TE Vfgh Erkenntnis 2001/10/1 B544/01 ua

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Veröffentlicht am 01.10.2001
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88
VfGG §17a

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "Luft- oder" in §53 Abs3 sowie des §103 Abs3 FremdenG 1997 mit E v 01.10.01, G224/01 ua. Kostenzuspruch: Allen beschwerdeführenden Parteien war der mit S 22.500,-- pauschaliert bemessene (einfache) Beschwerdeaufwand zuzusprechen, weil sie entweder ohnedies eine gemeinsame Beschwerde gegen mehrere vom Sachverhalt und der rechtlichen Beurteilung her gleichgelagerte Bescheide eingebracht haben oder aber - wie im Fall der zu B585/01 und B586/01 beschwerdeführenden Gesellschaft - eine solche sowohl in zeitlicher als auch in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht möglich gewesen wäre. In den der zu B544-549/00 beschwerdeführenden Partei zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer iHv S 4.500,-- und Eingabegebühren gemäß §17a VfGG iHv S 15.000,-- , in den der zu B550-582/01 beschwerdeführenden Partei zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer iHv S 4.500,-- und Eingabegebühren iHv S 82.500,-- und in den der zu B585/01 und B586/01 beschwerdeführenden Gesellschaft zugesprochenen Kosten Umsatzsteuer iHv S 4.500,-- und Eingabegebühren von S 5.000,-- enthalten.

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der zu B544-549/01 beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 42.000,--, der zu B550-582/01 beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 109.000,-- sowie der zu B585/01 und B586/01 beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 32.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden einer ausländischen und zweier inländischer Fluggesellschaften wenden sich gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Land Niederösterreich, mit denen sie gemäß §103 Abs3 Fremdengesetz 1997 (FrG), BGBl. I 75, zur Zahlung von (pauschalierten) Kostenersätzen verpflichtet wurden, nachdem von der belangten Behörde jeweils der folgende (auf das wesentlichste zusammengefaßte) Sachverhalt festgestellt worden war:

Das jeweilige Flugunternehmen habe an bestimmten Tagen mit näher bezeichneten Flügen jeweils eine oder mehrere Personen ungeklärter Identität vom Ausland nach Österreich befördert, welche bei der Grenzübergangsstelle Flughafen Wien-Schwechat die Einreise im Wege eines Asylantrages begehrten und weder im Besitz eines gültigen Reisepasses gewesen seien noch über einen Sichtvermerk (§5 FrG), noch über ein Flugtransitvisum (§5 Fremdengesetz-DurchführungsV 1997 - FrG-DV, BGBl. II 418/1997) verfügt hätten. Den Aufforderungen der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Schwechat als Grenzkontrollbehörde), die Identitätsdaten des (der) Fremden gemäß §6 FrG-DV bekanntzugeben, sei entweder gar nicht oder (bloß) durch Bekanntgabe von Daten gefälschter Reisepässe oder von (Paß-)Daten, die nicht zugeordnet werden konnten bzw. mit den von den Fremden angegebenen Daten nicht übereinstimmten, nachgekommen worden. Das Beförderungsunternehmen habe auch nicht die unverzügliche Abreise des (der) Fremden bewirkt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde sodann aus, daß §103 Abs3 FrG "einen verschuldensunabhängig festzulegenden pauschalierten Kostenersatz (Erfolgshaftung)" vorsehe, der vorzuschreiben sei, wenn die Grenzkontrollbehörde die Identität des Fremden nicht ohne weiteres feststellen konnte bzw. der Fremde nicht im Besitz der für die Einreise erforderlichen Dokumente gewesen sei und das Flugunternehmen seiner Pflicht gemäß §53 Abs3 FrG, die (wahren) Identitätsdaten bekanntzugeben, nicht nachgekommen ist. Der in §103 Abs4 letzter Satz FrG vorgesehene Entfall des Ersatzes könne nur zum Tragen kommen, wenn die Abreise des Fremden vom Beförderungsunternehmen tatsächlich bewirkt wurde; daß ein solcher Rücktransport dem Unternehmen etwa deshalb nicht möglich war, weil dem Fremden nach Stellung eines Asylantrages eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde, sei irrelevant.

2. In allen vier Beschwerden wird eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums und die Verletzung in sonstigen Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung des (der) jeweils angefochtenen Bescheide(s), in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt; die zu B544-549/01 und zu B550-582/01 beschwerdeführenden Gesellschaften erachten sich durch die von ihnen angefochtenen Bescheide weiters in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Erwerbsfreiheit und auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) verletzt.

3. Die belangte Behörde beantragte in ihren Gegenschriften, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

II. Aus Anlaß dieser Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art140 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§53 Abs3 und 103 Abs3 FrG ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G224-264/01, hob er die Wortfolge "Luftoder" in §53 Abs3 und §103 Abs3 FrG als verfassungswidrig auf; im übrigen wurde das Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

III. 1. Die Beschwerden sind begründet.

Die belangte Behörde hat bei Erlassung sämtlicher angefochtener Bescheide eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Flugunternehmen nachteilig war.

Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. Allen beschwerdeführenden Parteien war der mit S 22.500,-- pauschaliert bemessene (einfache) Beschwerdeaufwand zuzusprechen, weil sie entweder ohnedies eine gemeinsame Beschwerde gegen mehrere vom Sachverhalt und der rechtlichen Beurteilung her gleichgelagerte Bescheide eingebracht haben oder aber - wie im Fall der zu B585/01 und B586/01 beschwerdeführenden Gesellschaft - eine solche sowohl in zeitlicher als auch in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht möglich gewesen wäre. In den der zu

B544-549/00 beschwerdeführenden Partei zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von S 4.500,-- und Eingabegebühren gemäß §17a VerfGG in Höhe von S 15.000,-- , in den der zu B550-582/01 beschwerdeführenden Partei zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- und Eingabegebühren in Höhe von S 82.500,-- und in den der zu B585/01 und B586/01 beschwerdeführenden Gesellschaft zugesprochenen Kosten Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- und Eingabegebühren von S 5.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B544.2001

Dokumentnummer

JFT_09988999_01B00544_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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