Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*** O*** der Gärtner und Blumenbinder, Linz, Hessenplatz 3, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei H*** B*** Gesellschaft mbH, Gerasdorf, Brünnerstraße 151, vertreten durch Dr. Hans Bichler, Dr. Daniel Charim und Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 400.000,--) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 50.000), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6. August 1987, GZ 3 R 51/87-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 9. Dezember 1986, GZ 10 Cg 156/86-35, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Linz mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil gemäß § 500 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der von der teilweisen Stattgebung der Berufung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- und der von der teilweisen Bestätigung des Urteils erster Instanz betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- übersteigt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht gab dem auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen gerichteten Klagebegehren (Offenhalten eines Verkaufsgeschäftes an mehr als sechs Sonntagen im Jahr) statt und ermächtigte die klagende Partei gemäß § 25 Abs 3 UWG zur Veröffentlichung des Urteilsspruches in mehreren Zeitungen. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im Ausspruch über das Unterlassungsbegehren, wies aber das Veröffentlichungsbegehren in teilweiser Stattgebung der Berufung ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Einen Ausspruch über den von der teilweisen Stattgebung der Berufung und der teilweisen Bestätigung des Ersturteils betroffenen Wert des Streitgegenstandes iS des § 500 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO hielt die zweite Instanz für entbehrlich, weil das von der Abänderung betroffene Veröffentlichungsbegehren nur eine Nebenforderung sei. Der Oberste Gerichtshof hat zwar früher gelegentlich ausgesprochen, daß ein Veröffentlichungsbegehren nach § 25 Abs 3 UWG jedenfalls dann, wenn es mit der Klage auf Unterlassung verbunden wird, eine "Nebenforderung" iS der §§ 500 Abs 2 Satz 1 und 502 Abs 3 Satz 2 ZPO sei; ein Urteil des Berufungsgerichtes, das die Entscheidung erster Instanz nur in diesem Punkt abändere oder aufhebe, sei daher bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision als (voll) bestätigend anzusehen (SZ 54/151; 4 Ob 340/83 ua). Diese Entscheidungen waren jedoch auf der Grundlage der Rechtslage vor der ZVN 1983 ergangen. Nach dem bis zum Inkrafttreten dieser Novelle in Geltung gestandenen § 502 Abs 3 ZPO idF BGBl 1971/291 war gegen ein bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes die Revision unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hatte, an Geld oder Geldeswert einen bestimmten Betrag (zunächst S 50.000,--, seit BGBl 1976/91 S 60.000,--) nicht überstieg. Dies galt nach Satz 2 dieser Bestimmung auch dann, wenn das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz nur in seinem Ausspruch über Nebenforderungen abgeändert hatte. Demgemäß hatte § 500 Abs 2 ZPO idF vor der ZVN 1983 vorgesehen, daß das Berufungsgericht einen Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes dann zu machen habe, wenn es das Urteil erster Instanz, abgesehen von seinem Ausspruch über Nebenforderungen, bestätigte und der Streitgegenstand ausschließlich in einem Geldbetrag bestand. Zu diesen "Nebenforderungen" gehörten aber nach der damaligen Rechtslage nicht nur die in § 54 Abs 2 JN genannten Nebengebühren, sondern auch andere rechtlich unselbständige Nebenansprüche, wie eben das Begehren auf Urteilsveröffentlichung nach § 25 UWG.
Seit der ZVN 1983 kommt es für die Zulässigkeit der Revision auf den Wert der (Teil-)Bestätigung und der (Teil-)Abänderung an, womit der Gesetzgeber bewußt von den Grundsätzen des Judikats 56 neu abgegangen ist (Petrasch, Das neue Revisions-!Rekurs- Recht, ÖJZ 1983, 169 ff !175 ; ÖBl 1987, 76 mwN). Den Begriff der "Nebenforderungen" kennen die §§ 500 Abs 2 und 502 Abs 2 ZPO idF der ZVN 1983 nicht mehr. Für das Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gilt aber auch nicht § 54 Abs 2 JN; diese Bestimmung spricht nur von Zuwachs, Früchten, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Daher bedarf es eines Ausspruches über den von der teilweisen Abänderung und den von der teilweisen Bestätigung des Ersturteils betroffenen Wert des Streitgegenstandes iS des § 500 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO. Diese Aussprüche wird das Berufungsgericht im Wege der Ergänzung seines Spruches nachzuholen haben.
Anmerkung
E12800European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00405.87.0112.000Dokumentnummer
JJT_19880112_OGH0002_0040OB00405_8700000_000