff). Der mit dem Eventualbegehren geltend gemachte Betrag von monatlich S 6.640 setze sich zusammen aus dem Gegenwert von 166 Arbeitsstunden einer Haushaltshilfe a S 40 für das Kochen (S 2.400), das Waschen (S 640) und das Putzen (S 3.600) (ON 14 S 72).
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Geschäftszweck des Übergabsvertrages auf den Todesfall sei nicht die Sicherung des Lebensunterhaltes der Übergeber gewesen; der Beklagte habe vielmehr zur Vornahme von Investitionen für die Liegenschaft bestimmt werden sollen. Punkt Viertens des Vertrages umfasse nach dem Willen der Parteien keine Pflicht des Übernehmers, für die Übergeber kostenlos zu kochen, zu waschen und zu putzen. Nach dem Tod seiner Ehefrau habe sich der Kläger zunächst einige Zeit von seiner Tochter Inge W*** und sodann im Haushalt des Beklagten gegen Zahlung verköstigen lassen. Im Mai 1982 habe er dann plötzlich grundlos erklärt, daß der Beklagte und dessen Ehefrau für ihn nichts mehr tun müßten, er brauche nichts von ihnen und verbiete ihnen, seine Wohnung zu betreten und dort irgendwelche Tätigkeiten auszuüben. Seither halte er seine Wohnung versperrt. Der Kläger habe somit auf die im Notariatsakt vereinbarte Wartung und Pflege verzichtet; die Erbringung dieser Leistungen sei außerdem unmöglich. Der Kläger versuche, dem Beklagten und seiner Familie das Leben auf der Liegenschaft unerträglich zu machen; er habe alle Auseinandersetzungen provoziert. Er habe nicht nur seine Enkelin, sondern auch die Ehefrau des Beklagten vorsätzlich verletzt und sei deshalb strafgerichtlich verurteilt worden. Der Beklagte sei genötigt gewesen, den Kläger wegen dessen Verhaltens vom Zutritt zu einzelnen Anlagen, insbesondere zur Zentralheizung, auszusperren. Das Klagebegehren auf Vertragsaufhebung sei rechtlich unschlüssig. Der Erstrichter wies sowohl das Begehren auf Vertragsaufhebung als auch das Eventualbegehren auf Zahlung einer monatlichen Rente von S 6.640 ab. Zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf er noch folgende Feststellungen:
Der Punkt Viertens des Notariatsaktes wurde vor dem Notar Dr. M*** besprochen. Von der dort gebrauchten Formulierung "Wartung und Pflege" wurden die mit dem Kochen verbundenen Arbeiten nicht umfaßt.
Die nach dem Tod der Ehefrau des Klägers und Mutter des Beklagten ausgebrochenen Streitigkeiten wurden im wesentlichen vom Kläger initiiert. Dieser aß zwar noch eine Zeitlang bei der Familie des Beklagten zu Mittag; die Gattin des Beklagten wusch auch die Wäsche des Klägers und hielt seine Wohnung in Ordnung. Auf Grund verschiedener Kleinigkeiten erklärte dann aber der Kläger, daß er nicht mehr in der Wohnung des Beklagten essen und auch sonst nichts mehr haben wolle; der Beklagte und seine Familie hätten in der Wohnung des Klägers nichts mehr verloren. Der Kläger versperrte seine Räumlichkeiten.
Der Beklagte hat verschiedene Investitionen beim Haus geleistet, insbesondere auch eine zweite Garage angebaut. Nach dem Tod seiner Mutter hat er auch die beiden Räume über den Garagen eingerichtet. Noch zu Lebzeiten der Mutter war besprochen worden, daß die beiden Räume für die Kinder des Beklagten bestimmt seien.
Der Beklagte wohnt mit seiner Familie im ersten Stock des Hauses, der Kläger im Parterre.
Die Heizung im Keller des Hauses wird vom Beklagten oder seiner Frau bedient. Mit der Heizung gibt es grundsätzlich keine Probleme; in der Wohnung des Beklagten ist immer genügend Wärme. Der Beklagte sah sich aber gezwungen, den Heizungskeller abzusperren, weil der Kläger überheizt hatte und die Gefahr bestand, daß bei der Heizung ein Schaden eintreten könnte. Die übrigen Kellerräume blieben dem Kläger weiter zugänglich.
Auch wegen anderer Kleinigkeiten ergaben sich Streitereien (so z. B. wegen der Wasserpumpe des Brunnens, der Selch, des Heizwassers, der Räumung des Schnees von der Terrasse, bestimmter Werkzeuge, einer Gartengarnitur, einer Wäscheleine, einer Klingel, der Lagerung von Gemüse im Keller und auch der Benützung des Gartens), die alle von dem mehr oder weniger streitsüchtigen Kläger ihren Ausgang nahmen.
Bis zum Tod der Gattin des Klägers und Mutter des Beklagten hatte der Kläger - auch nach Abschluß des Übergabsvertrages - die Hälfte gewisser Kosten der Liegenschaft getragen. Nach dem Tod seiner Mutter hat der Beklagte ab dem Winter 1981/82 die (Kosten der) Beheizung übernommen.
Rechtlich meinte der Erstrichter, Übergabsverträge auf den Todesfall wie der vorliegende seien vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Dem Kläger sei darin zuzustimmen, daß dieser Vertrag gewisse Elemente eines Leibrentenvertrages enthalte. Darin liege auch offenbar die vom Kläger gemeinte rechtliche Grundlage seines Eventualbegehrens, nämlich der sogenannte Unvergleichsfall. Für die in erster Linie begehrte Aufhebung des Übergabsvertrages finde sich keine rechtliche Grundlage. Soweit sich der Kläger auf den Wegfall der in der Sicherung seines Lebensunterhaltes gelegenen Geschäftsgrundlage berufen habe, sei dies einerseits in den Feststellungen nicht gedeckt; andererseits wären die Ursachen für eine derartige Situation auf der Seite des Klägers gelegen, habe er es doch zu verantworten, daß der Beklagte einen solchen Vertragszweck nicht erfüllen könne.
Der Kläger habe auf bestimmte Leistungen, zu denen der Beklagte nach seiner Meinung verpflichtet sei, jedenfalls verzichtet. Ob und welchen Verpflichtungen rein finanzieller Art der Beklagte aus Punkt Viertens des Übergabsvertrages nicht nachgekommen sei oder nachkomme, könne dahingestellt bleiben; der Kläger habe ohnehin die Möglichkeit, solche Ansprüche rechtlich zu verfolgen und durchzusetzen. Im übrigen sei das Eventualbegehren auf den hier nicht zutreffenden Unvergleichsfall gestützt.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters als das Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und traf folgende weitere Feststellungen:
Mit dem in zweiter Instanz bestätigten Urteil des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 27. Juni 1983, 4 U 888/83-7, wurde der Beklagte schuldig erkannt, dem Kläger im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung am 31. Mai 1983 durch Schläge vorsätzlich leichte Körperverletzungen zugefügt zu haben. Nach den Feststellungen des Strafgerichtes war dem tätlichen Angriff des Beklagten vorausgegangen, daß ihn der Kläger mit Wasser angeschüttet hatte. Zu 4 U 598/85 des Bezirksgerichtes Voitsberg wurde das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren, dem die Anzeige zugrunde lag, er habe am 25. und 26. Februar 1985 der Gattin des Beklagten jeweils durch gewaltsames Schließen einer Tür leichte Körperverletzungen zugefügt, wegen Geringfügigkeit (§ 42 StGB) nach § 451 Abs 2 StPO beendet und nach § 90 Abs 1 StPO eingestellt.
Im Verfahren 4 U 188/86 des Bezirksgerichtes Voitsberg wurde der Beklagte von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe dem Beklagten am 26. Jänner 1986 leichte Körperverletzungen zugefügt, rechtskräftig freigesprochen.
Im Verfahren 4 U 293/86 des Bezirksgerichtes Voitsberg wurde der Kläger rechtskräftig schuldig erkannt, er habe am 4. Februar 1986 der Gattin des Beklagten im Zuge einer Auseinandersetzung vorsätzlich leichte Körperverletzungen zugefügt. Im selben Verfahren wurde die Gattin des Beklagten von der wider sie erhobenen Anklage, im Rahmen dieser Auseinandersetzung dem Kläger vorsätzlich leichte Körperverletzungen zugefügt zu haben, wegen Vorliegens von Bagatellverletzungen des Klägers gemäß § 259 Z 4 StPO rechtskräftig freigesprochen.
Rechtlich beurteilte das Gericht zweiter Instanz den Sachverhalt wie folgt:
Eine Aufhebung des Übergabsvertrages käme zwar - entgegen der Rechtsansicht des Beklagten - grundsätzlich in Betracht, weil der Hälfteanteil des Klägers an der Liegenschaft dem Beklagten noch nicht durch Einverleibung seines Eigentumsrechtes in das Eigentum übertragen worden sei. Dennoch erweise sich die Rechtsrüge des Klägers als unbegründet:
Soweit der Kläger davon ausgehe, daß den unter Punkt Viertens des Übergabsvertrages genannten Leistungen des Beklagten Unterhaltscharakter zukomme und damit insbesondere auch die Verköstigung erfaßt werde, entferne er sich von den Feststellungen. Von einer Reallast des Ausgedinges könne hier keine Rede sein, weil darunter die dingliche Belastung einer Liegenschaft mit der Haftung des jeweiligen Eigentümers für positive Leistungen verstanden werde, hier aber keine Verdinglichung durch bücherliche Einverleibung erfolgt sei. Der Pflicht des Beklagten nach Punkt Viertens des Vertrages komme zwar ihrem Inhalt nach an sich Ausgedingscharakter zu, jedoch nur mit obligatorischer Wirkung.
Einen Schenkungswiderruf habe der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht geltend gemacht; er habe seine Klage überhaupt nicht auf Gesichtspunkte der Schenkung gegründet, sondern sein Begehren auf Vertragsaufhebung zunächst mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Nichterreichung des vermeintlichen Vertragszweckes der Unterhaltssicherung begründet und in der Folge aus der Nichterfüllung des als Kaufvertrag bezeichneten Übergabsvertrages hergeleitet. Die Berufungsausführungen zum Schenkungswiderruf seien als Neuerungen unbeachtlich. Vom besonderen Vertragstypus eines Schenkungsvertrages auf den Todesfall (§ 956 ABGB) könne im übrigen hier schon deshalb nicht gesprochen werden, weil nicht erwiesen sei, daß im Notariatsakt die Unwiderruflichkeit vereinbart wurde und nach § 948 ABGB als Widerrufsgrund des Undankes nur solche Verhaltensweisen des Beklagten in Betracht kämen, die zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung geführt hätten oder hätten führen können. Ein Schenkungswiderruf könnte aber selbst auf
die - einzige - strafgerichtliche Verurteilung des Beklagten nicht gegründet werden, weil die der Verurteilung zugrunde liegende Handlung des Beklagten eine bloße Reflexwirkung gewesen sei. Sonstige Einwände gegen die der Abweisung des Begehrens auf Vertragsaufhebung zugrunde liegende Auffassung des Erstrichters vermöge der Kläger nicht vorzutragen. Der erstgerichtliche Ausspruch sei schon deshalb nicht zu beanstanden, weil der behauptete Geschäftszweck einer Unterhaltssicherung des Klägers nicht erwiesen sei und - selbst wenn dies der Fall wäre - der Kläger die Erreichung eines solchen Geschäftszweckes selbst vereitelt hätte. Die Vertragspflichten des Beklagten laut Punkt Viertens des Übergabsvertrages umfaßten nur die Pflege und Wartung in gesunden und kranken Tagen bzw. die Beistellung einer Pflegeperson im Verhinderungsfall, nicht aber die Verpflegung des Klägers. Daß seine Wäsche gewaschen und seine Wohnung in Ordnung gehalten wurde, bis der Kläger auch diese Leistungen vollständig und endgültig abgelehnt und die Erfüllung dieser Vertragspflicht durch Versperren unmöglich gemacht habe, sei erwiesen; die Verweigerung sonstiger Wartungs- und Pflegeleistungen, etwa der Pflege im Krankheitsfall, habe der Kläger gar nicht behauptet. Daß der Beklagte schuldhaft seine Pflichten laut Punkt Viertens des Übergabsvertrages nicht erfüllt hätte, sei nicht festgestellt. Soweit der Kläger - außerhalb des festgestellten Sachverhaltes - auf Eingriffe des Beklagten in seine, des Klägers, Eigentumsrechte abziele, betreffe dies nicht die Frage der Vertragserfüllung. Das Begehren auf Vertragsaufhebung sei daher unbegründet.
Auch die Abweisung des Begehrens auf Rentenzahlung sei berechtigt: Der Beklagte habe ohne triftigen Grund die Annahme jeglicher Leistungen des Beklagten prinzipiell und auf Dauer abgelehnt und die Erbringung solcher Leistungen durch das Verbot, seine Wohnung zu betreten, und durch das Versperrthalten der Wohnung unmöglich gemacht. Da seine Verköstigung nicht zu den Pflichten des Beklagten zähle, könne er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß er die Mahlzeiten nicht im Familienverband des Beklagten habe einnehmen können. Wenn der Kläger sein Rentenbegehren nunmehr auf sonstige, über die Kosten einer bezahlten Haushaltshilfe hinausgehende Auslagen gründen wolle, liege eine weitere unzulässige Neuerung vor. Bei Annahmeverzug des Ausgedingers oder aber dann, wenn er selbst die Erfüllung übernommener Verpflichtungen verhindere oder sie unzumutbar mache, finde keine Umwandlung von Naturalleistungsansprüchen in Geldleistungsansprüche statt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung entweder aufzuheben oder dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben werde. Der Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die vom Kläger geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Ausführungen des Klägers zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Abs 1 Z 4 ZPO) enthalten über weite Strecken einen unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung der Vorinstanzen; darauf ist nicht einzugehen, weil dem Revisionsgericht die Überprüfung der Tatfrage verwehrt ist (Fasching IV 248, 310). Gleichfalls unbeachtlich sind jene Teile der Rechtsrüge, in denen der Kläger nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern von seinen Behauptungen ausgeht. So macht er mehrfach geltend, daß seine Wohnung nicht geheizt und er nicht mit Warmwasser versorgt werde, daß ihm der Zutritt zu allen Nebengebäuden und Kellerräumlichkeiten verwehrt werde, die Hausglocke in boshafter Weise abmontiert worden sei, ihm verschiedene Gartengeräte entzogen worden seien udgl. Die Vorinstanzen haben dem Kläger jedoch in all diesen Punkten den Glauben versagt und gegenteilige Feststellungen getroffen (ON 36 S 207 - 209; ON 42 S 267 bis 270). Auch das Revisionsvorbringen, daß Punkt Viertens des Übergabsvertrages nach dem Parteiwillen auch die Verköstigung der Übergeber umfaßt habe, steht im Widerspruch zu den Feststellungen der Vorinstanzen (ON 36 S 206, ON 42 S 262). In diesem Umfang ist der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig (§ 506 Abs 2 ZPO) ausgeführt. Der Kläger führt in seiner Revision weiter ins Treffen, der Beklagte zahle "nicht einmal die Kosten der Liegenschaft"; es bestehe daher die Gefahr, daß durch die Säumigkeit des Beklagten die Liegenschaft zumindest zur Hälfte versteigert werde, zumal der Hälfteanteil des Beklagten ohnedies mit Pfandrechten überlastet sei. Er, der Kläger, müsse immer wieder damit rechnen, daß der Strom wegen Zahlungsverzuges des Beklagten abgeschaltet werde. Auch damit ist jedoch für den Kläger nichts zu gewinnen:
Der Kläger hat zwar in erster Instanz Behauptungen in dieser Richtung aufgestellt. So hat er vorgebracht, der Beklagte sei "von Exekutionen nahezu überhäuft" (ON 10 S 46); mit Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 30. September 1985 sei die Zwangsversteigerung der dem Beklagten gehörenden Liegenschaftshälfte bewilligt worden (ON 13 und 14); der Beklagte habe die Verpflichtungen aus dem Vertrag, wie die Bezahlung sämtlicher Steuern und Betriebskosten, der Kosten der Beleuchtung und Beheizung "gar nicht oder nur teilweise" erbracht; er habe die Steuervorschreibung der Stadtgemeinde Köflach für 1985 "bis heute" (4. April 1986) in der Höhe von S 894,50 noch nicht entrichtet und er habe den Strom vor ca. 2 bis 3 Jahren nicht bezahlt, so daß ihn der Kläger - erfolgreich - auf Zahlung geklagt habe (ON 27 S 124).
Daß die Vorinstanzen dazu keine Feststellungen getroffen haben,
bedeutet aber keinen Feststellungsmangel. Selbst wenn es nämlich
zutreffen sollte, daß der Beklagte bisweilen mit der Zahlung von
Betriebs- oder Stromkosten udgl. in Verzug geraten ist, könnte dies
das Hauptbegehren des Klägers nicht rechtfertigen. Die bloße
Befürchtung, dem Kläger könnte einmal wegen nicht rechtzeitiger
Zahlung der Stromkosten durch den Beklagten der Strom abgeschaltet
werden, gibt dem Kläger weder das Recht, den Vertrag als
Dauerschuldverhältnis, wie er ursprünglich (ON 1) gemeint hatte,
vorzeitig aufzulösen, noch von ihm als einem beiderseits nicht
erfüllten Kaufvertrag - wie er in der Folge angenommen hat
(ON 27) - zurückzutreten. Welchen Nachteil der Kläger dadurch
erleiden sollte, wenn allenfalls einmal die Liegenschaftshälfte des
Beklagten versteigert würde, ist nicht zu erkennen. In jedem Fall
wäre das Hauptbegehren zum Scheitern verurteilt.
Aber auch das "für den Fall des Unvergleiches" gestellte
Begehren auf Zahlung einer monatlichen Rente anstelle der in Punkt
Viertens des Notariatsaktes vom 12. Juli 1979 normierten
Verpflichtung, die Übergeber in gesunden und kranken Tagen zu warten
und zu pflegen und im Fall der persönlichen Verhinderung eine
Pflegeperson beizustellen, ist mit Recht abgewiesen worden.
Festgestelltermaßen umfaßte die Verpflichtung des Beklagten, die
Übergeber in gesunden und kranken Tagen zu warten und zu pflegen,
nach dem übereinstimmenden Vertragswillen der Parteien nicht auch
die Pflicht des Beklagten, die Übergeber zu verköstigen. Die Frau
des Beklagten hat ursprünglich die Wäsche des Klägers gewaschen und
seine Wohnung in Ordnung gehalten. Welche andere Wartung und Pflege
des Klägers bisher notwendig gewesen wäre, ist nicht hervorgekommen.
Der Kläger hat auf diese Betreuung verzichtet und sie durch
Versperren seiner Wohnung unmöglich gemacht. Hat aber der Beklagte
seine vertraglichen Verpflichtungen dem Kläger gegenüber nicht in
schuldhafter Weise vernachlässigt, dann liegt kein
"Unvergleichsfall" vor (Krecji in Rummel, ABGB, Rz 62 zu § 1284 bis
1286 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dem Kläger steht daher kein Anspruch auf eine Geldrente zu.
Selbst wenn man also dem Kläger darin folgen könnte, daß die Streitteile nach dem Tod seiner Gattin schlüssig die Vereinbarung getroffen hätten, daß ihn der Beklagte auch zu verköstigen habe, wäre für den Kläger nichts zu gewinnen, weil er nach den Feststellungen auch darauf später verzichtet hat.
Die Revision mußte demnach erfolglos bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E12785European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00602.87.0112.000Dokumentnummer
JJT_19880112_OGH0002_0040OB00602_8700000_000