Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf und Anton Korntheuer in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Aleksander T***, Hilfsarbeiter, 8010 Graz, Fröhlichgasse 76, vertreten durch Dr. Harold Schmid, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei P*** DER A***, 1092 Wien,
Roßauer Lände 3, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. August 1987, GZ 7 Rs 1081/87, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 27. Februar 1987, GZ 36 Cgs 228/87-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:
Der am 14. Februar 1935 geborene Kläger wurde als Schlosser angelernt. Er arbeitete bis 1957 als Bauhilfsarbeiter, bis 1961 als Zuckerrübenarbeiter, bis 1969 als Bauhilfsarbeiter bis 1976 als Eisenbieger und bis 1983 wiederum als Bauhilfsarbeiter. Seit 1983 ist er ohne Beschäftigung. Für den Bauhilfsarbeiter gibt es keine geregelte Berufsausbildung. Er wird im Betrieb kurzfristig eingeschult. Der Bauhilfsarbeiter leistet den Fachkräften auf der Baustelle Hilfsdienste bzw. verrichtet er nach genauer Anweisung entsprechende Arbeiten. Er schafft Werkzeuge, Arbeitsmaterial, Baustoffe usw. heran und bringt diese sowie Abfall, Schutt und ähnliches weg. Ferner hilft er den Facharbeitern bei der Baustelleneinrichtung, Arbeitsvorbereitung, Materialzurichtung und führt überschaubare und unkomplizierte Arbeiten selbst aus. Auch der Beruf des Eisenbiegers ist an keine besondere Berufsausbildung gebunden. Der Eisenbieger wird im Betrieb in verhältnismäßig kurzer Zeit eingeschult, stellt Eisenarmierungen zur Erhöhung der Festigkeit von Betonbauten durch Biegen und Flechten von Eisen- oder Baustahl her und bringt diese fachgerecht an. Hiezu sortiert er die verschiedenen Stahlsorten, lagert sie, längt sie ab und schneidet und biegt sie.
Der Kläger kann auf Grund seines - im einzelnen
beschriebenen - körperlichen und geistigen Zustands leichte und mittelschwere Arbeiten in jeder Körperhaltung und unter den üblichen Bedingungen, Akkordarbeiten jedoch nur im Rahmen der bisherigen Tätigkeiten, verrichten. Arbeiten im Produktions- und Fertigungsbereich sind möglich, allerdings nicht unter Akkordbedingungen.
Auf Grund dieses Leistungskalküls kann der Kläger die zuletzt ausgeübten Berufstätigkeiten nicht mehr ausüben. Seinem Leistungskalkül entspricht jedoch die Tätigkeit einer Hilfskraft in der Metallbranche, wie etwa die eines Gußputzers, Abgraters, Schleifers, Pressers oder Bohristen, oder die Tätigkeit eines Verpackungs- oder Lagerarbeiters in jenen Branchen, in denen nicht schwere Lasten das Gut darstellen oder in denen schwere Lasten mit technischen Hilfen bewegt werden.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger nicht invalid im Sinn des für ihn maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG sei, weil ihm die angeführten Berufstätigkeiten noch zugemutet werden könnten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte die von ihm geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz und war in rechtlicher Hinsicht der Ansicht, daß der Kläger während der letzten 15 Jahre vor der Antragstellung (gemeint: vor dem Stichtag) keine erlernte oder angelernte Tätigkeit ausgeübt habe, weshalb die Frage seiner Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen sei. Nach dieser Bestimmung sei er aber nicht invalid, weil er noch die vom Erstgericht festgestellten Berufstätigkeiten ausüben könne. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und (die Rechtssache) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
In seinen richtig dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens zuzuordnenden Ausführungen behauptet der Kläger einen Mangel des Verfahrens erster Instanz, den er schon in der Berufung rügte. Da das Berufungsgericht das Vorliegen dieses Mangels verneinte, kann der Kläger ihn nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mit Revision nicht mehr geltend machen (vgl. aus jüngerer Zeit etwa ÖBl 1984, 109; EFSlg 49.387 ua). Dies gilt auch für Sozialrechtssachen (10 Ob S 23/87 ua).
Die Rechtsrüge ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil der Kläger nicht von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ausgeht. Im übrigen ist die im Beschluß des Berufungsgerichtes enthaltene rechtliche Beurteilung zutreffend (§ 48 ASGG). Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
Anmerkung
E13078European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00137.87.0126.000Dokumentnummer
JJT_19880126_OGH0002_010OBS00137_8700000_000