TE OGH 1988/1/12 5Ob603/87

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Veröffentlicht am 12.01.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***-S***

Gesellschaft mbH & Co KG, 6330 Kufstein, Unterer Stadtplatz 11, vertreten durch Dipl.Vw. DDr. Armin Santner und Dr. Peter Lechner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Josef K*** Gesellschaft mbH, Zimmerei-Tischlerei, 6363 Westendorf, Bichling 41, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Rechnungslegung, Eidesleistung und Zahlung (Streitwert 500.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 23. September 1987, GZ 3 R 216/87-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20. Mai 1987, GZ 8 Cg 128/87-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.874,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.443,15 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 20. März 1987 beim Erstgericht eingelangten Klage stellte die klagende Partei das mit 500.000 S bewertete Begehren,

a) die beklagte Partei schuldig zu erkennen, 1. ein Verzeichnis aller von ihr seit 23. Februar 1985 gefertigten, veräußerten und erstellten Blockhäuser und aller mitveräußerten Einrichtungsgegenstände für die vorbezeichneten Blockhäuser zu erstellen, anzugeben, wo sich diese Blockhäuser befinden, und Rechnung über diese Blockhäuser und Einrichtungsgegenstände zu legen; 2. einen Eid im Sinne des Art. XLII EGZPO dahin zu leisten, daß ihre Angaben richtig und vollständig sind; b) die beklagte Partei zur Zahlung von 20 % des Einkaufspreises der Objekte bzw. der Einrichtungsgegenstände, berechnet auf der Basis der Preisliste im Liefer- und Leistungsverzeichnis (Punkt I) des Werk- und Liefervertrages zwischen den Streitteilen vom 23. Februar 1985 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer und 10 % Zinsen seit 31. Dezember 1986 sowie 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu verurteilen. Die klagende Partei brachte im wesentlichen vor, daß sie auf Grund des angeführten Vertrages (Punkt II Z 4) - abgesehen von den in dessen Punkt II Z 1 genannten 10 Einheiten - das Alleinverkaufsrecht an den von der beklagten Partei erzeugten Blockhäusern habe. Für den Fall des Verstoßes gegen dieses Alleinverkaufsrecht sei bedungen worden, daß die beklagte Partei der klagenden Partei eine Konventionalstrafe in der Höhe des von der klagenden Partei üblicherweise angesetzten Rohaufschlages, mindestens jedoch 20 % des Einkaufspreises des Objektes bzw. der Einrichtungsgegenstände, berechnet auf der vereinbarten Preisbasis, binnen 14 Tagen nach einem vertragswidrig getätigten Verkauf spesen- und abzugsfrei zuzüglich der jeweils gültigen Umsatzsteuer zu zahlen habe. Die beklagte Partei habe entgegen der von ihr übernommenen Verpflichtung verschiedene Blockhäuser selbst verkauft und erstellt. Mehrfache Urgenzen der klagenden Partei auf Rechnungslegung über die vertragswidrig getätigten Verkäufe und Erteilung einer Gutschrift in Höhe der geschuldeten Konventionalstrafe habe die beklagte Partei mißachtet. Solange die beklagte Partei nicht ordnungsgemäß Rechnung gelegt habe, sei die klagende Partei naturgemäß nicht in der Lage, ihre Konventionalstrafenforderung zu konkretisieren. Sie habe daher ein berechtigtes Interesse an einer Rechnungslegung im Sinne des Art. XLII EGZPO, wobei die Bezifferung des Zahlungsbegehrens bis zur Rechnungslegung vorbehalten bleiben müsse.

Die beklagte Partei beantragte Klageabweisung und wendete ein, daß der zwischen den Streitteilen am 23. Februar 1985 abgeschlossene Vertrag nichtig bzw. unwirksam sei, weil er von der klagenden Partei nur abgeschlossen worden sei, um die beklagte Partei zu knebeln und als Konkurrenz auszuschalten. Bei Vertragsabschluß habe sich der Geschäftsführer der beklagten Partei in einem von der klagenden Partei veranlaßten Irrtum über wesentliche Teile des Vertragsinhaltes befunden. Dadurch, daß die klagende Partei beim Geschäftsführer der beklagten Partei den Eindruck erweckt habe, der schriftliche Vertrag decke sich mit den mündlich getroffenen Vereinbarungen, und zur sofortigen Unterfertigung gedrängt habe, habe die klagende Partei den Irrtum der beklagten Partei über den Vertragsinhalt sogar bewußt ausgenützt (§ 870 ABGB). Im übrigen sei es unrichtig, daß die beklagte Partei unter Verletzung eines der klagenden Partei eingeräumten Alleinverkaufsrechtes Blockhäuser selbst verkauft bzw. erstellt habe. Indem sie die klagende Partei darüber informiert habe, daß sie keinerlei der klagenden Partei nicht bekannte Blockhäuser gefertigt, veräußert und erstellt habe, sei sie ihrer Verpflichtung zur Rechnungslegung überdies nachgekommen. Vorsichtshalber werde eingewendet, daß die von der klagenden Partei geforderte Konventionalstrafe weit über dem tatsächlichen Schaden der klagenden Partei liege und die wirtschaftliche Existenz der beklagten Partei vernichten würde; die Absicherung der vereinbarten Wettbewerbsklausel mittels einer derartigen Konventionalstrafe sei daher ebenfalls sittenwidrig und somit nichtig.

Beide Vorinstanzen haben die Klage ohne Beweisaufnahme und Sachverhaltsfeststellung im wesentlichen aus nachstehenden rechtlichen Erwägungen zur Gänze abgewiesen:

Wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet sei oder von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis habe, könne mittels Urteils dazu verhalten werden, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen, von den Schulden oder von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt sei, und einen Eid dahin zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig seien (Art. XLII Abs 1 EGZPO). Zur Klage sei befugt, wer ein privatrechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens oder des Schuldenstandes habe (Art. XLII Abs 2 EGZPO). Wenn mit der Klage auf eidliche Angabe des Vermögens die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden werde, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schulde, könne die bestimmte Angabe der Leistung, welche der Kläger beanspruche, gemäß Art. XLII Abs 3 EGZPO vorbehalten werden, bis die eidliche Angabe über das Vermögen gemacht sei (sogenannte Stufenklage, die eine Ausnahme von der in § 226 Abs 1 ZPO geforderten Bestimmtheit des Klagebegehrens darstelle). Der zweite Anwendungsfall des Art. XLII Abs 1 EGZPO (vermutliche Kenntnis von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens) scheide im vorliegenden Fall aus. Der Erfolg der von der klagenden Partei erhobenen, auf Art. XLII Abs 1 erster Fall EGZPO gestützten Klage hänge somit davon ab, ob sich die klagende Partei auf einen ihre gegenüber der beklagten Partei nach bürgerlichem Recht zustehenden Anspruch auf Rechnungslegung zu stützen vermöge. Nach ständiger Rechtsprechung begründe der erste Anwendungsfall des Art. XLII Abs 1 EGZPO keinen neuen materiellrechtlichen Anspruch auf Vermögensangabe, Rechnungslegung oder Auskunftserteilung, sondern setze voraus, daß eine solche Verpflichtung nach bürgerlichem Recht bereits bestehe. Eine Verpflichtung zur Rechnungslegung bestehe insbesondere dort, wo es das Wesen des Rechtsverhältnisses mit sich bringe, daß der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang des Vermögens im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage sei, unschwer eine solche Auskunft zu erteilen und diese Auskunft ihm nach Treu und Glauben auch zugemutet werden könne. Ziel der von der klagenden Partei begehrten Rechnungslegung sei es, die Tatsachengrundlagen für die Einklagung bzw. Konkretisierung eines von der klagenden Partei im Umfang der bedungenen Konventionalstrafe behaupteten Schadenersatzanspruches zu ermitteln und insbesondere Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Die klagende Partei wolle mit ihrer Klage daher nicht die Angabe eines Vermögens oder von Schulden erwirken, sondern Tatsachen in Erfahrung bringen, welche die Grundlage für die Berechnung des von ihr behaupteten Anspruches auf Leistung einer Konventionalstrafe - also eines pauschalierten Schadenersatzes - abgeben sollen. Eine privatrechtliche Auskunftspflicht der beklagten Partei bestehe in dieser Richtung aber nicht. Es müsse der klagenden Partei überlassen bleiben, den Beweis für die behaupteten Vertragsverletzungen der beklagten Partei und der ihr auf Grund solcher Vertragsverletzungen zustehenden Konventionalstrafe zu führen. Eine Pflicht zur Rechnungslegung durch die beklagte Partei könne auch nicht aus dem in der Klage behaupteten Inhalt des Punktes II Z 4 des Werk- und Liefervertrages vom 23. Februar 1985 abgeleitet werden. Werde - wie hier - ein auf Rechnungslegqng und Eidesleistung gerichtetes Klagebegehren abgewiesen, mit dem ein noch unbestimmtes Leistungsbegehren verbunden sei (Art. XLII Abs 3 EGZPO), dann sei gleichzeitig auch der für sich allein unzulässige unbestimmte Leistungsanspruch abzuweisen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, das ausgesprochen hat, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt, richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise wird ein Antrag auf Abänderung im Sinne der Klage gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der hier allein in Betracht kommende erste Anwendungsfall des Art. XLII EGZPO begründet keinen miteriellrechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung, sondern setzt einen solchen aus Gesetz oder Vertrag entstandenen Anspruch voraus. Dieser Anspruch muß, wie der klagenden Partei einzuräumen ist, aber auch von den Vorinstanzen nicht verkannt wurde, nicht ausdrücklich vereinbart sein, sondern kann sich aus der Natur der privatrechtlichen Beziehung dort ergeben, wo es das Wesen des Rechtsverhältnisses mit sich bringt, das der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und-den Umfang des Vermögens im Ungewissen, der Verpflichtete aber zu seiner Angabe unschwer imstande ist und ihm die Auskunftserteilung nach Treu und Glauben zugemutet werden kann. Die klagende Partei meint nun, daß sich aus der zwischen den Streitteilen getroffenen Konventionalstrafenvereinbarung gleich wie aus einer zwischen Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichtetem geschlossenen Vereinbarung eines Bruchteilstitels ihr Rechnungslegungsanspruch als Hilfsanspruch ableiten lasse. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Oberste Gerichtshof, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, in neuerer Zeit in ständiger Rechtsprechung die Zulässigkeit einer Klage nach Art. XLII EGZPO zur Vorbereitung einer Schadenersatzklage und zur Bezifferung des Schadens - und um einen solchen Fall handelt es sich auch hier - mit der Begründung verneint, daß der für den Grund und die Höhe seines Schadens beweispflichtige Kläger nicht auf dem Umweg über eine Rechnungslegungsklage den Beklagten dazu zwingen kann, ihm die Grundlagen für die Berechnung der Höhe seines Schadens zu liefern (SZ 31/114, SZ 43/170, SZ 46/112, MietSlg. 35.741, 7 Ob 775/81 u.a.; vgl. ferner SZ 31/160, SZ 32/128, EvBl 1960/364 u.a.). Dies gilt auch für Schadenersatzansprüche aus Vertragsverletzungen (siehe insbesondere SZ 31/114, MietSlg. 35.741, 7 Ob 775/81). Die von der klagenden Partei in der Revision (zum Teil mangelhaft) zitierte Rechtsprechung betrifft anders gelagerte Fälle und ist daher nicht geeignet, die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung der Vorinstanzen darzutun.

Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12811

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00603.87.0112.000

Dokumentnummer

JJT_19880112_OGH0002_0050OB00603_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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