TE OGH 1988/1/12 5Ob89/87

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Veröffentlicht am 12.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria-Anna W***-S***, Wohnungseigentümerin, Meidlinger Hauptstraße 7-9/I/9, 1120 Wien, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "E***" Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH., Sieveringer Straße 133, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Walter Lattenmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechnungslegung und Feststellung (Zwischenantrag der Beklagten), Streitwert S 320.000,--, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 22.April 1987, GZ 45 R 147/87-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27. November 1986, GZ 22 C 321/85-32, in Abänderung der Entscheidung der Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene - unrichtig als Teilurteil

bezeichnete - Beschluß wird aufgehoben.

Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil der ersten Instanz aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Wohnungseigentümerin begehrte, die beklagte Wohnungseigentumsorganisatorin, eine gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH, zur Legung einer detaillierten Abrechnung der Grund-, Bau- und Finanzierungskosten für die von ihr errichtete Wohnungseigentumsanlage in der Meidlinger Hauptstraße 7-9 im

12. Wiener Gemeindebezirk zu verurteilen, weil sie bisher keine ordnungsgemäße Abrechnung gelegt habe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der Abrechnungspflicht gänzlich entsprochen zu haben:

sie habe gegenüber dem Land Wien eine dem Wohnbauförderungsgesetz entsprechende Abrechnung gelegt, die genehmigt worden sei, und die Klägerin habe sich ausdrücklich dieser Endabrechnung unterworfen; eine weitere Detaillierung dieser Endabrechnung sei deshalb nicht erforderlich gewesen, es habe vielmehr die Endabrechnungssumme des Landes Wien in die Abrechnung übernommen werden können. Die Beklagte begehrte schließlich mittels Zwischenantrages die Feststellung, daß ihre vom Land Wien als Förderungsgeber genehmigte Endabrechnung mit der GZ 50 FA 166/75/BR, Bauvorhaben Wien 12., Meidlinger Hauptstraße 7-9, vom 1.8.1984 für die Einzelabrechnung bindend sei.

Zur Begründung dieses Antrages führte die Beklagte an: Der Antrag diene der Prozeßökonomie, weil die gegenständliche Rechtsfrage für einen weiteren zwischen den Streitteilen anhängigen Zivilprozeß und weitere 100 Einzelverfahren zwischen anderen Miteigentümern und der Beklagten dieses Verfahrens auf Zahlung der restlichen Baukosten präjudiziell sei; der Antrag sei aber auch für den vorliegenden Rechtsstreit zweckmäßig, weil im Falle seines Erfolges die Endsumme der detaillierten Endabrechnung gegenüber dem Land Wien undetailliert dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegt werden könne.

Das Erstgericht gab dem Zwischenfeststellungsantrag mit Zwischenurteil statt. Es bejahte die Zulässigkeit des Antrages und rechtfertigte seine sachliche Berechtigung damit, daß die im Anwartschaftsvertrag enthaltene Regelung, es werde nach Genehmigung der Endabrechnung durch den Förderungsgeber und nach Abwicklung der Darlehensaufnahme dem einzelnen Wohnungseigentumsbewerber die Einzelendabrechnung vorgelegt und es gelten die in der Endabrechnung (§ 34 WBFG 1968) enthaltenen, vom Amt der Landesregierung anerkannten bzw. festgesetzten Beträge auf jeden Fall als nachgewiesen, nicht sittenwidrig sei und auch dem § 24 WEG nicht widerspreche; die Prüfung der Endabrechnung durch das Amt der Landesregierung könne deshalb den einzelnen Wohnungseigentumsbewerber binden und sei geeignet, Einwendungen des einzelnen Wohnungseigentumsbewerbers bzw. Wohnungseigentümers gegen die Höhe der ihm verrechneten Baukosten abzuschneiden. Das von der Klägerin angerufene Gericht zweiter Instanz wies den Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung mit Teilurteil ab. Es führte zur Begründung im wesentlichen an:

Die Aufteilung der Baukosten könne als das allen Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen alle oder für alle festgestellt werden. Ließe man ein gesondertes Feststellungsbegehren gegen einen einzelnen Wohnungseigentumsbewerber bzw. Wohnungseigentümer zu, dann bestünde die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Entscheidungen. Da hier nicht alle eine einheitliche Streitpartei bildenden Liegenschaftsmiteigentümer am Verfahren beteiligt seien, müsse der Zwischenfeststellungsantrag abgewiesen werden. Den Wert des von der abändernden Entscheidung betroffenen Streitgegenstandes setzte das Berufungsgericht mit mehr als S 300.000,-- fest.

Die Beklagte bekämpft die - unrichtig als Teilurteil bezeichnete - Entscheidung des Berufungsgerichtes mit Rekurs - unrichtig als Revision bezeichnet - wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie stellt den Hauptantrag, in Abänderung dieser Entscheidung das Zwischenurteil des Erstgerichtes wiederherzustellen, und begehrt hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung in eine der beiden Vorinstanzen zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragt in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Zunächst ist zu bemerken, daß das Berufungsgericht den Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten in Wahrheit zurückgewiesen, also die Sachentscheidung darüber abgelehnt hat, denn es vermißte - nach den allein maßgeblichen tragenden Gründen der Entscheidung - die verfahrensrechtliche Voraussetzung der als notwendig erachteten Beteiligung aller übrigen Wohnungseigentumsbewerber bzw. Wohnungseigentümer an diesem Rechtsstreit. Fehlende verfahrensrechtliche Voraussetzungen für einen Zwischenantrag auf Feststellung präjudizieller Rechte oder Rechtsverhältnisse führen aber nach herrschender Auffassung zur Zurückweisung des Antrages durch Beschluß (Fasching, Lehr- und Handbuch, Rz. 1083). Demzufolge ist das Rechtsmittel der Beklagten gegen diese Entscheidung auch nicht die Revision, sondern der Rekurs (Fasching aaO Rz. 1085 mwH), zu dem der Klägerin das Recht zur Gegenäußerung zusteht (Fasching aaO 1981).

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes ist verfehlt. Es ist nicht richtig, daß eine über den Zwischenfeststellungsantrag ergehende Entscheidung notwendigerweise für und alle anderen Wohnungseigentumsbewerber bzw. Wohnungseigentümer gleich sein muß. Die Parteien haben sich nämlich übereinstimmend auf die in dem Anwartschaftsvertrag der Klägerin mit der beklagten Wohnungseigentumsorganisatorin getroffene Vereinbarung bezogen - deren Verbindlichkeit freilich von der Klägerin in Frage gestellt wird -, wonach die in der Endabrechnung enthaltenen und vom Amt der Landesregierung anerkannten bzw. festgesetzten Beträge auf jeden Fall als nachgewiesen gelten (Punkt V. Abs 8 des Anwartschaftsvertrages), und diese Vereinbarung kann nur zwischen den Vertragspartnern verbindlich sein, so daß selbst bei Vorliegen inhaltlich gleichlautender Verträge zwischen der beklagten Wohnungseigentumsorganisatorin und den übrigen Wohnungseigentumsbewerbern bzw. Wohnungseigentümern derselben Eigentumswohnungsanlage nicht notwendigerweise gleichlautende Rechtsbeziehungen bestehen müssen und über diese einzelnen Rechtsbeziehungen absprechende Urteile auch nicht zwingend gleichlautend sein müssen, stehen doch den einzelnen Partnern dieser mehreren Verträge im Rechtsstreit auch persönliche Einwendungen zu, die einen durchaus verschiedenen Ausgang jedes einzelnen Rechtsstreites zur Folge haben können. Anders wäre dies freilich bei einem alle Partner der Eigentumswohnungsgemeinschaft erfassenden gemeinsamen Vertrag.

Das Berufungsgericht ist also von einer unrichtigen prozeßrechtlichen Lage ausgegangen und hat aus diesem Grunde die inhaltliche, materielle Behandlung des Zwischenfeststellungsantrages zu Unrecht abgelehnt.

Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, daß nach dem Sachvorbringen der Beklagten die Voraussetzungen für die Zulässigkeit und inhaltliche, materielle Behandlung des Feststellungsantrages vorliegen, denn das festzustellende Rechtsverhältnis ist nicht nur für den Ausgang des hier anhängigen Rechtsstreites, sondern darüber hinaus auch für die Zahlungsansprüche der Beklagten gegen die Klägerin, worüber bereits ein Rechtsstreit anhängig sein soll, präjudiziell. Über das Rechtsverhältnis der Parteien dieses Verfahrens hinausgehende präjudizielle Rechtswirkung kann der Entscheidung über den von der Beklagten gestellten Zwischenantrag auf Feststellung nicht zukommen. Da sich das Berufungsgericht mit der inhaltlichen, materiellen Seite dieses Feststellungsantrages überhaupt nicht befaßte, weil es den Antrag aus prozeßrechtlichen Gründen für unzulässig erachtete, muß seine Entscheidung ersatzlos aufgehoben und ihm die Sachentscheidung über die Berufung der Klägerin gegen das Zwischenurteil des Erstgerichtes aufgetragen werden. Der Kostenausspruch beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E13008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00089.87.0112.000

Dokumentnummer

JJT_19880112_OGH0002_0050OB00089_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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