TE OGH 1988/1/19 15Os185/87

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Veröffentlicht am 19.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Jänner 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Plachy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard B*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.Juli 1987, GZ 5 c Vr 11.239/86-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die "Schuldberufung" werden zurückgewiesen.

Über die "Strafberufung" wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard B*** (A.) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und § 15 StGB sowie (B.) des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien

(zu A.) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch die Vorgabe seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie eines bloß kurzfristigen Bedarfs, also durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung von Bargeld teils verleitet und teils zu verleiten versucht, wodurch er die Betreffenden jeweils um jene Beträge am Vermögen teils schädigte und teils zu schädigen trachtete, und zwar

(a) Johannes K*** in der Zeit vom 23.Juni bis zum 15.Juli 1986 in zwölf Angriffen zur Übergabe von insgesamt 111.500 S, und am zuletzt angeführten Tag, wobei der Versuch mißlang, zur Übergabe von weiteren 75.000 S, sowie

(b) Andrea S*** zudem unter Verwendung eines falschen Namens und unter Vortäuschung einer Berufsausübung am 13. und 14. Oktober 1986 in zwei Angriffen zur Übergabe von zusammen

36.600 S; sowie ferner

(zu B.) am 4.Juni 1985 die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, die B*** F*** A*** U*** W*** AG zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und letzterer dadurch einen Vermögensnachteil im Betrag von insgesamt 40.500 S zugefügt, indem er unter Inanspruchnahme ihrer Scheckkartengarantie siebzehn Schecks begab. Der auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Gegen die Abweisung (S 155) seines Antrags auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen für Psychiatrie darüber, daß er zur Tatzeit an krankhafter Spielsucht gelitten habe und sich nunmehr einer erfolgreichen Behandlung unterziehe (S 154), remonstriert er (Z 4) primär deswegen, weil er vermeint, die Bejahung eines solcherart abnormen Geisteszustands bei ihm hätte zur Annahme seiner Zurechnungsunfähigkeit führen können.

Rechtliche Beurteilung

In jene Richtung hin ist er indessen zur Beschwerde nicht legitimiert, weil er mit dem in Rede stehenden Antrag nicht auf eine dahingehende Beweisführung abgezielt hatte, sondern ausdrücklich nur auf den Nachweis seiner verminderten Zurechnungsfähigkeit; dieses Thema jedoch betraf weder die Schuldfrage noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes (§ 295 Abs. 1 StPO), sondern lediglich einen Strafzumessungsgrund, sodaß es nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde (wie hier: nach Z 4), sondern lediglich (wie ohnehin zusätzlich geschehen) mit Berufung releviert werden kann. Formell als "aktenwidrig", der Sache nach aber als unvollständig, bemängelt der Beschwerdeführer (Z 5) die Urteilsbegründung im Hinblick darauf, daß sich das Erstgericht zum Faktum A. a mit seiner Verantwortung und mit der Aussage des Zeugen K***, wonach er auf Grund eines zu erwarten gewesenen Hausverkaufs eine zur Abdeckung seiner Schuld letzterem gegenüber bei weitem ausreichende Geldsumme in Aussicht gehabt habe, sowie zum Faktum B. mit den Angaben des Zeugen H*** im Vorverfahren, wonach sein Konto bei der B*** bis zum Zeitpunkt der Scheckausstellung ausgeglichen gewesen sei, nicht auseinandergesetzt habe: eine Berücksichtigung der übergangenen Verfahrensergebnisse hätte seiner Auffassung nach dazu geführt, daß im Zusammenhang mit der erheblichen Schadensgutmachung, die er noch vor der Anzeigeerstattung an K*** geleistet habe, und mit der gerechtfertigten Annahme, er habe bei der Scheckausstellung mit der alsbaldigen Gewährung eines Überziehungsrahmens durch die Bank rechnen können, das Fehlen eines Täuschungs- und Schädigungsvorsatzes gegenüber dem Erstgenannten (überhaupt) sowie eines Mißbrauchs- und Schädigungsvorsatzes gegenüber der B*** (immerhin) in Ansehung eines Schadensteilbetrages zutage getreten wäre.

Auch die Mängelrüge geht fehl.

Denn der Zeuge K*** - der in der Hauptverhandlung (S 145 bis 150) auf jenes Thema gar nicht mehr zurückkam - hat in seiner Anzeige lediglich darauf hingewiesen, daß sich der Angeklagte kurz vor dem Ende der Tatzeit (zur Begründung eines Ersuchens um Wechselprolongation) auf eine Verzögerung erwarteter Zahlungseingänge (seitens der Eltern seiner Frau) aus einem angeblichen Hausverkauf und einer Erbteilung berufen habe (S 5), ohne zur objektiven Richtigkeit oder Berechtigung der von letzterem behaupteten Einkommenserwartung in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen; und auch der Beschwerdeführer selbst hat nur im Vorverfahren sowie bloß zur Motivierung der nach dem Ende des Tatzeitraums vorgenommenen Unterfertigung eines Schuldanerkenntnisses (S 9/11) darauf Bezug genommen, daß er (zusammen mit seiner Schwester) ein Haus geerbt habe, dessen Verkauf "bereits im Sommer" soweit habe abgewickelt werden sollen, daß er 120.000 S zu erwarten gehabt habe, wogegen er sein damaliges Leugnen eines Betrugsvorsatzes zur Tatzeit ausschließlich mit seiner Hoffnung auf einen etwaigen Spielgewinn begründet hat (S 42 f.).

Eine Erörterung dieser Verfahrensergebnisse im Urteil war demgemäß nach Lage des Falles entbehrlich (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), zumal sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung auch zum Faktum A. a im wesentlichen als

schuldig bekannt hat und sich die Einschränkung jenes Schuldbekenntnisses auf ein bloß "teilweises" nach dem Inhalt seiner Verantwortung deutlich genug nur auf die Reduktion der endgültigen Schadenshöhe durch die zuvor relevierte teilweise Schadensgutmachung bezieht (S 141 f.).

Letztere aber hat das Schöffengericht ohnehin in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezogen, indem es ihr bei der Feststellung eines Betrugsvorsatzes des Beschwerdeführers gleichermaßen wie bei der - ersichtlich auf der Zugrundelegung eines einheitlichen Handlungsentschlusses beruhenden (vgl RZ 1979/61) - Nichtannahme tätiger Reue (§ 167 StGB) in bezug auf einzelne Betrugshandlungen keine zu seinen Gunsten ins Gewicht fallende Bedeutung beimaß (US 7, 10).

Die in der Mängelrüge zum Faktum B aufgegriffene Aussage des Zeugen H*** im Vorverfahren (S 59 f.) hinwieder nimmt nicht auf den Zeitpunkt der Scheckausstellung, sondern auf den der (ihr vorausgegangenen) Scheckkartenausstellung Bezug, sodaß der insoweit behauptete Begründungsmangel in Ansehung der Feststellung, der Beschwerdeführer habe bei der inkriminierten Scheckausstellung von der zu dieser Zeit vorgelegenen Überziehung seines Kontos gewußt (US 6), nicht vorliegt. Abgesehen davon hat er selbst sich auf die Erwartung der Gewährung eines Überziehungsrahmens durch die Bank gar nicht berufen, sondern der Untreue als schuldig bekannt (S 143). Im übrigen betreffen die in Rede stehenden Einwände des Angeklagten zu diesem Faktum abermals weder die Schuldfrage noch eine qualifizierende Wertgrenze; sie sind daher gleichfalls zur Dartuung einer Urteilsnichtigkeit ungeeignet.

In Ausführung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich behauptet der Angeklagte mit dem Vorwurf, das Erstgericht habe die mit der Mängelrüge relevierten Verfahrensergebnisse "außer Acht gelassen", nicht ein auf verfehlter Rechtsansicht beruhendes Unterbleiben daraus abzuleitender Feststellungen - also Feststellungsmängel im Sinn des zitierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes -, sondern eine Unrichtigkeit der dazu ohnehin getroffenen, jedoch seinen Intentionen zuwiderlaufenden Konstatierungen; solcherart bringt er daher nicht den ziffernmäßig geltend gemachten (oder sonst einen) Nichtigkeitsgrund zur Darstellung, sondern eine - in der Folge auch ausdrücklich erhobene, im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren indessen nicht vorgesehene - Schuldberufung. Die zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführte (§§ 285 d Abs. 1 Z 1, 285 a Z 1 und 2 StPO) und im übrigen offenbar unbegründete (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die unzulässige (§§ 280, 283 Abs. 1 StPO) Schuldberufung nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Auf die in der Rechtsmittelschrift unter der Überschrift "Zu den Neuerungen:" gestellten Beweisanträge, die sich nach Lage des Falles ersichtlich auf die Ausführungen in der - nach dem Vorgesagten unzulässigen - Schuldberufung zum Faktum S*** (Punkt A.b. des Schuldspruchs) beziehen, ist demnach nicht einzugehen. Der Rechtsmittelwerber verkennt in diesem Zusammenhang, daß zur Entscheidung über eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein schöffengerichtliches Urteil nicht - wie er ersichtlich der Antragstellung am Ende seiner Rechtsmittelschrift vermeint - das Oberlandesgericht, sondern der Oberste Gerichtshof zuständig ist (§§ 280, 285 Abs. 2 StPO). Dieser hat sich in jenem Verfahren auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu beschränken (§ 290 Abs. 1 erster Satz StPO). Eine - sei es ergänzende oder wiederholende - Beweisaufnahme ist in der Prozeßordnung nicht vorgesehen (vgl auch § 288 Abs. 2 Z 3 zweiter Satz StPO).

Über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe hingegen wird gesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E13474

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00185.87.0119.000

Dokumentnummer

JJT_19880119_OGH0002_0150OS00185_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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